DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-08-2021 07:30
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 16.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z

Im Südosten anfangs Gewitter und Starkregen, ansonsten vor allem im Norden
windiges Schauerwetter mit Sturmböen an den Küsten und bei Schauern. Hier auch
einzelne Gewitter. In Schauerstraßen mehrstündiger Starkregen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegen wir an der Südflanke eines Langwellentroges in einer westlichen
Strömung. Dabei schwenkt ein markanter Kurzwellentrog über Frankreich und
Süddeutschland nach Osten, darüber hinaus stößt der Trog als solches nach Süden
vor und sein eingelagertes Drehzentrum liegt abends über Dänemark. Das
zugehörige mehrkernige Bodentief liegt über Südskandinavien. In mehreren Schüben
gelangt dabei kühlere Meeresluft nach Deutschland.
Anfangs liegt über dem Süden noch schwülwarme und potenziell instabile Luft mit
ML-Cape-Werten über 500 J/Kg bei PPWs zwischen 30 und 40 mm. Hier werden durch
den Kurzwellentrog schon aktuell, aber auch am Vormittag noch einzelne, südlich
der Donau häufiger und teils heftige Schauer und Gewitter ausgelöst, die im
Tagesverlauf nach Osten abziehen, zu den Alpen hin aber von teils nicht
gewittrigem Starkregen (teilweise unwetterartig) abgelöst werden.

Der Druckgradient an der Südflanke des Bodentief verschärft sich im Tagesverlauf
und ein Randtrog nähert sich dem nordwestlichen Deutschland. In den Nordwesten
gelangt derweil hochreichend instabile maritime Kaltluft polaren Ursprungs (T500
-20 bis -24°C, T850 +4°C), in der sich zahlreiche Schauer und einige Gewitter
entwickeln. Darüber hinaus formiert sich auf der Trogvorderseite eine Kaltfront
mit der sich schauerartiger Regen von Nordwesten her bis in die mittleren
Landesteile und in den Nordosten ausbreitet. Warnungen werden hier nicht nötig.


Die Gewitter im Norden können bei sehr guten Scherungsbedingungen (LLS um 15
m/s, DLS phasenweise über 30 m/s) nach Nordwesten hin durchaus organisiert sein
(vor allem linienartig), wobei die markante Schwelle wegen des Windes (Böen 8-9
Bft) problemlos überschritten werden dürfte, bei wiederholten Schauern kann
mehrstündig auch das Starkregenkriterium gerissen werden (siehe auch Icon D2
EPS).

Mit der allgemeinen Gradientzunahme frischt der von Südwest auf West bis
Nordwest drehende Wind im Tagesverlauf auf,
wobei in weiten Landesteilen, außer im Südosten, Böen der Stärke 7 auftreten
können.
Während an der Ostsee Böen 8 Bft eher
An den Küsten, im Bergland sowie exponiert im Binnenland sind stürmische Böen
mit dabei, an der Nordsee und in höheren Berglagen kommt es zu Sturmböen und auf
dem Brocken letztlich auch zu schweren Sturmböen.

In der einströmenden polaren Meeresluft geht die Temperatur in 850 hPa bis zum
Abend im Nordwesten auf 3°C zurück, während es südlich der Donau noch knapp über
10°C sind. Die Tageshöchsttemperatur liegt damit im Nordwesten nur bei 18 oder
19 Grad, im Süden und Osten dagegen noch mal bei 22 bis 25°C, vielleicht lokal
in der Lausitz bis 27°C.

In der Nacht zum Dienstag beruhigt sich die Lage insgesamt noch nicht. Vor allem
im Norden bleibt es südlich des nur schleppend nach Osten vorankommenden Tiefs
windig, an der See stürmisch. Außerdem schwenkt im Norden der markante Boden-
und Höhentrog ostwärts durch, was an der Nordsee vor allem in der ersten
Nachthälfte auch zu schweren Sturmböen führen kann. In der weiterhin labilen
Meeresluft kommt es zu einem merklichen Absinken des HKN, was bei gleichzeitig
guter bis sehr guter LLS (teils etwas über 15 m/s) nicht nur die Gewitterneigung
hochhält, sondern sogar Typ2-Tornados nicht völlig unmöglich erscheinen lässt.

Ansonsten kommen die schauerartigen Regenfälle aus der Mitte bis in den Süden
voran, die Mengen bleiben aber überschaubar und sind damit nicht warnwürdig. Vor
allem im Südwesten und über der Mitte zeichnet sich dann aber schon eine
Wetterberuhigung mit größeren Auflockerungen und nachlassendem Wind ab. Die
Temperatur geht in der frischeren Meeresluft auf 13 bis 7°C zurück.


Dienstag... schwenkt der Höhentrog nur langsam weiter nach Osten, wobei das
Drehzentrum mit dem korrespondierenden Bodentief den Raum Stockholm anpeilt. An
seiner Südwestflanke schwenken weitere Randtröge über Deutschland nach Südosten
und von Nordwesten her kommt mit Annäherung einer Warmfrontwelle
Warmluftadvektion auf.

Über der Nordosthälfte hält sich ein markanter Druckgradient, der im
Tagesverlauf nur langsam abgebaut wird. Hier kommt es verbreitet zu steifen bis
stürmischen Böen, auch abseits der Schauer, die durchaus auch eine großflächige
markante Windwarnung rechtfertigen würden.
Exponiert an der Ostsee sowie im Bergland sind Sturmböen 9 Bft zu erwarten und
auf dem Brocken sind schwere Sturmböen auf der Karte, aus jeweils westlichen
Richtungen.

Rechnet man die im Norden und Nordosten auftretenden Schauer und kurzen Gewitter
sowie die Höchstwerte von 17 bis 20°C dazu, könnte man hier das Wetter schon als
´frühherbstlich´ bezeichnen. Bei großer Scherung können sich Schauerstraßen
bilden, die für mehrstündigen Starkregen sorgen können (u.a. laut ICON D2 EPS am
ehesten über Mecklenburg-Vorpommern).

Richtung Süden und Südwesten sorgt der Keil eines sich über dem nahen Atlantik
etablierenden Hochs für eine gewisse Beruhigung. Allerdings breitet sich mit der
aufkommenden Warmluftadvektion von der Nordsee und Benelux her starke Bewölkung
leichter Regen bis in die Mitte aus. Auch an den Alpen hält sich anfangs starke
Bewölkung, es bleibt dort aber meist trocken. Dazwischen scheint im Süden
zeitweise die Sonne bei immerhin 18 bis 22°C.

In der Nacht zum Mittwoch entfernt sich das Boden- und Höhentief nur langsam,
allerdings schwenkt der Trog an der Südflanke nach Osten ab und über die Nordsee
nähert sich ein flacher Höhenrücken. Damit beruhigt sich das Wetter in den
meisten Landesteilen, wenn auch über der Südwesthälfte bis weit die Mitte
ausgreifend durch anhaltende Warmluftadvektion gebietsweise leichter Regen
fällt. Der Wind ist meist, außer in Gipfellagen der Mittelgebirge kein Thema
mehr. Auf exponierten Bergen sind zunächst aber noch Sturmböen aus westlicher
Richtung möglich. Anders sieht es dagegen im Nordosten aus. Durch herumgeholte
Warmluft regnet es Richtung Ostsee noch gebietsweise, möglicherweise auch
kräftig und auch der Gradient langt an den Küsten noch zu steifen bis
stürmischen Böen, an der Ostsee noch für Sturmböen.


Mittwoch... verlagert sich das hochreichende Tief in die nördliche Ostsee und
verliert an Einfluss auf unser Wetter. Gleichzeitig kann das Azorenhoch seinen
Keil über Süddeutschland und den Alpenraum stärken, der in der Höhe mit einem
Rücken über Frankreich und den Britischen Inseln korreliert.
Insgesamt bleibt dabei aber die Nordwestströmung erhalten, mit der mäßig warme,
teils recht feuchte, aber auch stabile Luft nach Mitteleuropa gelangt. In der
Höhe schwenken weiter kurzwellige Tröge vor allem über Norddeutschland nach
Südosten hinweg. Allerdings wird der Hebungsantrieb bisher von den Modellen nur
recht schwach gesehen, sodass zwar weiter ein leicht unbeständiger Charakter
dominiert, Schauer sind vor allem im Norden zu erwarten. Für Gewitter dürfte es
nicht mehr reichen und auch mehrstündiger Starkregen ist kein Thema mehr.

Da die Warmluftadvektion nachlässt, werden auch die Regenfälle über der Mitte
und dem Süden weniger und die Wolken lockern gebietsweise auf.

Mit Abzug Tiefs nach Norden nimmt auch der Wind einen Gang raus. Allenfalls im
Norden und Nordosten ist er wohl noch etwas kräftiger unterwegs mit stürmischen
Böen an den Küsten und steifen Böen etwas ausgreifend ins Binnenland.

In der Nacht zum Donnerstag dringt bei stabiler Schichtung eine Kaltfront
schleifend von der Nordsee her nach Norddeutschland ein und führt dort zu
leichten Regenfällen. Gleichzeitig fächert der Druckgradient von Westen her auf
und der Wind lässt auch an den Küsten von Westen her nach. Zum Donnerstagmorgen
beschränken sich steife Böen wohl vor allem noch auf die Ostseeküste.
Über der Mitte und dem Süden geht die Nacht unter dem Einfluss des Hochkeils
ruhig über die Bühne bei vor allem im Südosten und Süden teils geringer
Bewölkung und vereinzelten Nebelfeldern. Die Temperatur geht auf 15 bis 9 Grad
zurück.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großräumige Entwicklung recht ähnlich. Die
Starkregenwarnungen (heute SE, morgen der Norden) können nur in situ ausgegeben
werden. Ansonsten tendieren die Modelle nach dem Sommer der letzten Tage
vorübergehend mal Richtung Herbst mit viel Wind und Schauerwetter im Norden. An
der Nordsee gibt es für die kommende Nacht auch Hinweise auf schwere Sturmböen,
u.a. im ICON D2 EPS (30 bis 50%).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner