DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-08-2021 08:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von Wa zu NWz.

Heute etwa südliche der Main-Linie örtlich starke Gewitter, örtlich eng begrenzt
Unwetter. Abends im Nordwesten einzelne Gewitter mit Böen Bft 8.
Morgen im Südosten noch Gewitter möglich, letzte Unwetter nicht ausgeschlossen.
Im Nordwesten und im äußersten Norden Gewitter mit Böen Bft 8 bis 9, an der
Nordsee auch außerhalb der Gewitter Böen Bft 8.
Am Dienstag im Norden und Osten gebietsweise stürmische Böen, an der Ostsee
Sturmböen. Im Nordosten Gewitter mit Böen Bft 8 bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Deutschland liegt am Südrand eines Höhentiefkomplexes mit Zentren
über dem Bottnischen Meerbusen und über dem Nordmeer in einer im Norden leicht
zyklonalen, im Süden eher glatten Westsüdwestströmung, die mit Annäherung eines
Troges von den Britischen Inseln leicht zurückdreht. Dabei breitet sich im
Tagesverlauf die sehr warme bis heiße Luft mit 850-hPa-Temperaturen von 15 Grad
und mehr noch etwas nordwärts aus knapp über die Main-Linie. Im Norden ist nicht
so warme Luft wirksam und hier schleift die Warmfront eines Tiefs bei Irland,
das auch in der Höhe ausgeprägt ist. Dieses kleine Höhentief wird aber im
Tagesverlauf von dem Trog über den Britischen Inseln aufgenommen. Entsprechend
muss im äußersten Norden heute zeitweise mit Regen gerechnet werden. Gegen Abend
labilisiert sich dort die Schichtung mit aufkommender Hebung auf der Vorderseite
des zur Nordsee schwenkenden Troges und zum anderen durch etwas kältere Luft in
der Höhe. Entsprechend können hier einzelne Gewitter auftreten, wobei die
ML-Cape-Werte knapp über 300 J/Kg steigen bei PPWs um 27 mm. Südlich der
Main-Linie entwickelt sich mit kräftiger Einstrahlung ordentlich ML-Cape
zwischen 1000 und gut 2100 J/Kg bei PPWs zwischen 30 und 37 mm. Entsprechend
muss hier am Nachmittag mit örtlichen Gewittern gerechnet werden, die zunächst
von den Mittelgebirgen ausgehen, zum Abend aber mit Annäherung des Troges auch
abseits der Höhenzüge entstehen können. Die Globalmodelle haben allerdings meist
nur 1 bis 9 mm im Programm, aber die feinmaschigen Modelle zeigen im Südwesten
bereits örtlich Mengen über 30 mm in kurzer Zeit. In der breiten Mitte passiert
heute nicht viel und es bleibt überwiegend sonnig. Vom südlichen Norddeutschland
bis zu den Alpen gibt es einen Sommertag mit 25 bis 30 Grad, etwa südlich des
Mains ist es in den tiefen Lagen heiß bei 30 bis 32 Grad.

In der Nacht zum Montag zieht der Kurzwellentrog von der Nordsee und dem
Ärmelkanal zum nördlichen und mittleren Deutschland. Weiter südlich hängt der
Trog über Frankreich etwas zurück. Vorderseitig wird ordentlich PVA induziert,
die allerdings von über die Trogachse hinweglaufender KLA teilkompensiert wird.

Kurzum, vornehmlich im Süden (BW/Bayern), evtl. auch noch im Süden Thüringens
sowie dem Vogtland und dem Erzgebirgsraum stehen einige kräftige Gewitter auf
der Karte, die bei weiterhin guten, sich sogar noch leicht verbessernden
Scherungsbedingungen organisiert sein und Superzellenniveau erreichen können.
Lokale Unwetter sind dann vor allem durch Starkregen, eingangs der Nacht aber
auch durch Hagel möglich. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die
operationellen Modelle diese Gewitter zwar simulieren, in Bezug auf Häufigkeit
bzw. räumlicher Ausdehnung nach wie vor auf eine defensive Strategie setzen. Die
EPS-Ergebnisse zeigen allerdings besonders in der ersten Nachthälfte klare
Signale vor allem in Bayern und Nordwürttemberg.

Die zweite aktive Zone liegt im äußersten Norden und Nordwesten, wo von der
Nordsee her etwas Höhenkaltluft herangespült wird, in der sich einzelne
(Kaltluft)Gewitter bilden können. Bei mäßiger bis frischer südwestlicher
Grundströmung steht dabei der Wind (Böen 8 bis 9 Bft) im Vordergrund des
Warnmanagements, gefolgt von Starkregen. Auch abseits der Konvektion sind an der
Küste einzelne Böen 7 Bft möglich, nach einer größeren Warnlage sieht es aber
noch nicht aus.


Montag... zieht Tief LUCIANO von der Nordsee in den Raum Göteborg und seine
Kaltfront schwenkt recht zügig über Deutschland hinweg südostwärts. Dabei halten
sich anfangs über Südostbayern und Ostsachsen noch potenziell instabile
Luftmassen mit ML-Cape-Werten über 500 J/Kg bei PPWs zwischen 30 und 40 mm. Hier
besteh also das Risiko von teils unwetterartigen Gewittern vor allem am
Vormittag, was ICON-D2 und Euro4 auch andeuten (20 bis über 50 mm). Eventuell
könnte auch mehrstündiger Starkregen im Alpenraum auftreten.

Mit Entwicklung des Tiefs zu einem veritablen Sturmtief mit einem Kerndruck bei
997 hPa nähert sich das Höhentief dem Bodentiefzentrum an und erreicht von der
Nordsee her kommend Süddänemark. Dabei schwenkt ein weiterer Randtrog zum
westlichen Deutschland. In den Norden und Nordwesten gelangt damit hochreichend
maritime Kaltluft polaren Ursprungs (T500 -20 bis -24°C, T850 um +5°C), in der
sich zahlreiche Schauer und auch einige Gewitter entwickeln. Darüber hinaus
breitet sich auf der Trogvorderseite schauerartiger Regen von Nordwesten her bis
in die mittleren Landesteile aus, ohne dass dabei warnwürdige Mengen
zusammenkommen. Die Gewitter können bei sehr guten Scherungsbedingungen (LLS um
15 m/s, DLS phasenweise über 30 m/s) nach Nordwesten hin durchaus organisiert
sein (vor allem linienartig), wobei die markante Schwelle wegen des Windes (Böen
8-9 Bft) problemlos überschritten werden dürfte.

Apropos Wind, im Zuge der o. e. Zyklogenese verschärft sich der Gradient
sukzessive, insbesondere auf Süd- und Südwestflanke des Tiefs. Folgerichtig
frischt der von Südwest auf West bis Nordwest drehende Wind im Tagesverlauf auf,
wobei aber noch nicht ganz klar ist, wie flächig das Überschreiten der unteren
Warnschwelle (7 Bft) ausfällt. Auf alle Fälle passiert das an der See und im
küstennahen Binnenland sowie wahrscheinlich in Teilen der Norddeutschen
Tiefebene und allgemein in höheren Lagen. Während an der Ostsee Böen 8 Bft eher
Seltenheitswert haben, nimmt die Wahrscheinlichkeit dafür an der Nordsee am
Nachmittag immer mehr zu. Dort stehen dann auch einige Sturmböen 9 Bft auf der
Karte.

Noch ein Satz zur Temperatur, die mit der einströmenden polaren Meeresluft einen
deutlichen Absturz macht. Auf 850 hPa stehen am Abend im Nordwesten nur noch
knapp 4°C auf der Karte, während es südlich der Donau noch knapp über 10°C sind.
Die Tageshöchsttemperatur liegt damit im Nordwesten nur bei 18 oder 19 Grad, im
Süden und Osten dagegen noch mal bei 22 bis 25°C, vielleicht lokal 26°C.

In der Nacht zum Dienstag beruhigt sich die Lage keinesfalls. Vor allem im
Norden bleibt es südlich des nur schleppend nach Osten vorankommenden Tiefs
windig, an der See auch stürmisch. Außerdem schwenkt im Norden der markante
Kurzwellentrog ostwärts durch. In der weiterhin labilen Meeresluft kommt es zu
einem merklichen Absinken des HKN, was bei gleichzeitig guter bis sehr guter LLS
(teils etwas über 15 m/s) nicht nur die Gewitterneigung hochhält, sondern sogar
Typ2-Tornados nicht völlig unmöglich erscheinen lässt.

Ansonsten kommen die schauerartigen Regenfälle aus der Mitte bis in den Süden
voran, die Mengen bleiben aber überschaubar.


Dienstag... beginnt der Höhentrog, ganz langsam nach Osten zu schwenken. Das
Drehzentrum peilt mit dem korrespondierenden Bodentief den Raum Stockholm an.
Für den Norden und Osten bedeutet das einen sehr windigen Dienstag mit Böen 7
Bft, im Norddeutschen Tiefland sowie im Bergland mit 8 Bft, exponiert sowie an
der Ostsee 9 Bft, jeweils aus westlichen Richtungen.

Rechnet man dann noch die im Norden wiederholt auftretenden Schauer und kurzen
Gewitter sowie die lausigen Höchstwerte von 17 bis knapp 20°C dazu, könnte man
hier das Wetter schon mit ´frühherbstlich´ bezeichnen.

Richtung Süden und Südwesten kommt es nicht ganz so krass, sorgt doch der Keil
eines sich über dem nahen Atlantik etablierenden Hochs für eine gewisse
Beruhigung. Bei wechselnder, an den Alpen anfangs noch starker Bewölkung bleibt
es häufig trocken (anfangs im Alpenraum noch Regen aus der Nacht) bei immerhin
18 bis 22°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum recht ähnlich. Was die
Gewitter heute angeht, so sind unwetterartige Entwicklungen am ehesten im Raum
Baden-Württemberg zu erwarten und hier besonders im Raum
Oberrhein/Schwarzwald/Alb (Zeitraum 12 bis 18 UTC). In der ersten Nachthälfte
wären dann weite Teile Bayerns betroffen und in der 2. Nur noch der Alpenraum.
Auch könnte dann das westliche und nördliche Schleswig-Holstein betroffen sein
(Schauerstraßen).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden