DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-08-2021 09:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa, Übergang zu TrM
Heute und morgen im Norden unbeständig und mäßig warm. In der Mitte sommerliches
Wohlfühlwetter. Im Süden schwülwarm und gewittrig. In der Nacht zum Montag vor
allem im Süden starke Gewitter und deutliche Abkühlung. Windig.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Am heutigen Samstag... liegt unser Land im Bereich einer westlichen
Höhenströmung, in welcher ein flacher Höhentrog recht flott von der Nordsee nach
Südskandinavien schwenkt. Während der Norden Deutschlands dadurch von
PVA-bedingter Hebung beeinflusst wird, finden über dem Süden unter hohem
Potential keine dynamischen Antriebe statt. Bodennah verlagert sich Tief Kurt
über Skandinavien nur noch wenig, sorgt aber im Übergangsbereich zu Hoch Elfi im
äußersten Norden Deutschlands für einen recht starken Gradienten. Ansonsten
liegt Deutschland weitestgehend im Bereich einer zonalen Hochdruckzone, die sich
vom Azorenhoch ausgehend über den Süden Mitteleuropas bis nach Osteuropa
erstreckt und mehrere flache lokale Druckmaxima aufweist. Damit sind die
Windverhältnisse insbesondere im Süden Deutschlands heute recht schwach, im
Norden weht dagegen der Südwestwind mäßig, ganz im Norden bisweilen sogar frisch
und an den Küsten sowie zwischen den Meeren kommt es zu steifen Böen, in
exponierten Lagen der Nordseeküste auch zu stürmischen Böen. Die Kaltfront von
Kurt überquert heute in den Vormittagsstunden weitere Teile des Südostens von
Deutschland wird aber im Bereich des Hochs immer diffuser und lässt sich im
Tagesverlauf wohl nur noch anhand eines nicht mehr fronthaft ausgeprägten
Luftmassenunterschieds ausmachen. Dieser ist jedoch beträchtlich. So soll heute
Mittag in 850 hPa die 20°C-Isotherme an den Alpen liegen, während es am Main nur
noch 14°C sind und ganz im Norden 8°C. Im Süden, im Vorfeld der Kaltfront, ist
die Luftmasse nicht nur heiß, sondern auch recht feucht und weist in der
Grenzschicht spezifische Feuchten um 13 g/kg sowie ppw's von 30 bis 35 g/kg auf.
In diese feuchte Luftmasse hinein scheint heute wieder kräftig die Sonne und
treibt die Temperatur auf 30°C und produziert CAPE-Werte über 1000 J/kg südlich
einer Linie Offenburg-Altötting. Da es - wie oben schon beschrieben - keine
dynamischen Antriebe gibt, stehen nur die Berge für die Auslösung etwaiger
Gewitter zur Verfügung. Dieser Aufgabe werden sie sicher auch hier und dort
nachkommen, auch wenn es bei recht hohen KKN's über 2 km nicht ganz leicht
werden wird. Bei mäßiger Scherung (10 bis 15 m/s bis 6 km) sollten sich dann
Multizellencluster entwickeln, die sich mit 20 bis 30 km/h ostwärts verlagern.
Somit reicht es für Gewitter, die bezüglich aller Parameter ocker werden,
bezüglich Starkregens und Hagels kann es auch mal unwetterartige Entwicklungen
geben. Rückseitig der Kaltfront, vom Süden über die ganze Mitte hinweg,
dominiert eine recht trockene Luftmasse bei stabiler Schichtung, so dass sich
dort ein freundlicher und störungsfreier Sommertag einstellt. Die Höchstwerte
sind stark vom meridionalen Temperaturgradient beeinflusst und reichen von 26
Grad in der nördlichen Mitte bis 33 Grad vom Oberrhein bis in die Oberpfalz.
Ganz in den Norden dringt mit der flotten westlichen Strömung feuchtere und
wolkenreiche Luft ein, aus der es auch mal leicht schauern kann. In diesem
Bereich formiert sich auch zunehmend eine neue Front. Dort scheint heute
höchstens vorübergehend die Sonne und mit 20 bis 25 Grad bleibt es deutlich
kühler als in den anderen Landesteilen.

In der Nacht zum Sonntag ändert sich an der Gesamtkonstellation nicht sehr viel:
Der stärkste Druckgradient verlagert sich zur Ostsee, so dass an der Nordsee die
steifen Böen recht rasch nachlassen, im Ostseebereich im Verlauf der Nacht
dagegen nur zögernd. Es bleibt im Norden bewölkt und kann auch zwischenzeitlich
schauerartig regnen, vor allem im Bereich der oben erwähnten Front, die im
Norden des Landes entlangschleift. Im Süden sollte die Gewittertätigkeit im
Verlauf der Nacht langsam nachlassen, weil synoptische Hebungsantriebe weiter
fehlen. Dann lockern die Wolken wieder auf. In den mittleren Landesteilen
verläuft die Nacht ohnehin klar. Im Bereich des recht schwachen Gradienten in
der Mitte und im Süden Deutschlands schläft der Wind ein und es kann sich hier
und da flacher Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 15 und 10
Grad. In der Mitte kann es in den Mittelgebirgen teils auch etwas kühler werden,
dagegen bleibt es in der feuchtwarmen Luft ganz im Süden stellenweise etwas
milder.

Am Sonntag... schwenkt ein recht kräftiger Trog im Bereich der Britischen Inseln
südostwärts. Dies lässt die Höhenströmung über Deutschland Richtung Südwest
drehen, zudem tendiert sie wieder leicht in antizyklonale Richtung. Bodennah
lässt ein von England zur Nordsee ziehendes Tief den Wind ebenso wieder etwas
Richtung Südwest bis Süd drehen, wobei der Wind allgemein schwach bis mäßig
weht. Dabei bleibt es bei der Dreiteilung des Wetters in Deutschland, wobei die
einzelnen Zonen allesamt etwas nach Norden vorankommen. Im Süden erreicht bis
zum Mittag die 16°C-Isotherme wieder den Main und das entspricht auch in etwa
der Grenze zu der sehr feuchten Luft. Dabei werden im Süden in der Grenzschicht
spezifische Feuchten von 14 g/kg erwartet sowie ppw's von 30 bis 40 l/m². Mit
kräftiger Sonneneinstrahlung und bei schon vorhandenem recht steilen
Temperaturgradienten oberhalb der Grenzschicht wird sehr viel Labilitätsenergie
aufgebaut. ICON-EU simuliert am Nachmittag gebietsweise über 2000 J/kg. Dazu
kommt wiederum eine hochreichende Scherung um 15 m/s, allerdings fehlen auch am
Sonntag zunächst noch die synoptischen Antriebe. Da allerdings die Hochdruckzone
allmählich etwas abgebaut wird, ist es auch vorstellbar, dass sich kleinräumige
Konvergenzen bilden. Zudem dürften die Mittelgebirge wieder für etwas
Vertikalbewegung sorgen, so dass vor allem zum Abend hin der Deckel immer
häufiger gesprengt werden dürfte. Das Resultat sind wiederum organisierte
(Multizellen) Gewitter, mitunter kann man auch eine einzelne Superzelle nicht
ausschließen. Dabei geht es bezüglich sämtlicher Parameter schnell in den hohen
Ockerbereich, insbesondere bezüglich Starkregens und Hagels dürfte es am Sonntag
auch das eine oder andere Unwetter geben. Sollte sich eine Superzelle bilden,
muss auch beim Wind aufgepasst werden. Die Hinweise auf heftige Erscheinungen
fallen vom ICON-D2 bisher eher schwach aus, was aber auch daran liegen könnte,
dass es sich wirklich nur um einzelne Entwicklungen handelt. Interessant ist
auch, das Arome so zurückhaltend ist. Kommen wir zu den anderen Zonen. Die
nördliche Front bringt weiterhin stellenweise schauerartige Regenfälle, wird
aber mit der südwestlichen Strömung nordwärts verlagert und verlässt unser Land
am Nachmittag. Auch in der trockenen Zone dazwischen wird es nicht mehr ganz so
sonnig wie am Vortag, da Warmluftadvektion für einiges an hoher Bewölkung sorgt.
In der sehr warmen Luftmasse wird es wieder sommerlich warm bis heiß mit
Höchstwerten zwischen 27 und 32 Grad zwischen nördlicher Mitte und dem Süden.
Ganz im Norden sind es dagegen nur um 22 Grad.

In der Nacht zum Montag erreicht die Achse des oben erwähnten Troges den Westen
Deutschlands und schwenkt in der zweiten Nachthälfte über Deutschland hinweg.
Als markanter und zugleich schnell vorankommender Trog wird ordentlich Vorticity
advehiert, allerdings ist der Trog auch von Kaltluftadvektion überlaufen. Es
resultiert trotzdem ordentlich Vertikalbewegung. Somit entstehen im Bereich
einer Kaltfront, die trogvorderseitig ab dem Abend Deutschland erreicht,
zunehmend verbreitet kräftige Gewitter, zunächst im Süden, später auch in der
Mitte und im Osten. Die Scherung nimmt sowohl niedertroposphärisch als auch
hochreichend noch deutlich zu, so dass alle Zutaten für eine Nacht mit vielen
und gut organsierten Gewittern gegeben ist. Dabei sind weiter
Multizellencluster, einzelne Superzellen sowie auch MCS vorstellbar. Zumindest
ICON-D2 simuliert auch einzelne Gewitterkomplexe, für die Zutaten der Lage
erscheint das aber recht zurückhaltend. Man sollte doch davon ausgehen, dass es
das eine oder andere Unwetter in der Nacht geben wird, vor allem auch wegen
Starkregen. Auch im Nordwesten labilisiert es in der Nacht im Bereich allmählich
kälterer mitteltroposphärischer Luft, so dass es auch dort zu Gewittern mit
Starkregen kommt. Das Bodentief zieht in der Nacht in den Bereich der Deutschen
Bucht, so dass es im Bereich der Nordseeküste auch abseits der Gewitter zu
steifen Böen um Südwest kommt. Die Tiefstwerte liegen in der Nacht allgemein bei
17 bis 12 Grad.


Am Montag... zieht die Kaltfront rasch nach Südosten ab und auf ihrer Rückseite
stabilisiert sich die Schichtung deutlich. Zudem kommt es rückseitig des Troges
erst mal zu starkem Absinken, so dass sich die Gewitterlage etwas beruhigt.
Später zieht allerdings ein markantes Höhentief in den Bereich der Nordsee und
in den Nordwesten Deutschlands. Damit kommt es im Nordwesten wieder zu
deutlicher Labilisierung, zumal in 500 hPa die Temperatur auf -22 Grad
zurückgehen soll. Damit lebt die Gewittertätigkeit im Tagesverlauf im Norden und
Nordwesten wieder auf. Hier ist ordentlich Dynamik im Spiel, so dass sich
durchaus auch Gewitterlinien bilden können, allerdings ist die Luftmasse doch
eine andere als zuvor im Süden. Allerdings werden die Gewitter schon allein
wegen des Windes schnell markant. Das Bodentief verstärkt sich nämlich im
Bereich Jütlands noch etwas, so dass wir im Tagesverlauf schon aus dem Gradient
heraus zumindest in der Nordhälfte Deutschlands und im Bergland mit steifen Böen
rechnen dürfen, an der Küste mit stürmischen Böen. In 850 hPa weht der Wind im
Mittel mit Bft 8, so dass es auch im oberen Bergland stürmisch wird und auch an
jedem Gewitter schnell stürmische Böen oder Sturmböen auftreten können. Im
Südosten ist die Schichtung zu stabil für Gewitter, dort bleibt es abgesehen vom
Alpengebiet nach Abzug der Nachtgewitter trocken. Allerdings ist auch dort nicht
mit allzu viel Sonne zu rechnen. Die Temperatur geht im Vergleich zum Vortag
deutlich zurück. Ganz im Osten, wo die Warmluft noch nicht ganz ausgeräumt ist,
werden noch einmal um 25°C erreicht. Dagegen werden es im Nordwesten keine 20°C
mehr.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Höhentief über die Kimbrische Halbinsel
hinweg und von ihm ausgehend schwenkt ein markanter Bodentrog über ganz
Deutschland hinweg und löst kräftige Hebung aus. Das Bodentief soll dabei über
Schleswig-Holstein hinweg nach Mecklenburg ziehen. Es ist durchaus kräftig und
soll nach ICON-EU an seiner Südflanke teils stürmische Böen oder sogar Sturmböen
bis ins Binnenland bringen. In Ostfriesland sind schwere Sturmböen aus Nordwest
simuliert. Schauerartige Regenfälle kann es im ganzen Land geben, vor allem an
der Südwestflanke des Tiefs soll es zu starken gewittrigen Regenfällen kommen,
die von der Nordsee Richtung Norddeutschland ziehen. Hier gibt es zwar relativ
wenig CAPE, aber sehr viel Scherung, so dass es nicht nur stark regnen kann,
sondern auch organisierte Gewitterstrukturen entstehen können. Sehr viel
Low-Level-Scherung, hohes SRH und sehr niedrige Wolkenuntergrenzen machen die
Lage auch tornadoverdächtig.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bis zum Sonntag simulieren die Modelle die synoptische Situation recht
einheitlich. Allerdings sollte man bezüglich der Konvektion vorsichtig sein, die
Zutaten sprechen vor allem in der Nacht zum Montag für etwas mehr als die
hochaufgelösten Modelle simulieren. Es zeichnet sich schon ab, dass der am
Sonntag nach Frankreich schwenkende Trog etwas unterschiedlich simuliert wird.
Demzufolge wird auch die Lage am Montag und in der Nacht zum Dienstag bei uns
etwas unterschiedlich simuliert, sowohl am Boden als auch in der Höhe. Die
stärkste Sturmentwicklung (vor allem mit dem Sturm über Deutschland) zeigt ICON,
IFS und GFS simulieren eine schwächere Entwicklung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann