DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-08-2021 07:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
H M
Heute keine markante Wettergefahren. Am Abend und in der Nacht zum Freitag nur
mit geringer Wahrscheinlichkeit ganz im Südwesten einzelne starke Gewitter. Am
Freitag und am Samstag im Süden vor allem in Alpennähe einzelne Gewitter;
geringe Unwettergefahr durch heftigen Starkregen und größere Hagelansammlungen *


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland unter einem flachen Höhenkeil, der sich unter
leichter Aufwölbung nach Südschweden ostwärts verlagert. Gleichzeitig läuft aus
dem über dem Atlantik liegenden Trog ein kurzwelliger Anteil heraus und greift
auf die Britischen Inseln über. An dessen Vorderseite dreht die Strömung über
Deutschland auf West-Südwest. Da sich zudem das korrespondierende Bodenhoch mit
seinem Schwerpunkt zum südöstlichen Mitteleuropa verlagert, kommt auch in
Bodennähe eine südwestliche bis südliche Windkomponente zustande. Mit dieser
wird wärmere Luft advehiert, wodurch leichter Druckfall einsetzt. Da im
Randbereich des Keils nach wie vor Absinken andauert, wird nennenswerte
Wolkenbildung weitgehend unterbunden. Zwar wird mit der einsetzenden
südwestlichen Strömung zusehends labilere Luft eingesteuert, aber die
Absinkinversion dürfte nicht durchstoßen werden. Die Temperatur steigt auf 25
bis 29, in tieferen Lagen Süddeutschlands bis 32 Grad und an der Küste sowie im
höheren Bergland auf Werte um 22 Grad.

In der Nacht zum Freitag erreicht der Keil unter Abflachung die Ostsee und
Westpolen. Der o.g. Kurzwellentrog wird unter Auffüllung in die Nordsee geführt.
Somit stellt sich eine zunächst noch antizyklonal geprägte westliche Strömung
ein. Allerdings läuft in der zweiten Nachthälfte in dieser Strömung ein in
höheren Troposphärenschichten schwach (und schwächer als bei den gestrigen
Modellläufen) ausgeprägter Kurzwellentrog nach Osten ab. Dieser kann die bis
dahin im Süden Deutschlands eingeflossene feuchtlabile Luft (mit einem Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 30 und 40 mm und CAPE (KK) bis 2000 J/kg)
aktivieren, so dass im Südwesten einzelne Gewitter (dann mit Starkregen bis in
den unwetterrelevanten Bereich hinein) nicht ganz ausgeschlossen werden können.
Im großen Rest des Landes fehlt die Feuchte, als dass konvektive Umlagerungen
ausgelöst werden können. Erneut dürften sich flache Nebelfelder bilden, wobei
die Nebelneigung gegenüber den bisherigen Nächten allmählich geringer wird.

Freitag... verlagert sich das gesamte Zirkulationsmuster nach Osten. Der Keil
verabschiedet sich nach Ostpolen, der nachfolgende Trog greift über die Nordsee
hinweg auf Südnorwegen über. Das darin eingelagerte Tief, das bis dahin längst
den Charakter eines Zentraltiefs angenommen hat, beginnt die Strömung zyklonal
zu deformieren. Die Kaltfront, die dem Trog vorgelagert ist, greift in der
zweiten Tageshälfte von der Nordsee her auf den Nordwesten und den äußersten
Westen Deutschlands über. Als stabile aktive Front beschränkt sich deren
Wetterwirksamkeit auf eine Winddrehung auf Nordwest, ein Auffrischen des Windes
sowie ein paar Wolkenfelder.
Wesentlich mehr Spannung - im wahrsten Sinne des Wortes - verspricht die
Entwicklung im Süden Deutschlands. Dort verstärkt sich aus dem Rhonetal heraus
die Zufuhr feuchtlabiler Luft, was sich neben den o.g. Parametern vor allem in
einem Anstieg der spezifischen bodennahen Feuchte bis auf 15 g/kg äußert.
Wenngleich die Strömung nur wenig mäandriert und anhand der diagnostischen
Felder sich kaum Hebungsantriebe ableiten lassen, so dürfte jedoch die nicht
ganz glatte und zudem leicht zyklonal werdende Strömung für die Auslösung
hochreichender Konvektion hinreichend sein. Zudem können sich aus dem Schweizer
Mittelland und aus den Alpen heraus Gewitter entwickeln, die auf das
Alpenvorland übergreifen. Unwettergefahr besteht durch heftigen Starkregen und
größere Hagelansammlungen. Für Großhagel ist die hochreichende Scherung zu
schwach ausgeprägt. Nach wie vor ist CAPE etwas gedeckelt, so dass selbst
hochauflösende Modelle sehr sparsam Starkniederschlagssignale simulieren.
Aufgrund der o.g. Voraussetzungen sollte mit orografischer Unterstützung
durchaus die Auslösung hochreichender Konvektion bis hin zum Unwetter erfolgen.
Die Gebiete nördlich der Linie Nordschwarzwald-nördlicher Bayerischer Wald
sollten von konvektiven Umlagerungen verschont bleiben. Dort macht sich der
Einfluss der nahenden Kaltfront bereits bemerkbar, was weit präfrontal die
bodennahe Windkomponente auf Nordwest drehen lässt und ein Entrainment
trockenerer und stabilerer Luft zur Folge hat.
Längere sonnige Abschnitte zeichnen sich am ehesten im Nordosten Deutschlands
ab, so dass dort (neben tieferen Lagen Süddeutschlands bei größerer Schwüle)
noch einmal Maxima um oder etwas über 30 Grad zu erwarten sind. Ansonsten werden
25 bis 29 Grad erreicht. Mit Passage der Kaltfront erfolgt jedoch ein
Temperaturrückgang auf Werte um 20 Grad.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das Zentraltief in die nördliche
Nordsee. An dessen Südflanke bleibt über Mitteleuropa eine leicht zyklonale
westliche Strömung bestehen, wobei nach Süden hin nach wie vor leicht
antizyklonaler Charakter bestehen bleibt. Absinken, das aus schwacher
Kaltluftadvektion resultiert, sollte in Verbindung mit dem Entrainment
trockenerer Luft von Nordwesten her und der damit einhergehenden Stabilisierung
die Konvektion alsbald zum Erliegen bringen. Ohnehin hält sich die feuchtlabile
Luft (mit den oben beschriebenen Parametern) nur noch entlang vom Hochrhein, in
Oberschwaben sowie im Alpenvorland. In diesen Gebieten sind nach wie vor
Starkniederschläge, die anfangs noch mit Gewittern einhergehen können,
vorstellbar. Für Unwetter sollte es nicht mehr reichen. Bei geringen
Luftdruckgegensätzen können sich im Süden vor allem dort, wo es zuvor viel
geregnet hat, flache Nebelfelder bilden.
In der Mitte und im Norden macht sich die Frontalzone mit wechselnder Bewölkung
und vor allem im Nordseenähe mit einigen Schauern bemerkbar. Der leicht
zunehmende Gradient sollte die Bildung von Nebelfeldern unterbinden. Für
warnrelevante Böen reicht es allenfalls Nordseeküste.

Samstag... verlagert sich das o.g. Zentraltief nach Mittelskandinavien, wodurch
sich über dem gesamten Vorhersagegebiet eine zyklonale Westströmung einstellt.
Mit dieser Strömung arbeitet sich die Kaltfront schleifend bis in Alpennähe vor.
Nur unmittelbar am Alpenrand sowie über dem alpennahen Vorland hält sich noch
feuchtlabile Luft, wobei auch dort die Luftmasse durch Entrainmentprozesse
zusehends entschärft wird und nur noch einen Flüssigwassergehalt zwischen 25 und
35 mm aufweist. In diesen Gebieten sowie aus den Alpen heraus können sich noch
einmal Gewitter entwickeln, wobei die Gefahr für Unwetter (vor allem durch
heftigen Starkregen) zusehends geringer wird. Die schwach ausgeprägte Scherung
lässt ohnehin nur Einzel- oder Multizellengewitter, aber keine höheren
Organisationsformen, zu.
Ansonsten setzt sich eine stabil geschichtete atlantische Luftmasse durch. Für
ein paar Schauer reicht es nur an der Nordsee, ansonsten ergibt sich durch
Kaltluftadvektion Absinken und es bleibt weitgehend niederschlagsfrei. Im Norden
frischt der Wind auf, wobei an der Küste und im küstennahen Binnenland Windböen
auftreten können. Währen im Nordwesten und Norden rasch wechselnde Bewölkung zu
erwarten ist, deuten sich in den anderen Gebieten längere sonnige Abschnitte an.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 24 bis 28, in tieferen Lagen
Süddeutschlands bis 30 Grad. Im Norden und Nordwesten wird es mit 19 bis 23 Grad
allenfalls mäßig warm.

In der Nacht zum Sonntag wird der nunmehr über Skandinavien liegenden Trog mit
dem eingelagerten, über Mittelskandinavien liegenden Zentraltief durch ein aus
dem Raum Ostgrönland nach Süden vorstoßenden Trog regeneriert. Wenngleich sich
hinsichtlich der Luftmassenverteilung keine wesentliche Änderung ergibt, so
sollte doch die Konvektion in Alpennähe mangels dynamischer Unterstützung
alsbald in sich zusammenfallen.
In Küstennähe macht sich der Trog zusehends bemerkbar, was die Schauertätigkeit
dort aufleben lässt. Für Gewitter ist die Konvektion zu schwach. Zudem sind
aufgrund der Nähe zur Frontalzone an der Küste weiterhin Windböen zu erwarten.
Ansonsten dominiert durch Kaltluftadvektion gestütztes Absinken, wodurch es
verbreitet aufklaren dürfte. Bei geringen Luftdruckgegensätzen können sich in
der Mitte und im Süden Deutschlands flache Nebelfelder bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich kaum prognoserelevante
Unterschiede ableiten. Gegenüber den gestrigen Modellrechnungen wurde am Samstag
und in der Nacht zum Sonntag die Zyklonalität ein wenig reduziert. Ähnliches
gilt für die Niederschläge in der Nacht zum Freitag sowie am Freitag, so dass
trotz luftmassentechnisch günstiger Voraussetzungen Unwetter nur noch mit einer
geringen Wahrscheinlichkeit auftreten sollten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann