DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-08-2021 07:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu HM
Heute im Norden und in der Mitte noch teils markante Gewitter, auch an den Alpen
einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen. Mittwoch und Donnerstag unter
Hochdruckeinfluss meist störungsfrei und deutlich wärmer, im Süden am Donnerstag
heiß.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... bleibt noch ein Höhentief mit Drehzentrum nördlich von Schottland
für Deutschland wetterbestimmend. Von ihm ausgehend ist ein Trog über die
Nordsee hinweg südostwärts nach Mitteleuropa gerichtet, an dessen Südflanke
innerhalb der westsüdwestlichen Höhenströmung bis in die kommende Nacht hinein
noch kurzwellige Troganteile insbesondere über die Nordhälfte hinweg ostwärts
geführt werden. Die Luftmasse bleibt dabei vor allem über dem Norden und der
Mitte des Landes labil geschichtet mit Temperaturen zwischen -20 und -16 Grad in
500 hPa und 6 bis 9 Grad in 850 hPa.
Zwei solcher Kurzwellentröge bestimmen zumindest in den kommenden Stunden den
Wetterablauf im Vorhersagegebiet: Einerseits hat ein recht unscheinbarer
Vertreter seiner Zunft den Westteil der Deutschen Bucht erreicht. Dieser
verlagert sich rasch ostnordostwärts und beschert dem Nordseeumfeld am Vormittag
schauerartige, teils gewittrige Regenfälle. Über dem warmen Nordseewasser können
im Vorfeld etwa 400 bis 600 J/kg Cape generiert werden, dazu stehen etwa 27 mm
niederschlagbares Wasser zur Verfügung. ICON-D2 hat im Zeitraum 06 bis 12 UTC
vor allem für Nordfriesland gebietsweise Starkregen (über 20 mm in 3 bis 6
Stunden) auf der Agenda, auch die Probabilistik des Modells zeigt recht hohe
Wahrscheinlichkeiten für 20 bis 35 mm/6 h, die höchsten mit über 60% allerdings
im benachbarten Dänemark. Selbst für Unwetter (über 35 mm) werden im
deutsch-dänischen Grenzgebiet noch Wahrscheinlichkeiten um 20% gezeigt. Böen
spielen dagegen eher eine untergeordnete Rolle, wenngleich einzelne Böen Bft 7
nicht ausgeschlossen sind. Bis zum Nachmittag/Abend ziehen diese Schauer und
Gewitter über Schleswig-Holstein und das nördliche Niedersachsen bzw. dem
Hamburger Raum nach Mecklenburg-Vorpommern, wo ICON-D2 vor allem an der
Ostseeküste recht hohe Wahrscheinlichkeiten für Starkregen (Zeitraum 12 bis 18
UTC) auf der Agenda hat.
Ein zweiter Kurzwellentrog hat aktuell auf den Westen des Landes mit
schauerartigen Regenfällen im Gepäck übergegriffen, die rasch über die mittleren
Landesteile hinweg ostwärts ziehen. Aktuell treten dabei mangels Labilität und
Energie kaum Gewitter auf, das könnte sich aber in den kommenden Stunden
eventuell noch ändern, ehe diese Niederschläge bereits am frühen Nachmittag nach
Polen abziehen.
Die Wetterberuhigung dahinter währt aber nur kurz, denn bereits nachmittags und
abends erreichen in rascher Folge zwei weitere Kurzwellentröge den Westen
Deutschlands und kommen rasch ostwärts voran. Mit Einstrahlung im Vorfeld können
mehrere 100 J/kg ML-Cape simuliert werden, die PPW-Werte steigen gebietsweise
auf über 25 mm. Zudem steht recht markante hochreichende Windscherung zur
Verfügung. Somit ziehen wohl bereits ab den Mittagsstunden von Benelux her
erneut Schauer und Gewitter in den Westen und Nordwesten des Landes, die rasch
ostwärts vorankommen. Starkregen spielt aufgrund recht hoher Zuggeschwindigkeit
wohl eher eine untergeordnete Rolle (wenngleich nicht ganz ausgeschlossen),
allerdings sind vor allem bei organisierten Strukturen (in der Regel
linienförmig) stürmische Böen, vereinzelt auch Sturmböen (Bft 8 bis 9) sowie
kleinkörniger Hagel durchaus in Betracht zu ziehen. Bereits zum Abend hin
erreichen diese Gewitter auch die Osthälfte des Landes, mit dem zweiten
kurzwelligen Troganteil kann es dann aber auch weiter westlich, also vom
westlichen bis in den zentralen Mittelgebirgsraum, noch für einzelne Schauer und
Gewitter reichen.
Etwas außen vor von dieser Entwicklung bleibt dagegen die Südhälfte, in etwa die
Regionen südlich der Pfalz und des Mains. Dorthin bleibt ein Keil des
Azorenhochs gerichtet, wobei sich über dem Alpenraum sogar eine
Hochdruckparzelle (1020 hPa) ausmachen lässt. Zwar ist die Luftmasse vor allem
in Alpennähe ebenfalls labil geschichtet und es werden dort auch gebietsweise
mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert, fraglich ist aber, ob es zur Auslöse
reicht. Momentan geben die Konvektion erlaubenden Modelle keine entsprechenden
Signale. Sollte es - getriggert durch die Orographie - trotzdem reichen, dürften
sich die Begleiterscheinungen ebenfalls im markanten Bereich abspielen, mit
einem vielleicht leicht erhöhten Potenzial für Hagel und Sturmböen (höherer
Spread, markante hochreichende Scherung).
Ansonsten scheint aber vor allem in der Südhälfte die Sonne. Dort erwärmt sich
die Luftmasse bereits auf 10 bis 15 Grad in 850 hPa. Somit ergibt sich bzgl. der
Höchstwerte ein recht deutliches Süd-Nord-Gefälle mit Werten zwischen 19 und 23
Grad in der Nordhälfte, 21 bis 24 Grad in der Mitte und 24 bis 28 Grad im Süden.


In der Nacht zum Mittwoch verabschiedet sich unser seit Tagen wetterbestimmendes
Höhentief nun endgültig. Es geht zunehmend auf Tuchfühlung mit einem vom
mittleren Nordatlantik Richtung Ostatlantik vorstoßenden Höhentrog und wird
schließlich als Randtrog in diesen inkludiert. Dieser reicht Mittwochfrüh über
Südskandinavien hinweg zur südöstlichen Ostsee bzw. nach Nordpolen. Vorderseitig
des Höhentroges setzt über Westeuropa recht markante WLA ein, wobei sich ein
Höhenrücken über GB aufwölbt und Mittwochfrüh bereits die westliche Nordsee
erreicht. Dabei dreht die Höhenströmung über Mitteleuropa auf West bis Nordwest
und die Schichtung stabilisiert von Westen her zusehends.
Entsprechend kann sich auch der nach Süddeutschland gerichtete Hochkeil
verstärken und weitet sich nach Norden aus, wobei der Schwerpunkt des Hochs über
dem Alpenraum verbleibt.
Der letzte kurzwellige Troganteil zieht im Laufe der Nacht unter Amplifizierung
ostwärts ab und in dessen Einflussbereich dauert es noch etwas, bis die Schauer-
und Gewittertätigkeit zum Erliegen kommt, zuletzt wohl in der zweiten
Nachthälfte im zentralen Mittelgebirgsraum bzw. in der Osthälfte. Ansonsten
steht aber eine wettertechnisch ruhige Nacht ins Haus, wobei sich aber vor allem
in Teilen der Nordhälfte sowie der Mitte des Landes ausgedehnte SC-Felder
ausbreiten können. Gebietsweise bleibt es aber auch gering bewölkt, am ehesten
wohl im Südwesten und Süden. Örtlich kann sich Nebel bilden. Die Nacht fällt mit
Tiefstwerten zwischen 16 und 9 Grad angenehm frisch aus.

Mittwoch... schiebt der Richtung Schottland vorstoßende Höhentrog den
Höhenrücken vor sich her, der in den Abendstunden mit seiner Achse Benelux und
den Westteil der Deutschen Bucht erreicht. Er stützt nach wie vor das
Hochdruckgebiet über dem Alpenraum, das sich noch weiter nach Norden, bis ins
nördliche Mitteleuropa ausweitet. Im gesamten Vorhersagegebiet dominiert somit
Absinken, wobei sich eine Absinkinversion ausbildet, die im Nordosten in etwa
700 hPa befindet, weiter südwestlich dagegen in etwa 750 bis 800 hPa. Darüber
trocknet die Luftmasse zunehmend ab, während darunter vor allem am Vormittag in
die Norddeutsche Tiefebene bis in die mittleren Landesteile von Westnordwest her
noch relativ feuchte Nordseeluft vordringen kann. Somit bleibt es dort
gebietsweise noch längere Zeit bewölkt, hier und da fallen auch ein paar Tropfen
Regen bzw. Nieselregen, im Nordosten reicht es eventuell für einen kurzen
Schauer. Mittags und nachmittags bekommt dann die Wolkendecke aber von
Nordwesten her zunehmend Lücken und es setzt sich die Sonne durch.
Im Süden und Südwesten des Landes scheint dagegen von Anfang an meist die Sonne,
wobei sich im Tagesverlauf flache Quellwolken bilden können. Ganz ausgeschlossen
ist ein Schauer oder gar ein Gewitter an den Alpen nicht, die Wahrscheinlichkeit
dafür ist aber als äußerst gering zu beziffern.
Die Luftmasse kann sich erwärmen - im Süden stärker als im Norden -, die
Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf 8 Grad im Nordosten und 16 Grad
an den Alpen. Somit werden im Norden und Nordosten 20 bis 24 Grad erreicht, in
der Mitte 23 bis 27 Grad, im Süden und Südwesten 25 bis nahe 30 Grad (südlicher
Oberrheingraben).

In der Nacht zum Donnerstag erreicht das Drehzentrum des Höhentroges über dem
Ostatlantik das Seegebiet nordwestlich von Irland. Der Höhenrücken überquert mit
seiner Achse allmählich das Vorhersagegebiet ostwärts, wobei er zunehmend von
WLA überlaufen wird, die sich im Westen und Norden in Form hoher und mittelhoher
Wolkenfelder bemerkbar macht.
Im Bodenfeld verlagert das inzwischen umfangreiche Hochdruckgebiet seinen
Schwerpunkt zögernd Richtung östliches Mitteleuropa. Das Frontensystem eines mit
dem Trog korrespondierendes Tiefdruckgebietes westnordwestlich von Schottland
greift auf die Nordsee über, wird aber durch Teiltiefentwicklung vor der
südnorwegischen Küste eingebremst und erreicht morgens erst die mittlere
Nordsee.
Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig und störungsfrei. Vor allem im
Osten und Süden bleibt es überwiegend gering bewölkt und wolkenlos, hier und da
kann sich Nebel bilden. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 und 9 Grad.

Donnerstag... kommt der Höhenrücken allmählich ins östliche Mitteleuropa voran.
Die Höhenströmung dreht über dem Vorhersagegebiet damit auf Südwest bis West,
wobei abends ein flacher Kurzwellentrog Frankreich bzw. Benelux erreicht.
Niedertroposphärisch setzt auf dessen Vorderseite die Advektion sehr warmer und
potenziell instabiler Luftmassen subtropischen Ursprungs nach Südwest- und
Süddeutschland ein, die Temperatur in 850 hPa steigt bis zum Abend auf 10 Grad
über der Ostsee und sogar bis auf 20 Grad ganz im Süden bzw. Südwesten. Dort
können auch bereits nach Lesart des ICON-EU, aber auch des SuperHD gebietsweise
mehr als 1000 J/kg ML-Cape simuliert werden, korrespondierend mit einem
deutlichen Anstieg der spezifischen Feuchte und des niederschlagbaren Wassers
(abends am Oberrhein teils über 30 mm), was vor allem an der Feuchteakkumulation
unterhalb eines recht ausgeprägten Deckels in etwa 700 bis 650 hPa. Trotz
Annäherung des Kurzwellentroges bleibt der dynamische Hebungsantrieb bis zum
Abend wohl noch zu gering, sollte es dennoch zur Auslöse reichen, dann wohl am
ehesten im Südschwarzwald. Dann bestünde aufgrund der geringen
Zuggeschwindigkeit und der Cape durchaus Unwetterpotenzial bzgl. Starkregen und
Hagel. Allerdings hat auch das SuperHD keine entsprechenden Signale dafür auf
der Agenda.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich Richtung Westukraine,
wobei ein Keil zu den Alpen gerichtet bleibt. Somit fällt der Druckfall über
Mitteleuropa nur sehr gemäßigt aus. Das Frontensystem über der Nordsee hängt
nach Südwesten bis in das seegebiet westlich der Biskaya zurück, verwellt über
England und mag somit ebenfalls nicht so recht voranzukommen. Ganz im Nordwesten
des Landes, eher über der Deutschen Bucht und in Nordfriesland, kann es sich
eventuell anhand vorübergehend dichterer Wolkenfelder bemerkbar machen, es
bleibt aber trocken.
Ansonsten scheint aber neben lockerer hoher, zeitweise auch mittelhoher
WLA-Bewölkung vielerorts die Sonne, im Süden oft auch noch von einem wolkenlosen
Himmel. Auch im Norden macht die Temperatur nun einen Sprung nach oben, vor
allem aber im Süden. An den Küsten und in Nordfriesland liegen die Höchstwerte
meist noch unter 25 Grad, sonst werden aber Werte zwischen 25 und 30 Grad im
Norden und Osten sowie zwischen 29 und 33 Grad im Süden und Südwesten erreicht,
34 Grad im südlichen Oberrheingraben vielleicht nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Freitag kommt der flache Kurzwellentrog über Frankreich ins
Vorhersagegebiet voran, wobei vor allem in der Südhälfte etwas dynamische Hebung
wirksam werden kann. Innerhalb der potenziell instabilen Luftmasse könnte das
dort trotz ungünstiger Tageszeit für einzelne kräftige Gewitter reichen,
Unwetterpotenzial aufgrund von Starkregen nicht ausgeschlossen.
Das Frontensystem über der Nordsee nähert sich zwar wieder etwas der Deutschen
Bucht an, erweist sich aber als wenig wetterwirksam, lediglich GFS simuliert im
Nordseeumfeld geringe Niederschläge. Ansonsten verläuft die Nacht erneut
wettertechnisch ruhig und in der Mitte sowie im Osten auch oft gering bewölkt.
Mit Tiefstwerten zwischen 18 und 12 Grad fällt die Nacht milder aus als die
Vornächte, im südlichen Oberrheingraben werden gebietsweise auch die 20 Grad
kaum oder nicht mehr unterschritten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten Unterschiede
zwischen den vorliegenden Modellen ausmachen. Für heute steht der Fahrplan in
etwa, was genau ab Donnerstagabend passiert, lässt sich erst mit den kommenden
Läufen besser herausarbeiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff