DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-08-2021 07:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.08.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TrM
Gebietsweise kräftige Gewitter mit Starkregen, vor allem Dienstag mit erhöhtem
Unwetterpotential über der breiten Mitte und an den Ostalpen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland im Einflussbereich eines umfangreichen Trogsystems,
wobei sich das steuernde Höhentief in der Nähe vom Nordkap befindet. Die
Höhenströmung an seiner Südflanke ist nicht sonderlich kräftig, wie man dem
Isohypsenabstand entnehmen kann. Man findet aber mehrere kurzwellige Anteile.
Ein erster Kurzwellentrog zieht im Vormittagsverlauf ostwärts ab. Nach einem
kurzwelligen Rücken macht sich am Nachmittag in den westlichen Landesteilen
bereits die Vorderseite eines neuen Kurzwellentroges bemerkbar, dessen Achse zum
Abend den äußersten Westen erreicht.

Auch am Boden hat Tiefdruckeinfluss den Norden und Nordosten Europas fest im
Griff. Eine nur noch schwache wellende Kaltfront liegt dabei auch über
Deutschland und richtet sich über der Mitte des Landes strömungsparallel und
damit quasistationär aus. Die Kaltfront trennt zwei unterschiedliche Luftmassen.
Nördlich davon geht die spezifische Feuchte im Tagesverlauf zurück und die
Schichtung ist recht stabil. Abgesehen von ein paar trogbedingten Schauern in
Küstennähe (warmes Meerwasser und etwas mehr Feuchte) dürfe es entsprechend
nördlich der Mittelgebirge auch häufig trocken bleiben, vom nördlichen NRW bis
nach Berlin auch zeitweise sonnig.

Südlich der Kaltfront, von der Mitte bis in den Süden des Landes, ist die
Luftmasse deutlich feuchter und auch etwas Labilität ist vorhanden. Folglich
wird auch etwas CAPE zwischen 200 und 500 J/kg am Nachmittag vorhergesagt. Die
Folge sind häufige Schauer, im Tagesverlauf auch immer mehr Gewitter. Das gilt
insbesondere für den Bereich in Kaltfrontnähe, wo die höchste Feuchtigkeit und
auch eine leicht konvergente Bodenströmung vorhergesagt werden. Die zunehmende
Trogvorderseite bringt am Nachmittag einen zusätzlichen Hebungsinput und eine
Aktivitätszunahme. In Richtung Alpenrand geht die spezifische Feuchte wieder
zurück. In Kombination mit dem flachen Rücken wird die Konvektion im Bereich
südlich der Donau entsprechend eher etwas unterdrückt.

Die hochreichende Scherung ist vor allem infolge der nur schwachen Höhenströmung
nur gering. Dementsprechend ist von pulsierende Konvektion auszugehen.
Kleinkörniger Hagel und starke bis stürmische Böen stehen dabei klar hinter der
Starkregengefahr. Die ppw-Werte liegen über der Mitte um 25 mm, sodass markanter
Starkregen zu erwarten ist. Die hochauflösenden Ensembleverfahren zeigen vor
allem über der westlichen Mitte eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass örtlich
auch mal die Unwetterschwelle überschritten werden kann. Das muss dabei nicht
zwingend in einer Stunde passieren, sondern mit wiederholter Konvektion auch in
einem 3 bis 6 h Zeitraum. Dafür spricht die parallele Zugkomponente entlang der
sich zonal und stationär ausrichtenden Kaltfront bei nur moderaten
Zuggeschwindigkeiten.

Neben den Gewittern steht als zweites Warnelement noch der Wind auf dem Zettel.
Diese betrifft aber vornehmlich nur die Küstenregionen. Auf den Nordfriesen
sowie entlang der Ostseeküste kommt es zeitweise zu Windböen, die auf der
vorpommerschen Seite vorübergehend auch mal etwas weiter ins Binnenland
ausgreifen können. Zudem sind zur Mittagszeit auf Rügen an exponierten
Abschnitten auch mal stürmische Böen möglich. Im Laufe des Nachmittags lässt der
Wind mit einem wieder auffächernden Gradienten von Westen her aber bereits
wieder nach.

In der Nacht auf Dienstag sind zunächst noch Schauer, anfangs auch noch einzelne
Gewitter vom Tage aktiv. Später fallen diese dann in sich zusammen und bei
größeren Wolkenauflockerungen kann sich streckenweise teils dichter Nebel
bilden.

In der zweiten Nachthälfte gelangt der Westen auf die diffluente Vorderseite
eines neuen markanten Kurzwellentroges, dessen Achse ausgangs der Nacht über
Ostfrankreich zu finden ist. In diesem Bereich wird auch etwas MUCAPE gerechnet.
In der Folge greifen schauerartige verstärkte und teils gewittrig durchsetzte
Niederschläge in den Morgenstunden auf Westdeutschland über. In Richtung Eifel
ist dabei durchaus bereits Starkregen um 20 l/m² in kurzer Zeit möglich.


Dienstag... erreicht der markante Kurzwellentrog den Westen von Deutschland,
verliert in der zweiten Tageshälfte aber etwas an Kontur. Mit dem Kurzwellentrog
wird auch das Frontensystem über Deutschland reaktiviert und die wärmere Luft
vorderseitig wieder etwas nach Norden geschoben.

Die Labilität nimmt im Tagesverlauf etwas zu und auch die bodennahe Feuchte kann
sich etwas steigern und weiter nach Norden ausgreifen. In der Folge sind auch
die CAPE-Werte höher als am Montag, mit 500 bis 1000 J/kg und den höchsten
Werten im Südosten. Die schauerartig verstärkten und gewittrig durchsetzten
Niederschläge breiten sich von den westlichen Landesteilen im Tagesverlauf über
die Mitte bis in den Osten des Landes aus.

Bei ppw-Werten um 25 mm ist dann auch häufig Starkregen mit dabei. Mit dem
Kurzwellentrog wird der Gradient im Höhenfeld im Tagesverlauf
auseinandergezogen, sodass auch die Zuggeschwindigkeiten zurückgehen.
Hochauflösende Modelle, wie das EURO4 deuten entsprechend unwetterartige
Niederschlagsmengen an. Auch das ICON-D2 EPS hat quer über der Mitte des Landes
recht hohe Wahrscheinlichkeiten (bis 30 %) für unwetterartige Regenmengen von
mehr als 35 mm in einem 6 h Zeitraum am Nachmittag. Folglich wird wohl im
Vergleich zum Montag auch häufiger einmal die Unwetterkarte gezogen.

Etwas unsicher ist noch, wie weit nordwärts die kräftigen Schauer und Gewitter
ausgreifen können. Das SuperHD zieht die feuchten Luftmassen weiter nach Norden,
als das ICON-D2 oder EURO4. Ganz im Norden sind trogbedingt auch ein paar
Schauer möglich, wohl aber ohne Warnrelevanz.

Interessant ist noch der Blick in den Süden Deutschlands. Dort wird es von West
nach Ost fortsetzend ebenfalls Schauer und Gewitter geben, wobei es in Ostbayern
wohl noch am längsten trocken bleibt. Am späten Nachmittag können sich dann mit
dem Durchzug eines kurzwelligen Anteils und auf der linken Ausgangsseite eines
schwachen Jetmaximums aus den Alpen heraus verstärkt Gewitter bilden. Die
hochreichende Scherung ist in diesen Regionen auch deutlich erhöht mit Werten
zwischen 20 bis 25 m/s. Entsprechend besteht am Alpenrand auch das Potential für
Superzellen, die durchaus mal größeren Hagel und Sturmböen bringen können. Zudem
zeigt das ICON-D2 Wahrscheinlichkeiten für Niederschlagsmengen bis an den
extremen Unwetterbereich.

In der Nacht auf Mittwoch zieht der kurzwellige Troganteil ostwärts ab und von
Westen kann sich ein kurzwelliger Rücken durchsetzen. Folglich ziehen Schauer
und Gewitter ostwärts ab. Am ehesten im Süden kann häufiger nochmal Regen
fallen. Gebietsweise lockert die Wolkendecke stärker auf und vornehmlich in den
westlichen Landesteilen bildet sich streckenweise teils dichter Nebel.

Mittwoch... verbleibt Deutschland weiter in der westlichen Grundströmung und
gelangt von Westen her erneut auf die Trogvoderseite. Die feuchtesten Luftmassen
konzentrieren sich vor allem auf die östlichen und nordöstlichen Landesteile, wo
auch die Labilität am höchsten ist, sodass sich wieder ein paar 100 J/kg an CAPE
bilden können. Dort ist entsprechend auch die Wahrscheinlichkeit für Gewitter
mit örtlichem Starkregen am höchsten. Unwetter sind dann aber eher
unwahrscheinlich.
Auch im Rest des Landes kann es Schauer geben, vereinzelt auch mal ein kurzes
Gewitter. Die geringsten Niederschlagswahrscheinlichkeiten bestehen im
Nordwesten Deutschlands.

Im Süden Deutschlands stellt sich im Tagesverlauf eine gewisse Gegenstromlage
ein mit Südostwinden in Bodennähe und westlichen Winden darüber. Entsprechend
greifen länger andauernde Niederschläge auf die Regionen südlich der Donau über.
Die Niederschläge dauern bis in die Nacht auf Donnerstag an. Die verschiedenen
Globalmodelle deuten dabei auch die Überschreitung der markanten
Dauerregenschwelle an, vor allem für das Berchtesgadener Land.

Im Rest des Landes fallen die Schauer und Gewitter in der Nacht rasch zusammen.
Dann kann sich bei größeren Wolkenauflockerungen streckenweise dichter Nebel
bilden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die kurzfristige Entwicklung wird von den verschiedenen Modellen recht ähnlich
vorhergesagt. Kleinere Unsicherheiten wurden bereits im Haupttext angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer