DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-07-2021 08:30
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 30.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Ab dem frühen Abend aus den Alpen heraus teils starke Gewitter mit
Unwetterpotential durch Starkregen. Von Samstagabend bis Sonntagabend im
Südosten, vor allem im Alpenrand, kräftige, teils von Gewittern durchsetzte
Stark-/und Dauerregenfälle. Am Samstag und Sonntag im Norden wechselhaftes
Schauerwetter mit kurzen Gewitter, dabei am Samstag steife bis stürmische Böen,
bei Gewittern auch Sturmböen möglich. Am Sonntag meist nur noch steife Böen
(Böen Bft 8 gering wahrscheinlich).

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... Heute zieht zunächst der Trog des Höhentiefs bei Stockholm
nordostwärts ab und es folgt von Benelux her ein schmaler Höhenkeil nach, der
abends bereits über dem Nordosten Deutschlands liegt. Der Keil sorgt bei uns
vorübergehend für Absinken und damit nur geringe Bewölkung. Der Westen und
Nordwesten kommt allerdings bald auf die Vorderseite eines neuen, an den alten
Trog gekoppelten Troges, in dem ebenfalls ein hoch reichendes Tief eingelagert
ist. Dieses zieht von Wales zur südwestlichen Nordsee und seine Kaltfront
erreicht abends den äußersten Westen und Nordwesten. In den Süden gelangt mit
auf Südwest drehender Strömung wärmere und feuchtere Luft mit Cape-Werten
zwischen 500 und 1100 J/Kg bei PPWs zwischen 30 und 35 mm an der Donau und
weiter südlich. Bei Auslösetemperaturen zwischen 25 und 27 Grad muss dann ab dem
späteren Nachmittag mit der Auslösung von Schauern und Gewittern gerechnet
werden. Bei mäßiger Scherung muss dann auch mit stärkeren Entwicklungen
gerechnet werden. Die Haupt-Starkregengefahr gibt es bis 18 UTC allerdings
hauptsächlich im Alpenraum (s. untern CD2-EPS). Auch im Nordwesten wird die Luft
mit dem Trog labilisiert, jedoch reicht es lediglich für Cape-Werte von 50 bis
200 J/Kg. Hier können sich einzelne kurze Schauer und Gewitter entwickeln. Bei
Mittelwinden um 30 km/h am Abend sind hier stürmische Böen das Problem, die bei
Gewittern auftreten können. im großen Rest von Deutschland ist der Tag
überwiegend freundlich und es ist trocken. Nur vorübergehend ist es auch mal
wolkig. Die Höchstwerte liegen zwischen 21 Grad an der ostfriesischen Küste und
29 Grad in Südostbayern. Auf den Nordfriesischen Inseln werden allerdings nur 19
oder 20 Grad erwartet.
Der Wind ist im Bereich des abziehenden Boden- und Höhentroges im Nordosten noch
recht kräftig aus Südwest bis West mit steifen Böen im Ostseeküstenbereich und
an der schleswig-Holsteinischen Nordseeküste. An exponierten Küstenabschnitten
der Ostsee sind auch 8er Böen möglich. Ansonsten weht der Wind schwach bis mäßig
aus Südwest.

In der Nacht zum Samstag ziehen Trog und hoch reichendes Tief nach Osten, wobei
das Tief um 06 UTC laut ICON knapp nördlich von Borkum liegen soll mit einem
Kerndruck von 994 hPa nach CD2 (interessant ist hier die Vertiefung, wobei
offenbar das warme Nordseewasser und die Konvektion durchaus eine Rolle
spielen!). Die Südflanke ist recht gradientstark, was dem Nordwesten steife bis
(exponiert) stürmische Böen bescheren kann. An der Nordsee sind auch Sturmböen
möglich, vor allen Dingen an der Emsmündung.

Die Kaltfront überquert die meisten Landesteile ostwärts (ausgenommen ist der
Südosten), wobei es nach Norden hin Schauer und vereinzelte Gewitter geben kann.
Im nachfolgenden Trog kann es ganz im Nordwesten wieder zu einzelnen Schauern,
über der Nordsee zu vereinzelten Gewittern kommen.

Über dem Südosten kommt die Kaltfront ins Schleifen, was den präfrontalen, teils
starken Gewittern die Möglichkeit bietet, etwas nach Nordosten Boden gut zu
machen und dann in schauerartigen Regen überzugehen. Hier werden häufig 10 bis
15 mm, örtlich über 20 mm Regen berechnet. Die feinmaschigen Modelle haben auch
unwetterartige Regenmengen über 35 mm in 6 Stunden drin (CD2, Euro4), wobei die
erste nachthälfte am ehesten Unwetter bringen kann (s. CD2-EPS unten).
Ansonsten bleibt die Nacht wettertechnisch ruhig und mit einem breiten Streifen
teils geringer Bewölkung über der breiten Mitte.

Samstag... zieht die hoch reichende Zyklone nach ostnordost, wobei das Tief um
12 UTC bei Fehmarn und um 18 UTC bei Bornholm simuliert wird (ICON-D2). Das
Höhentiefzentrum wird dabei allmählich aufgegeben zu Gunsten eines neuen
Höhentiefs über Südnorwegen. Der südliche Teil des Höhentroges hängt über
Westeuropa zurück und kommt nur zögernd ostwärts voran und langt abends an der
Westküste Frankreichs an. Die Kaltfront liegt in der südwestlichen Höhenströmung
schleifend über dem Südosten und sorgt dort noch für starke Bewölkung und
Regenfälle. Dahinter gelangt in der auf West drehenden Strömung gemäßigte
atlantische Meeresluft nach Deutschland mit 850-hPa-Temperaturen zwischen 8 und
10 Grad.

An der Südflanke des Tiefs herrscht über der Nordhälfte ein veritabler
Druckgradient, der über der Nordhälfte den auf West drehenden Wind tagsüber
deutlich auffrischen lässt mit verbreitet steifen, exponiert stürmischen Böen.
An den Küsten und im höheren Bergland sind Sturmböen möglich. Am Nachmittag
fächert der Gradient von Westen her wieder auf und die stärksten Böen ziehen
sich in den Nordosten, abends zur Ostsee zurück. Dort kann es bis zum Abend
Sturmböen geben.

Die schauerartigen Regenfälle ganz im Südosten klingen nur langsam ab. Im
äußersten Südosten und an den Alpen dauert das wohl bis zum Abend, wobei an den
Alpen in 12 Stunden 5 bis 15 mm Regen möglich sind. Da die Schichtung dort noch
leicht instabil ist, sind auch eingelagerte Gewitter mit Starkregen eine Option.

Über der Nordwesthälfte labilisiert die Schichtung unter dem sich nähernden Trog
und es treten wiederholt Schauer oder schauerartige Regenfälle auf, in die sich
im Tagesverlauf auch einzelne Gewitter mischen. Dabei sind vereinzelt auch
Sturmböen nicht ausgeschlossen.

Dazwischen bleibt es in einem breiten Streifen vom Südwesten in den Nordosten
bei aufgelockerter Bewölkung abgesehen von vereinzelten Schauern
niederschlagsfrei und zum Teil recht sonnig.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhentrog über Frankreich langsam ostwärts
voran und vorderseitig dreht die Höhenströmung über dem Süden auf SSW zurück.
Damit kann sich an der Kaltfront über den Alpen ein Wellentief bilden, das um 06
UTC über Niederösterreich simuliert wird. In der Folge regnet es auf der kalten
Seite vor allem südlich der Donau wieder kräftiger, teils konvektiv (auch mit
Gewittern/Starkregen) durchsetzt und ergiebig. Vor allem ICON-EU hat im
Alpenvorland bis Sonntagmittag in einem Streifen vom Allgäu bis zum südlichen
Bayerischen Wald 25 bis 40 mm in 12 Stunden im Programm, Cosmo-Leps und ICON EU
EPS haben vor allem im Alpenraum leichte Hinweise auf unwetterartige Mengen zu
bieten (5 bis 20 Prozent).
Der Norden und Westen Deutschlands verbleiben im Trogbereich, wobei sich das
Bodentief über Südskandinavien auffüllt und der Gradient auffächert, so dass
sich der Wind rasch abschwächt. Dort gibt es Schauer, vereinzelt kurze Gewitter.
Im breiten Streifen dazwischen verläuft die Nacht dagegen ruhig.

Sonntag... erstreckt sich ein langwelliger Trog ausgehend von einem Höhentief
vor Nordnorwegen über Westeuropa bis zu der Iberischen Halbinsel, wobei ein
sekundäres Höhentief über Südnorwegen zu finden ist. Vorderseitig liegt
Deutschland zunächst in einer südwestlichen, ganz im Süden sogar in einer
SSW-Strömung.
Im Tagesverlauf schwenkt der südliche Teil des Troges über die Alpen ostwärts,
wird aber nach Westen hin noch einmal regeneriert.

Mit dem sekundären Höhentief korrespondiert ein Bodentief über Südskandinavien,
das an seiner Südseite für die Zufuhr mäßig warmer Meeresluft nach Deutschland
zur Folge hat (Temperatur in 850 hPa zwischen 7 Grad an der Nordsee und 10 Grad
örtlich im Osten, 18 UTC). Schwerpunktmäßig über der Nordwesthälfte treten im
Trogbereich Schauer und einzelne Gewitter auf, die vereinzelt mit Starkregen und
stürmischen Böen verbunden sein können.

Die instabile Luft wird zwar aus dem Südosten verdrängt, die Regenfälle dort
gehen aber weiter, da sich an der Nordwestflanke eines weiteren, von der
nördlichen Adria Richtung Ungarn/Slowakei ziehenden Wellentiefs eine
Gegenstromlage einstellt.
12-stündig sind in SE Bayern weitere 10 bis 20 mm Regen möglich, in 24 Stunden
am Alpenrand bis 50 mm. Auch im Tagesintervall liefern die Ensembles Hinweise
auf unwetterartige Mengen in diesem Bereich (s. unten). Eine Dauerregenlage dort
darf somit als wahrscheinlich gelten, lokal kann auch Unwetter Dauerregen
anstehen.

Zwischen den Schauern im Nordwesten und dem Regen erstreckt sich ein Streifen
von Südwest nach Nordost (etwa von Rheinland-Pfalz und dem südlichen NRW bis
nach Brandenburg und Nordsachsen), wo vereinzelte Schauer fallen und
Aufheiterungen häufiger sind. Diese Zone wird durch leichtes kompensatorisches
Absinken hervorgerufen.

In der Nacht zum Montag lassen mit Durchschwenken des Troges im Südosten die
Regenfälle weitgehend nach. Ansonsten sorgen die Trogreste vor allem in der
ersten Nachthälfte im Norden, aber auch im Mittelgebirgsraum für einzelne
Schauer, vor allem an der See auch für Gewitter.

Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig simulieren die externen Modelle die synoptischen Basisfelder recht
ähnlich.

Was unwetterartige Gewitter angeht so zeigt ICON D2-EPS die größten
Wahrscheinlichkeiten für Regenmengen über 35 mm in kurzer Zeit in der ersten
Nachthälfte (heute 18 bis 24 UTC, 10 bis 40 Prozent, im Alpenraum bis 70
Prozent). In der 2. Nachthälfte zieht sich die Gefahr auf den äußersten Südosten
Bayerns zurück.

Was den Dauerregen/Starkregen angeht so scheint sich ei Zeitraum von Samstag 18
UTC bis Sonntag 18 UTC herauszukristallisieren und zwar im Alpenraum und in
einem Streifen vom Allgäu bis zum südlichen Bayerischen Wald.Die
Wahrscheinlichkeit für unwetterartigen Dauerregen ist lediglich im Alpenraum und
im südlichen Alpenvorland leicht erhöht (5 bis 15 Prozent, in den Alpen örtlich
bis 25 Prozent, CosmoLEPS und ICON-EU-EPS).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden