DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-07-2021 08:01
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr W

Im Tagesverlauf Schauer und teils kräftige Gewitter. Meist markante
Entwicklungen, vereinzelte Unwetter vor allem durch Starkregen nicht
ausgeschlossen. Am Mittwoch und Donnerstag wechselhaft mit weiteren Schauern und
Gewittern, kaum noch Unwetter. Im Norden zunehmend windig, an den Küsten
teilweise stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir in einer südwestlichen Strömung am Rand eines
hochreichenden Tiefdrucksystems über Nordwesteuropa mit dem Schwerpunkt bei
Island. Dieser verlagert sich südwärts, wobei der davon ausgehende Trog von der
Bretagne zu den Benelux-Staaten und bis in den Nordwesten Deutschlands reicht.
Während sich der Trog insgesamt zu uns hin ausweitet, laufen kurze Wellen nach
Nordosten ab und sorgen für weiteren Hebungsantrieb.

Allerdings hat sich in weiten Landesteilen nun eine etwas trocknere Luftmasse
durchgesetzt, in der PPW meist unter 30 mm liegt und sich die CAPE Werte
nachmittags in Grenzen halten. Lediglich im Nordosten (anfangs) und im Südosten
ist noch die feucht warme und labile Luftmasse (PPW um 35 mm und CAPE bis 1000
J/kg) der letzten Tage vorhanden. Bevor die gemäßigte Luft auch im Nordosten
ankommt, können sich eventuell mittags und am frühen Nachmittag dort vereinzelt
Gewitter bis in den Unwetterbereich bilden. Auch am Alpenrand halten sich Reste
der feuchtlabilen Luft, so dass es auch dort für Gewitter, vereinzelt bis
Unwetter (durch heftigen Starkregen, größeren Hagel) reichen kann.

Die Wahrscheinlichkeit ist aber gegenüber den Vortagen verringert und auf eine
Unwetter-Vorabinfo kann demnach sowohl für den Nordosten als auch für den
Alpenrand verzichtet werden.

Bedingt durch die Annäherung des Troges und einen davor ablaufenden kurzwelligen
Anteil greift Hebung auf den Westen und Nordwesten über und es entwickeln sich
Schauer, aber auch einzelne Gewitter. Allerdings bietet die Luftmasse aufgrund
der Nähe zum Trog nicht mehr die Zutaten für schwere Gewitter. Zudem verlagern
sich die Gewitter, so dass es kaum für Starkregen bis in den Unwetterbereich
reichen sollte, eher kommt es zu stürmischen Böen, ganz vereinzelt mal zu einer
Sturmböe.

Weite Teile Deutschlands profitieren von kompensierendem Absinken, gestützt
durch den rechten Ausgang des über Deutschland liegenden Jets. Vereinzelte
Schauer und Gewitter sind zwar nicht ganz ausgeschlossen, aber doch
unwahrscheinlich. Auflockerungen und längere sonnige Abschnitte sind am ehesten
im Osten zu erwarten. Dies lässt in diesen Gebieten die Temperatur auf Werte um
28 Grad steigen, sonst werden meist 20 bis 26 Grad erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief mit Schwerpunkt vor die
Küsten Irlands. Kurzwellige, nach Nordosten ablaufende Sekundärtröge lassen die
Schauer und Gewitter andauern, wobei sie sich nach Nordosten ausbreiten.
Aufgrund der nachfolgenden Stabilisierung gehen die Niederschläge teils in
schauerartigen Regen über. Allerdings ist sowohl die niedertroposphärische wie
auch die hochreichende Scherung gut ausgeprägt, sodass organisierte Strukturen
möglich sind und auch die Passage einer Gewitterlinie zu Beginn der
Niederschläge möglich erscheint, sowohl von Westen über die Mitte, als auch über
dem Süden. Mit Passage dieser Strukturen können Sturmböen einhergehen.
Starkregen oder größerer Hagel sind unwahrscheinlich.

Die Nebelneigung ist gering.


Mittwoch... zieht das Höhentief etwas ostwärts und wird dabei zonal in die Länge
gezogen. Ein von diesem Höhentief ausgehender und nach Nordosten schwenkender
Kurzwellentrog lässt die Schauertätigkeit bis hin zu Gewittern zunächst im
Nordwesten und später auch in den nördlichen Landesteilen aufleben. Bei
teilweise überlagerter gut ausgeprägter Windscherung sind auch organisierte
Strukturen möglich, bei geringer Richtungsscherung aber eher linienhaft, als
rotierend.
Generell legt der Gradient zu, was dem sich allmählich über Nordengland hinweg
in die mittlere Nordsee verlagernden Zentraltief geschuldet ist. Gestützt durch
den Tagesgang können im Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte in
freien Lagen einzelne Windböen, an der Nordsee und im höheren Bergland auch
stürmische Böen auftreten.
In den Südosten gelangt trogvorderseitig ein Schwall Subtropikluft. Dort lebt
die Konvektion auf, wobei bei einem Flüssigwassergehalt zwischen 30 und 35 mm
vereinzelt Unwetter durch heftigen Starkregen und Sturmböen möglich sind. Auch
dort sind aufgrund der hohen Scherung organisierte Strukturen der Konvektion
nicht ausgeschlossen.

Bis zum Abend hat dieser Kurzwellentrog jedoch bereits den Bayerischen Wald
überquert, so dass nachfolgend die Konvektion auch an den Alpen rasch in sich
zusammenfallen sollte. Gegenüber den Vortagen zeichnet sich ein leichter
Temperaturrückgang ab.
In den Gebieten dazwischen trocknet es von Westen her ab und die Schichtung
stabilisiert zusehends. Einzelne Schauer und Gewitter sind zwar zunächst nicht
ganz ausgeschlossen, jedoch nimmt die Wahrscheinlichkeit dafür von Westen her
ab.

Im Osten und in tieferen Lagen Süddeutschlands bleibt es jedoch mit Höchstwerten
um oder etwas über 25 Grad sommerlich warm.
In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das wetterbestimmende Höhentief in
die Nordsee. An dessen Südflanke setzt sich der kräftige Gradient weiter
ostwärts durch. Tagesgangsbedingt sollten im Binnenlnad kaum warnrelevante Böen
auftreten. An der Küste legt der Wind jedoch zu, so dass an der Nordsee
stürmische Böen, in der Deutschen Bucht auch einzelne Sturmböen bis Bft 9
möglich sind. An der Ostsee sollte es bei Bft 7 bleiben.
Bedingt durch die ausgeprägte Zyklonalität (und die hohe Labilität!) ist vor
allem an der Nordsee, weniger ausgeprägt an der Ostsee, eine rege Schauer- und
Gewittertätigkeit zu erwarten, wobei vor allem in Nordseenähe in Verbindung mit

kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern Böen bis Sturmstärke auftreten
können. Die Konvektion wird zudem durch den von der warmen See ausgehenden
latenten Wärmestrom angefacht. Durch wiederholte Schauer oder kurze Gewitter
besteht zudem die Gefahr von Starkregen. Weiter südlich stabilisiert die
Schichtung deutlich und die Nacht geht ruhig über die Bühne bei 16 bis 10 Grad.


Donnerstag... verlagert sich das Höhentief nach Südschweden und nimmt
Tuchfühlung auf mit einem von Lappland nach Süden ausweitenden Trog. Ein
weiterer Trog ist westwärts zu den Britischen Inseln gerichtet, so dass sich
über Mitteleuropa eine west-südwestliche zyklonale Strömung ergibt. Das
korrespondierende Bodentief setzt sich über Mittelskandinavien fest. An dessen
Südflanke verstärkt sich über dem gesamten Norden und der Mitte Deutschlands der
Gradient, wodurch verbreitet, gestützt auch durch den Tagesgang, Windböen, in
Küstennähe stürmische Böen und unmittelbar an der See auch einzelne Sturmböen
zustande kommen. Auch auf höheren Berggipfeln vor allem der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge muss mit Böen bis Sturmstärke gerechnet werden.

Vom Küstenbereich ausgehend etwas ins Binnenland ist die Schichtung zudem labil,
was zur Auslöse von teils wiederholten Schauern und kurzen Gewitter führt, die
bis ins küstennahe Binnenland hinein mit Sturmböen und bei wiederholten
Ereignissen mit Starkregen einhergehen können.
Weiter im Binnenland wird die Konvektion durch Kaltluftadvektion unterbunden. Im
Osten und Süden sind sogar längere sonnige Abschnitte vorstellbar.

Ganz im Südosten und dort vor allem am Alpenrand halten sich noch Reste der
bisherigen Luftmasse. Die Schichtung ist dort relativ labil, CAPE erreicht 500
bis 1000 J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 25 bis 35 mm.
Demzufolge kann es vor allem am Alpenrand noch einmal für Gewitter reichen, die
mit Starkregen einhergehen können. Unwetter sind, bedingt durch das Entrainment
trockenerer Luft, unwahrscheinlich.

Im Norden, Westen und größtenteils auch in der Mitte gehen die Temperaturen auf
18 bis 24 Grad zurück. Im Osten und
Süden bleibt es mit Maxima um 26 Grad vorerst noch sommerlich warm.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich der skandinavische Trog etwas nach
Osten, während sich über den Britischen Inseln und dem Ärmelkanal der nächste
Trog formiert und nach Osten schwenkt. Dazwischen stellt sich eine recht glatte
westsüdwestliche Strömung ein. Die Schauer und Gewitter im Norden ziehen sich
auf die küstennahen Bereiche zurück, bei wiederholten Schauern ist Starkregen
möglich. Der äußerste Süden verbleibt im Übergangsbereich zu feuchtinstabiler
Luft über dem Alpenraum und hier können durch kurzwellige Tröge im Laufe der
Nacht Schauer und Gewitter auf den Alpenrand, vielleicht auch bis ins
Alpenvorland ausgreifen mit Starkregenpotential. Dazwischen passiert nicht allzu
viel; die Temperatur geht bei längerem Aufklaren im Bereich der Mittelgebirge
auf Werte um 10 Grad zurück.

Der Wind lässt tagesgangbedingt im Binnenland deutlich nach, an den Küsten
bringt der gut aufgestellte Druckgradient weitere Böen der Stärke 7 bis 8,
exponiert Sturmböen aus Südwest bis West.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist im synoptischen Scale weitgehend unstrittig. Die Details
bleiben unsicher. Die Konvektion kann bei zunehmender Scherung vor allem nachts
einen gewissen Organisationsgrad aufweisen. Die Tageszeit und vermehrt eher
elevated auftretende Gewitter sprechen gegen Unwetter. Die vereinzelt dennoch
möglichen unwetterartigen Entwicklungen rechtfertigen keine Vorabinformation.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner