DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-09-2016 21:00
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.09.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis Samstag meist freundliches und warmes Hochdruckwetter ohne erhöhte
Warnaktivität. Nur im Norden leicht unbeständig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin am Südrand der mäßig
ausgeprägten Frontalzone, die leicht mäandrierend vom mittleren Nordatlantik
kommend über Nordeuropa ostwärts verläuft.
Darin eingebettet hat ein kurzwelliger Sekundärtrog das Vorhersagegebiet
weitgehend ostwärts überquert. Dahinter folgt ein flacher Höhenrücken, der sich
Freitagfrüh über dem westlichen Mitteleuropa befindet.
Auch im Bodenfeld verstärkt sich im Einflussbereich des Rückens der
antizyklonale Einfluss in Form eines flachen Hochkeils, der von Frankreich her
nach Deutschland vorrückt, vorübergehend etwas. Somit büßt die sowieso schon
wenig wetteraktive Kaltfront über Norddeutschland weiter an Wetterwirksamkeit
ein und die mit ihr in Verbindung stehende durchbrochene Schauerlinie löst sich
mehr und mehr in Wohlgefallen bzw. in Restwolkenfelder auf.
Auch im Süden kommt die innerhalb der dort lagernden potentiell instabilen
Luftmasse durch den Trog aktivierte Konvektion zum Erliegen.
Somit steht eine warntechnisch ruhige Nacht ins Haus. Vielerorts klart der
Himmel auf. Nebelfelder können sich am ehesten wohl im Süden, aber auch im
Nordwesten, im Bereich der sich auflösenden Kaltfront bzw. postfrontal bilden.

Freitag ... wölbt sich der Höhenrücken über Deutschland ein wenig auf und kommt
nur zögernd nach Osten voran, bleibt somit noch für den Großteil des Landes
wetterbestimmend. Nur der Nordwesten und Norden geraten mehr und mehr auf die
Rückseite des Rückens, wobei dort zunehmend WLA wetterwirksam wird.
Im Bodenfeld setzt zwar leichter Druckfall ein, dennoch erstreckt sich nach wie
vor ein Hochkeil von den Azoren kommend bis nach Süddeutschland. Die
Kaltfrontreste über dem Nordosten des Landes lösen sich mehr und mehr auf, für
Schauer sollte es eigentlich kaum mehr reichen.
Auf den Nordwesten greift dagegen die Warmfront eines zur Norwegischen See
ziehenden Tiefs über. Vor allem im Nordseeumfeld und in Schleswig-Holstein fällt
im Tagesverlauf dabei auch etwas Regen oder Nieselregen, der sich nach Lesart
einiger Modele auch noch auf das nördliche Niedersachsen und Westmecklenburg
ausweitet. Die bis zum Abend simulierten Mengen betragen aber meist weniger als
5 mm.
Insgesamt verschärft sich vor allem im Norden der Druckgradient ein wenig, so
dass der Wind aus Südwest auffrischt. Für warnrelevante Böen (Bft. 7) reicht es
aber nur - wenn überhaupt - auf den Nordfriesischen Inseln.
In der Mitte und im Süden dominiert dagegen weiterhin Hochdruckeinfluss mit
längerem Sonnenschein. Im äußersten Süden - in etwa südlich der Donau - ist zwar
noch "Restlabilität" vorhanden, für Gewitter sollte diese aber nicht mehr
reichen, wenn überhaupt, am ehesten noch direkt an den Alpen. Modellseitig
tauchen aber wenig bis gar keine Hinweise darauf auf.
Die Temperaturen ändern sich kaum. Sie erreichen im Norden Höchstwerte zwischen
20 und 25 Grad, sonst zwischen 24 und 29 Grad, im südlichen Oberrheingraben
vielleicht auch knapp 30 Grad.

In der Nacht zum Samstag verlässt der Rücken den Vorhersagebereich, dahinter
stellt sich erneut eine relativ glatt konturierte westsüdwestliche Höhenströmung
ein. Darin eingebettet verlagert sich ein Kurzwellentrog über die Nordsee hinweg
nach Norwegen bzw. Dänemark.
Das korrespondierende Bodentief über der Norwegischen See kommt kaum nach Osten
voran, dabei kommt es im Lee des Norwegischen Gebirges knapp nördlich von Oslo
zu einer Teiltiefbildung. Die Warmfront des Tiefs zieht rasch über Schweden
hinweg zur Ostsee. Die Kaltfront erreicht die Deutsche Bucht und kommt aufgrund
von Wellenbildung nur zögernd nach Südosten voran. Somit dürften sich die teils
schauerartigen Regenfälle im äußersten Norden und Nordwesten Deutschlands
zunächst nur wenig weiter nach Süden ausweiten, lediglich ECMWF (00 UTC) und
ICON-Nest lassen sie bis an die nördlichen Mittelgebirge vorankommen. Nach wie
vor werden 12-stündige Mengen unterhalb jeglicher Warnrelevanz (meist 1 bis 7
mm, ICON-Nest und COSMO_EU bis über 10 mm an der Nordseeküste
Schleswig-Holsteins) simuliert.
Insgesamt kommen die Wolkenfelder aber vor allem im mittelhohen Niveau weiter
nach Süden voran, so dass die Nacht auch in den mittleren Landesteilen teilweise
stärker bewölkt bleibt. Lediglich im Süden klart der Himmel gebietsweise auf,
dort besteht dann erneut ein geringes Nebelrisiko.

Samstag ... verlagert sich der Kurzwellentrog rasch ostwärts, gefolgt von einem
weiteren, erneut flach konturierten Höhenrücken, der von Westen her auf den
Vorhersagebereich übergreift.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront des Tiefs über der Norwegischen See bzw. über
Mittelschweden bis etwa zur "nördlichen Mitte" Deutschlands voran. Unter dem
Einfluss des Höhenrückens büßt sie mehr und mehr an Wetteraktivität ein, so dass
es bei Frontpassage nur noch für leichten Regen oder vereinzelte Schauer reicht,
einige Modell(läufe) simulieren sogar keine nennenswerten Niederschläge mehr an
ihr (z.B. COSMO_EU), andere eher im präfrontalen Bereich in etwa entlang bzw.
knapp südlich des Mains (ICON-Nest, ECMWF). Auch die konvektiven Signale sind
nur sehr schwach ausgeprägt, Hinweise auf Gewitter gibt es keine.
Postfrontal kann es vor allem in Schleswig-Holstein und im nördlichen
Niedersachsen noch Schauer geben (COSMO_EU simuliert sogar bis zu 14 mm in 12
Stunden, ansonsten liegen die Mengen meist zwischen 0 und 7 mm). Ob die
vorhandene Labilität auch für kurze Gewitter reicht, ist noch fraglich.
Die Südhälfte verbleibt nach wie vor im Einflussbereich der nur flach
ausgeprägten Hochdruckbrücke, die sich von den Azoren kommend über
Zentralfrankreich bis in den Alpenraum erstreckt. Die Luftmasse ist vor allem in
den Alpen noch labil bzw. potenziell instabil geschichtet, für einzelne Gewitter
sollte es aber wohl nur im inneralpinen Bereich reichen, lediglich GFS simuliert
auch am ostbayerischen Alpenrand und sogar im Bayerischen Wald vereinzelte
Zellen.
Von Warnrelevanz ist also am ehesten noch der Wind und das wohl höchstens an der
Ostseeküste, wo es einzelne starke Windböen (Bft. 7) aus West bis Nordwest geben
kann.
Ansonsten steht aber ein ruhiger Tag ins Haus. Im Frontbereich bleibt es eher
bewölkt, im Süden und in der Lausitz scheint überwiegend die Sonne, auch
postfrontal lockern die Wolken auf. Die Temperaturen steigen im postfrontalen
Bereich im Norden und Nordwesten innerhalb der dort einströmenden subpolaren
Meeresluft auf 20 bis 24 Grad, sonst auf 24 bis 29 Grad, im südlichen
Oberrheingraben eventuell auch auf 30 Grad.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Rücken über Deutschland hinweg ostwärts.
Im weiteren Verlauf kommt es über den Britischen Inseln zu einer markanten
Austrogung und der Vorhersagebereich gerät auf die Vorderseite des Troges, wobei
die Höhenströmung auf Südwest dreht und im diffluent konturierten
Geopotentialfeld zunehmend Hebung wirksam wird.
Auch im Bodenfeld geht der Austrogungsprozess mit einer Zyklogenese über den
Britischen Inseln einher, bis Sonntagfrüh verlagert sich das Bodentief zur
westlichen Nordsee. Die Kaltfront über Norddeutschland verlagert sich als
Warmfront des Nordseetiefs rasch wieder nordwärts, die nachfolgende Kaltfront
erreicht in der Früh Benelux und Nordfrankreich.
Mit der verstärkt einsetzenden Hebung kommen im Westen und Nordwesten
schauerartige Niederschläge auf. Mit Annäherung der Kaltfront sind in der Früh
im Nordseeumfeld eventuell auch kurze Gewitter möglich.
Insgesamt simulieren die Modelle ein relativ einheitliches Szenario. Die
Niederschläge sollen sich bis Sonntagfrüh in etwa bis zu einer Linie Mecklenburg
- Eifel ausweiten, vor allem ICON-NEST lässt sie auch noch etwas weiter nach
Süden vorankommen. Zwölfstündig werden vor allem im Nordseeumfeld, teilweise
aber auch in den westlichen Mittelgebirgen um 10 mm simuliert, sonst weniger.
Warnrelevante Mengen hat dabei kein Modell auf der Karte.
Mit Annäherung des Tiefs frischt vor allem in der zweiten Nachthälfte der Wind
aus Südwest bis Süd auf. In den Frühstunden kann es an der Nordsee und im Westen
bereits für starke Windböen (Bft. 7), in den Kammlagen einiger Mittelgebirge für
stürmische Böen (Bft. 8) reichen.
Im Osten und Süden verläuft die Nacht noch ruhig und aufgelockert, teilweise
gering bewölkt, die Nebelneigung sollte eher gering bleiben.

Sonntag ... verlagert sich der Höhentrog von den Britischen Inseln bis zum Abend
mit seinem Drehzentrum nach Nordwestdeutschland. Das zugehörige Bodentief kommt
bis etwa zur nördlichen Deutschen Bucht voran. Die Kaltfront überquert im
Tagesverlauf den Norden und Westen des Landes. Dabei ist verbreitet mit
schauerartigen Regenfällen zu rechnen, die bis zum Abend auch den Südosten
Bayerns und Ostsachsen erreichen, auch kurze Gewitter - bei recht markanter
Scherung eventuell sogar als Linie organisiert und dann lokal eng begrenzt
begleitet von Sturm- oder gar schweren Sturmböen - können dabei sein. Ob die
Labilität im präfrontalen Bereich für Gewitter ausreicht, ist dagegen noch sehr
fraglich. Die Modelle geben - außer GFS in Südostbayern - aktuell noch kaum
Hinweise darauf.
Mit Annäherung des Tiefs verschärft sich der Druckgradient und vor allem im
Westen und Süden frischt der Wind deutlich auf. ICON-Nest und COSMO_EU haben vor
allem im Westen und in der Mitte, später auch im Südwesten auch in den
Niederungen markante Böen (Bft. 8) aus West auf der Karte. Im Bergland kann es
dann Sturmböen (Bft. 9), auf exponierten Gipfeln (Brocken, Fichtelberg) auch
schwere Sturmböen (Bft. 10) geben. Im Norden und Osten spielt der Wind dagegen
an der Ostflanke des Tiefs bzw. in Kernnähe kaum eine Rolle.
Postfrontal gelangt im Trogbereich höhenkalte und labil geschichtete subpolare
Meeresluft nach Nordwestdeutschland, die Temperatur in 500 hPa sinkt auf nahe
-20 Grad, in 850 hPa auf etwa +7 bis +8 Grad. Dabei ist mit weiteren Schauern
und kurzen Gewittern zu rechnen.
Die bis zum Abend simulierten Mengen liegen zwischen 1 und 10 mm, in den
Stauregionen der Mittelgebirge auch deutlich darüber (ECMWF von 00 UTC bis 26 mm
im Siegerland/Westerwald).
Die Sonne zeigt sich am ehesten noch präfrontal in der Lausitz und in Bayern, wo
es mit Höchstwerten zwischen 22 und 26 Grad noch einmal sommerlich warm werden
kann. Ansonsten steigen die Werte auf mäßig warme 18 bis 23 Grad, in einigen
Mittelgebirgsregionen bleibt es bei länger anhaltendem Regen auch kühler.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung im Kurzfristbereich wird von allen vorliegenden Modellen
sehr ähnlich simuliert. Unterschiede ergeben sich am ehesten noch bzgl. der
räumlichen Verteilung und Intensität der Niederschläge, was aber in der Natur
der Sache liegt. Von erheblicher Warnrelevanz sind diese jedenfalls nicht. Auch
die Lage, Zugbahn und Intensität des Nordseetiefs am Sonntag wird von allen
Modellen ähnlich simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff