DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-07-2021 07:30
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
BM

Erst abends und nachts Ende der Unwetterlage an den Alpen. Bis dahin vor allem
durch Gewitter mit Starkregen (auch unwetterartig) punktuell sehr hohe
Niederschlagsmengen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... wölbt sich ein Höhenrücken über Westeuropa nach Norden bis zu den
Britischen Inseln auf und stützt dort Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt westlich
Irlands. Von diesem ausgehend reicht auch ein Bodenhochdruckkeil nach
Mitteleuropa unter dessen Vorderseite mit einer schwachen nordwestlichen
Strömung recht trockene und stabile Luft nach Deutschland einsickert. Es bilden
sich höchstens und vor allem im Norden und Osten flache Quellwolken, die an
einer Inversion in 800 hPa breitlaufen. Im Südwesten ist die Luft trockener, und
hier scheint teils anhaltend die Sonne. Bei 850 hPa Temperaturen von 10 bis 14°C
liegen die Maxima meist bei 25 bis 29 Grad.

Im Südosten allerdings lagert noch die sehr feuchte und instabile Luft der
vergangenen Tage, in der es vom Alpenrand bis Niederbayern getriggert auch durch
leichte Hebung am Rand eines Höhentiefs über der südlichen Adria zu
schauerartigen Regenfällen kommt. Im Stau der Alpen können bis heute Abend in
der Fläche 30 bis 40 mm Regen fallen. Zudem können sich am östlichen Alpenrand
und im östlichen Alpenvorland tagsüber einzelne kräftige Gewitter bilden, die
bei PPW bis 35 mm und langsamer Verlagerung für Starkregen bis in den
Unwetterbereich gut sein können. Punktuell sind dadurch dann dort nochmal
deutlich mehr als 50 mm in 12 Stunden möglich, vereinzelt 70 bis 80 mm.

Die Regenfälle an den Alpen lassen im weiteren Tagesverlauf aber langsam nach,
um in den Alpenstunden zum Erliegen zu kommen. Die Dauerregenwarnungen können
damit auslaufen, bzw. vorher aufgehoben werden, vor allem was die bis Montag 00z
laufenden Unwetterwarnungen angeht.

Derweil schiebt sich ein Langwellentrog über Skandinavien nach Südosten und die
schwache Frontalzone an seiner Südseite arbeitet sich von der Nordsee und
Dänemark langsam nach Süden vor. Die vorgelagerte Kaltfront ist in der
niedertroposphärisch abgetrockneten und stabilen Luftmasse wenig wetteraktiv und
bringt dem Norden im Tagesverlauf neben starker (meist tiefer) Bewölkung meist
nur wenige Spritzer Regen. Dafür verschärft sich der Druckgradient etwas und der
West- bis Nordwestwind lebt auf mit einigen 7er Böen an den Küsten, exponiert
vielleicht auch Bft 8, die aber, wenn überhaupt nur leicht ins Binnenland
ausgreifen.
Unter den Wolken über dem Norden und im Südosten sieht es mit den Temperaturen
nicht so berauschend aus, bei längerem Regen an den Alpen und an der Nordsee
werden die 20 Grad kaum erreicht, bzw. überschritten.

In der Nacht zum Montag arbeitet sich die Kaltfront mit teils starker Bewölkung
bis in die mittleren Landesteile voran, wobei es bevorzugt in den östlichen
Mittelgebirgen, orografisch gestützt etwas regnen oder nieseln kann. Auch durch
die Küstenkonvergenz getriggert sind einzelne leichte Schauer möglich.
Rückseitig der Kaltfront gelangt ein Schwall erwärmter Meereskaltluft polaren
Ursprungs in die Nordhälfte, in der die Temperatur in 850 hPa auf 9 bis 4°C
zurückgeht. Sollte es bei nachlassendem Wind für längere Zeit aufklaren, sind
durchaus einstellige Tiefstwerte drin, meist geht die Temperatur aber auf Werte
von 16 bis 11 °C zurück.

Der Höhenkeil schwenkt über Süddeutschland zu den Alpen, während der Keil im
Bodendruckfeld über Deutschland liegen bleibt. Die feuchte Luft wird aber aus
dem Südosten verdrängt und die letzten Regenfälle an den Alpen hören endgültig
auf. Da sich das Hoch von Westen etwas zu uns hereinschiebt, fächert der
Gradient im Norden wieder auf und der Wind, auch an den Küsten lässt langsam
wieder nach.


Montag... kommt bei geringen Druckunterschieden im Bereich des breiten aber
flachen Keils die Kaltfront nach Osten hin wenig südwärts voran, sonst bleibt
sie fast stationär. Allerdings aktiviert ein recht markanter Kurzwellentrog, der
im Tagesverlauf von Nordwesten her auf Deutschland übergreift, zum einen die
Fronst und gibt ihr den leichten Verlagerungsimpuls nach Süden. An der Front
selbst passiert dennoch nicht viel, die präfrontal lagernde gemäßigte Luftmasse
(T850 10 bis 14°C) wird aber labilisiert, was im Süden mit Hilfe einiger Stunden
Einstrahlung ML-CAPE von 100 bis 300 j/kg zur Folge.

Bei erreichbaren Auslösetemperaturen kann es im Südosten, vor allem mit Hilfe
der Orografie zur Auslöse einzelner Gewitter kommen, wobei die Modelle
diesbezüglich sehr unterschiedlich simulieren. ICON hat kaum Signale drin, die
externen Modelle simulieren zum Teil deutlich offensiver. Angesichts der
moderaten Luftmasse sind falls sich Gewitter bilden sollten, eher keine Unwetter
zu erwarten.

Während im Süden, auch abgesehen von den vereinzelten Gewittern, längere Zeit
die Sonne scheint und die Luft auf 24 bis 29°C erwärmt, stellt sich in der
Nordhälfte unterhalb 800 hPa (Inversion) eine Mischung aus Sonne und Wolken ein,

wobei die Wolken teilweise auch deutlich in der Vorhand sein werden. Meist
bleibt es dabei aber trocken bei limitierten Tageshöchstwerten zwischen 19 und
24°C.

Der schwache bis mäßige Nord- bis Nordwestwind lebt zeitweise auf, wird aber
nicht warnrelevant.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog nach Südosten und schiebt die
Kaltfront weiter nach Süden, wobei sich einzelne Schauer und Gewitter ins
östliche Bayern zurückziehen, später aber auch dort abklingen. Die rückseitig
einfließende Meeresluft (T850 4 bis 8°C, nur im äußersten Süden noch etwas
darüber) gelangt unter den Einfluss des sich regenerierenden Hochkeils (das
Zentrum des Hochs liegt mittlerweile irgendwo zwischen Irland und Island), was
vielerorts größere Wolkenauflockerungen zur Folge hat. Stellenweise bildet sich
Nebel, die Sichtweite dürfte aber kaum unter 150 m sinken. An der See sind bei
etwas auflebendem West- bis Nordwestwind einzelne leichte Schauer möglich.


Dienstag... erreicht der o.e. KW-Trog das östliche Mitteleuropa. Zwischen ihm
und dem sich nach wie vor über dem nahen Atlantik befindlichen Rücken stellt
sich bei uns eine relativ glatte nordwestliche Höhenströmung ein, die im
Bodendruckfeld von einer Hochdruckzone begleitet wird. Nennenswerte Hebung ist
nicht erkennbar und so verwundert es nicht, dass dieser Julidienstag
vergleichsweise unscheinbar über die Bühne geht.

Die nicht besonders scharf ausgeprägte Divergenzachse der Bodenhochdruckzone
verläuft zonal über die Mitte Deutschlands nach Osten, was eine Zweiteilung des
Wetters bedingt.
Einer kühleren (Tmax 19 bis 23°C) und wolkenreicheren, aber weitgehend trockenen
Nordhälfte (abgesehen von einzelnen Schauern an der Küste) steht eine wärmere
(23 bis 27°C) und sonnigere, aber nicht wolkenfreie Südhälfte gegenüber. Weiter
sind im äußersten Süden in feuchterer Luft (Alpenrand und südliches Vorland)
einzelne Schauer möglich. Gegenüber dem Montag wird sogar wieder etwas labiler
und ML CAPE steigt am Alpenrand bis 500 J/kg, was vereinzelte Gewitter in den
Alpen möglich erscheinen lässt.
Dazu weht schwacher bis mäßiger, an der See mitunter auch mal frischer,
wahrscheinlich aber nicht warnwürdiger Nordwestwind.

Auch in der Nacht zu Mittwoch tut sich nicht viel. Unter Hochdruckeinfluss klart
es häufig auf und die Temperatur geht auf recht frische 14 bis 8 Grad zurück.
Nur über dem Norden kommt mit einem flachen Bodentrog Warmluftadvektion auf die
dort für mehr Bewölkung und stellenweise geringen Regen gut ist. Dazu lebt der
West- bis Nordwestwind an den Küsten auf mit einzelnen steifen Böen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Hinsichtlich der noch im Südosten zu
erwartenden Regenfälle gibt es größere Unterschiede. 12 stündig hat ICON D2
konvektiv verstärkt um 100 mm vereinzelt in Berchtesgaden auf der Karte, in den
EPS fast 50% für mehr als 70 mm in 12 Stunden. Das erscheint aber auch im
Vergleich zu anderen Modelle etwas viel, auch wenn punktuell dort sicher noch
mal sehr hohe Mengen fallen werden.
Die Entwicklung der Konvektion morgen und am Dienstag im SE ist noch unsicher,
die Hinweise auf lokale Gewitter sind nicht in allen Modellen vorhanden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner