DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-07-2021 08:30
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 12.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TM

Unwetterlage Stark- und Dauerregen, sowie schwere Gewitter.

Ab der Nacht zu Dienstag von Südwesten her teils starke Regenfälle, zum Teil mit
Gewittern, die sich am Dienstag zur Mitte, zum Mittwoch weiter in den Norden
ausbreiten. Akkumuliert bis Donnerstag im Westen durch wiederholten
Starkregen/Gewitter örtlich bis 200 mm Regen möglich. In den Gewittern lokal
extrem heftiger Starkregen nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... steht meist noch im Zeichen schwachen Zwischenhocheinflusses. In der
vergangenen Nacht konnte es vom Norden in einem breiten Streifen nach
Süddeutschland teilweise aufklaren, wobei sich gebietsweise Nebel gebildet hat.
Dieser wird sich heute aber rasch wieder auflösen. Danach scheint gebietsweise
für längere Zeit die Sonne und es bleibt bis zum Abend weitgehend trocken.

Wir verdanken diese Ruhephase einem kurzwelligen Höhenrücken, der heute über
Deutschland nach Osten zieht, dem aber rasch wieder ein Trog über Westeuropa
folgt. Darüber hinaus zieht sich aber eine Schliere mit sehr feuchter (PPW nahe
40 mm) und leicht instabiler Luft über Norddeutschland in den Osten, wo sich
aktuell schon erste Schauer finden und sich im Tagesverlauf einzelne kräftige
Gewitter mit Starkregen bilden können. Zunächst ist dort noch ein Höhentrog
überlagert, der aber durch Warmluftadvektion auf der Vorderseite des
Westeuropatroges zugeschüttet wird und zudem nach Osten abtropft. Entsprechend
handelt es sich bei der Konvektion, die dort nach Erreichen der
Auslösetemperatur in Gang kommt, um eher unorganisierte Einzelzellen, die aber
dennoch zumindest vereinzelt mal heftigen Starkregen bis in den Unwetterbereich
bringen können. Im Nordwesten, wo noch etwas Scherung vorhanden sein dürfte, ist
auch kleinkörniger Hagel und eventuell mal eine stürmische Böe oder Sturmböen
möglich.
Auf der Vorderseite des westlichen Troges, der am Abend mit seiner Achse und dem
eingelagerten Höhentief Westfrankreich erreicht, dreht die Höhenströmung auf
Südsüdwest und die Warmluftadvektion führt über der Westhälfte zum Aufzug hoher
und mittelhoher Bewölkung, was die Einstrahlung dort etwas dämpft.

Während das zum Trog gehörige Bodentief sich nach Deutschland hinein ausweitet,
bleibt das Frontensystem noch außen vor und macht zum Abend Boden bis in den
Nordosten Frankreichs und nach Belgien gut. Im präfrontalen Bereich wird
deutlich feuchtere Luft in den Südwesten geführt (PPW wieder nahe 40 mm) und
erste Hebungsimpulse auf der diffluenten Vorderseite des Trogs sind schon
auszumachen. So greifen zum Abend erste Schauer und Gewitter auf den Südwesten
(Saarland bis zum Schwarzwald) über. Auch von der Schweiz her können erste
Gewitter auf Schwaben übergreifen. Mit der Labilität ist noch nicht weit her,
allerdings ist hochreichende Scherung vorhanden. Falls sich also Gewitter dort
bilden sollten sind schnell auch schwere Gewitter, eventuell Superzellen dabei
mit heftigem Starkregen, Hagel und teils schweren Sturmböen.

Der Ost- bis Südostwind weht ansonsten meist schwach, teils auch mäßig. Im
äußersten Westen und Südwesten dreht er am Nachmittag auf Süd bis Südwest. Die
Temperaturen steigen auf 23 Grad in der Eifel bis 30 Grad in Südostbayern.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog bis in die Mitte Frankreichs und die
Höhenströmung über Deutschland dreht nach Süd und ist stark divergent
aufgestellt. Das flache Bodentiefdruckgebiet verlagert sich nach Deutschland
hinein. Gestützt durch Warmluftadvektion und positive Vorticityadvektion, aber
auch durch frontale Hebung der übergreifenden, schleifenden Kaltfront kommt über
dem Südwesten starke Hebung in Gang, was ein größeres Niederschlagsgebiet
generiert., dass auf den Südwesten Deutschlands übergreift.

Modellübergreifend werden recht große Regenmengen simuliert, es hapert aber mit
der räumlichen Exposition. ICON hat einen Streifen vom Schwarzwald bis zur Eifel
mit 25 bis 60 mm in 12 Stunden im Fokus, die anderen Modelle (GFS, IFS) sehen
das Maximum weiter westlich und den äußersten Südwesten Deutschland eher im
Randbereich der kräftigsten Regenfälle.
Der Regen ist vor allem anfangs und dann am östlichen Rand begleitet von teils
kräftigen Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen. Wobei die
Wahrscheinlichkeit für Hagel und Sturmböen im Laufe der Nacht abnimmt. Die
hochauflösenden Modelle tragen dem Rechnung, indem sie einen weiteren
Niederschlagsschwerpunkt der Gewitter weiter östlich simulieren. Im Falle von
ICON D2 von Südbaden Richtung Odenwald und Südhessen.

In jedem Fall wird eine Vorabinformation vor heftigen Starkregen für den
Südwesten nötig.

Die Niederschläge breiten sich sonst nur zögernd bis nach NRW, Hessen und ins
nordwestliche Bayern aus.
In den anderen Regionen ist es locker bewölkt, die Schauer und Gewitter im
Norden lassen bald nach bzw. ziehen nach Nordwesten über die Nordsee ab. Die
Temperaturen gehen auf 19 bis 11 Grad zurück, stellenweise bildet sich Dunst
oder Nebel. In den Alpen legt der Wind zu mit einzelnen Sturmböen auf den
Gipfeln aus südlichen Richtungen.


Dienstag... kommt der Trog über Frankreich etwas nach Südosten zu den Westalpen
voran und die Strömung dreht über Deutschland in der mittleren Troposphäre nach
Südosten. Das Tief im Bodendruckfeld verschiebt seinen Schwerpunkt über
Deutschland langsam nach Norden, wobei die Hauptkonvergenz im Tagesverlauf etwa
über der Landesmitte liegen sollte. Auch das Frontensystem bleibt erhalten und
korrespondiert mit der Konvergenz. Dabei wird in die meisten Landesteile warme
bis sehr warme, in den Nordosten teils heiße, in den Südwesten kühlere, vor
allem aber sehr feuchte Luft geführt. Mit der Labilität ist es nach wie vor
nicht so weit her.
Weiterhin wird teils kräftige Hebung induziert, was weitere teils kräftige
Regenfälle zur Folge hat, die sich vom Südwesten etwas zur Mitte und nach Norden
ausbreiten. Darüber hinaus kann sich ausgehend von den Alpen Regen, eventuell
Starkregen zur Mitte hin ausbreiten, der später auch von einzelnen Gewittern
durchsetzt sein kann, bzw. es bilden sich nachmittags und abends ausgehend vom
Südosten und von der östlichen Mitte Gewitter und breiten sich nach Norden bis
Nordwesten hinaus. Dabei sind über der (östlichen) Mitte teils schwere Gewitter
möglich, die neben heftigen Starkregen auch Hagel und Sturmböen bringen können.
Über eine mögliche Vorabinformation hierüber kann heute Abend, bzw. morgen
Vormittag entschieden werden. Die Lage ist entsprechend der deutlich
divergierenden Modelllösungen und wie so oft bei Lagen des Typs "Tief
Mitteleuropa" sehr unsicher.

Im Nordosten bekommt man davon nicht viel mit. Dort scheint zeitweise die Sonne,
es bleibt meist trocken und die Temperaturen steigen auf 25 bis 32 Grad. Im
Südwesten werden unter den vielen Wolken dagegen nur 19 bis 25 Grad
erreicht, im Dauerregen bleibt es zum Teil noch kühler.
Der schwache, hier und da mäßige Wind weht aus West bis Nordwest, im Nordosten
jedoch aus Ost.

In der Nacht zum Mittwoch setzt sich das Drehzentrum des Troges vorübergehend
über den Westalpen fest. In der südöstlichen Höhenströmung werden durch
kurzwellige Tröge weitere Hebungsimpulse gesetzt, die über der Landesmitte von
Ost nach Westen am stärksten ausgeprägt sind.
Die Tiefdruckrinne mit eingebettetem Frontensystem liegt ebenfalls über der
Mitte des Landes, das zudem auf eine Gegenstromlage mit Westwinden im Süden und
Ostwinden im Norden trifft. Bei PPW Werte bis nahe 50 mm! Sind dort weitere
Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich nicht unwahrscheinlich, in die zudem
auch kräftige Gewitter eingelagert sein können. Vor allem das ICON sticht mit
hohen Niederschlagssummen (12h bis 50 mm) heraus, die in den anderen Modellen
nicht in dem Maße zu finden sind. Angesichts der Lage sind aber weitere
unwetterartige Starkregenfälle durchaus nachvollziehbar. Angetrieben durch
weitere kurzwellige Tröge können dann aber auch wieder Starkregen und Gewitter
aus den Alpen heraus und von Tschechien her auf den Südosten übergreifen,
während die Hebung im Südwesten schwächer wird und die Regenfälle aufhören,
sofern das nicht schon tagsüber passiert ist.

Im Norden dagegen bleibt es trocken und vor allem zur Ostsee hin ist es zum Teil
gering bewölkt. Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 21 Grad im Nordosten und
bis 10 Grad im Südwesten.


Mittwoch... zieht der Höhentrog über dem Alpenraum nur langsam weiter nach
Osten, wobei die Strömung in 500 hPa nach Ost dreht. Die Tiefdruckrinne wird
dabei von der Mitte Deutschland in den Norden gedrückt. Unvermindert wird
kräftige Hebung simuliert, die sich vor allem aus um das Höhentief herumlaufende
Randtröge speist. Vor einem markanten Randtrog, der im Tagesverlauf von Osten
übergreift, dreht die Strömung im Westen auf Nordost und auch die Rinne am Boden
kippt etwas und reicht dann von NRW nach Mecklenburg.

Gebietsweise muss erneut mit teils von Gewittern begleitetem Starkregen
gerechnet werden, die Zone breitet sich aber etwas nach Norden aus. Die
instabilste Luft liegt dann über Norddeutschland, wo sich in einer Luftmasse mit
PPW bis nahe 50 mm ML Cape bis 2000 J/kg aufbauen kann. DLS von 15 bis 20 m/s
dürfte die Bildung teils schwerer Gewitter stützten, die neben sehr heftigem
Starkregen, auch mit Hagel und Sturmböen verbunden sein können. Diese
verclustern teilweise und ziehen in der Folge nach Westen bis Südwesten, wo sie
in Teilen von NRW und RLP als teilweise gewittriger, teils nicht gewittriger
(heftiger) Starkregen ankommen. Hier werden in den aktuellen Modellläufen
landesweit die größten Niederschlagsmengen von 50 bis 100 mm in 12 Stunden
simuliert.

Diesbezüglich gibt es Modellunterschiede, wobei es nicht nur räumliche
Unterschiede gibt (EZMW und GFS mit weiter südlichen Schwerpunkten in RLP),
sondern die Modelle auch bei den Mengen erneut nicht einer Meinung sind. ICON
hat über NRW 50 mm auf der Karte, IFS und GFS lassen weiter südlich 70 bis 100
mm runterkommen.
Trocken mit mehr Sonnenschein bleibt es voraussichtlich nur an den Küsten. Der
äußerste Süden dürfte in etwas kühlerer und stabilerer Luft auch weitegehend
außen vor bleiben. In den anderen Gebieten regnet es teilweise, auch wieder mit
lokalen Gewittern, die aber (bei weitem) nicht die Intensität der Gewitter im
Norden erreichen.

Die Höchsttemperaturen bewegen sich zwischen 17 und 24 Grad in der Mitte und im
Süden und zwischen 25 und 31 Grad im Norden und Nordosten.

Der Wind weht schwach bis mäßig aus West, im Norden und Nordosten weiterhin aus
Ost.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Randtrog nach Westen, während das
Trogzentrum ICON zufolge nach Süddeutschland ziehen soll. Die Rinne orientiert
sich zusehends meridional von Rheinland-Pfalz zur westlichen Ostsee. In ihrem
Bereich regnet es hauptsächlich, wobei die Gewitter in teils nichtgewittrigen
Starkregen übergehen und im Westen (NRW, Eifel, Rheinland-Pfalz) teilweise 50
bis 80 mm Regen in 12 Stunden fallen können.
Akkumuliert wären in den genannten Regionen damit weit mehr als 100, eventuell
sogar 200 mm Regen durch wiederholte Starkregenfälle und Gewitter
vorprogrammiert.
Auch auf Baden-Württemberg kann von Frankreich her wieder teils gewittriger
Starkregen übergreifen, während die Nacht in den anderen Regionen bei teils
aufgelockerter Bewölkung und lokalen Schauern oder Nebel harmlos über die Bühne
geht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Niederschlagsschwerpunkte unterschiedlich in der Lage
und Intensität. An der "Regenunwetterlage" ist aber nicht zu rütteln. Der Westen
bekommt akkumuliert extreme Mengen, in den anderen Regionen sind
Starkregengebiete und Gewitter eher kurzzeitig unwetterträchtig, auch wenn sich
die Abläufe zeitlich, räumlich noch nicht wirklich eingrenzen lassen.

Starkregen und Gewitter werden letztlich nur im Nowcasting zu bewarnen sein.
Angesichts der sich über dem Westen abzeichnenden extremen Niederschlagsmengen
wird dort, allen Unsicherheiten zum Trotz, schon mal eine Vorabinformation
ausgegeben, die falls sie heute Abend nicht scharfgeschaltet wird, zumindest
aktualisiert wird.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner