DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-07-2021 08:01
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Heute in einem Streifen von Sachsen bis zur Deutschen Bucht örtlich markante
Gewitter, Unwetter besonders im Raum Sachsen möglich. Am Montag im Norden
Bildung von lokal starken Gewittern, Unwetter kleinräumig nicht ganz
ausgeschlossen. Abends im Südwesten aufkommende Gewitter, die in der Nacht zum
Dienstag sich bis nach Rheinland-Pfalz ausdehnen und unwetterartig sein können.
Teils auch mehrstündiger Starkregen bis in den Unwetterbereich.
Am Dienstag vor allem von Ostbayern und Sachsen bis nach Hessen starke Gewitter
mit Unwettergefahr, im Südwesten auch ungewittriger Starkregen/Dauerregen
möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Im Randbereich zweier Höhentiefs über dem südlichen Nordmeer und
westlich von Irland schwenkt heute ein Randtrog vom westlichen und südlichen
Deutschland langsam nach Nordosten, so dass um 18 UTC seine Achse etwa auf einer
Linie Nordostbayern-Emsland erwartet wird. In dem Trog befindet sich ein kleines
Cut-Off-Tief, welches von Rheinland-Pfalz nach Nordostbayern zieht. Auf der
Vorderseite befindet sich im Bodenniveau eine Tiefdruckrinne, die sich ebenfalls
nach Nordosten bewegt und abends sich etwa von der Lausitz bis zum Emsland
erstreckt. Nordöstlich der Tiefdruckrinne gibt es noch öfter mal Sonnenschein,
so dass sich die Luft auf sommerliche 25 bis 29 Grad erwärmen kann. In den
anderen Gebieten, wo es am Westrand der Rinne anfangs regnen kann, ist es kühler
mit Werten zwischen 19 Grad im östlichen Mittelgebirgsraum und 24 Grad bei etwas
Sonnenschein. Am Oberrheingraben liegen die Werte immerhin bei 25 Grad. Im
Südwesten macht sich nämlich leichter Zwischenhocheinfluss bemerkbar auf der
Rückseite des Troges und hier wie auch ganz im Westen ist es weitgehend trocken.
So kann sich heute in der Nordosthälfte Deutschlands auch wieder CapeML aufbauen
mit Werten zwischen 300 und 500, im Nordwesten auch bis knapp 1000 J/Kg.
Entsprechend werden im Bereich der Rinne und knapp östlich am Nachmittag wieder
neue Schauer und Gewitter berechnet, die bei geringer Zuggeschwindigkeit auch
wider Starkregen bis in den Unwetterbereich bringen können. Prädestiniert
hierfür ist der Raum Sachsen und das westliche Niedersachsen, Raum Bremen und
die Unterweserregion, bedingt auch der Grenzbereich Niedersachsen/Hessen
(ICON-D2-EPS). Im Süden und Westen entwickelt sich zwar auch etwas Cape, hier
fallen aber nur einzelne Schauer und Gewitter sind eher unwwahrscheinlich.

In der Nacht zum Montag zieht das kleine Höhentief nach Tschechien und vor dem
nächsten Höhentief über Westeuropa, das fast die Bretagne erreicht, setzt in
Südwestdeutschland WLA ein, so dass ein Höhenkeil gestützt wird, der sich nach
Süddeutschland verlagert. Wegen des fehlenden Antriebes klingen die Schauer und
Gewitter im Verlaufe der Nacht weitgehend ab. Nur in Ostsachsen und in
Ostbrandenburg bleibt bis zum Morgen noch eine latente Gewittergefahr bestehen
im Randbereich des Höhentiefs.

Im Westen und Süden sowie ganz im Nordosten bleibt es durchweg trocken.

Die Temperaturen gehen auf 18 Grad an der vorpommerschen Küste und bis 8 Grad in
der Eifel zurück.
Vereinzelt bildet sich Nebel.


Montag... wandert der Höhenkeil über Süddeutschland unter Abschwächung langsam
ostwärts. Insofern reicht es für den Süden und die Mitte für
Zwischenhocheinfluss, sodass es meist heiter, vorübergehend auch wolkig und
weitgehend trocken ist. Im Norden ist die Höhenströmung indifferent oder sogar
leicht zyklonal, so dass in der feuchten Luft örtliche Schauer, ganz vereinzelt
auch ein Gewitter entsteht.
Allerdings richtet sich der Blick nach Westeuropa, wo das o. e. Höhentief nach
Westfrankreichs zieht. Damit steilt bei uns die Strömung auf, sodass von Süden
her warme bis sehr warme Luft mit T850 hPa von 12 bis 19 Grad den Weg zu uns
findet.
Auf der Vorderseite des Höhentiefs sinkt der Bodendruck, so dass abends eine
Tiefdruckrinne vom westlichen NRW bis zum Ärmelkanal reicht. Die Rinne steuert
gegen Abend feuchte Luft in den äußersten Westen und Südwesten, sodass sich von
der Eifel bis nach Südbaden gegen Abend neue Schauer und Gewitter bilden.
Besonders hoch ist die Gewittergefahr allerdings noch nicht bei ML-CAPE-Werten
bis 100 im Westen. Im Südlichen Baden-W. gibt es Cape-Werte bis 500 J/Kg, hier
ist die Troposphäre aber stark gedeckelt. Da hilft wahrscheinlich auch nicht die
von Südwesten zunehmende Scherung. Letztlich können aber im äußersten Westen und
Südwesten erste kräftige Gewitter nicht ausgeschlossen werden.
Die Temperaturen steigen auf 24 Grad in der Eifel sowie bei Seewind an der Küste
und bis 31 Grad in Südostbayern.
Der Wind weht im Norden teils mäßig, an der See frisch aus Ost. Ansonsten ist er
schwach und kommt aus unterschiedlichen Richtungen.

In der Nacht zum Dienstag zieht das Höhentief nur noch langsam nach Osten weiter
und erreicht etwas den Raum Paris. Das Bodentief verlagert sich nach
Nordwestdeutschland und von dort reicht morgens eine Rinne nach Süddeutschland.

Der Südwesten und Westen Deutschlands gelangt zunehmend unter die stark
diffluente Höhenströmung des Tiefs, in der kräftige PVA wirksam ist. Zudem
sorgen die frontalen Prozesse an der von Westen übergreifenden wellenden
Kaltfront des o. e. Tiefs für zusätzlichen Hebungsimpuls. Entsprechend
verstärken sich über dem Südwesten und Westen die schauerartigen Regenfälle.
Modellübergreifend werden in einem Streifen von Südbaden bis zum
Taunus/Rheingaugebirge verbreitet 15 bis 30, strichweise 30 bis 50, punktuell
über 60 l/qm innerhalb von 12 Stunden simuliert.

In den übrigen Regionen klingen etwaige Schauer und Gewitter ab, vor allem im
Osten ist es teils klar.

Es wird eine milde Nacht bei Tiefsttemperaturen zwischen 19 und 12 Grad.


Dienstag... nistet sich das Höhentief über dem zentralen Frankreich ein. Das
Bodentief über dem Nordwesten Deutschlands füllt sich zwar auf, es bleibt aber
eine Tiefdruckrinne über, die sich ausgehend von einem Leetief am östlichen
Alpenrand über die Mitte in den Nordwesten erstreckt. In den Süden gelangt
derweil ein Hochkeil.

Vor allem im Westen und Südwesten bleiben unter der diffluenten, auf Südost
rückdrehenden Höhenströmung kräftige, teils PVA-bedingte, teils frontale
Hebungsantriebe entlang der wellenden Kaltfront wirksam. Zudem verstärken sich
die Gegenstrombedingungen (Westwind am Boden, Südostwind in der Höhe).
Entsprechend regnet es weiter anhaltend, teils kräftig. Meist simulieren die
Globalmodelle und auch ICON-Nest von Baden-Württemberg über Hessen und
Rheinland-Pfalz bis nach NRW häufig 9 bis 20 l/qm, vereinzelt um 25 mm in 12
Stunden, also etwas weniger als in den Modell-Runs vorher. 24-stündig macht das
gebietsweise 30 bis 60 l/qm, im Südwesten mitunter rund 80 l/qm (ICON-Nest). IFS
ist dagegen zurückhaltender, meist mit nur markanten Regenmengen. Die
Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen ist nach CosmoLEPS, ICON-EPS und IFS-EPS in
Baden, in der Südpfalz und auf der Westalb am größten mit 30 bis 70 Prozent.

Im Bereich der Rinne reichert sich massiv Feuchte an (ICON: 13 bis 15 g/kg in
der Grenzschicht!). Die Instabilität lässt zwar weiterhin etwas zu wünschen
übrig, dennoch reicht es nach ICON-Lesart für 400 bis 900, im Raum
Sachsen/Thüringen Ostbayern für 1000 bis 1700 J/kg ML-CAPE. Die Auslöse von
Gewittern ist im Vergleich zum Vortag deutlich wahrscheinlicher (von NRW bis
nach Ostbayern und Westsachsen). Zwar überlappen sich Scherung und Labilität
nach aktuellem Stand nicht optimal, dennoch scheinen zumindest Multizellen, die
sich zu größeren Clustern zusammenschließen ziemlich wahrscheinlich. Demnach
steht der Starkregen bis in den (extremen) Unwetterbereich bei PPW's teils über
40 mm im Blickpunkt, aber auch größerer Hagel und Sturmböen müssen ins Kalkül
gezogen werden.

Im Nordosten und Osten fließt aus Osten dagegen trockenere Festlandsluft ein,
sodass es überwiegend freundlich und trocken bleibt.

Dort wird es auch heiß mit 29 bis 33 Grad, ansonsten werden schwülwarme 22 bis
28 Grad erreicht, im Dauerregen im Westen und Südwesten dagegen Werte um 19
Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle sind sich weitgehend einig. In kleineren Differenzen gibt es bei den
Regenschwerpunkten. Die Ergebnisse der Probabilistik wurden bereits oben
erläutert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden