DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-07-2021 08:01
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 09.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TR W

Heute Unwetter durch Stark- und Dauerregen sowie Gewitter vor allem im Osten.
Sonst einzelne Gewitter mit Starkregen. Am Samstagabend von Südwesten her erneut
Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen. Nachts nach Nordosten ausweitend,
aber auch abschwächend. Am Sonntag vor allem über der Mitte, sowie im Norden und
Osten Schauer und Gewitter, dann wieder vor allem mit Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... schwenkt ein Trog, der Teil eines Trogkomplexes über West- und
Nordwesteuropa ist, über Mitteleuropa nach Nordosten. Auf seiner Vorderseite hat
sich ein kleinräumiges Tief im Bodendruckfeld gebildet, das nun etwas östlich
von Oder und Neiße zur Ostsee wandert. An seiner Westflanke gelangt mit einer
schwachen West- bis Nordströmung bodennah mäßig warme Luft nach Deutschland,
wogegen mit dem Südostwind trogvorderseitig darüber feuchtwarme Luft aufgleitet
und zu einer ausgeprägten Gegenstromlage mit intensiver Hebung sowie Stark- und
Dauerregenfällen führt. In den Regen können einzelne Gewitter eingelagert sein.

Diese Regenfälle liegen aktuell von Schwaben über Osthessen und Franken bis nach
Berlin/Brandenburg und lassen im Tagesverlauf, wenn mit Passage des Troges der
Gegenstrom aufhört von Süden her langsam nach. Dafür breiten sich die Regenfälle
nach Norddeutschland aus. Dabei fallen gebietsweise bis zum Abend nochmal 30 bis
50 mm Regen.

Allerdings liegt die östliche Mitte und der Nordosten bis zum Nachmittag und
Abend noch auf der Trogvorderseite und mit etwas Einstrahlung kann noch etwas
Cape generiert werden. Oberhalb der bodennahen Nordwestwinde ist die Schichtung
dort ohnehin potentiell leicht instabil, sodass wieder einzelne, vor allem durch
heftigen Starkregen unwetterartige Gewitter entstehen können. Dabei sind bis 40
mm in kurzer Zeit nicht ausgeschlossen, sowie bis 60 mm in mehreren Stunden.
Auch kleinerer Hagel und stürmische Böen oder Sturmböen sind dabei möglich.

Auf der Trogrückseite strömen etwas trockenere und kühlere Luftmassen vom
Atlantik nach Deutschland. Die Betonung liegt auf etwas, PPW liegt weiter
zwischen 25 und 30 mm und es wird auch wieder einiges CAPE bereitgestellt. Außer
ganz im Nordwesten und im äußersten Süden bilden sich somit wieder einzelne
Schauer und Gewitter, die besonders mit Starkregen verbunden sein können, aber
auch einzelne Sturmböen oder auch kleinerer Hagel sind ebenfalls nicht völlig
von der Hand zu weisen. Meist bleiben die Entwicklungen im markanten Rahmen,
einzelne Unwetter sind aber auch dabei nicht ausgeschlossen.

Nach Nordosten und Osten hin bleibt es teilweise stark bewölkt oder bedeckt,
hier liegen die Maxima teilweise unter 20 Grad, sonst lässt sich zeitweise die
Sonne blicken bei mäßig warmen bis warmen 20 bis 25 Grad.
Der Wind frischt an der Südwestflanke des Tiefs zeitweise auf mit einzelnen
starken bis steifen Böen aus West bis Nordwest vor allem in der Osthälfte.
Exponierte Berggipfel sind dann mit einzelnen Bft 8 bis 9 aus West dabei.

Auf Frankreich greift nachmittags ein flacher Höhenrücken über, der für die
leichte Beruhigung im Süden verantwortlich zeichnet und in der kommenden Nacht
etwas amplifiziert auf Deutschland übergreift.
Dabei kommt es zu leichtem Absinken, womit die Bewölkung teilweise stärker
auflockert oder es gering bewölkt wird. Gebietsweise bilden sich Dunst oder
Nebel, der lokal auch die magische Grenze von 150m - was die Sicht angeht
-unterschreitet. Unter dem abziehenden Trog kommt es im Nordosten zunächst noch
zu teils gewittrigen Starkregenfällen, die zum Morgen auf die Ostsee nach Polen
abziehen. Übrig bleiben bis zum Morgen örtlich leichter Regen in Teilen MVs- und
Nordbrandenburgs.

Die Temperatur geht auf Werte zwischen 17 Grad im Nordosten bei starker
Bewölkung und bis knapp unter 10 Grad bei zumindest zeitweise geringer Bewölkung
ganz im Süden zurück.


Samstag... sorgt zunächst der Höhenrücken für den Aufbau eines kleinen
Bodenhochdruckgebiets über Süddeutschland und damit für eine kurze
Wetterberuhigung. Allerdings schwenkt rasch über Westeuropa der nächste, auch
recht markant ausgeprägte Kurzwellentrog heran und erreicht mit seiner Achse
abends Benelux und NE Frankreich. Der Rücken wird wieder rasch nach Nordosten
abgedrängt und von unserem kleinen Bodenhoch ist im Tagesverlauf bei sehr
flacher Druckverteilung ach nichts mehr zu sehen.

Vorderseitig des Troges dreht die Strömung wieder auf Südwest bis Süd und es
gelangen wieder wärmere und feuchtere sowie potentiell instabile Luftmassen nach
West- und Süddeutschland. Dabei schiebt sich auch eine Tiefdruckrinne in den
Westen und Südwesten unseres Landes und die Bewölkung nimmt zunächst durch
aufkommende Warmluftadvektion im Westen und über der Mitte zu; ob es irgendwo zu
ein paar Tropfen reicht, bleibt abzuwarten.

Mit Annäherung des Troges zum Abend steilt die Strömung noch etwas auf. ML Cape
steigt auf bis zu 700 J/kg, der Wassergehalt auf 30 bis 35 mm und auch etwas
Scherung (DLS 15 bis 20 m/s) ist im Südwesten mit von der Partie. Somit breiten
sich ab Samstagabend in der Nacht zu Sonntag durch kräftige PVA ausgelöste und
teils linienhaft organisierte Schauer und Gewitter von Südwesten her über
Deutschland nach Nordosten aus. Vor allem abends und in der ersten Nachthälfte
muss mit teils kräftigen Gewittern, in Begleitung von heftigem Starkregen, Hagel
und Sturmböen gerechnet werden. Im Laufe der Nacht treten Hagel und Wind in den
Hintergrund, eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Starkregen bleibt aber.

Bis zum Sonntagmorgen könnte dann eine Linie vom Emsland über den Harz bis ins
Vogtland erreicht werden.


Sonntag... regeneriert sich vom europäischen Nordmeer her ausgehend in Richtung
Irland ein neues Höhentief bzw. Trog. Zwischen dem Trog über Irland und den nach
Osten schwenkenden Trog wölbt sich erneut ein Höhenrücken auf. Dabei schwächt
sich der über Deutschland nach Nordosten schwenkende Trog aber ab, während die
Tiefdruckrinne am Boden, in der sich die feuchteste und instabilste Luft
konzentriert nach Norden verlagert. Sie dürfte im Tagesverlauf etwa vom
Nordwesten (Emsland, nördliches NRW) bis in den östlichen Mittelgebirgsraum zu
liegen kommen.

Vor allem in diesem Bereich bilden sich wieder meist recht langsam ziehende
Gewitter, die vor allem mit Starkregen verbunden sein dürften. Bei
nachlassender, meist nur geringer Scherung und überschaubarer Labilität spielen
Hagel und eventuelle Böen eher eine untergeordnete Rolle.

Im Nordosten kommen die Gewitter noch nicht an, im Südwesten und Westen
stabilisiert es schon wieder, da von Westen der Höhenrücken übergreift. Hier ist
bei längeren Aufheiterungen kaum hochreichende Konvektion zu erwarten.

Die Temperaturen steigen bei längerer Einstrahlung auf Werte über 25 Grad, sonst
liegen die Höchstwerte meist zwischen 20 und 25 Grad.

In der Nacht zum Montag sind unter dem sich weiter abschwächenden und nach
Nordosten abziehenden Trog im Nordosten anfangs Schauer und Gewitter möglich,
die aber langsam abklingen. Sonst stellt sich unter dem Höhenrücken
Zwischenhocheinfluss ein, teils geringe Bewölkung und örtlicher Nebel inklusive.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im groben Maßstab ist weitgehend alles klar. Die Details bleiben unsicher. Die
Modelle simulieren die Niederschlagsverteilung sehr heterogen, so dass die
Warnungen aufgrund der aktuellen Verlagerung und der Probabilistik eher etwas
großflächiger erfolgen.
Die Gewitter heute im Osten, möglicherweise auch wieder ziemliche Wasserbomben
sind in ihrer Verteilung ebenfalls entsprechend unsicher, auf eine
Vorabinformation wird deshalb verzichtet.
Die nächsten Tage werden nach einer kurzen Beruhigung am Samstag auch wieder
Gewitter-/Unwetterträchtig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner