DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-07-2021 08:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HFa, Übergang zu HFz

Heute ruhiges Wetter. Kommende Nacht von Westen her wieder feuchtere Luft und
morgen dann erhöhtes Gewitter- und Starkregenpotential bis in den
Unwetterbereich.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... verläuft die eigentliche Frontalzone relativ weit südlich
mäandrierend über den nördlichen Mittelmeerraum, wobei sich ein Langwellentrog
zum Schwarzen Meer verlagert und ein weiterer in die Biskaya hereinschwenkt,
während ein relativ schwach ausgeprägter Rücken über Mitteleuropa ostwärts
vorankommt. Das Bild wäre nicht komplett ohne die Erwähnung eines Höhenhochs
über Fennoskandien, das ein Bodenhoch mit Schwerpunkt im Bereich der Halbinsel
Kola stützt. Dieses hochreichende System sorgt für eine Blockierung, die auch in
den Folgetagen anhalten soll. Für die Druckverhältnisse in Bodennähe ist noch
ein Tiefdruckgebiet nordwestlich der Britischen Inseln relevant sowie ein Keil
des Azorenhochs, der über Südfrankreich hinweg zu den Alpen gerichtet ist.
Dieser Keil wird von dem Hoch im Norden von einer flachen Rinne getrennt, die
sich im Bereich der Nord- und Ostsee erstreckt. Das sorgt bei uns für schwache
Winde aus überwiegend westlicher Richtung. In der Nähe der Rinne befindet sich
im Nordosten sehr feuchte Luft, in der sich heute viel Bewölkung hält, aus der
auch etwas schauerartiger Regen fallen kann, für Gewitter dürfte - zumindest
über Deutschland - die Labilität nicht ausreichen. Im übrigen Land stellt sich
heute in recht trockener Luft ein freundlicher, wenngleich nicht wolkenfreier
Tag ein, zumal im Vorfeld einer Okklusion, die zu dem Tief nordwestlich der
Britischen Inseln gehört, schon hohe Bewölkung aufzieht. Die bei uns liegende
Luftmasse soll heute Mittag in 850 hPa Temperaturen zwischen 8°C im Norden und
13°C im Südwesten aufweisen. Das erlaubt Höchstwerte zwischen 24 und 28°C, nur
ganz im Norden und Nordosten bleibt es unter den Wolken mit Höchstwerten knapp
über 20°C spürbar kühler.

Am Abend gelangt dann, immer noch im Vorfeld der eigentlichen Okklusion, eine
schwache Konvergenz in den Westen des Landes und mit dieser vor allem im
Rheinland eine deutlich mit Feuchte angereicherte Luftmasse. Generell kann man
in den Abend- und Nachtstunden dann mit etwas Labilitätsenergie rechnen, es
werden CAPE-Werte teils über 500 J/kg im Rheinland und deutlich weniger in
anderen Teilen des Westens berechnet. Die hochreichende Scherung ist unbedeutend
und liegt meist knapp unter 10 m/s bis 6 km. Vor allem im Bereich der
Konvergenz, aber vereinzelt auch in den übrigen Gebieten können Gewitter
ausgelöst werden. Da ein Kurzwellentrog hereinschwenkt, können bei fehlender
Labilität teils auch stratiforme Regenfälle ausgelöst werden. Insgesamt sollen
sich die Niederschläge in der Nacht im Westen ausbreiten, im Süden aber auch
rasch in den Osten vorankommen, dort gibt es aber eher keine Gewitter. Auch ganz
im Norden kann es weiterhin schauerartige Regenfälle, aber kaum Gewitter geben.
Die Begleiterscheinungen der Gewitter dürften bei den oben genannten Bedingungen
im Allgemeinen im Sub-Unwetterbereich liegen, wenngleich aufgrund geringer
Zuggeschwindigkeiten und hoher Feuchte vor allem im Bereich des Rheinlands auch
örtlich mal unwetterartiger Starkregen nicht ganz ausgeschlossen ist. Abseits
der Niederschläge soll es vor allem vom Nordwesten bis zum Südosten noch eine
wolkenarme Zone geben, wobei auch ganz im Nordosten durch allmähliches
Abschwächen der Rinne und den Höhenrücken auch für allmähliche
Wolkenauflockerung gesorgt ist. Die Tiefstwerte werden zwischen 16 und 9 Grad
erwartet, mit den höchsten Werten in der feuchten Luft des Rheinlands und den
niedrigsten in der nördlichen wolkenarmen Zone.

Sonntag... schwenkt der Höhenrücken endgültig nach Osten und von Westen greift
allmählich eine Achse des Langwellentroges im Westen auf unser Land über. Die
Okklusion des Tiefs, das seine Position kaum ändert, zieht von Westen her nach
Deutschland und verschmilzt mit der Konvergenz. Dieses System kommt bis zum
Abend in etwa bis zu einer Linie Borkum-Fichtelberg voran. Da dort eine flache
Rinne entsteht, dreht der schwache Wind im Nordosten über Süd auf Ost, im Westen
kommt er aus Südwest. Somit kommt es im Bereich der Rinne zu weiterer
Feuchteanreicherung und trotz nur mäßigem vertikalem Temperaturgradienten und
auch keiner überbordenden Sonneneinstrahlung entstehen nennenswerte CAPE-Werte
zwischen 500 und 1000 J/kg zunächst im Westen, später vor allem im Nordwesten im
Bereich der Rinne. Geringere Werte gibt es auch in anderen Landesteilen mit
Ausnahme des Nordostens. Viel Feuchte und weiterhin recht wenig Scherung meist
unter 10 m/s bis 6 km Höhe sorgt für Einzel- und Multizellen, die bei langsamer
Zuggeschwindigkeit vor allem Starkregenpotential aufweisen. Das kann man beim
ICON-D2-EPS eindrucksvoll sehen, das in der gesamten Westhälfte hohes Potential
dafür sieht und auch signifikanten Wahrscheinlichkeiten bis über 60 % für mehr
als 35 l/m² innert 6 Stunden und damit Unwetter. Selbst für extremes Unwetter
gibt es schwache Signale, wobei der Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz und NRW
liegen soll mit einem zweiten und isolierten Maximum im Allgäu. Möglicherweise
handelt es sich teilweise auch um ungewittrigen oder nur leicht konvektiven
Starkregen. Hagel und stürmische Böen sollen an dieser Stelle nicht
ausgeschlossen werden, spielen aber sicher nicht die ganz große Rolle. Insgesamt
wird dabei in der gesamten Westhälfte nicht mehr viel Sonne erwartet, ganz im
Gegensatz zum Nordosten, wo ein sonniger Sonntag ins Haus steht. Dort kann die
Temperatur auch bis 28°C steigen, sonst sind es meist "nur" 20 bis 26°C.

In der Nacht zum Montag schwenkt die Achse des Troges nordwärts bis zur Mitte
Deutschlands, die Rinne kommt in ihrem Vorfeld in etwa bis zur Elbe voran. Damit
verlagern sich die Gewitter und schauerartigen Starkregenfälle in der Nacht
langsam nordostwärts, wobei die Unwettergefahr nur ganz allmählich abnimmt, so
dass für die Nachtstunden insbesondere das 6-stündige Starkregenkriterium für
Unwetter weiterhin Anwendung finden dürfte. Hagel und stürmische Böen stehen
weiterhin weniger im Fokus. Insgesamt hinken die Niederschläge aber der Rinne
etwas hinterher. So bleibt es ganz im Nordosten teilweise auch die ganze Nacht
noch klar oder gering bewölkt. Auch im Westen lässt die Schaueraktivität im
Verlauf der Nacht nach, kommt aber wahrscheinlich nicht ganz zum Erliegen. Die
Frühtemperaturen liegen überwiegend zwischen 16 und 11°C.

Montag... schwenkt im Bereich des Langwellentroges westlich unseres Landes eine
markante Trogachse westlich der Britischen Insel südwärts. In deren Vorfeld
kommt es westlich der Bretagne zu einer markanten Sturmtiefentwicklung. Auf der
anderen Seite des Langwellentroges schwenkt Trogachse über Deutschland und die
Nordsee weiter nordwärts. Die bodennahe Tiefdruckrinne kommt damit über
Deutschland auch noch etwas nordostwärts voran und erreicht am Abend Rügen und
Usedom. Der Trogachse nachfolgend schwenkt ein Rücken in den Süden Deutschlands
herein, der für etwas Absinken sorgt und ein Zwischenhoch durchschwenken lässt.
Während Richtung Nordosten der Wind dann nach und nach von Ost auf Südwest bis
West dreht, dreht er im Westen, auf der Westseite des Zwischenhochs später schon
wieder auf Süd zurück. Er ist aber insgesamt recht schwach. Mit der Rinne kommt
erwartungsgemäß auch die feuchteste Luft in den Nordosten Deutschlands voran.
Dort sollen die CAPE-Werte aber allgemein unter 500 J/kg bleiben. Die
schauerartigen und gewittrigen Regenfälle kommen ebenso allmählich in den
Nordosten Deutschlands voran, wobei sich auch wieder stärkere Gewitter bilden
können. Bei weiterhin recht wenig Scherung und weniger CAPE als am Vortag
besteht zwar weiterhin Starkregengefahr, Unwetter sollten aber seltener
auftreten als am Sonntag. Von Südwesten setzen sich mit dem Zwischenhocheinfluss
Auflockerungen durch, doch auch dort kann es noch größere Quellungen mit
einzelnen Schauern geben, für Gewitter sollte es aus heutiger Sicht eher nicht
mehr reichen. Die Temperatur der Luftmasse ändert sich kaum, so dass die
Höchstwerte wieder bei sommerlichen 20 bis 25°C liegen, ganz im Osten kann es im
Vorfeld der Niederschläge bei längerem Sonnenschein noch einmal etwas wärmer
werden.

In der Nacht zum Dienstag zieht die östliche Trogachse endgültig ab und die
Rinne verlässt uns nach Nordosten zugunsten des Zwischenhochs. Damit trocknet
die Luftmasse auch im Nordosten allmählich ab und die die Konvektion fällt in
der Nacht zusammen. Wenn die Wolken auflockern, was zu erwarten ist, kommt es
unter dem Zwischenhoch in der Osthälfte des Landes in der angefeuchteten Luft zu
Nebelfeldern. Von Westen nähert sich dagegen die nächste Achse des Troges und
vor allem das ihr vorlaufende Sturmtief, das nach England zieht. Auf dessen
Vorderseite sorgt starke WLA für Wolkenaufzug und nachfolgend soll auch etwas
Regen auf den Nordwesten übergreifen. Zudem frischt in der Westhälfte auch der
Südwind spürbar auf, für Windwarnungen sollte es aber in der Nacht noch nicht
ganz reichen. Wie in der Nacht zuvor werden wieder Tiefstwerte zwischen 16 und
11 Grad angepeilt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Bezüglich der synoptischen Entwicklung sind sich die vorliegenden Modelle einig.
Wo dann genau die Starkregenschwerpunkte liegen werden, ist noch etwas unsicher,
kann aber vielleicht morgen dann etwas besser eingegrenzt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann