DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-07-2021 08:01
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.07.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Anfangs extremes Dauerregenunwetter im Nordosten, allerdings heute zu Ende
gehend. Im Norden dann noch einzelne Gewitter mit Starkregen, teils auch nicht
gewittriger Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... ist die Strömung über Europa durch einen Höhenrücken mit
abgeschlossenem Höhenhoch über dem Nordmeer blockiert. An dessen Südostflanke
hat sich über den zentralen Teilen des Kontinents ein Höhentiefkomplex
eingenistet, der aus mehreren Drehzentren besteht. Die Höhentiefs bewegen sich
umeinander um einen gemeinsamen Schwerunkt, wobei ein Tief über Süddeutschland
sich nach Tschechien entfernt, das über Vorpommern zieht nur langsam nach Norden
bis Nordwesten, während ein Weiteres bei Dänemark nach Südwesten zieht.

Von Südwesten her steigt das Potenzial an und induziert einen schwachen Rücken,
der sich bis zum Abend bis in die östlichen Landesteile vorarbeitet und ganz
allmählich eine Stabilisierung einleitet. Das erkennt man u.a. auch daran, dass
der Bodenhochkeil über Süddeutschland etwas breiter wird.

Im Süden reicht das aus, um die Luftmasse von Westen her etwas abzutrocknen,
womit die Regenwahrscheinlichkeit abnimmt. Die anfänglichen Regenfälle ziehen
sich ost-südostwärts zurück, wovon der östliche Alpenrand nebst Vorland nichts
haben. Dort muss bis in die Abendstunden mit etwas Regen gerechnet werden.
Ansonsten etabliert sich im Südwesten bei rund 800 hPa eine schwache Inversion,
an der sich reichlich SC- und CU-Bewölkung ausbreiten kann, so dass die Sonne
nur wenig Entfaltungsmöglichkeiten bekommt. Viellicht langt es nahe dem
abziehenden Höhentief über dem östlichen Mittelgebirgsraum für ein vereinzeltes
Gewitter, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber gering.

Nach Norden hin hält sich weiter die sehr feuchte Luftmasse, mit der die
Bodentiefdruckrinne über Norddeutschland angefüllt ist. Die Labilität hat dabei
aber schon deutlich nachgelassen, so dass Gewitter nicht mehr sonderlich
wahrscheinlich sind. Der höhe Wassergehalt der Luft reicht aber aus, um mit der
Hebung in der Rinne weitere, teils intensive Regenfälle auszulösen. Die
stündlichen Regenraten lagen am Morgen teilweise bei 10 bis über 25 mm. Bis
heute früh sind in 24 h über der Uckermark, auch aufgrund der nahezu stationären
Verhältnisse der Regenfälle stellenweise über 180 mm Regen gefallen.
Aktuell sind die Intensitäten aber schon deutlich auf dem Rückzug. Bis 12 UTC
deuten die meisten Modelle ein weiteres Nachlassen der Regenfälle an, gestützt
sich durch Ensembleverfahren. Allerdings zeigen die aktuellen Beobachtungen an,
dass die Abschwächung des Regens noch rascher geht, als in den Modellen
simuliert. Entsprechend wurde bereits darangegangen, die Warnungen abzubauen.

Im Norden können sich im Tagesverlauf, gestützt durch den Trog, der von Dänemark
ausgeht, wieder Schauer und einzelne Gewitter bilden, wobei dann erneut schnell
Starkregen im Programm ist, vereinzelt auch wieder unwetterartig, da die Temps
nahezu feuchtgesättigt sind bei PPW Werten um 35mm.

Weiter nach Westen und Südwesten hin sind die Regenfälle bei weiterem nicht so
intensiv, was zunächst gebietsweise markanten Starkregen aber einschließt. Diese
Regenfälle verlagern sich im Tagesverlauf unter Abschwächung langsam bis in die
mittleren Landesteile, nach Osten hin sogar bis nach Franken. Dann werden aber
keine Warnungen mehr nötig.

Der anfänglich im äußersten Nordosten zeitweise auflebende Wind lässt im
Tagesverlauf nach. Bei 850-hPa-Temperaturen von 6 bis 10°C werden in der
gemäßigten maritimen Luftmasse und weitgehend ohne Einstrahlung nur Höchstwerte
von 17 bis 20°C angepeilt. Da wo sich die Sonne doch zeigt (eventuell ganz im
Norden und im Südwesten) sind es 2/3 Grad mehr.

In der Nacht zum Freitag das Höhentief diagonal über Deutschland in die Länge
gezogen. Das Drehzentrum über Tschechien zieht gen Slowakei, das über der
Nordsee entfernt sich nach Westen und ein kleines Drehzentrum steuert von
Benelux in den SW unseres Landes.
In der schwachen südwestlichen bis westlichen Strömung werden kaum noch
Hebungsimpulse gesetzt. Das Bodentief und die zugehörige Rinne ziehen darüber
hinaus langsam nach Norden ab, sodass die Regenfälle im Norden zum Erliegen und
eventuelle Schauer bald vorbei sind.
Über der Mitte und nach Südosten hin kann es aber noch gebietsweise leicht
regnen, die Mengen sind aber, vor allem in Anbetracht dessen, was in den letzten
Tagen teilweise gefallen ist, geradezu unbedeutend. Die Bewölkung bleibt aber
meist dicht, nur im SW lockert es stärker auf


Freitag... formiert sich über Frankreich ein Höhenrücken, der bis in den
Südwesten Deutschlands vorankommt, während das Höhentief nördlich davon
zerfällt. Ein Drehzentrum liegt im Tagesverlauf über der Nordsee, von wo aus ein
Trog in den Nordwesten reicht. Ein weiteres Höhentief liegt über dem östlichen,
südöstlichen Mitteleuropa.
Der Rücken stützt eine schwache Bodenhochdruckzone, die für größeren
Auflockerungen, vor allem im Südwesten und im Norden sorgen kann.
Ansonsten hält sich aber noch recht viel SC- oder CU-Bewölkung unterhalb 800 bis
700 hPa. Nach Osten und Südosten hin fällt anfangs noch etwas Regen und auch im
Nordwesten, wo der Höhentrog greift und die Inversion schwächer ausgeprägt bzw.
höher liegt, muss mit einzelnen Schauern gerechnet werden. Der Wind spielt bei
geringem Druckgradienten keine Rolle und die Temperatur steigt Dank etwas
Sonnenunterstützung auf 20 bis 24 Grad, am Oberrhein auf bis zu 26°C.

In der Nacht zum Samstag verstärkt sich der Hochdruckeinfluss noch etwas, indem
sich mit Ausnahme des Nordwestens eine Potenzialbrücke zwischen dem bereits bei
uns anwesenden Rücken und einem umfangreichen Höhenhoch über Nordeuropa bildet.

Im Bodendruckfeld resultiert daraus eine meridional exponierte Hochdruckzone, in
der es abgesehen von anfänglichen Restschauern trocken bleibt. Bei 15 bis 9°C
bildet sich wegen der nassen Vorgeschichte gebietsweise Nebel.


Samstag... wird der Höhenrücken nach Osten verschoben und der Westen gelangt auf
die diffluente Vorderseite eines Troges über dem Nordostatlantik und Westeuropa.
Dort sickert auch wieder feuchtere und potentiell instabile Luft mit ersten
teils kräftigen Schauern und Gewittern zum Spätnachmittag und Abend über dem
Bergland.

Ansonsten sorgt der nur zögernd weichende Höhenrücken für Zwischenhocheinfluss
und einen warmen Sommer- und Strahlungstag. Fraglich ist aber, wie progressiv
das Strömungsmuster insgesamt ist. Eventuell tut ich auch im Westen bis zum
Abend noch nicht viel.

Die Temperatur steigt auf 24 bis 28°C. Der schwache bis mäßige Wind dreht auf
südliche bis südöstliche Richtungen.

In der Nacht zum Sonntag setzt sich der zyklonale Einfluss dann wahrscheinlich
schon weiter nach Osten durch und Schauer und Gewitter können sich etwas nach
Osten ausbreiten, wie weit bleibt nach wie vor fraglich. In großen Teilen steht
aber noch eine ruhige Nacht an.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist im groben Maßstab sicher. Die kleinräumigen Strukturen bis
in hin zur Konvektion sind und bleiben unsicher. Die Abschwächung der aktuellen
Regenfälle geht noch schneller als sowieso schon in den Modellen gedacht. Die
möglichen Gewitter und konvektiven, auch nicht-gewittrigen (Stark-) Regenfälle
müssen heute Nachmittag in situ abgewarnt werden. Die Lage am Wochenende wird
unsicher, vor allem wie weit die Konvektion am Samstag schon bei uns Fuß fasst,
muss noch abgewartet werden.
Die Unwetter machen aber wohl nur eine Pause, spätestens zum Sonntag kann es mit
teils starken Gewittern weitergehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner