DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

29-06-2021 08:30
SXEU31 DWAV 290800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu TrM

Heute besonders im Süden und Südwesten teils unwetterartige Gewitter, aber auch
in Teilen Norddeutschlands erhöhte Unwettergefahr.
Am Mittwoch vor allem im Nordosten schwere Gewitter möglich, sonst nur örtlich
markante Gewitter.
Am Donnerstag kaum noch Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... Deutschland liegt heute auf der Vorderseite eines hoch reichenden
Tiefs mit Kern über Nordwestfrankreich, das sich im Tagesverlauf in den Raum
Paris verlagert. Dabei bildet sich über dem Osten Deutschlands und Tschechien
eine Bodentiefdruckrinne, die um 18 UTC etwa an Oder und Neiße erwartet wird. Im
Bereich des Tiefs ist schon gestern recht feuchte und instabile Luft nach
Deutschland geströmt mit PPW-Werten zwischen 36 und 41 mm im Norden sowie Osten
und 26 bis 35 mm im übrigen Deutschland. Dabei steigen die CapeML-Werte bis zum
Nachmittag von Osbayern bis zur westlichen Ostsee häufig auf 500 bis 1200,
vereinzelt auf gut 1500 J/Kg. Im übrigen Deutschland sind die Werte tendenziell
geringer etwa zwischen 300 und 900 J/Kg. Hinter den nächtlichen Gewittern sind
also nicht ganz so labile Luftmassen eingeströmt. Allerdings nähert sich auf der
diffluenten Vorderseite des Höhentiefs von der Schweiz und von Ostfrankreich ein
Hebungsgebiet, das mit kräftigen konvektiven Regenfällen und Gewittern
einhergeht, die etwa ab Mittag von Südwesten auf uns übergreifen und bis 18 UTC
etwa bis zum nördlichen Rheinland-Pfalz, nach Mittelhessen und bis nach Franken
vordringen. Gleichzeitig bilden sich im Norden und Osten erneut Schauer und
Gewitter, deren Schwerpunkt sich im nördlichen Niedersachsen und in
Schleswig-Holstein abzeichnen. Hier zeigt ICON-D2-EPS örtlich 60 bis 70 Prozent
Wahrscheinlichkeit für Regenmengen über 35 mm am Nachmittag. In der Region von
den Alpen bis nach Rheinland-Pfalz und bis zum Rothaargebirge gibt es vereinzelt
sogar noch höhere Wahrscheinlichkeiten für heftigen Starkregen. Selbst extremes
Unwetter mit Mengen über 60 mm sind möglich. In einem Streifen vom nördlichen
NRW bis nach Nordsachsen und nach Südbrandenburg sowie im Nordosten von Bayern
soll dagegen relative Ruhe herrschen. Nach einigen feinmaschigen Modellen
(ICON-D2, Super HD, Euro4) bildet sich im Süden eine Gewitterlinie aus, die mit
auf West drehendem Wind Sturmböen bringen soll bis hin zu Bft 10. Vereinzelt
werden sogar 11er Böen gezeigt. Auch Großhagel ist möglich, steht aber heute
nicht im Focus des Warnmanagementes. Die Höchstwerte liegen heute im Osten und
Südosten bei 26 bis 31 Grad und ansonsten werden 22 bis 25 Grad erreicht.

Abends und in der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Höhentief nach
Rheinland-Pfalz und vorderseitig wird die Gewitterzone von der Mitte
Deutschlands zum südlichen Norddeutschland geführt. Im Randbereich des
Bodentiefs im Osten, das sich nach Westpolen verlagert, soll sich in der 2.
Nachthälfte nach der deutschen Modellkette ein Gewittercluster mit teils
heftigem Starkregen ganz im Osten bilden. Die Starkregengefahr ist nach ICON-D2
in dem mittleren Streifen am größten.
Ganz im Norden soll der Gewittercluster schwächer werden.

Mittwoch... Mit der leichten Anbindung an den Höhentrog über Nordosteuropa wird
das Höhentief am Mittwoch über die Mitte Deutschlands bis Tagesende nach
Thüringen geführt. Das Höhentief steuert das kleine Tief über Polen nordwärts
und es dehnt sich mit einer Rinne bis nach Schleswig-Holstein aus. So finden
wird morgen die labilste Luft in einem Streifen von Vorpommern und Brandenburg
bis nach Hessen mit CapeML-Werte zwischen 200 und 500 J/Kgi. Lediglich ganz im
Nordwesten ist es stabiler. Insgesamt kann sich in der von Westen einströmenden
kühleren Luft (Höchstwerte nur noch zwischen 19 und 24 Grad, im Osten örtlich
bis 26 Grad) und dank der verminderten Einstrahlung nicht mehr so viel Cape
entwickeln, wobei die PPWs im Norden und Osten immer noch bei hohen 35 bis 41 mm
liegen. Die größte Schauer- und Gewitteraktivität wird im Nordosten berechnet
mit teils unwetterartigen Regenmengen sogar teils bei den Globalmodellen.
ICON-D2 und Euro4 zeigen in dieser Region lokal sogar über 100 mm innerhalb von
6 Stunden. Nach Südwesten hin ist zwar auch Starkregen mit dabei, jedoch ist in
Hessen und weiter südwestlich die Gefahr von heftigem Starkregen (Unwetter)
deutlich geringer. Ein Minimum der Aktivität gibt es im Südosten infolge von
Kaltluftadvektion und Absinken. Hier kann es allenfalls im Alpenraum mal einen
Schauer oder ein Gewitter geben. Auch in Nordseenähe ist es stabiler und hier
hat der Regen eher skaligen Charakters. Die Höchstwerte liegen meist nur noch
zwischen 19 und 23 Grad, im Osten bis 26 Grad. Der Wind weht vor allem im
Südwesten und in der Mitte auch abseits der Gewitter vorübergehend etwas
kräftiger aus Südwest bis West.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das Höhentief ins Grenzgebiet zu
Tschechien und vom Norden bis zur Mitte, bedingt auch im Südwesten, tritt noch
durch WLA hervorgerufener Regen auf und einzelne eingelagerte Gewitter kann es
vor allem anfangs geben. Gebietsweise fallen erneut mehr als 25 mm innerhalb
weniger Stunden (von ICON gezeigt). Nach Südosten hin gibt es deutlich weniger
Niederschlag.

Donnerstag... bezieht das über Tschechien liegende Höhentief ein weiteres
Höhentief aus dem Bereich nördliche Ostsee in seine Zirkulation ein, das aus
einem früheren Austropfprozess aus dem Nordosteuropa-Trog resultierte. Somit
ergibt sich abends eine Potentialrinne von Tschechien bis nach Südschweden.
Dabei herrscht immer noch auf der Westseite der Rinne WLA in der Höhe über
weiten Teilen Deutschlands, so dass starke Bewölkung überwiegen sollte und
gebietsweise regnet es. Die Schwerpunkte liegen bei ICON in Norddeutschland, in
Bayern und in Württemberg nach IFS im mittleren Deutschland und bei GFS im
südlichen Norddeutschland. Warnschwellen könnten am ehesten im Norden
überschritten werden, die Wahrscheinlichkeit hierfür ist aber nach CosmoLEPS
nicht besonders groß. Gewitter sollten jedoch kaum noch auftreten, hierfür ist
die Labilität wahrscheinlich nicht mehr hinreichend. Im Norden lässt sich nach
wie vor eine "Schleppe" feuchterer Luft finden, die noch einen
Flüssigwassergehalt zwischen 25 und 30 mm aufweist und von Nordwesten her bis in
die mittleren Landesteile gedrückt wird. Zwar wird etwas CAPE generiert, aber
auch im Bereich dieser Schleppe ist die Wahrscheinlichkeit für Gewitter gering.
Aber selbst, wenn sich ein Gewitter entwickeln sollte, wird kaum noch die
Unwetter-Warnschwelle überschritten.
Ein paar Auflockerungen sind im Osten und Süden am wahrscheinlichsten. Die
Tageshöchstwerte erreichen nur noch 17 bis 22, im Nordosten bis 24 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Einige Differenzen wurden bereits oben beschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden