DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-06-2021 07:01
SXEU31 DWAV 120800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HB/BM
Im Nordosten mit Durchgang einer Kaltfront bzw. danach windig, an der Ostsee
stürmische Böen, auf einigen Gipfeln (Brocken, Fichtelberg, Alpen) bis
Sonntagvormittag Sturmböen. Im Südosten und Osten einzelne markante Gewitter.
Sonntag und Montag keine signifikanten Wetterereignisse, Montag im
Südwesten/Westen heiß.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... wird der nach Deutschland reichende und bisher wetterbestimmende
Azorenhochkeil vorübergehend abgebaut. Verantwortlich dafür ist ein breit
angelegter Höhentrog mit Drehzentrum über dem Nordmeer, der inzwischen bis nach
Südskandinavien reicht und sich im Tagesverlauf bei leichter Ostverlagerung und
Verschärfung über die südöstliche Ostsee bis nach Polen ausweitet. Im weiteren
Verlauf regeneriert er einen seit Tagen etwa von Nordwestrussland bis zum Balkan
reichenden, aber relativ verwaschenen Langwellentrog.
Flankiert wird dieser Höhentrog von einer Höhenantizyklone südwestlich der
Britischen Inseln, von der ausgehend Höhenkeile bzw. -rücken einerseits
nordwärts bis nach Island, der sich bis zum Abend zum nahen Ostatlantik
verlagert, andererseits nach Osten, über Frankreich und Süddeutschland bis nach
Tschechien bzw. Südpolen reichen. Dieser Höhenkeil wird mit der Südostausweitung
des Troges im Tagesverlauf rasch über die Alpen nach Süden abgedrängt, so dass
sich über dem Vorhersagegebiet eine vor allem nach Osten vorübergehend zyklonal
konturierte und straffe nordwestliche Höhenströmung einstellt.
Im Bodenfeld hat die Kaltfront eines mit dem Höhentrog korrespondierenden
Bodentiefs über dem Nordmeer inzwischen das deutsche Küstengebiet erreicht. Mit
einer fast frontsenkrechten Schubkomponente ausgestattet, kommt sie rasch nach
Südosten voran und erreicht bereits am spätere Abend in etwa Mosel und Main. Sie
wird aktuell noch von KLA unterlaufen und erweist sich zunächst als wenig
wetteraktiv. Im Tagesverlauf kann sie mit dem sich etwas verschärfenden Trog,
der auch noch den Norden und Osten Deutschlands streift, besser interagieren
(dynamische Hebung durch PVA) und in der Norddeutschen Tiefebene fällt vor allem
nach Osten zu etwas Regen bzw. gibt es in erster Linie mit Frontpassage einzelne
Schauer. Mit der Hebung labilisiert die Luftmasse an der Grenze zu Polen bis auf
etwa 500 bis 450 hPa und es können einige 100 J/kg ML-Cape generiert werden.
Somit sind am ehesten von Ostvorpommern bis nach Ostsachsen durchaus auch
einzelne Gewitter möglich. Bei recht markanter hochreichender Scherung (nach
Lesart des ICON-D2 20 bis 30 m/s von 0 bis 6 km) und mäßiger low level Shear (8
bis 13 m/s) können sich die Schauer und Gewitter auch linienförmig organisieren
und bei immerhin etwa 35 kn in 850 hPa muss in kräftigeren Entwicklungen
durchaus auch mit stürmischen Böen um 70 km/h gerechnet werden, Sturmböen um 80
km/h nicht ausgeschlossen. Andere markante Parameter, wie Hagel und Starkregen,
spielen angesichts der hohen Zuggeschwindigkeit und der marginalen Cape nur eine
untergeordnete Rolle. Nach Kaltfrontpassage setzt aber rasche Stabilisierung ein
und es gibt kaum mehr Schauer.
Mit Kaltfrontpassage, vor allem aber postfrontal mit Annäherung eines
Bodentroges, der sich abends über dem Kattegat befindet, verschärft sich der
Gradient vor allem über dem Norden und Osten Deutschlands, zumal sich der Keil
des Azorenhochs über den Britischen Inseln mit Annäherung des ostatlantischen
Höhenrückens wieder verstärkt und sich beginnt, nach Osten auszuweiten.
Entsprechend nimmt auch außerhalb der Schauer der Nordwestwind zu und es gibt
recht verbreitet steife, nachmittags und abends vor allem entlang der
vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen. Auf dem Brocken und
Fichtelberg, aber auch auf exponierten Alpengipfeln, die sich noch im
präfrontalen Bereich befinden, muss mit Sturmböen gerechnet werden.
Während sich die Frontpassage über Westdeutschland lediglich anhand des
Durchzuges dichterer Wolkenfelder und damit einhergehender Abkühlung bemerkbar
macht, halten sich sich der Südosten des Landes noch Reste der labilen Luftmasse
der Vortage. Mit Einstrahlung können im Süden und Osten Bayerns gebietsweise um
oder sogar über 500 J/kg ML-Cape generiert werden bei PPW-Werten über 25 mm. Die
Folge sind nochmals einzelne Gewitter, die von markanten Begleiterscheinungen in
Form von Starkregen, kleinkörnigem Hagel und stürmischen Böen begleitet werden
können. Scherung und Höhenwind nehmen auch dort zu, somit ist das Potenzial für
unwetterartigen Starkregen aufgrund der höheren Zuggeschwindigkeit nur äußerst
gering. Stattdessen kann vielleicht die ein oder andere Sturmböen nicht
ausgeschlossen werden.
Im Südwesten bekommt man von dem zyklonalen Geschehen so gut wie gar nichts mit,
dort scheint bei nur lockeren Wolkenfeldern meist die Sonne.
Präfrontal erreichen die Temperaturen in 850 hPa nochmals Werte zwischen 11 und
15 Grad, postfrontal kühlt es bis zum Abend auf Werte zwischen 2 Grad in
Nordfriesland und 6 Grad im zentralen Mittelgebirgsraum ab. Entsprechend liegen
die Höchstwerte in der Südhälfte zwischen 24 und 29 Grad, in der Mitte meist
zwischen 20 und 24 Grad, im Norden werden dagegen nur noch 18 bis 22 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Sonntag hat sich der Regenerationsprozess des Osteuropatroges
abgeschlossen. Letztendlich reicht der Höhentrog Sonntagfrüh vom Nordmeer über
Nordskandinavien und die Ostsee weit nach Süden bis nach Ungarn bzw. Rumänien.
Der breite Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik wölbt sich aufgrund von WLA
noch etwas nach Norden, bis ins Seegebiet östlich von Island, auf und überquert
mit seiner Achse die Britischen Inseln ostwärts. Somit steilt die nordwestliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet noch weiter auf.
Die Kaltfront überquert im Laufe der Nacht die Alpen rasch südwärts, verliert
dabei aber mehr und mehr an Wetteraktivität. Vor allem am Alpenrand kann es
staubedingt noch eine Zeitlang regnen, anfangs sind dort nach Osten zu auch noch
einzelne Gewitter möglich. Insgesamt bleiben die RR-Mengen aber gering, auch im
Stau des ostbayerischen Alpenrandes kommen kaum mehr als 5 mm zusammen.
Von Westen her weitet sich der Hochkeil bis nach West- und Süddeutschland aus
und hält den recht scharfen Gradienten über dem Nordosten des Landes aufrecht.
Während der Wind im Binnenland tagesgangbedingt sich aber abschwächt, gibt es an
den Küsten, insbesondere der Ostsee, weiterhin steife, entlang der
vorpommerschen Ostseeküste auch stürmische Böen aus Nordwest. Auch auf dem
Brocken, Fichtelberg und auf exponierten Alpengipfeln kann es stürmische Böen
oder Sturmböen geben.
Während sich im Norden und Osten unterhalb der Absinkinversion in etwa 850 bis
800 hPa gebietsweise dichtere SC-Bewölkung ausbreitet und es auch im Südosten
bzw. an den Alpen noch meist bewölkt bleibt, klart der Himmel im Einflussbereich
des Hochkeils im Westen, Südwesten und in der Mitte verbreitet auf. Die
Temperatur in 850 hPa sinkt auf 0 Grad gebietsweise in der Osthälfte und 10 Grad
ganz im Westen. Somit fällt die Nacht recht frisch aus mit Tiefstwerten zwischen
13 Grad ganz im Süden bzw. an den Küsten und örtlich nur 5 Grad in einigen
Tälern der zentralen und westlichen Mittelgebirge.

Sonntag... arbeitet sich der Höhenrücken allmählich bis nach Südskandinavien,
zur Nordsee und nach Frankreich vor, so dass die nunmehr nordnordwestliche
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet eine zunehmend antizyklonale Kontur
annimmt und sich abschwächt.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert als Teil einer von den Azoren über die
Britischen Inseln inzwischen bis nach Mitteleuropa reichenden Hochdruckzone nach
Benelux bzw. Westdeutschland. Somit bleibt der recht scharfe Gradient im
Nordosten Deutschlands anfangs noch aufrecht und tagesgangbedingt legt der Wind
dort auch im Binnenland wieder etwas zu, so dass es nordöstlich der Elbe
nochmals zumindest in freien Lagen für steife Böen reichen könnte. An der
vorpommerschen Ostseeküste sind anfangs noch stürmische Böen möglich, ebenso auf
dem Fichtelberg und auf einigen Alpengipfeln. Nachmittags und abends lässt der
Wind aber rasch nach.
Insgesamt dominiert über dem Vorhersagegebiet Absinken, was vielerorts zur
Wolkenauflösung führt. Sonne pur herrscht dabei im Südwesten, ansonsten können
sich flache Quellwolken bilden. Etwas dichter sind die Wolken wohl noch östlich
von Weser und Werra, wo sich an der Absinkinversion in etwa 800 bis 850 hPa
vielerorts Sc-Bewölkung ausgebreitet hat, die nur zögernd von Westen her
"angeknabbert" wird.
Die kühlere Luftmasse hat sich bodennah nunmehr überall durchgesetzt, in 850 hPa
liegen die Werte um die Mittagszeit zwischen 3 Grad in der Osthälfte und 12 Grad
am Oberrhein. Vor allem im Südwesten heizt die Sonne wieder kräftig ein und es
werden dort 24 bis 27 Grad erreicht. Sonst liegen die Höchstwerte meist zwischen
20 und 24 Grad, an den Küsten sowie unter den dichteren Wolken im Osten bei 17
bis 19 Grad.

In der Nacht zum Montag greift ein in die recht weit nördlich verlaufende
Frontalzone eingebetteter Kurzwellentrog auf das Nordmeer bzw. die Norwegische
See über. Der Höhenrücken verliert dabei an Wellenlänge, flacht ab und wird vor
allem mit seinem Nordteil nach Osten abgedrängt. Morgens verläuft dessen Achse
über den Westen und die Mitte Deutschlands hinweg nordostwärts.
Im Bodenfeld greift das Frontensystem eines mit dem Kurzwellentrog
korrespondierenden Tiefs südöstlich von Island auf Mittel- und Südskandinavien
über, die Kaltfront erreicht morgens die nördliche Nordsee. Das Hochdruckgebiet
über Westdeutschland wird dadurch allmählich in den östlichen Mittelgebirgsraum
abgedrängt und etwas abgebaut. Die Achse der Hochdruckzone verläuft Montagfrüh
über die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts, im Vorfeld der Kaltfront stellt
sich über Norddeutschland eine schwache westsüdwestliche Bodenströmung ein.
Gegen Morgen greifen erste, durch WLA verursachte Wolkenfelder auf den äußersten
Norden über.
Ansonsten verläuft die Nacht überwiegend gering bewölkt oder wolkenlos, auch die
Restwolken im Osten und an den Alpen lösen sich mehr und mehr auf. Hier und da
kann sich vielleicht etwas Nebel bilden, warnrelevant sollte dieser aber nicht
werden, dafür ist die Luftmasse zu trocken. Erneut fällt die Nacht somit mit
Tiefstwerten zwischen 12 und 6 Grad recht frisch aus, ganz im Norden, vor allem
an den Küsten, bleibt es wohl etwas milder.

Montag... überquert der Kurzwellentrog die (nördliche) Nordsee und die
Norwegische See ostwärts und greift auf Skandinavien über. Der vorgelagerte
Höhenkeil wird dadurch weiter nach Südosten abgedrängt und schmaler, er
erstreckt sich abends vom westlichen Mittelmeer über den Südwesten Deutschlands
nordostwärts bis zum Baltikum. Über Norddeutschland stellt sich somit eine
schwache westliche Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld schwächt sich die Hochdruckzone über dem Vorhersagegebiet weiter
ab, reicht aber weiterhin von den Azoren über die Britischen Inseln und
Mitteleuropa bis weit nach Osteuropa. Die Kaltfront über der Nordsee kommt
allmählich nach Süden voran, läuft aber mehr und mehr in die Hochdruckzone,
zumal sich der Hochkeil zum Abend hin über England und den Ärmelkanal schon
wieder verstärkt und verliert an Wetterwirksamkeit. Abends erreicht sie die
Deutsche Bucht, wobei sich im Vorfeld etwas dichtere, mehrschichtige
Wolkenfelder allmählich bis in die nördliche Norddeutsche Tiefebene ausbreiten.
Es bleibt aber wohl weitgehend trocken.
Mit Annäherung der Front verschärft sich ganz im Norden der Gradient ein wenig
und der Wind frischt aus West bis Nordwest auf. Eventuell reicht es an der
Nordsee und in Schleswig-Holstein für einzelne steife Böen.
Ansonsten dominieren Hochdruckeinfluss und Absinken, so dass es bei verbreitetem
Sonnenschein höchstens für einzelne flache Quellwolken reicht. Die Luftmasse
kann sich kräftig erwärmen und auch advektiv wird es in der unteren Troposphäre
wärmer. In 850 hPa steigt die Temperatur auf 10 Grad ganz im Norden und bis 16
Grad im Südwesten. Während es an den Küsten sowie im angrenzenden Binnenland nur
für Höchstwerte zwischen 20 und 24 Grad reicht, wird es sonst mit 25 bis 30, am
Rhein bis 32 Grad hochsommerlich warm.

In der Nacht zum Dienstag passiert der Höhentrog Skandinavien, der vorgelagerte
flache Keil wird noch etwas nach Süden abgedrängt und es stellt sich eine
flache, antizyklonal konturierte westliche Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet ein.
Die Kaltfront des inzwischen über Lappland angelangten Tiefs greift auf
Norddeutschland über, läuft aber in die sich inzwischen wieder verstärkende
Hochdruckzone und macht sich nur anhand dichterer Wolkenfelder bemerkbar, die
allmählich bis etwa zum Nordrand der Mittelgebirge vordringen. Es bleibt aber
weitestgehend trocken. Zwar weht an den Küsten noch spürbarer West- bis
Nordwestwind, für warnrelevante Böen dürfte es aber kaum mehr reichen.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss überwiegend
wolkenlos bis gering bewölkt, mit Nebel ist kaum zu rechnen. Insgesamt bleibt es
mit Tiefstwerten zwischen 14 und 8 Grad milder als in den Vornächten, aber doch
noch angenehm frisch im Vergleich zu dem, was an den Folgetagen und -nächten zu
erwarten ist.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder sind keine warn- und prognoserelevanten
Unterschiede auszumachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff