DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-06-2021 17:01
SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 11.06.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Heute in den süddeutschen Mittelgebirgen und am Alpenrand noch einzelne
Gewitter, Unwetter wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen. Am
Samstag starke Gewitter allenfalls noch am östlichen Alpenrand, Unwetter nahezu
unwahrscheinlich. An der Küste und im nördlichen und östlichen Bergland zudem
stürmische Böen aus Nordwest, auf exponierten Gipfeln Sturmböen.
Ab Sonntag abgesehen von einzelnen stürmischen Böen in der ersten Tageshälfte an
der Ostsee keine markanten Wettergefahren.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich eines Höhenkeils, der vom Azorenraum
über Nordfrankreich zur Ostsee gerichtet ist. Das korrespondierende Bodenhoch,
ebenfalls mit Schwerpunkt über den Azoren, reicht mit einem Keil bis in den
Alpenraum hinein und von dort weiter zu den Waldkarpaten. Absinken in dessen
Bereich lässt kaum wetterrelevante Konvektion zu. Eine Ausnahme ist noch der
Süden und Südosten. Dort halten sich noch Reste der bisherigen feuchtlabilen
Luftmasse. Etwas CAPE wird gerechnet, zudem liegt der Gehalt an
niederschlagbarem Wasser um 25 mm. Entrainment trockenerer und stabilerer Luft
hat diese Luftmasse entschärft. Vor allem über dem Bergland (Pfalz, Bayerischer
und Oberpfälzer Wald, südwestdeutsche Mittelgebirge sowie am Alpenrand) konnten
sich einige kurzlebige Gewitter entwickeln, die aber bisher relativ rasch
"vertrocknet" sind und zudem eine rasche Verlagerung aufwiesen. Somit waren
bisher keine unwetterartigen Entwicklungen zu beobachten. Am Abend wird selbst
diese Konvektion rasch in sich zusammenfallen.
An der Nordflanke des Höhenkeils läuft ein breiter Trog über die Nordsee hinweg
nach Osten ab und erreicht bis Samstagfrüh Südskandinavien. Da der
wetterbestimmende Keil nach Osten hin durch einen relativ verwaschenen Trog
blockiert wird, verkürzt sich die Wellenlänge des Keils. Mit dem Übergreifen des
Troges auf Südskandinavien stellt sich im Norden Deutschlands eine zyklonale
Westströmung ein. Dem Trog ist eine stabile aktive Kaltfront vorgelagert, die
ausgangs der Nacht auf Schleswig-Holstein übergreift. Präfrontal vordringende
Kaltluftadvektion dämpft die Wetterwirksamkeit dieser Front, so dass diese im
Norden und Nordosten nur einige (kaum über 5) mm Niederschlag zustande bringt.
Nach Nordwesten hin macht sich die Frontpassage nur mit mehrschichtiger
Bewölkung, einer Winddrehung von West auf Nordwest sowie einer Windzunahme
bemerkbar. Für warnrelevante Böen dürfte es selbst an der Küste kaum reichen.
Im Süden halten sich noch Reste des über den Alpen liegenden Hochkeils. Da aber
auch dort eine schwache bodennahe westliche Windkomponente aufkommt, sollte die
Nebelneigung gering bleiben.

Samstag ... läuft der Trog an der Flanke des Höhenkeils nach Südosten ab und
weitet sich dabei bereits über Polen nach Süden aus. Nachfolgend regeneriert
dieser Trog den über Osteuropa liegenden Langwellentrog. Gleichzeitig nähert
sich von nahen Ostatlantik her ein breiter Rücken. Im Zusammenspiel mit dem auf
Polen übergreifenden und sich verschärfenden Trog (der auch den äußersten
Nordosten Deutschlands streift) stellt sich über Mitteleuropa eine straffe
Nordwestströmung ein. Mit dieser wird die Kaltfront rasch über di Mittelgebirge
hinweg nach Süden gedrückt. Nennenswerte Niederschläge (bis etwa 5 mm) sind
meist auf die Staulagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge beschränkt.
Mit Frontpassage und auch postfrontal frischt im Norden, Osten und in Teilen der
Mitte der Wind aus Nordwest auf und erreicht in Böen Bft 7. An der Küste und im
nördlichen und östlichen Bergland sind stürmische Böen, auf höheren Berggipfeln
Sturmböen bis Bft 9 zu erwarten.
Etwas im Auge behalten muss man noch die Reste der feuchtlabilen Luft, die von
der nahenden Kaltfront in die "Südostecke" Deutschlands gedrückt wird. Dort ist
vor allem mit orografischer Unterstützung noch einmal die Auslösung einzelner
markanter Gewitter vorstellbar. Die Wahrscheinlichkeit für Unwetter ist noch
geringer als heute.
Mit dem sich über Polen hinweg nach Süden ausweitenden Trog erfolgt im äußersten
Nordosten vorübergehend eine Labilisierung, so dass auch dort einzelne kurze
Gewitter (Typ "Kaltluft"-Gewitter) vorstellbar sind. In Verbindung mit diesen,
die von Vorpommern bis ins Oderbruch hinein auftreten können, wären auch weiter
im Binnenland stürmische Böen nicht ganz auszuschließen.
Im weitaus größten Teil Deutschlands setzt sich mit Annäherung des mit dem
Höhenrücken korrespondierenden kräftigen Bodenhochs Absinken durch. Zwar greift
mit einer steilen nordwestlichen niedertroposphärischen Strömung auf weite Teile
Deutschlands auch postfrontal teils mehrschichtige Sc-Cugen-Bewölkung über, aber
südlich der Mittelgebirge und vor allem nach Südwesten hin stellen sich längere
sonnige Abschnitte ein. In diesen Gebieten sind Tageshöchsttemperaturen zwischen
24 und 28 Grad zu erwarten, wogegen sonst, d.h. im Mittelgebirgsraum und
nördlich davon, 17 bis 23 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Sonntag tropft der dann über Osteuropa liegende Trog über
Litauen hinweg südwärts aus. Der nunmehr auf die Britischen Inseln übergreifende
breite Höhenrücken weitet sich, gestützt durch relativ weit nördlich ansetzende
Warmluftadvektion, noch etwas in Richtung Island aus. Dies lässt über
Mitteleuropa die nordwestliche Strömung noch etwas aufsteilen. Mit dieser wird
die Kaltfront rasch über die Alpen hinweg südwärts gedrückt. An den Alpen kommen
staubedingt noch einige Millimeter Niederschlag zusammen, wobei diese
Niederschläge am östlichen Alpenrand anfangs noch konvektiv durchsetzt sein und
auch etwas mehr als 10 mm Niederschlag ergeben können. Ansonsten sind selbst in
Staulagen die zu erwartenden Niederschlagssummen geringer.
Das mit Schwerpunkt über den Britischen Inseln liegende Bodenhoch weitet sich
bis in den Westen und Südwesten Deutschlands aus. Dies hält den kräftigen
Gradienten im Norden und Nordosten Deutschlands aufrecht. Während der Wind
tagesgangsbedingt im Binnenland "einschläft" und vorerst nicht mehr warnrelevant
ist, sind an der Küste weiter Windböen (Nordsee) und Stürmische Böen (Ostsee) zu
erwarten, auch in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen
Mittelgebirge muss noch mit stürmischen Böen gerechnet werden. Ausgangs der
Nacht kann jedoch auch im nordöstlichen Binnenland der Wind bereits auffrischen
und mit Böen bis Bft 7 warnrelevant werden. Im weitaus größten Teil Deutschlands
bleibt es im Bereich des sich kräftigenden Bodenhochs windschwach. Großräumiges
Aufklaren bringt eine Abkühlung auf verbreitet einstellige Temperaturminima mit
sich.

Sonntag ... verlagert sich das gesamte Zirkulationsmuster ein wenig nach Osten.
Der Höhenrücken arbeitet sich bis in die Nordsee vor, wobei über Deutschland
eine steile nordwestliche, aber schwächer werdende Strömung bestehen bleibt. In
der relativ weit nördlich liegenden Frontalzone wird ein Trog in den nahen
Ostatlantik geführt, was eine erneute Verkürzung der Wellenlänge des Rückens zur
Folge hat. Der Schwerpunkt des korrespondierenden Bodenhochs verlagert sich
nunmehr zu den Benelux-Staaten und in den Nordwesten Deutschlands. In dessen
Bereich lässt ungehindertes Absinken zwischen Ostfriesland und Alpen keine
nennenswerte Wolkenbildung zu.
Die Gebiete östlich der Weser werden noch von teils mehrschichtiger
Sc-Bewölkung, die sich meist im Niveau um 800 hPa hält, gestreift. Zudem kann
vor allem nordöstlich der Elbe der Wind noch einmal auffrischen und mit
tagesgangsbedingter Unterstützung in Böen Bft 7 erreichen. An der Ostseeküste
sind zumindest in der ersten Tageshälfte einzelne stürmische Böen nicht ganz
auszuschließen.
Gegenüber den Vortagen erfolgt aufgrund der nahezu nördlichen Strömung ein
leichter Temperaturrückgang. Temperaturmaxima um oder etwas über 25 Grad werden
dann nur noch in den tieferen Lagen Südwestdeutschlands erreicht. Meist sind
Höchstwerte zwischen 18 und 24 Grad zu erwarten, an der Küste und in den höheren
Lagen der östlichen Mittelgebirge werden 13 bis 17 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag greift der Rücken unter Abflachung auf Deutschland über.
Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich unter beginnender Abschwächung in
den östlichen Mittelgebirgsraum, wobei sich über Deutschland eine ausgesprochen
gradientschwache Lage einstellt. Der nachfolgende Trog erreicht dann bereits die
Irische See. Bei nahezu ungehinderter Ausstrahlung und nahezu überall klarem
Himmel sind noch einmal verbreitet einstellige Temperaturminima zu erwarten.
Aufgrund der seitdem erfolgten Austrockung der bodennahen Luftschichten ist die
Nebelneigung nur sehr gering.

Montag ... greift der Trog von den Britischen Inseln kommend über die Nordsee
hinweg schwenkend auf Südnorwegen über. Von dem einst breiten Höhenrücken bleibt
nur noch ein schmaler Keil übrig, der vom westlichen Mittelmeer über den
Südwesten Deutschlands zu den Baltischen Staaten gerichtet ist. In demselben
Maße schwächt sich auch das korrespondierende Bodenhoch ab, wobei
deutschlandweit geringe Luftdruckgegensätze bestehen bleiben.
Nach wie vor ist jedoch ein breiter Bodenkeil auszumachen, der sich ausgehend
vom Azorenhoch über Südengland und den Nordosten Deutschlands hinweg bis nach
Karelien erstreckt. In dessen Bereich dauert ungehindertes Absinken an, so dass
es, abgesehen von flacher Cu hum-Bewölkung, ansonsten nahezu wolkenfrei bleibt.
Dies bringt eine durchgreifende Erwärmung mit sich. Dies lässt die Temperatur
auf sommerliche 25 bis 30 Grad steigen. Lediglich in Küstennähe, im äußersten
Nordosten, im Alpenvorland und in den Mittelgebirgen wird es mit 10 bis 24 Grad
nicht so warm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Abweichungen lassen sich nicht herausarbeiten. Als einzigen
Punkt wäre zu erwähnen, dass GFS und auch EZMW das Bodenhoch am Montag nicht so
rasch abschwächen wie ICON, aber beide Modelle lassen ebenfalls eine
schwachgradientige Lage bestehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann