DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-06-2021 07:30
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M
Anfangs noch im Süden und Südosten sowie in Teilen der Mitte gewittrig,
Unwettergefahr durch heftigen Starkregen. Am Samstag wahrscheinlich auch dort
wie in den anderen Gebieten zuvor Luftmassenwechsel.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Höhenkeils, der sich
von der Iberischen Halbinsel nach Südskandinavien erstreckt. Das
korrespondierende Bodenhoch reicht vom Azorenraum bis nach Süddeutschland. Von
diesem geht eine Brücke aus, die über die Ostsee hinweg bis nach
Nordwestsibirien gerichtet ist. Der Höhenkeil wird durch einen über Osteuropa
liegenden, aber ziemlich verwaschenen Langwellentrog flankiert. In der über
Mitteleuropa resultierenden schwachen nördlichen Strömung laufen kurzwellige
Keil-Trog-Strukturen nach Süden ab, die im Wesentlichen in der Verteilung der
isentropen Vorticity, aber nur noch mit Mühe im 300 hPa-Niveau zu finden sind.
Diese Lage wäre, was die Druck- und Geopotentialverteilung betrifft, als relativ
sicher und stabil anzusehen. Allerdings ist aufgrund der geringen Luftdruck- und
auch Geopotentialgegensätze gegenüber dem vergangenen Wochenende kein
nennenswerter Luftmassenwechsel erfolgt. Mit dem Unterschied, dass sich aufgrund
des hereinschiebenden Bodenkeils die feuchtlabile Luftmasse etwas nach Osten
abgedrängt wurde und nunmehr über dem Süden, Südosten und Teilen der Mitte
lagert. Gegenüber dem vergangenen Wochenende hat der Gehalt an niederschlagbarem
Wasser dank von Entrainmentprozessen um 5 bis 10 mm abgenommen und liegt nunmehr
bei 25 bis maximal 30 mm, was für Unwetter, vor allem durch heftigen Starkregen,
noch immer mehr als hinreichend ist. Hierfür ist nur wenig Hebung erforderlich,
die durch die nach Süden ablaufenden Kurzwellentröge ausgelöst wird. Den Rest
besorgt die Orografie. Da aber kaum Scherung erkennbar ist, dürfte es sich
hierbei um nahezu ortsfeste Einzel- oder Multizellen handeln. Insgesamt sollten
Gewitter mit Starkregen bis in den Unwetterbereich hinein nicht mehr so häufig
auftreten wie an den Vortagen. Demzufolge wird die Unwetter-Vorabinformation
räumlich reduziert (es muss ja ein Unterschied zu den Vortagen zu sehen sein).
Zumindest für den Osten, etwa von der Lausitz bis nach Ostthüringen, wäre eine
Vorabinfo nicht mehr gerechtfertigt. In diesen Gebieten ist aufgrund der etwas
ausgeprägteren Strömung eine Verlagerung der Konvektionszellen zu erwarten.
Im weitaus größten Teil Deutschlands erfolgt im Bereich des o.g. Hochkeils
Absinken. Hierdurch sind Temperaturmaxima zwischen 24 und 28 Grad zu erwarten.
In Küstennähe. Im Bergland sowie am Alpenrand werden 18 bis 23 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag sollte die Konvektion rasch in sich zusammenfallen.
Dort, wo ein entsprechendes Feuchteangebot vorhanden ist, dürften sich flache
und ggf. auch warnrelevante Nebelfelder bilden.

Freitag... läuft in der relativ weit nördlich liegenden Frontalzone ein Trog
nach Osten ab, überquert Schottland und erreicht bis zum Abend die Nordsee. Der
wetterbestimmende Keil wird hierdurch unter Verkürzung der Wellenlänge nach
Osten abgedrängt, so dass dessen Achse nunmehr über Deutschland liegt.
Trogvorderseitiger Druckfall bewirkt gleichzeitig eine Abschwächung der über
Mitteleuropa liegenden und nach Nordwestsibirien gerichteten Hochbrücke.
Absinken im Bereich des Höhenkeils sollte hochreichende Konvektion weitgehend
unterbinden. Die bisherige feuchtlabile Luftmasse wird unter fortlaufenden
Entrainment weiter nach Südosten abgedrängt, konvektive Umlagerungen bis hin zum
Unwetter sind dann auf orografische Unterstützung angewiesen. Am ehesten würde
hierfür dann noch der Bayerische Wald, der Alpenrand und mit geringerer
Wahrscheinlichkeit auch der Hochschwarzwald noch in Frage kommen. In den anderen
Gebieten setzt sich wie bereits zuvor im Norden und Westen merklich stabilere
Luft durch. Absinken im Bereich des Hochkeils lässt nur die Entwicklung flacher
Sc-Cu-Bewölkung zu. Allerdings können von der Nordsee her teils auch dichtere
Sc-Felder bis zu den Mittelgebirgen driften. Die Temperaturen ändern sich
gegenüber heute nur unwesentlich.

In der Nacht zum Samstag greift der Trog von der Nordsee kommend und sich
südostwärts verlagernd auf den Nordosten Deutschlands über. Nachfolgend
regeneriert dieser Trog den über Osteuropa liegenden Langwellentrog. Die
Kaltfront des korrespondierenden Randtiefs, das Mittelskandinavien erreicht,
verlagert sich dank einer annähernd frontsenkrechten Windkomponente rasch
südostwärts und ist Samstagfrüh bereits auf einer Linie Oderhaff-Niederrhein zu
finden. Allerdings ist die Schichtung, abgesehen von Vorpommern, im Frontbereich
weitgehend stabil, so dass kaum konvektive Umlagerungen drohen. Etwas
Niederschlag (meist nur wenige Millimeter) dürften noch im Nordosten fallen,
nach Nordwesten hin macht sich noch antizyklonaler Einfluss bemerkbar; zudem
wird die Kaltfront durch Kaltluftadvektion überlaufen, was die frontale
Wetterwirksamkeit abschwächt. In diesen Gebieten macht sich die Frontpassage in
Form von mehrschichtiger Bewölkung und einer Winddrehung auf Nordwest sowie
dessen Auffrischen bemerkbar, wobei warnrelevante Böen eher unwahrscheinlich
sind.
Ansonsten hält sich der Einfluss der nunmehr über dem Alpenraum liegenden, aber
sich weiter abschwächenden Hochbrücke. Da aber auch in Süddeutschland etwas
Gradient aufkommt, sollte die Nebelneigung geringer sein als in den Nächten
zuvor.

Samstag... weitet sich der Trog über Polen nach Süd-Südost aus, so dass sich im
Zusammenspiel mit dem auf die Britischen Inseln übergreifenden breiten Rücken
eine aufsteilende nordwestliche Strömung ergibt. Mit dieser wird die o.g.
Kaltfront bei stabiler Schichtung rasch über die Mittelgebirge hinweg südwärts
gedrückt. Im Nordosten und im Stau der östlichen und zentralen Mittelgebirge
sind ein paar (wahrscheinlich nicht mehr als 5) mm Niederschlag zu erwarten,
weiter nach Westen hin bleibt es weitgehend niederschlagsfrei.
Das mit dem Trog korrespondierende Randtief verlagert sich nach Südfinnland und
bewirkt über Mitteleuropa eine Gradientzunahme. In Verbindung mit dem Tagesgang
frischt hierdurch im Norden, Nordosten und in Teilen der Mitte der Wind mit Böen
bis Bft 7 auf, an der Ostseeküste sowie in den Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge können auch stürmische Böen auftreten.
Reste labiler Luft halten sich dann noch ganz im Südosten, in Teilen von
Niederbayern sowie am Alpenrand. Ob dort noch einmal hochreichende Konvektion
zustande kommt, ist mehr als fraglich. Durch Entrainment sollte auch in diesen
Gebieten die Luftmasse weiter entschärft werden.
Größere Auflockerungen zeichnen sich noch an der Küste (bedingt durch die im
Frühsommer noch kühle See) und in den Leegebieten südlich der westlichen
Mittelgebirge ab. Ansonsten wird der Wettercharakter durch rasch wechselnde
Bewölkung geprägt. Während sich postfrontal ein Temperaturrückgang auf 17 bis 23
Grad abzeichnet bleibt es südlich der Mittelgebirge mit Maxima bis 27 Grad noch
relativ warm.

In der Nacht zum Sonntag arbeitet sich der Höhenrücken von den Britischen Inseln
bis in die Nordsee vor. Dies lässt die Strömung über Mitteleuropa weiter
aufsteilen. Der korrespondierende Bodenhochkeil weitet sich, ausgehend von einem
Hoch über dem Azorenraum, bis nach Deutschland aus. In dessen Bereich sind
erneut die Luftdruckgegensätze gering.
An der Ostflanke des Keils bleibt somit ein kräftiger Gradient bestehen. Während
im Binnenland der Wind tagesgangsbedingt abflaut, sind an der Ostsee sowie auf
höheren Gipfeln der nördlichen und östlichen Mittelgebirge nach wie vor Wind-
und auch stürmische Böen zu erwarten.
Mit der Kaltfront, die über die Alpen hinweg südwärts gedrückt wird, zeichnen
sich an den Alpen noch ein paar Millimeter Niederschlag ab. Mehr als 10 mm sind
selbst am östlichen Alpenrand eher unwahrscheinlich. In der zweiten Nachthälfte
sollten auch an den Alpen die Niederschläge tendenziell nachlassen.
Bedingt durch die von Nordwesten einfließende trockenere Luftmasse ist die
Nebelneigung geringer als in den Nächten zuvor.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebe Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Auffällig ist lediglich, dass EURO4 Starkniederschläge
bis auf das Harz-Umland und Südbrandenburg ausgreifen lässt, was aufgrund der
Verteilung der Luftmassen eher als unwahrscheinlich anzusehen ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann