DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-06-2021 07:30
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 08.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
BM

Heute und an den Folgetagen vor allem tagsüber teils heftige Schauer und
Gewitter. Unwettergefahr durch teils extrem heftigen Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... befinden wir uns, wie schon in den letzten Tagen, unter schwachen
Druck- und Geopotentialgegensätzen. Dabei liegen wir unter einem sich von SW
Europa nach Mitteleuropa erstreckenden, flachen Höhenkeil. An dessen Nordflanke
stellt sich über Norddeutschland eine schwache westliche Höhenströmung ein,
innerhalb der ein kurzwelliger Troganteil auf die Deutsche Bucht übergreift.
Im Bodenfeld reicht eine Hochdruckzone vom Seegebiet westlich der Iberischen
Halbinsel über Frankreich bis zur Nordsee und nach Norddeutschland. An deren
Südflanke kann sich von Osten her die trockenwarme Festlandsluft über dem
Nordosten des Landes allmählich bis nach Nordwestdeutschland durchsetzen. Dort
scheint vielerorts die Sonne und es bleibt trocken bei Höchstwerten zwischen 24
Grad im Emsland und 28 Grad in der Lausitz (T850 hPa zwischen 8 Grad über der
Nordsee und 12 Grad an der Neiße).
In der Mitte und im Süden bleibt dagegen die feuchtwarme und potenziell
instabile Luftmasse wetterbestimmend mit PPW-Werten nach wie vor um 30 mm,
teilweise darüber. Gebietsweise hält sich dort starke Bewölkung, Wolkenlücken
sind am ehesten über Bayern zu finden und gebietsweise kommt es zu
schauerartigen Regenfällen. Diese sind geknüpft an eine Konvergenz über dem
Südwesten, die auch seitens der Höhe durch eine leicht zyklonale Strömung
gestützt wird, wenn auch die Antriebe bei den schwachen Winden nur gering sind.


Die Auflockerungen werden im Vormittagsverlauf häufiger und mit der Einstrahlung
können dann mehr als 500 J/kg, teils bis an die 1000 J/kg ML-Cape generiert
werden. Innerhalb der ungedeckelten Troposphäre entwickeln sich dann rasch
kräftige Schauer und Gewitter, wobei das Potenzial für Unwetter-Starkregen,
kleinräumig auch extrem, recht hoch bleibt.

Weiter östlich, vom östlichen Mittelgebirgsraum bis ins östliche Alpenvorland,
scheint die Sonne dagegen zunächst häufiger, vor allem nachmittags können sich
aber auch dort - ausgehend von den Mittelgebirgen und den Alpen - einzelne
kräftige Gewitter entwickeln, die sich durch nur geringe Zuggeschwindigkeit
auszeichnen und erneut zum "back-building" neigen. Neben dem Unwetterpotenzial
aufgrund von Starkregen können dort auch größere Hagelansammlungen auftreten.

Bei 850 hPa-Temperaturen von 10 bis 13 Grad werden - je nach Sonne - Höchstwerte
zwischen 20 und 27 Grad erreicht. Bei längere Zeit dichter Bewölkung reicht es
kaum für 20 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch umläuft der flache Kurzwellentrog den Keil langsam
über Norddeutschland südostwärts. Aufgrund der schwachen Höhenwinde sind damit
aber nur geringe dynamische Hebungsantriebe verbunden.
Somit ändert sich auch im Bodenfeld nur wenig, der nach Norddeutschland
gerichtete Hochkeil kann sich allerdings etwas nach Süden ausweiten. An der
Verteilung der Luftmassen ändert sich nur wenig.
Die Schauer und Gewitter lassen dem Tagesgang folgend wieder nach, können aber
an der Konvergenz, die über dem Südwesten zu finden sein dürfte noch etwas
länger andauern und eventuell in nicht gewittrigen Starkregen übergehen. Auch
über der Mitte (etwa von Osthessen bis Thüringen) lässt der Kurzwellentrog im
Laufe der Nacht die Schaueraktivität aufleben, eventuell auch mit einzelnen
Gewittern und Starkregen.
Ansonsten lockern die Wolken teilweise stärker auf, und stellenweise bildet sich
Nebel. In Norddeutschland und im Nordosten verläuft die Nacht dagegen vielerorts
gering bewölkt. Dort kühlt es auf Werte zwischen 13 und 8 Grad ab, sonst bleibt
es mit 16 bis 10 Grad milder.


Mittwoch... zieht der flache Trog weiter nach Südosten, während sich dahinter
der Höhenrücken regeneriert. Insgesamt ändert sich also nicht viel, der kleine
Trog kann aber über der Mitte und dem Süden einen, wenn auch schwachen,
Hebungsimpuls liefern.
Im Bodenfeld bleibt die langgestreckte Hochdruckzone vom Ostatlantik über die
Biskaya und Frankreich weiter bis ins Vorhersagegebiet gerichtet, allerdings ist
der Gradient so schwach, dass die feuchtewarme und potentiell instabile
Luftmasse über der (südlichen) Mitte und dem Süden des Landes nach wie vor nicht
ausgetauscht wird, sondern sich eventuell sogar im Tagesverlauf im Vorfeld des
flachen Troges über der Mitte Deutschlands wieder ein wenig nach Norden
vorarbeiten kann.
Dabei vermischt sich diese Luft etwas mit der trockenen Festlandsluft im Norden.
Das hat zur Folge, dass die PPW-Werte zurückgehen, andererseits steigt die
Wahrscheinlichkeit für Auflockerungen und mit der kräftigeren Einstrahlung kann
verbreiteter 500 bis 1000 J/kg ML-Cape generiert werden.
Nach wie vor ist die Luftmasse ungedeckelt und mit Erreichen der
Auslösetemperatur entwickeln sich - ausgehend von den Mittelgebirgen und den
Alpen, aber auch von lokalen Bodenkonvergenzen - bereits ab den Mittagsstunden
erneut kräftige Schauer und Gewitter. Die geringe Zuggeschwindigkeit lässt in
erster Linie Starkregen mit Unwettergefahr erwarten, auch größere
Hagelansammlungen sind nicht ausgeschlossen. Betroffen ist vor allem der Süden
und die zentralen Bereiche über der Landesmitte.

Im Norden/Nordosten scheint dagegen die Sonne und auch im Westen ist stabiler
geschichtete Luft wetterbestimmend, so dass dort die Wolken auflockern. In 850
hPa werden nach wie vor 10 bis 12 Grad erreicht, je nach Sonne liegen die
Höchstwerte zwischen 22 und 28 Grad, bei auflandigem West- bis Nordwestwind
bleibt es an den Küsten etwas kühler.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich ein hochreichendes, steuerndes
Tiefdruckgebiet in das Seegebiet südwestlich von Island und intensiviert sich.
Die Frontalzone an dessen Südflanke über dem Nordatlantik und der nördlichen
Nordsee wird dabei angefacht. Die Strömung dreht über Nordwesteuropa auf
Westsüdwest und die trogvorderseitige WLA stützt einen breiten Höhenrücken, der
sich über die Iberische Halbinsel und Biskaya bis zur Nordsee erstreckt und sich
noch etwas verstärkt. An dessen Ostflanke liegt das Vorhersagegebiet unter einer
nun fast nördlichen Höhenströmung.
Im Bodenfeld überquert eine erste Warmfront die Nordsee ostwärts, wobei dichtere
Wolkenfelder eventuell auch den äußersten Norden streifen.
Die Schauer und Gewitter in der Mitte und im Süden klingen im Laufe der Nacht
meist ab, lediglich im Südosten Bayerns fällt an der Südflanke der Hochdruckzone
bei schwach konvergenten Bodenwinden noch gebietsweise schauerartiger Regen,
wobei auch mehrstündiger Starkregen auftreten kann. Ansonsten lockern die Wolken
auf, wobei sich ab der Mitte südwärts Nebel bilden kann. Die Tiefstwerte liegen
meist zwischen 15 und 8 Grad, bei geringer Bewölkung vor allem in den westlichen
Mittelgebirgen lokal darunter.


Donnerstag... verstärkt sich der von der Biskaya über der Nordsee bis nach
Skandinavien reichende Höhenrücken durch die kräftige WLA an der Südflanke des
steuernden Tiefs bei Island. Wir liegen weiter an seiner Ostflanke, im
Übergangsbereich zu einem Trog über Osteuropa unter einer schwachen nördlichen
Höhenströmung.

Im Bodenfeld ändert sich an der von den Azoren bis nach Mitteleuropa reichenden
Hochdruckzone nur wenig. Allerdings kann sich mit schwachem Nordwestwind die
stabilere und trockenere Luftmasse über Norddeutschland langsam in die Mitte und
nach Süddeutschland vorarbeiten. Die Regionen von der Oberlausitz bis nach
Nordbaden und südlich davon bleiben aber noch im Einflussbereich der potenziell
instabilen und feuchten Luftmasse. Aber auch dort trocknet die Luft etwas ab und
die PPW-Werte liegen meist unter 30 mm.

Während es an den Alpen und in deren Vorland meist bewölkt bleibt und
schauerartig regnet - einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen - ist es ansonsten
in der Mitte und im Süden zunächst aufgelockert. Mit der Einstrahlung können
erneut bis nahe 1000 J/kg ML-Cape generiert werden. Somit entwickeln sich -
ausgehend von den Mittelgebirgen - im Tagesverlauf erneut teils kräftige
Gewitter und bei geringer Verlagerung mit Starkregen bis (vereinzelt) in den
Unwetterbereich, auch wenn das Potenzial für Unwetter-Starkregen nicht mehr so
hoch wie an den Vortagen ist.

Wie weit sich diese Gewitter nach Norden ausbreiten, ist noch unsicher. Große
Teile der Mitte, vor allem nach Westen hin sind aber schon außen vor und bleiben
meist niederschlagsfrei.

In weiten Teilen des Landes wird der Azorenhochkeil nun mal seinem Namen gerecht
und sorgt für etwas kräftigeres Absinken. Vor allem über Norddeutschland macht
sich zeitweise dünne WLA-Bewölkung bemerkbar, ansonsten scheint aber neben
Quellwolken länger die Sonne. In 850 hPa liegen die Temperaturen bei 9 bis 12
Grad, was Höchstwerte zwischen 23 und 28 Grad erwarten lässt, unter den oft
dichten Wolken im Alpenvorland sowie bei auflandigem Wind an den Küsten werden
etwa 20 Grad erreicht, wenn überhaupt.

In der Nacht zum Freitag fallen die Schauer und Gewitter über dem Südosten in
sich zusammen und auch der Regen an den Alpen und SE Bayern dürfte immer weniger
werden, auch wenn er noch nicht ganz aufhört. Der Norden und Osten wird noch von
teils hoher Bewölkung überquert, ansonsten ist es teils gering bewölkt oder klar
und stellenweise bildet sich Nebel. Bei schwachem Wind geht die Temperatur auf
15 bis 10°C zurück, im Mittelgebirgsraum lokal darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren die synoptischen Strukturen sehr ähnlich. Unterschiede im
Detail bleiben natürlich, vor allem bei der Konvektion. Die Unwettergefahr geht
in erster Linie von dem heftigen Starkregen aus, der auch extreme Ausmaße
annehmen kann. Den möglichen Starkregen in der Nacht zum Mittwoch im
Zusammenhang mit dem Kurzwellentrog wird man erst im Nowcasting warnen können.

Während am Mittwoch die Gewitterneigung dann eher sogar noch etwas zunimmt,
befindet sie sich am Donnerstag deutlicher auf dem Rückzug.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner