DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-06-2021 07:01
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNFa, Übergang zu HB (ist eigentlich nichtzutreffend, schwachgradientige
"Sumpflage" mit feuchtlabiler Luft und Gewittern passt besser, Unwettergefahr
vor allem durch heftigen Starkregen. Stabile Ausnahme nur der Nordosten, dort
gewitterfrei.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... liegt Deutschland "auf dem ersten Blick" noch unter einem Höhenkeil.
Dieser ist aber relativ schwach ausgeprägt, so dass die keiltypische Dynamik
nicht so recht wirken kann. Zudem läuft an der Nordwestflanke dieses Keils ein
Kurzwellentrog nach Nord-Nordost ab, von Südwesten wird der Keil durch ein
Höhentief "unterminiert", das sich zur Schweiz verlagert. In der bereits zuvor
eingeflossenen feuchtlabilen Luft werden sich daher Gewitter bilden, die mit
Unwettergefahr einhergehen, wobei hierfür heftiger (und zum Teil extremer)
Starkregen maßgeblich ist. Die höchste Wahrscheinlichkeit hierfür besteht im
Bereich einer flachen Tiefdruckrinne in einem breiten Streifen, der von der
Nordseeküste (Emsland) über die Mitte Deutschlands hinweg bis in den östlichen
Mittelgebirgsraum südostwärts reicht. Für diese Gebiete wird erneut eine
Unwetter-Vorabinfo ausgegeben. Durch diese Rinne wird eine bodennahe
Feuchtekonvergenz generiert, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser liegt
zwischen 30 und über 35 mm und es wird ein CAPE von 1000 bis über 1500 J/kg
generiert. Ein wenig Scherung ist nur ganz im Nordwesten, in Emsnähe, vorhanden,
was durch den nach Nord-Nordost ablaufenden Kurzwellentrog bedingt ist. Dort ist
zumindest anfangs etwas organisiertere Konvektion vorstellbar, wogegen es sich
sonst um eher wenig organisierte Multizellengewitter handeln dürfte. Diese
verlagern sich zudem nur sehr zögernd, was die zum Teil extremen
Niederschlagssummen erklärt. Auch größere Hagelansammlungen sind vorstellbar,
allerdings ist für Großhagel die Scherung nicht hinreichend.
Auch das sich zur Schweiz verlagernde Höhentief ist im Auge zu behalten. An
dessen Ost- und Nordflanke kommt etwas Hebung zustande, die in der feuchtlabilen
Luft für die Auslösung hochreichender Konvektion bereits hinreichend ist.
Allerdings fehlt in diesen Gebieten die für die Auslösung konvektiver
Umlagerungen erforderlich Einstrahlung. Vielfach hat sich in diesen Gebieten
aufgrund vorangegangener Entwicklungen bereits Nebel oder tiefe St-Sc-Bewölkung
gebildet, die erst einmal abgetrocknet werden muss. Zudem erfolgt an der
Ostflanke des Höhentiefs Feuchtenachschub.
Eher unwahrscheinlich sind hingegen konvektive Umlagerungen in den Gebieten
nordöstlich der Elbe. Dort hält sich trockenere Luft, die durch antizyklonales
Ausfließen aus dem über der Ostsee liegenden Bodenhochkeil mit Nachschub
versorgt wird. In diesen Gebieten sind auch längere sonnige Abschnitte zu
erwarten. Auch etwas geringer ist die Wahrscheinlichkeit für hochreichende
Konvektion ganz im Westen und im äußersten Südwesten. Dort sorgt der über der
Nordsee liegende Bodenhochkeil für ein Entrainment trockenerer und stabilerer
Luft. Dabei bedarf es orografischer Unterstützung für die Auslösung
hochreichender Konvektion bis in den Unwetterbereich hinein. Dies wäre über den
westlichen Mittelgebirgen von der Eifel bis zur Saar am ehesten gegeben.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 22 bis 27, unmittelbar an der See sowie im
westlichen und südwestdeutschen Bergland kaum 20 Grad.

In der Nacht zum Sonntag verbleibt der Keil über Mitteleuropa. Das schwache
Höhentief "unterwandert" diesen und ist Sonntagfrüh über den Zentralalpen zu
finden. Tagesgangsbedingt sowie aufgrund mangelnder Dynamik sollte die
Konvektion spätestens in der zweiten Nachthälfte in sich zusammenfallen. Zuvor
sind aber vor allem in Richtung Niederbayern und östlichen Alpenrand noch
unwetterartige Entwicklungen (vor allem durch heftigen Starkregen) vorstellbar,
wobei hier vor allem auch die Orografie zum Tragen kommt. Zudem wird der
Bereich, der für konvektive Umlagerungen in Frage kommt, eingeengt, das sich von
Westen her die trockenere Luft etwas weiter ostwärts, zumindest bis über den
Rhein hinweg und zum oberen Ems, durchsetzt.
Dort, wo es zuvor viel geregnet hat, können sich erneut flache Nebelfelder
bilden.

Sonntag... hält sich der Keil über Mitteleuropa. Das über dem zentralen
Alpenraum liegende Höhentief wird derweil weitgehend zugeschüttet. Das
Bodendruckfeld wird durch eine Hochbrücke geprägt, die vom Azorenraum über die
Nordsee hinweg bis ins Nordmeer reicht. Antizyklonal ausfließende trockenere und
stabilere Luft setzt sich dann bis in die mittleren Regionen Deutschlands durch.
Hierdurch wird bei Weitem nicht mehr so viel CAPE generiert wie bisher; nur in
einem Streifen von der Unterelbe bis in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein
und in weiten Teilen von Bayern sind noch mehr als 500 J/kg zu finden. Dieser
Bereich fällt mit einer schwachen bodennahen Tiefdruckrinne zusammen, die sich
unter Auffüllung allmählich nach Osten verabschiedet. Daher ist von dieser
Struktur ebenfalls nicht mehr viel Hebungsantrieb zu erwarten. Vor allem mit
Hilfe der Orografie können jedoch erneut konvektive Umlagerungen ausgelöst
werden. Allerdings wird aufgrund geringerer Labilität und etwas zurückgehenden
Flüssigwassergehalts der Luftmasse (die ja zusehends auch verbraucht ist) die
Unwettergefahr allmählich geringer, so dass sich eine Unwetter-Vorabinformation
nicht mehr aufdrängen würde.
Zudem hält sich ganz im Nordosten trockenere Luft, die durch den über der Ostsee
und Nordpolen liegenden Hochkeil eingesteuert wird. In den Gebieten zwischen
Ostsee und Erzgebirge/Lausitz wird daher hochreichende Konvektion weitgehend
unterbunden. Bei längerer Einstrahlung steigt in diesen Gebieten die Temperatur
erneut auf 24 bis 27 Grad, während sonst aufgrund vielfach stärkerer Bewölkung
nur 18 bis 23 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zum Montag schwächen sich die Druck- und Geopotentialgegensätze
weiter ab. Allerdings ist das kleinräumige Höhentief über dem Alpenraum (weniger
im Isohypsenfeld, sondern vielmehr als IPV-Maximum) nach wie vor zu finden. An
dessen Nordflanke, d.h. über dem Südwesten und Süden Deutschlands, wird etwas
Hebung generiert, die hinreichend ist, um Konvektion auch in der Nacht weiterhin
am Leben zu halten. Unwetter (durch heftigen Starkregen) sind jedoch nur wenig
wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen. In den anderen Gebieten sollte
die Konvektion weitgehend in sich zusammenfallen. In der durch
Starkniederschläge angefeuchteten Grundschicht können sich erneut flache
Nebelfelder bilden.

Montag... bildet sich im Bereich des über Mitteleuropa liegenden Höhenrückens
ein abgeschlossenes Höhenhoch, das sich über Tschechien und dem Erzgebirgsraum
etabliert. Gleichzeitig läuft an der Westflanke des Rückens erneut ein
Kurzwellentrog nach Norden ab. Dieser interagiert mit dem über den zentralen
Alpenraum liegenden Höhentief(rest), wodurch im Nordwesten sowie im Westen und
Südwesten erneut Hebung generiert wird. An der über Deutschland liegenden
Luftmasse hat sich bis dahin nicht allzu viel geändert, so dass in einem breiten
Streifen vom Weser-Ems-Gebiet bis zu den Alpen erneut Gewitter bis hin zum
Unwetter (vor allem durch heftigen Starkregen) ausgelöst werden. Inwieweit die
im äußersten Westen einfließende stabilere Luftmasse konvektionsdämpfend wirkt,
lässt sich noch nicht abschätzen. Wie bereits an den Tagen zuvor handelt es
sich hierbei meist um unorganisierte Multizellengewitter, die aufgrund kaum
erfolgender Verlagerung zu Starkregen bis in den Unwetterbereich hineinführen
können.
Der Bereich höchster CAPE-Werte (die durch Einstrahlung generiert werden) fällt
nicht mit der feuchtesten Luftmasse und mit der aufkommenden Hebung zusammen,
aber in diesen Gebieten lassen sich Strukturen finden, die auf eine flache
Tiefdruckrinne hindeuten könnten oder zumindest eine bodennahe Feuchtekonvergenz
herbeiführen dürften, d.h. vor allem über dem Mittelgebirgsraum wären ebenfalls
konvektive Umlagerungen bis in den Unwetterbereich hinein vorstellbar, auch wenn
die hierfür erforderlichen Zutaten sich nicht optimal zueinander passen. Unterm
Strich dürfte die Unwettergefahr wieder zunehmen, wenngleich derartige
Entwicklungen nicht so häufig auftreten sollten, als dass dies (nach den
aktuellen Ergebnissen) eine Unwetter-Vorabinfo rechtfertigen würde.
Wie bereits an den Tagen zuvor hält sich im Nordosten, d.h. nordöstlich der Elbe
bis in den Erzgebirgsraum hinein trockenere Luft, was hochreichende Konvektion
unterbindet. Ein ähnlicher Effekt wird im Westen durch die von der Nordsee
einfließende trockenere und stabilere Luft erreicht. Die Tageshöchsttemperaturen
ändern sich gegenüber Sonntag nur unwesentlich.

In der Nacht zum Dienstag verschiebt sich das gesamte Zirkulationsmuster ein
wenig nach Osten, wodurch der Kurzwellentrog von der Nordsee her verstärkt auf
den Nordwesten und Westen Deutschlands übergreifen kann. Durch diesen wird die
Konvektion in einem Streifen von der Unterelbe bis in die mittleren Teile
Deutschlands hinein am Leben gehalten. Im nördlichen Bereich dieses Streifens
können dann organisiertere Strukturen auftreten, dort steigt die
niedertroposphärische Scherung auf Werte um 10 m/s und die hochreichenden
Scherungswerte bis etwa 20 m/s.
Ähnliches (in Bezug auf die Andauer der Konvektion) trifft auch für die
alpennahen Gebiete zu, was dem Höhentief(rest) über dem zentralen Alpenraum
zuzuschreiben ist. Diese Struktur verlagert sich eher etwas nordwärts.
Allerdings reicht diese nicht, um Scherung zu generieren. Bei geringen
Luftdruckgegensätzen können sich erneut flache Nebelfelder ausbilden.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten. Die hier genannten Bereiche mit der höchsten
Wahrscheinlichkeit für unwetterträchtige Konvektion werden von ICON-D2 sehr
konsistent simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann