DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-06-2021 09:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 03.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HFa

Heute in der Westhälfte, morgen vom Westen bis nach Sachsen-Anhalt und von dort
bis Baden-Württemberg und am Samstag vor allem südwestlich einer Linie
Wesermündung-Oberlausitz Gewitter mit Starkregen bis in den Unwetterbereich.
Vereinzelt auch extreme Unwetter mit Regenmengen über 40 mm in kurzer Zeit.
kleinräumig auch Hagel und stürmische Böen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Donnerstag... Der in den Frühstunden noch im nördlichen Schleswig-Holstein
wetteraktive Kaltlufttropfen zieht langsam zum Westausgang Skagerrak, wo er
vorübergehend quasistationär wird. Damit liegen wir auf der Vorderseite eines
Höhenrückens mit Hauptachse über Belgien und Ostfrankreich, der unter
Intensivierung nur geringfügig nach Osten vorankommt und abends die Westgrenze
Deutschlands erreicht. Ursache für die Intensivierung ist der Zustrom
schwülwarmer Luft vom westlichen Mittelmeer auf der Vorderseite einer von Irland
über Westfrankreich bis nach Spanien reichenden Tiefdruckrinne. Diese Luftmasse
ist potentiell instabil geschichtet und dringt auch zur Westhälfte Deutschlands
vor. So steigen die PPW-Werte im Tagesverlauf dort auf 30 bis 37 mm, in
Baden-Württemberg auf nur rund 28 mm. Am Nachmittag steigert sich dabei CapeML
auf 300 bis 800, im Raum Münsterland/Emsland auch auf rund 1000 J/Kg. Das Ganze
passiert bei nur geringen Luftdruck- und Potentialgegensätzen und daher bei
geringer Scherung. Entsprechend dürften sich eher Einzelzellen und Multizellen
entwickeln. Wegen der schwachen Strömung ziehen die Gewitter nur sehr langsam
und entsprechend ist die Starkregengefahr sehr groß. Die feinmaschigen Modelle
zeigen örtlich eng begrenzt Regenmengen über 25 mm in einer Stunde und
vereinzelt auch Mengen über 40 mm (extremes Unwetter). Hagel ist eher mit
Korngrößen bis 2 cm zu erwarten und stürmische Böen sind selten. Wegen des
fehlenden dynamischen Antriebes dürften die Gewitter zunächst über den
Mittelgebirgen entstehen und später driften sie nach Nordwestdeutschland. Im
Südwesten findet gegen Abend wahrscheinlich eine Stabilisierung statt.
ICON-D2-EPS zeigt die höchsten Starkregenwahrscheinlichkeiten bis hin zu
Unwetter im Schwarzwald, auf der Alb, in den westlichen Mittelgebirgen und in
Nordwestdeutschland bis hin zur Elbmündung. Im Nordwesten sowie im
Rothaargebirge und in Ostwestfalen ist die Gefahr von extrem heftigen Starkregen
am größten (10 bis 20 Prozent). Ob sich eine wohldefinierte Konvergenz
entwickelt, ist noch unsicher, wird aber von einigen feinmaschigen Modellen
angedeutet (Lage um 18 UTC eventuell von der Deutschen Bucht über Osthessen bis
nach Württemberg).
Der Wind spielt abseits der Gewitter keine große Rolle. Nur im Norden und
Nordosten lebt der Wind mäßig auf mit einzelnen Böen Bft 5 bis 6 vor allem an
der Ostsee.

In der Nacht zum Freitag verstärkt sich der Rücken noch etwas und dehnt sich bis
zur nördlichen Nordsee aus. Damit wird das kleine Höhentief (der ehemalige
Kaltlufttropfen) Richtung Südschwedens gedrückt. Insgesamt ist aber das
Geschehen in der Westhälfte Deutschlands in der schwülwarmen und labilen Luft
entscheidender. Schauer und Gewitter werden wegen des Tagesgangs schwächer,
kommen aber mit der Konvergenz im Bodendruckfeld eventuell etwas nach Nordosten
voran. Allerdings werden in der 2. Nachhälfte nur örtlich geringe Regenfälle
simuliert, wobei aber im Norden ganz Mecklenburg erfasst werden soll. Der übrige
Osten und weite Teile Bayerns sollten trocken bleiben.

Freitag... verstärkt sich der von Südeuropa ausgehende Höhenkeil noch etwas,
dehnt sich bis nach Südnorwegen aus und seine Achse erreicht das zentrale
Deutschland. Damit wird das Höhentief nach Polen gedrückt, welches sich
innerhalb einer Potentialrinne, die bis zur Ukraine verläuft, befindet. Es hat
praktisch keinen Einfluss auf unser Wetter. Mit der geringen Ostverlagerung
nähert sich auch der Höhentrog etwas an und erreicht die Bretagne und die
östliche Biskaya, wo ein kleines Höhentief abtropft.
Am Boden kommt die sehr flache Tiefdruckrinne wahrscheinlich bis nach
Sachsen-Anhalt voran und der tiefste Luftdruck dürfte über NRW liegen. Vor der
Rinne, also im Nordosten, bleibt ein spürbarer Ostwind erhalten und in dieser
Region ist deutlich trockenere Luft wirksam mit PPWs um 25 mm. Hier ist nicht
mit Gewitterneuentwicklungen zu rechnen und vormittags können dort aber noch
Restwolken aus der Nacht mit etwas Regen durchziehen. Wenn man die Modelle
zusammenfasst kann man für morgen eine Gewitterzone festlegen, die vom südlichen
und mittleren NRW bis nach Sachsen-Anhalt und von dort über Nordwestbayern bis
nach Baden-Württemberg reicht und auch die Alpen betrifft. In diesem Dreieck
liegen die PPWs erneut bei 30 bis 37 mm und CapeML steigert sich auf 600 bis
1500 J/Kg bei insgesamt nur geringer Scherung. Insofern muss man auch am Freitag
erneut mit lokalem Starkregen bis in den Unwetterbereich rechnen und vereinzelt
bis in den extremen Unwetterbereich über 40 mm.

In der Nacht zum Samstag schwächen sich Schauer und Gewitter deutlich ab,
einzelne Starkregenereignisse können aber auch in der 2. Nachthälfte in der
genannten Region nicht ausgeschlossen werden. Dort, wo es zuvor geregnet hat und
die Bewölkung aufgelockert ist, kann sich Nebel bilden.

Samstag... Der von Nordafrika über Mitteleuropa bis nach Südnorwegen reichende
Höhenrücken schwenkt unter Abflachung nur wenig weiter nach Osten und das o. e.
kleine Cut-Off-Tief erreicht die Seealpen. Die Abschwächung rührt daher, dass
ein schwacher Kurzwellentrog über den Keil nach Osten abläuft.
Dieser Trog scheint auszureichen, um der Tiefdruckrinne im Bodenfeld etwas
vertiefen zu lassen und mehr Struktur zu geben. Sie weist aber nach wie vor kaum
Verlagerungstendenz nach Nordosten auf und erstreckt sich am Abend etwa von der
Wesermündung bis zur Oberlausitz. Nordöstlich davon bleibt es überwiegend
freundlich und trocken, ansonsten entwickeln sich erneut im Tagesverlauf Schauer
und Gewitter. Südwestlich der Linie bleibt CapeML recht hoch mit Werten zwischen
500 und 800, vereinzelt bei rund 1000 J/Kg bei PPWs zwischen 29 und 27 mm.
Insofern entwickeln sich ähnlich wie an den Vortagen Schauer und Gewitter mit
Starkregen. Die stärksten Entwicklungen könnten erneut im Bereich der
Luftmassengrenze oder aber über den Mittelgebirgen auftreten.
An der Luftmasse ändert sich nur wenig, die Temperaturen in 850 hPa liegen nach
wie vor zwischen 10 und 13 Grad. Insgesamt dürften die Höchstwerte mangels
Einstrahlung vor allem im Westen und Süden aber etwas niedriger liegen als an
den Vortagen.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
GFS zeigt am Samstag im Bereich des flachen Tiefs über dem Osten Deutschlands
auch im Nordosten kräftige Gewitteraktivität mit Unwettergefahr. Das liegt auch
daran, dass der Kurzwellentrog, der den Höhenkeil umläuft, etwas stärker
ausgeprägt ist und erst im Laufe des Samstags nach Oberitalien abtropft.

Nach CosmoLEPS gibt es am Samstag im Raum Sachsen, im südlichen Niedersachsen
und im südlichen Baden-Württemberg die größte Starkregengefahr.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden