DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

01-06-2021 07:30
SXEU31 DWAV 010800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 01.06.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z

Wärmer, aber auch zunehmende Schauer- und Gewitterneigung. Am Mittwoch im Norden
und Südwesten, am Donnerstag in der Westhälfte teils kräftige Gewitter mit
Starkregen. Lokal auch Hagel und Sturmböen. Lokal Unwetter nicht ausgeschlossen.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir an der Ostflanke eines Höhenkeils, der sich vom
westlichen Mittelmeer bis nach Skandinavien erstreckt. Es schnürt sich im Norden
zu einem eigenständigen Höhenhoch ab und wird über die Ostsee von einem
Kaltlufttropfen unterwandert, der es zum Abend bis vor die südschwedische Küste
schafft. Das Höhenhoch stützt eine große blockierende Bodenhochdruckzone über
Nordeuropa, während über Südwesteuropa der Druck vor einem Trog über dem
Atlantik mit Ableger über der Iberischen Halbinsel gefallen ist, was dort zur
Ausbildung eines Tiefdruckgebietes mit Schwerpunkt über der Biskaya geführt hat.


Im Vorfeld des Höhentiefs über der Ostsee nimmt die Zyklonalität der
Höhenströmung im Osten und Nordosten zu, außerdem wird die Luftmasse labilisiert
und angefeuchtet. Die PPWs steigen im Norden und Osten auf 20 mm, die ML Cape
Werte am Nachmittag dort auf 200 bis 300 J/kg. Allerdings ist da auch der Deckel
drauf, ablesbar an den CIN Werten von bis zu 100 J/kg.
Hinzu kommt, dass es durch die von Norden aufziehende, teils mehrschichtige
Bewölkung an Einstrahlung fehlt. Zwischen Ostsee und Sachsen kann es dennoch ein
paar Schauer oder wenige Tropfen Regen geben. Richtung Oder und Neiße sind
nachmittags und abends eventuell auch einzelne Gewitter denkbar (gering
wahrscheinlich). Hinweise darauf finden sich in hochauflösenden Modellen, wie
Super HD; unser ICON D2, aber auch Arome simulieren verhaltener.

Im größten Teil des Landes präsentiert sich der erste Tag des meteorologischen
Sommers bei östlicher Grundströmung mit viel Sonnenschein und gegenüber den
Vortagen steigenden Temperaturen. Für den Westen und Südwesten steht ein
Sommertag an mit Höchstwerten von 25 bis 27°C, sonst stehen 20 bis 25°C auf der
Karte. Lediglich im äußersten Nordosten, in höheren Lagen sowie an
Küstenabschnitten mit auflandigem Wind bleibt es frischer.

In der Nacht zum Mittwoch zieht der Kaltlufttropfen über die Dänischen Inseln
nach Osten und nähert sich Jütland. Der Norden kommt auf seine Rückseite, wo
Warmluftadvektion weiter einen leichten Hebungsimpuls setzt. Der Wirkungsradius
des KLT überdeckt große Teile Nord- und Ostdeutschlands, wo neben teils starker
Bewölkung Schauer unterwegs sind. Schwerpunkte dürfte der äußerste Norden sein,
aber auch in einem Streifen vom Harz bis zum Osterzgebirge kann es häufiger
Schauer geben, wobei die Wahrscheinlichkeit für Gewitter, entsprechend dem
Tagesgang sehr gering ist. Ansonsten geht die Nacht gering bewölkt oder klar
über die Bühne. Es wird nicht mehr so frisch wird wie die Nächte zuvor. Die
Regionen mit zweistelligen Tiefstwerten werden größer, die Bodenfrostgefahr
nimmt ab. Am kältesten wird es von der Schwäbischen Alb bis hinüber ins südliche
Alpenvorland, wo es lokal für leichten Frost in Bodennähe reichen kann.


Mittwoch... überquert der Kaltlufttropfen Jütland zur Nordsee und zieht ins
Seegebiet Fisher. Weite Teile des Vorhersageraums, vor allem Norden und Osten
gelangen unter eine Potenzialrinne, die den KLT mit einem Höhentief über
der Schwarzmeerregion verbindet. Zwischen einem weiteren Höhentief knapp
westlich der Biskaya wölbt sich ein Höhenrücken vom westlichen Mittelmeer nach
GB auf. Die abgeschlossene Höhenantizyklone verbleibt über Fennoskandien.
Diese stützt nach wie vor die dort befindliche Bodenhochdruckzone, während sich
südwestlich von uns eine breite Tiefdruckrinne etabliert hat, von der aus sich
ein Trog bis in die westlichen Landesteile vorschiebt. Dieser schwenkt im
Tagesverlauf nach Norden und lässt rückseitig den Wind im Westen und Südwesten
auf südliche Richtungen drehen.

Damit wird labil geschichtete und feuchte Subtropikluft in den Südwesten
advehiert, in der die Temperatur in 850 hPa auf ca. 12°C steigt, die T500 auf um
-16°C, die PPW liegen bei 25 bis 30 mm und es kann sich ML-CAPE von 500 bis 900
J/kg aufbauen. Von Rheinland-Pfalz bis zur Schwäbischen Alb und weiter zum
Alpenrand bilden sich nachmittags und abends
Schauer und Gewitter, die sich langsam verlagern bei geringer Scherung rasch
verclustern dürften. Dabei ist Starkregen möglich, im Anfangsstadium könnte auch
Hagel dabei sein.

Ein zweiter Schwerpunkt der Konvektion findet sich im Norden, wo im Schlepptau
des abziehenden KLTs von Südosten her labile und feuchte Luftmassen herangeführt
werden. Hier steigen die ML-CAPE-Werte bis nahe 1000 J/kg, was zumindest
partiell mit LLS bis 10 m/s und DLS von rund 15 m/s überlappt. Hinzu kommen eine
gewisse Helizität, Richtungsscherung in der unteren Troposphäre und recht
niedriges HKN, so dass zumindest organisierte Gewitter nicht ausgeschlossen
sind, die von Sturmböen und Hagel begleitet werden, aber auch von Starkregen.
Ob tatsächlich rotierende Strukturen, oder gar bis hin zur Superzelle
anwachsende Gewitter entstehen, ist unsicher und mag angesichts insgesamt
geringer Dynamik und eher geringer Windgeschwindigkeiten bezweifelt werden.

Die Lage für den morgigen Tag ist aber, angesichts bestehender
Modellunterschiede unsicher. ICON simuliert die Konvektion insgesamt
verhaltener, als die externen Modelle. Auch die Lage der Schwerpunkte divergiert
stark. Im Super HD, teils auch EURO4, tauchen vom Harz bis fast an die Nordsee
Gewitter auf, die im ICON D2 völlig fehlen. Insgesamt sind aber bei den
Gewittern vereinzelt schwere, sprich unwetterartige Entwicklungen möglich. Im
Südwesten liefert vor allem ICON D2 EPS bis in die Eifel Gewittersignale, die in
der deterministischen Variante fehlen.

Zwischen den beiden Konvektionszonen, etwa von NRW bis nach Bayern lagert die
trocknere Warmluft der Vortage, wo es bei nur geringer Schauerneigung weitgehend
sonnig und trocken bleibt. Die Temperatur steigt meist auf 23 bis 28°C, nur ganz
im Norden bleibt es frischer.

In der Nacht zum Donnerstag klingen die Schauer und Gewitter im Norden wegen des
Tagesgangs, aber auch weil sich das Höhentief weiter entfernt, ab. Das geschieht
im ICON deutlich schneller, als extern (GFS, IFS, EURO4) berechnet. Die
schauerartig verstärkten, insbesondere in der ersten Nachthälfte gewittrigen
Regenfälle aus dem Südwesten, halten länger durch und breiten sich langsam
ost-nordostwärts aus. Im gesamten Osten und Südosten bleibt es die Nacht
über trocken. Dort sinkt die Temperatur zum Teil auf etwas unter 10°C, während
es ansonsten in der feuchteren Luft milder bleibt und am Rhein und seinen
Zuflüssen kaum unter 15/16°C abkühlt.


Donnerstag... (Fronleichnam) steigt das Geopotenzial auf der Vorderseite des
atlantischen Troges von Südwesten her wieder an und der Höhenrücken kann sich
regenerieren und macht etwas Boden nach Osten hin gut. Vom Kaltlufttropfen
verbleibt ein Rest zwischen Dänemark und Norwegen. Das Potenzialfeld spräche
fast schon für eitel Sonnenscheint, aber wie´s aussieht, trifft das nur auf etwa
die Hälfte des Landes zu. Das Hoch über Fennoskandien weitet sich über dem
östlichen Mitteleuropa nach Süden aus, wodurch die Bodenströmung insbesondere im
Osten auf Südost rückdreht. Dabei gelangt relativ trockene Warmluft (T850 um
+10°C) in die östlichen Bundesländer, in der häufig die Sonne scheint bei bis zu
26 oder 27°C. Auch im Osten und Nordosten Bayerns deutet sich ein trockener und
warmer Sommertag an.

Weiter westlich hält sich die Tiefdruckrinne mit Windkonvergenzen und labil
geschichteter, gleichzeitig sehr feuchter Subtropikluft, in der die PPWs bis 35
mm steigen können. Mit Unterstützung des Tagesgangs und der Orografie bilden
sich wieder zahlreiche Schauer/schauerartige Regenfälle und einzelne kräftige
Gewitter. Die schon anfangs gebietsweise starke Bewölkung dämpft das konvektive
Geschehen sicher etwas, aber ansonsten sprechen die Zutaten eine eindeutige
Sprache. Bei den Gewittern sind teils Starkregen, kleinkörniger Hagle und
stürmische Böen dabei, nach Norden hin, wo die Scherung zumindest etwas
anspringt, werden Sturmböen und Hagel wahrscheinlicher.
Bei langsamer Verlagerung der Zellen ist unwetterartiger Starkregen angesichts
des weiter gestiegenen Wassergehalts der Luftmasse wahrscheinlicher als am
Vortag.

Fraglich ist an diesem Tag vor allem die Ausbreitung der Gewitter nach Osten,
die vom GFS progressiver als bei ICON oder IFS angegangen wird.

In der Nacht zum Freitag ändert der Rücken seine Lage und Stärke kaum, das
Höhentief an seiner Flanke verlagert sich wieder zur westlichen Ostsee. Die
Schauer und Gewitter lassen zwar etwas nach, kommen aber wie Konvergenz im
Bodendruckfeld etwas nach Nordosten voran. Trocken bleibt es wohl nur ganz im
Osten zwischen Vorpommern und Ostsachsen. Wo es nach Regen aufklart kann sich
Nebel bilden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumigen Strukturen werden recht ähnlich simuliert. Hinsichtlich der
Verteilung der Konvektion gibt es aber zum Teil große Abweichungen, die im Text
angesprochen wurden. Schon am Mittwoch, vor allem aber ab Donnerstag besteht
Unwetterpotential, vor allem durch den Starkregen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner