DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-05-2021 17:01
SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst ruhige Hochrandlage mit langsam steigender Temperatur. Zur Wochenmitte
vor allem im Norden vorübergehend wechselhafter mit Schauern und Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland am Rande einer umfangreichen Hochdruckzone
(WALTRAUD) über Nordeuropa inklusive Nord- und Ostsee, die von einem breiten
Rücken gestützt wird. Einer der Teilschwerpunkte verlagert sich zur westlichen
Ostsee, wodurch der Gradient bei uns etwas aufweicht und der übrigbleibende
schwache Wind (lediglich in den Hochlagen des Schwarzwaldes stehen Böen 7-8 Bft
auf der Karte) allmählich rechtdreht auf Nordost bis Ost. Das hat zur Folge,
dass der Hochnebel über der Nordsee nach Westen weggedrückt wird. Außerdem lösen
sich die restlichen Quellwolken vom Tage rasch auf. In der mittlerweile
abgetrockneten polaren Luftmasse (T850 im Osten um 3°C, sonst um 6°C) kühlt es
wieder deutlich ab in den einstelligen Bereich. Im Süden und Osten, wo die
Taupunkte z.T. bei 0°C oder sogar darunter liegen, ist stellenweise leichter
Frost in Bodennähe zu erwarten. Darüber hinaus bilden sich im Nordwesten ein
paar Nebelfelder.

Montag ... macht die Großwetterlage keine großen Sprünge. Maßgebend für
Deutschland bleiben der umfangreiche Höhenrücken über dem Nordmeer und
Skandinavien sowie die zugehörige Bodenhochdruckzone, die sich bis nach
Nordwestrussland erstreckt. Auf der Südflanke nimmt der Gradient wieder etwas
zu, was mit Unterstützung des Tagesgangs ein leichtes Aufleben des östlichen, im
Osten eher nordöstlichen Windes zur Folge hat. Über Warnungen müssen wir uns
aber nicht unterhalten.

Auf alle Fälle wird weiterhin eine kontinental geprägte, mäßig warme Luftmasse
advehiert (T850 3 bis 8°C), in der es trotz des Überangebots an Einstrahlung nur
wenig wärmer wird als heute. So wird z.B. im Südosten nicht überall die
20°C-Marke erreicht, während nach Westen hin bis zu 24°C, mit etwas Glück
vielleicht ´ne schwache "25" anvisiert werden.
Ein paar Quellungen gibt es unterhalb der Absinkinversion (im Norden bei 900
hPa, im Südosten teils bei 700 hPa) auch, ein großartiges breitlaufen mit
merklich strahlungsdämpfender Wirkung ist aber nicht zu erwarten. Am
kompaktesten können die Cumulanten in den ostbayerischen Mittelgebirgen
ausfallen.

In der Nacht zum Dienstag gilt es, einen ersten zaghaften Blick ins Baltikum zu
riskieren, wo ein von Finnland südwärts ablaufender Randtrog dabei ist, sich zu
einem kleinen Höhentief zu mausern. Offensichtlich verfolgt dieses Höhentief den
Plan, auch bei uns vorbeizuschauen, aber dazu später mehr. Immerhin, die ersten
Wolkenfelder, meist hoch, teils aber auch mittelhoch, erreichen den Osten und
Nordosten, es bleibt aber trocken.

Das gilt freilich auch für den Rest der Republik, wo es bei klarem Himmel von
wenigen Ausnahmen abgesehen erneut bis in den einstelligen Temperaturbereich
abkühlt. Im Süden und Südosten besteht weiterhin die Gefahr für leichten Frost
in Bodennähe, wenn auch etwas weniger frequent als die Nacht zuvor.

Dienstag ... macht sich das Höhentief auf den Weg nach Südwesten, wo es zum
Datumswechsel im Seegebiet knapp östlich von Dänemark aufschlägt. Im Bodenfeld
findet man korrespondierend kein eindeutig abgeschlossenes Tief, sondern nur
einen Trog, so dass das Höhentief mehr und mehr den Charakter eines
Kaltlufttropfens annimmt. Das wird auch deutlich, wenn man sich die
Diagnosekarten anschaut, wo vorderseitige PVA mit KLA korreliert und rückseitig
vice versa.

Fakt ist, dass die Luftmasse im Osten und Nordosten allmählich feuchter und
labiler wird (LR bis zu -0,7/100 m, PPW um 20 mm), was die Frage nach
konvektiven Umlagerungen aufwirft. Die werden bis zum Abend wahrscheinlich noch
auf polnischer Seite bleiben, weil das wenige CAPE auf deutscher Seite noch
gedeckelt ist. Erste Schauer sind aber drin und dichtere Wolken ohnehin.

Im großen Rest des Landes bleibt am Rande der Hochdruckzone weiterhin Absinken
das Maß der Dinge. Die Sonne scheint von einem wolkenlosen oder nur locker
bewölkten Himmel, wobei die Luft bis auf 26°C an Rhein, Mosel und Saar erwärmt
wird.

In der Nacht zum Mittwoch könnte es der Kaltlufttropfen (KLT) bis zum Morgen so
gerade bis nach Schleswig-Holstein schaffen. In seinem Umfeld werden im Norden
und Nordosten zwar einige Schauer oder gebietsweise schauerartiger Regen
generiert, für Gewitter dürfte es tagesgangbedingt aber nicht reichen. Hinzu
kommt, dass sich die wesentlichen Omegaterme weiterhin neutralisieren respektive
teilkompensieren (PVA vs. KLA, WLA vs. NVA), so dass der synoptisch-skalige
Hebungsantrieb überschaubar bleibt.

Zur Mitte und nach Süden hin klart es verbreitet auf, wobei es nicht mehr ganz
so frisch wird wie in den Nächten zuvor. Vor allem im Westen reicht es
vielerorts für zweistellige Tiefstwerte und Frost in Bodennähe ist auch aus.

Mittwoch ... zieht der KLT weiter zur Nordsee, wobei es über Norddeutschland zu
einer Labilisierung nebst Feuchteanreicherung der Luftmasse kommt. Mit dem
Tagesgang wird leidlich CAPE aufgebaut, teils zwischen 500 und 750 hPa. Das
dürfte ausreichen, um neben Schauern respektive schauerartigem Regen auch das
eine oder andere Gewitter zu generieren, das angesichts geringer
Zuggeschwindigkeit mit Starkregen einhergehen kann. Ansonsten ist es für Details
noch zu früh, nicht zuletzt, weil die genaue Zugbahn des kleinen KLTs von den
Modellen leicht unterschiedlich simuliert wird.

Neben dem Norden zeigen auch der Alpenrand sowie der äußerste Südwesten eine
wenn auch geringere Neigung zu einzelnen Überentwicklungen. Grund ist die Nähe
zu einer flachen Tiefdruckzone über Frankreich, von der etwas Labilität nach
Deutschland rüberschwappt. Wenn gewittertechnisch was geht, dann wohl aber nur
mit Unterstützung der Orografie.

Ansonsten lässt sich aber konstatieren, dass auch der Mittwoch in weiten Teilen
des Landes trotzt einiger Wolken mit viel Sonne und frühsommerlich warm über die
Bühne geht. Dabei steigt die Temperatur im Westen und Südwesten auf 24 bis 27°C
(T850 10 bis 12°C), sonst auf 20 bis 25°C. Einzig im wolkigeren und
wechselhafteren Norden bleibt es etwas kühler.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Groß sind die Unterschiede zwischen den Modellen nicht. Dass es mit den
Niederschlägen und Gewittern bei Passage eines kleinen Höhentiefs nicht zu 100%
kongruent zugeht, ist normal. Auf alle Fälle scheint sich die von ICON
mittelfristig schon früh erkannte Zugbahn nach Westen in Richtung Nordsee
durchzusetzen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann