DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

29-05-2021 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 29.05.2021 um 10.30 UTC



Der Frühsommer kommt mit steigender Schauer- und Gewitterneigung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 05.06.2021


Die Mittelfrist zeigt sich zunehmend unsicher. Einzig die deutliche Erwärmung
lässt sich in allen Modellen und Läufen finden. Jedoch nimmt der Zustrom
feuchter Luftmassen vom Atlantik zu und damit steigt auch die Schauer- und
Gewitterneigung.

Die Mittelfrist beginnt am Dienstag mit einem sich weiter nach Skandinavien
verlagerndem Hochdruckgebiet. Deutschland liegt am Südrand zunächst noch im
Zustrom trockener Festlandsluft aus Osten. Jedoch macht sich bereits ein
Kaltlufttropfen über der Ostsee bemerkbar, der sich langsam südostwärts schiebt.
Er bringt kompakte Wolken und im Tagesverlauf auch erste Schauer und Gewitter in
den Nordosten und Osten unseres Landes. Das übrige Bundesgebiet profitiert
weiterhin von trockener Luft, dort ist es weitgehend sonnig und trocken.

Am Mittwoch zieht der Kaltlufttropfen zusammen mit Wolken sowie Schauern und
Gewittern zunächst zügig westwärts über den Norden Deutschlands und Dänemark,
bekommt dann aber eine Norddrift nach Südnorwegen und wird langsamer. Zeitgleich
nähert sich von Frankreich her ein Randtrog mit eingelagerter Okklusion der
Bundesrepublik. Er labilisiert die feuchte und warme Luftmasse und sorgt für
Schauer und Gewitter, die am Nachmittag und Abend auch den äußersten Westen und
Südwesten erfassen können.

Am Donnerstag kommen Trog und Front nordostwärts voran, werden aber in der
zweiten Tageshälfte vom Höhenkeil (10 Grad in T850) aus Südwesten überlaufen und
zunehmend inaktiv. In der Westhälfte des Landes kommt es also zu Regen, teils
schauerartig oder auch gewittrig, in der Osthälfte bleibt es nach aktuellem
Stand hingegen meist trocken. Das Bodenhoch über Skandinavien verlagert sich
derweil in Richtung Baltikum und Russland.

Am Freitag dehnt das Hoch über dem Baltikum seinen Einfluss etwas nach
Deutschland aus und in 850 hPa strömt 10 bis 12 Grad warme Luft aus Südwesten
auch in den Norden und Osten des Landes, was verbreitet sommerliche Höchstwerte
hervorruft. Die Keilachse liegt vermutlich diagonal von Südwest nach Nordost
über uns. Die einfließende feuchte-warme Atlantikluft kann also in der
Westhälfte des Landes im Tagesgang labilisiert werden, was zu Schauern und
Gewittern führen kann.

Am Samstag bleiben uns Hochdruckeinfluss und der Keil mit 10 bis 14 Grad in 850
hPa erhalten. Allerdings gibt es einen Schönheitsfehler in Form einer
niedertroposphärischen zyklonalen Welle, die sich vom Ärmelkanal in Richtung
Nordsee schiebt und somit über dem Nordwesten und Norden Deutschlands für
instabile Wetterverhältnisse sorgt. In der Nacht zum Sonntag macht sich dann ein
Tiefdruckgebiet am Boden über Frankreich mit ersten Wolken und Regenfällen im
Südwesten des Landes bemerkbar.

In der erweiterten Mittelfrist zieht das Bodentief von Südwest nach Nordost über
Deutschland hinweg. In der Höhe bleibt uns zunächst warme Luft erhalten, sodass
auch das kommende Wochenende aus heutiger Sicht temperaturtechnisch noch meist
sommerlich ausfällt. Zu Beginn der folgenden Woche schleicht sich aus Nordwesten
aber wieder die 4 Grad in 850 hPa ein.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle 0 UTC IFS-Lauf ist konsistent zu seinem Vorgänger von Freitag 12
UTC. Zum gestrigen 0 UTC Lauf ergibt sich jedoch eine Annäherung an ICON
bezüglich des Kaltlufttropfens am Mittwoch. Dieser zieht im aktuellen Lauf nun
nicht mehr über die Tschechische Republik südwärts, sondern mit der
Grundströmung westwärts über Norddeutschland hinweg. Das erweist sich förderlich
auf die Progression des Höhenrückens nach Mitteleuropa in den Folgetagen. Es
kommt also bundesweit zu einer deutlichen Erwärmung. Allerdings strömt auch
feuchte Luft aus Südwesten ins Land, sodass die Schauer und Gewitterneigung
allgemein steigt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


In den letzten beiden Läufen haben sich IFS, GFS und ICON für den Beginn der
Mittelfristvorhersage angenähert. Alle gehen nun vom westwärts durchziehenden
Kaltlufttropfen nächste Woche Mittwoch aus, was durchaus sinnvoll erscheint.
Unterschiede gibt es noch in der genauen Zugbahn, die bei GFS deutlich südlicher
liegt, als bei IFS und ICON.

Anschließend gehen die Prognosen auseinander:
Am Donnerstag prognostizieren alle Modelle einen Trog/Randtrogdurchgang von
Südwest nach Nord, allerdings lässt ICON diesen ohne Begleiterscheinungen
durchlaufen, während IFS und GFS eine aktive Frontalzone darin rechnen. Bei ICON
bleibt die Zone quasi vor den Toren Deutschlands hängen.
Am Freitag und Samstag gibt es bei allen Modellen eine leicht unterschiedliche
Lage des Höhenkeils. Entsprechend unterscheidet sich die
Niederschlagsvorhersage. Was die Temperaturverteilung anbelangt sind sich die
Modelle aber einig: Es kommt der Frühsommer.
In der erweiterten Mittelfrist ist noch vieles offen. Im neuesten GFS-Lauf zieht
ein Höhentief aus Westen ins Land, bei IFS verlagert sich ein Bodentief von
Frankreich über Deutschland in die Ostsee.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zu Beginn der Mittelfrist sind die Ensembles dicht gedrängt. Aber schon an Tag 2
(Mittwoch) wird der Spread größer und gipfelt zum Ende der Mittelfrist in einer
Temperaturvarianz von rund 15 Grad in 850 hPa und 25 Dekameter in 500 hPa. Das
ist nicht weiter verwunderlich, hat sich die Prognose in den letzten Tagen ja
mehr und mehr geändert. Auffällig ist die breite Verteilung der Ensembles auf
die gesamte Varianz im Norden des Landes, während im Süden nur einzelne Member
kräftig nach unten abweichen. Hier spielt wahrscheinlich die dauernde Randlage
des Südens (zum Hoch über Skandinavien/Baltikum; zum tieferen Luftdruck über dem
Nordatlantik) der Vorhersage in die Karten. Haupt- und Kontrolllauf befinden
sich im Mittelfristzeitraum im oberen Bereich der Vorhersage. In der erweiterten
Mittelfrist nähern sie sich jedoch den unteren Ensemblemembern an. Es ist also
noch alles offen.

Für den ersten Vorhersagezeitraum (+72 bis 96h) gibt es 4 Cluster mit kaum
Unterschieden und nur einer Wetterlage: Blocking. Der Kontrolllauf liegt in
Cluster 3 (18 Member), der Hauptlauf in Cluster 1 (38 Member).
Im Zeitraum +120-168h (Donnerstag bis Samstag) dezimiert sich die Clusteranzahl
auf 2, wobei Haupt- und Kontrolllauf im ersten Cluster mit 28 Membern liegen.
Die Wetterlage bleibt gleich.
In der erweiterten Mittelfrist gibt es nur noch einen Cluster mit dem Übergang
der Wetterlage von Blocking zu atlantischem Rücken.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Sowohl EFI als auch EPSe liefern keine signifikanten Wettererscheinungen in der
Mittelfrist. Allerdings sind bei Gewittern durchaus Starkregenfälle
wahrscheinlich. Da sich die Gewitter nur wenig verlagern, kann es auch zu
Verclusterung kommen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, ICON, IFS-Ensembles
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jacqueline Kernn