DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-05-2021 17:01
SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Wechselhaft und kühl. Heute Troglage mit häufigen Schauern und Gewittern, dazu
verbreitet stürmische und einzelne Sturmböen. Weniger Wind nur im Norden und
ganz im Südosten. Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch abflauender Wind und
nachlassende Schauer.
Am Mittwoch vor allem im Norden kräftige Schauer und kurze Gewitter, stürmische
Böen nur noch wenig wahrscheinlich. An der Nordfriesischen Küste jedoch vermehrt
Böen bis Sturmstärke. Von Westen her bis auf den östlichen Mittelgebirgsraum
übergreifend zeitweise Regen. Nur in Alpennähe etwas freundlicher. Sturmböen auf
höheren Berggipfeln sowie im südwestdeutschen Bergland; dort exponiert schwere
Sturmböen. In der Nacht zum Donnerstag an der Nordseeküste Nordfrieslands
weitere Sturmböen.
Am Donnerstag und am Freitag vor allem im Nordosten noch rege Schauer- und
Gewittertätigkeit mit einzelnen stürmischen Böen. Im Süden und dort vor allem zu
den Alpen hin anfangs noch zeitweise Regen.
Am Freitag von Vorpommern bis in den Erzgebirgsraum hinein noch einzelne kurze
Gewitter, mit abnehmender Wahrscheinlichkeit für stürmische Böen. Ansonsten
allmähliche Wetterbesserung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland an der Südflanke eines dipolartigen Höhentiefs,
das Zentren über Schleswig-Holstein und der westlichen Nordsee aufweist. Mit
diesem System korrespondiert im Bodendruckfeld eine Tiefdruckrinne, die sich von
der westlichen Nordsee bis nach Nordwestpolen erstreckt, wobei das steuernde
Zentrum über der Deutschen Bucht auszumachen ist. An dessen Südflanke kam ein
kräftiger Gradient zustande, wodurch Wind- und verbreitet stürmische Böen
auftreten. Geringere Luftdruckgegensätze sind nur im Norden (aufgrund der Nähe
zum Tief) und im Südosten erkennbar, so dass der Wind im küstennahen Binnenland
kaum warnrelevant ist und auch im Südosten schwächer ausfällt, d.h. stürmische
Böen nur vereinzelt auftreten.
Im Bereich des vom östlichen Höhentief ausgehenden Troges hat sich
deutschlandweit maritime und labil geschichtete Polarluft durchgesetzt, wodurch
es wiederholt zu kräftigeren Schauern und kurzen Gewittern kommt. Dabei besteht
die Gefahr von Sturmböen. Deutlich gedämpfter ist die Konvektion ganz im Süden,
was auf die dort noch vorhandene trockenere Luft, die nur einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 8 und 12 mm aufweist, zurückzuführen ist.
Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch flaut der Wind rasch ab, was eher auf den
nachlassenden Tagesgang als auf einen sich abschwächenden Gradienten
zurückzuführen ist. Warnrelevante Böen (dort bis Sturmstärke) sind auf höhere
Berggipfel beschränkt. Allerdings wird dann an der Südflanke des
Höhentiefkomplexes eine Warmfrontwelle in die zyklonale Westströmung einbezogen.
Gestützt durch kräftige, mit dieser Welle einhergehender Warmluftadvektion
kommen im Westen skalige Niederschläge auf, die bis in den zentralen
Mittelgebirgsraum ausgreifen.
Im Norden und in der "nördlichen" Mitte schwächt sich die Konvektion ab, an der
Küste sind noch vermehrt, sonst einzelne Schauer unterwegs, für Gewitter sollte
es dann nicht mehr reichen.

Mittwoch ... geht der westliche Kern des Höhentiefkomplexes in einen Trog über,
der auf zyklonaler Zugbahn auf Deutschland übergreift. Das Aktionszentrum liegt
dann über den dänischen Inseln. Hervorgehend aus einer Zyklogenese über den
Baltischen Staaten, bei welcher sich das resultierende Tief zusehends in höheren
Troposphärenniveaus abzeichnet, kommt ein zweiter Höhentiefkern zustande, der
sich zum Ausgang des Finnischen Meerbusens verlagert. Unterm Strich bleibt die
dipolartige Struktur des Höhentiefsystems bestehen. Als Unterschied zum heutigen
Tag ist der Gradient merklich schwächer, so dass nur noch in Verbindung mit
kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern Böen bis Bft 7 und mit sehr geringer
Wahrscheinlichkeit stürmische Böen zu erwarten sind. Eine "gelbe"
Windböenwarnung wäre demnach hinreichend. Die Schauer- und Gewittertätigkeit
konzentriert sich zunächst auf den Norden und Nordosten und nachfolgend mit dem
hereinschwenkenden Trog (der aus dem einstigen westlichen Höhentief hervorging)
später auch auf den Westen und Teile der Mitte.
Unsicherheiten bestehen noch in Bezug auf das mit dem Höhentiefzentrum
korrespondierenden Bodentiefs, das je nach Modell zwischen der Deutschen Bucht
und Jütland simuliert wird, d.h. ein Postitionsunterschiede von 200 bis 250 km
aufweisen kann. Zudem ergeben sich Differenzen von mehreren hPa bzgl. der
Intensität dieses Tiefs. An dessen Südflanke wäre demnach ein Auffrischen des
Windes mit Wind- und stürmischen Böen, an der Nordfriesischen Küste durchaus mit
Böen bis Sturmstärke, vorstellbar. Mit dem 12 UTC-Lauf hat sich ICON-EU nunmehr
den anderen Modellen weitgehend angeglichen.
Als weiteres System gilt es, die Warmfrontwelle im Auge zu behalten. Nicht, was
die Niederschläge betrifft. Da sind vom westlichen Bergland bis auf den
östlichen Mittelgebirgsraum übergreifend selbst in Staulagen nicht mehr als 15
mm innerhalb von 12 Stunden zu erwarten. An der Südflanke dieser Welle, d.h. im
Südwesten Deutschlands, legt der Gradient zu, so dass dort Wind- und im Bergland
Sturmböen zu erwarten sind; auf exponierten Schwarzwaldgipfeln können schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen werden.
Ein paar Wolkenlücken zeichnen sich am ehesten am Alpenrand und dort nach Osten
hin sowie in einem Streifen von Vorpommern und der Oder bis hin zum Niederrhein
ab. In diesen Regionen sind Temperaturmaxima um 15 Grad möglich. Auflockerungen
sind eher unwahrscheinlich. Ansonsten werden nur Tageshöchsttemperaturen
zwischen 9 und 14 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich das steuernde Höhentief, das nunmehr
mit dem korrespondierenden Bodentief eine senkrechte Achse aufweist, ins
nördliche Schleswig-Holstein (bzw. in die dänische Südsee), wobei nach wie vor
Modellunterschiede um mehrere hPa bzw. hinsichtlich der Position dieses Tiefs
Differenzen um bis zu 150 km bestehen. An der Südflanke dieses Tiefs legt der
Gradient wieder zu, für warnrelevante Böen (Bft 7 bis 8) sollte es jedoch nur an
der Nordseeküste und bis in den zentralen Mittelgebirgsraum hinein auch auf
höheren Berggipfeln reichen. Um dieses Tief herum werden Niederschlagsbänder von
Nordwesten her nach Deutschland geführt, wobei sich zwei derartige Strukturen
ausmachen lassen. Eines dieser Bänder erstreckt sich von Nordfriesland entlang
der Unterelbe bis in die Prignitz, eine weitere Struktur vom Ems über das
nördliche NRW bis zum Harz.
Durch den sich von dem steuernden Tief noch etwas nach Süden ausweitenden Trog
wird die Warmfrontwelle (oder was davon übrig ist) etwas nach Süden gedrückt, so
dass sich das Niederschlagsgeschehen nunmehr auf einen Streifen vom Schwarzwald
bis nach Niederbayern konzentriert (externe Modelle sehen das
Niederschlagsmaximum einer südlich, vom Hochrhein entlang der Alpen bis zum
Inn). Nach wie vor sind warnrelevante Niederschlagsmengen im Sinne von
Dauerregen unwahrscheinlich.

Donnerstag ... verlagert sich der zunächst noch steuernde Kern des
Höhentiefkomplexes entlang der Ostseeküste in die Oderbucht. Das Höhentief wird
allmählich zugeschüttet und verliert im Tagesverlauf seine steuernde Funktion
und wandelt sich nachfolgend in einen Trog um. Diesen Job übernimmt dann der
westlich des Finnischen Meerbusens liegende Höhentiefkern. Letztendlich bleibt
die Troglage bestehen, von einer Stabilisierung kann nur im Süden, Südwesten und
ganz im Westen die Rede sein.
Mit diesem Trog konzentriert sich die Schauer- und Gewitteraktivität dann auf
den Norden und Nordosten. Häufige Schauer sind aber bis weit in den
Mittelgebirgsraum hinein zu erwarten.
Während in Verbindung mit Konvektion der Wind in der Nähe der Zugbahn dieses
Tiefs (die nach wie vor leicht unsicher ist) wahrscheinlich noch nicht einmal
warnrelevant ist, treten die stärksten Böen weiter in der Periphere auf, d.h. in
einem breiten Gürtel von der Nordsee über Mitteldeutschland bis zur
Niederlausitz und in den Erzgebirgsraum hineinreichend. In diesen Gebieten sind
Windböen, in Verbindung mit kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern, wenn
auch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit, einzelne stürmische Böen zu erwarten.

Ganz im Süden, vor allem an den Alpen und im alpennahen Vorland treten,
wenngleich mit in der zweiten Tageshälfte allmählich abnehmender Tendenz, noch
Niederschläge auf, die aus der längst verschwundenen Warmfrontwelle resultieren.

Während unser Wettergeschehen durch einen Trog geprägt wird, hat sich über dem
Nordmeer ein blockierendes Hoch in Position gebracht. Der Schwerpunkt des
korrespondierenden Bodenhochs liegt östlich von Island. Dieses Hoch erstreckt
sich mit einem Keil bis in die westliche Nordsee, der sich mit einem Ableger in
den Südwesten Deutschlands ausweitet. Im Südwesten und ganz im Westen sollte
dieser Keil zu einer Wetterberuhigung führen, wobei kaum noch Niederschläge zu
erwarten sind und sich ein von dort bis auf die Gebiete südlich der
Mittelgebirgsschwelle übergreifend vermehrt Auflockerungen einstellen. In
tieferen Lagen Südwestdeutschlands sind dann Temperaturmaxima bis 18 Grad
vorstellbar. Ansonsten werden Höchstwerte zwischen 10 und 16 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag läuft an der Ostflanke des blockierenden Nordmeer-Hochs
ein Kurzwellentrog nach Süden ab und regeneriert den über dem östlichen
Mitteleuropa liegenden Trog. Da mit dem nach weiter nach Osten abziehenden
Haupttrog (dessen Achse zuvor noch über dem Nordosten Deutschlands lag) die
Zyklonalität schwächer wird, durch Kaltluftadvektion Absinken erfolgt und auch
der Tagesgang nicht mehr wirksam ist, sollte die Konvektion dann weitgehend in
sich zusammenfallen.
Über der Doggerbank bildet sich im Bereich des o.g. Hochkeils ein weiteres
abgeschlossenes Hoch aus. An dessen Rand stellen sich geringe
Luftdruckgegensätze ein, was die Luftmasse weitgehend zur Ruhe kommen lässt. Vor
allem im Nordwesten und im Südwesten klart es längere Zeit auf, in ungünstigen
Lagen kann bei klarem Himmel leichter Bodenfrost nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Freitag ... schwenkt von Nordeuropa her der Kurzwellentrog in den Nordosten
Deutschlands, der den Gebieten zwischen Ostsee und Erzgebirge einen weiteren Tag
mit kühlem Schauerwetter bis hin zu kurzen Gewittern beschert. Insgesamt flacht
der Gradient aber weiter ab, so dass es nur mit tagesgangsbedingter
Unterstützung in Schauer- und Gewitternähe noch für ein paar Windböen reicht.
Ansonsten sollte sich im Randbereich des mit Schwerpunkt über der Nordsee
liegenden Bodenhochs Absinken durchsetzen. Nordseeluft, die aus diesem Hoch
ausfließt, lässt großflächig Sc-artige Bewölkung (z.T. auch Cu gen) auf weite
Teile Deutschlands übergreifen, was dann die Einstrahlung und eine merkliche
Erwärmung unterbindet.
Im Nordwesten, südlich der westlichen Mittelgebirge und im Südwesten sind dann
auch längere sonnige Abschnitte vorstellbar. Die Durchmischung in Verbindung mit
der noch kalten Ostsee (was die Konvektion ebenfalls dämpft) sollte auch an der
Ostsee größere Auflockerungen möglich machen. Während es im Norden und Nordosten
mit 13 bis 17 Grad noch kühl bleibt, zeichnet sich ansonsten ein
Temperaturanstieg auf 15 bis 19, an Ober- und Hochrhein auf Werte bis 20 Grad
ab.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Auf Unterschiede ist bereits an den entsprechenden Tagen hingewiesen worden.
Diese betreffen am Mittwoch und Donnerstag im Wesentlichen das von der Deutschen
Bucht über die dänischen Inseln hinweg ziehende Bodentief.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann