DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-05-2021 07:01
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 24.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
T B, Übergang zu Tr M. Heute in den Hochlagen der westlichen und
südwestdeutschen Mittelgebirge stürmische Böen. Außerdem ab dem Abend von Westen
aufkommend einzelne kurze Gewitter mit Sturmböen. Im Südosten Gefahr von
Starkregen. Am Dienstag kühles Schauerwetter mit kurzen Gewittern, dabei Böen
bis Sturmstärke. In der Mitte und im Südwesten auch abseits von Gewittern
stürmische und in höheren Lagen Sturmböen. Zum Abend hin rasch abflauend.
Ab der Nacht zum Mittwoch nur noch im höheren Bergland stürmische und auf
exponierten Berggipfeln einzelne Sturmböen. Am Mittwoch im Nordwesten und Norden
sowie in Teilen der Mitte kurze Gewitter, dabei nur geringe Wahrscheinlichkeit
für stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... liegt Deutschland zunächst noch im Randbereich eines Höhenrückens, der
sich nebst korrespondierendem Bodenhoch nach Osten verabschiedet. Ein sich
nähernder und vorerst noch über Westeuropa liegende Trog beginnt sich vollends
abzuschnüren. An dessen Nordflanke entwickelt sich ein breiter Höhenrücken, der
nach Ostgrönland gerichtet ist. An der Vorderseite des aus dem Cut-Off-Prozess
resultierenden Höhentiefs steilt die Strömung auf und dreht auf Süd-Südwest,
wodurch an den Alpen leichter Föhn aufkommt; einzelne stürmische Böen sind daher
in hierfür exponierten Lagen nicht auszuschließen, wenngleich die
Wahrscheinlichkeit hierfür nur sehr gering ist und derartige Böen hauptsächlich
auf den Alpenhauptkamm beschränkt sind.
Bedingt durch das Aufsteilen der Strömung wird das okkludierte Frontensystem des
über den Britischen Inseln liegenden korrespondierenden Bodentiefs etwas
zurückgehalten, so dass die damit in Verbindung stehenden Niederschläge erst in
der zweiten Tageshälfte und unter Abschwächung auf den Nordwesten und Westen
Deutschlands übergreifen. Auch im Süden kommen dann Niederschläge auf, die aus
einem relativ weit südlich von den Westalpen her ansetzenden Kurzwellentrog
resultieren. Zuvor lässt ein vorübergehender Einschub von Warmluft die
Temperatur auf 17 bis 23 Grad steigen, wobei es im Nordosten am wärmsten wird.
In der aus SSW einfließenden Warmluft kann sich eine Konvergenz bilden, die bis
zum Abend die Mitte Deutschlands erreicht. Die Schichtung ist in deren Bereich
zwar leicht labil, aber die Luftmasse weist nur einen geringen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser (um 15 mm) auf, so dass kaum CAPE generiert wird, dass
außerdem auch noch gedeckelt ist. Zudem wird diese Struktur durch
Kaltluftadvektion überlaufen. Auch wenn die Lage in Verbindung mit dem
nachfolgenden Trog günstig ist, so sollten doch konvektive Umlagerungen,
abgesehen von Einzelentwicklungen, weitgehend ausbleiben und sich die Passage
der Konvergenz im Südwesten und Westen sowie bis in die Mitte hineinreichend in
Form von Windböen (höhere Berggipfel mit stürmischen Böen) bemerkbar machen.
Nachfolgend, d.h. eher zum Abend hin, greift ein Kurzwellentrog in das
Wettergeschehen ein, der das über den Britischen Inseln liegende Höhentief
umläuft. Hierdurch erfolgt im Westen dann wieder eine stärkere Labilisierung
(850 hPa um 3, im 500 hPa-Niveau um -25 Grad). Dann passen die Zutaten für
hochreichende Konvektion besser, der Westen gelangt unter den Jet, die Scherung
steigt auf 20 bis 30 m/s (hochreichend) und auf 10 bis 15 m/s (bis 1 km Höhe),
was für organisiertere (zumindest staffelartige) und vielleicht sogar rotierende
Strukturen hochreichender Konvektion sprechen würde. Zudem wird auch mehr
Feuchte eingesteuert. Allerdings ist der Bereich für derartige Entwicklungen
relativ schmal und betrifft den Nordwesten westlich der Weser sowie den Westen
bis hinein in die Pfalz. Aufgrund der raschen Verlagerung möglicher
Konvektionszellen (die dann auch staffelartig in Erscheinung treten können) ist
Starkregen weniger wahrscheinlich. Vielmehr ist Fokus aufgrund des starken
Oberwindes (im 850 hPa-Niveau 40 bis 45 kt) auf Sturmböen zu legen; auch schwere
Sturmböen können nicht ganz ausgeschlossen werden.

In der Nacht zum Dienstag greift das Höhentief, das nunmehr eine dipolartige
Struktur annimmt, mit seinem südlichen Kern auf das Seegebiet unmittelbar vor
der westfriesischen Küste über. Das korrespondierende Bodentief (vielmehr ein
Bodentrog) erreicht bis Dienstagfrüh den Westen Deutschlands. An dessen
Südflanke legt der Gradient zu, so dass im Westen und Südwesten Windböen und im
Bergland generell Sturmböen Bft 8/9 aufkommen. Zudem setzen schauerartige
Niederschläge ein, nach Norden hin sind auch kurze Gewitter nicht
auszuschließen.
Aber auch im Südosten ist die Lage noch nicht ausgestanden. Der relativ südlich
ablaufende Kurzwellentrog dürfte dort das Niederschlagsgeschehen aktivieren. In
Ober- und Niederbayern, vor allem in Richtung Alpen, besteht die Gefahr von
Starkregen von 20 bis 30 mm innerhalb von 6 Stunden (die Schichtung ist zwar
stabil, aber für ein Dauerregenereignis ist die Andauer der Niederschläge zu
kurz).
Abgesehen vom Nordosten sind einstellige Tiefstwerte zu erwarten. Aufgrund der
Durchmischung sollte Frost in Bodennähe jedoch nicht auftreten.

Dienstag... kommt ganz Deutschland in den Genuss des Höhentiefkomplexes. Während
dessen südlicher Kern in die Deutsche Bucht gelangt, hält sich dessen westlicher
Kern unmittelbar östlich von Nordengland. Das Ergebnis ist eine ausgewachsene
Troglage, die nahezu deutschlandweit einen wechselhaften Wettercharakter mit
wiederholten Schauern und kurzen (Kaltluft)gewittern zur Folge hat. Diese können
vor allem vom Westen bis in die mittleren Landesteile hinein mit Böen bis
Sturmstärke einhergehen. Aber auch abseits konvektiver Umlagerungen sind in der
Mitte und im Südwesten Deutschlands, allein bedingt durch den kräftigen
Gradienten und den aktiven Tagesgang, Wind- und verbreitet stürmische Böen und
in höheren Berglagen Sturmböen Bft 9 (exponiert Bft 10) zu erwarten. Im Norden
sind Sturmböen aufgrund des schwachen Oberwindes und der Nähe zum
korrespondierenden Bodentief eher unwahrscheinlich.
Etwas verschont von der Gewittertätigkeit bleibt lediglich der Süden, etwa vom
Schwarzwald bis zu den Alpen und bis zur Donauniederung. Dort ist die Luftmasse
mit einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 8 und 12 mm zu trocken.
Hierdurch reicht es vornehmlich in den Staulagen der Mittelgebirge lediglich für
ein paar Schauer. Von Oberfranken bis zum Bayerischen Wald können jedoch mit
orografischer Unterstützung einzelne Gewitter ausgelöst werden.
Auflockerungen sind im Süden wie auch in den Leegebieten der Mittelgebirge am
wahrscheinlichsten. Gegenüber heute gehen die Temperaturen wieder merklich
zurück. Meist sind 11 bis 15 Grad zu erwarten. Lediglich an Ober- und Hochrhein
sowie im Nordosten sind bis 17 Grad möglich.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der o.g. Höhentiefkomplex etwas nach
Osten, wobei das zweite (westliche) Teiltief zusehends in einen nach Westen
gerichteten Kurzwellentrog übergeht. Das resultierende Höhentief gelangt in das
Seegebiet unmittelbar vor Sylt. Ein von diesem Tief ausgehender Trog wird eine
Welle (einst eine Warmfrontwelle) aktivieren, wodurch von Westen her skalige
Niederschläge auf Deutschland übergreifen, die bis Mittwochfrüh wahrscheinlich
auch die mittleren Landesteile erfassen. Wahrscheinlich wird in Verbindung mit
einem Bodentrog der Gradient wieder zu nehmen, für warnrelevante Böen (bis
Sturmstärke) sollte es jedoch nur auf höheren Berggipfeln reichen.
Im Norden und Osten hält sich noch die bisherige labil geschichtete Luftmasse.
Tagesgangsbedingt sollte sich dort jedoch die Schauer- und Gewittertätigkeit
abseits der Küste merklich abschwächen. Deutschlandweit sind einstellige
Tiefsttemperaturen zu erwarten. Im Südosten weicht der Gradient auf. Sollte es
dort aufklaren, kann leichter Frost in Bodennähe nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Mittwoch... bleibt das o.g. Höhentief unmittelbar vor der dänischen Grenze
nahezu stationär. Der von diesem Tief ausgehende Trog schwenkt von England zu
den Benelux-Staaten, was die Zyklonalität über dem Vorhersagegebiet ein wenig
verringert. Dies sollten jedoch keine allzu großen Auswirkungen auf die
Konvektion haben. Im Nordwesten und Norden sowie bis in die nördliche Mitte
hinein wird sich daher wieder typisches Aprilwetter mit wiederholten Schauern
und kurzen Gewittern einstellen. Allerdings sollte es für Sturmböen Bft 8/9 nur
noch auf exponierten Gipfeln reichen.
Daran schließt sich ein breiter Streifen an, der von den westlichen
Mittelgebirgen (etwa südliche Eifel bis Schwarzwald) bis in die Lausitz und zum
Oberpfälzer Wald reicht, der von skaligen Niederschlägen geprägt ist. Dort ist
ein Frontensystem wetterwirksam, das aus einer Warmfrontwelle hervorging. In
diesem Bereich können 5 bis über 10, in Staulagen um 15 mm innerhalb von 12
Stunden zusammenkommen.
Ganz im Süden, d.h. in Donaunähe und südlich davon, ist die Schichtung zwar
wieder leicht labil, aber mitteltroposphärisch wird die Konvektion gedeckelt, so
dass konvektive Umlagerungen dort eher unwahrscheinlich sind. Am Alpenrand und
in Richtung Inn sowie im Nordosten ist die Chance für Auflockerungen am größten.
Hinsichtlich der Temperaturen ergeben sich gegenüber Dienstag keine wesentlichen
Änderungen.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der von dem Höhentief über
Schleswig-Holstein ausgehende Trog in den Nordwesten Deutschlands. Hierdurch
werden die zuvor beschriebenen Strukturen etwas nach Süden gedrückt. Das zuvor
von den westlichen zu den östlichen Mittelgebirgen gerichtete Niederschlagsband
erstreckt sich nunmehr von der Pfalz und vom Schwarzwald zum Bayerischen Wald
mit einem weiteren Niederschlagsmaximum an den Alpen. Dabei ist nach wie vor die
Wahrscheinlichkeit für warnrelevante Niederschlagssummen selbst in Staulagen
sehr gering. Daran anschließend ergibt sich ein Streifen von den Westlichen
Mittelgebirgen über Thüringen bis etwa zur Neiße, wo es aufgrund von
kompensierendem Absinken weitgehend niederschlagsfrei bleibt.
Im Nordwesten und Norden lebt dagegen nach einer vorübergehenden Abschwächung
die Niederschlagstätigkeit erneut auf. Dies ist vor allem auf positive
Vorticityadvektion zurückzuführen, die in Verbindung mit dem hereinschwenkenden
Trog steht. Hierdurch kommt im Nordwesten schauerartiger Regen auf, wobei
eingelagerte Gewitter nicht auszuschließen sind. Das mit diesem Trog
korrespondierende Bodentief verlagert sich zur Unterelbe, an dessen Südflanke
legt der Gradient zu, aber für warnrelevante Böen reicht es wahrscheinlich nur
im höheren Bergland.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebe Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann