DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-05-2021 07:30
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 22.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz
Heute gebietsweise windig bis stürmisch. Zunächst im Osten, am Nachmittag auch
im Westen und Nordwesten einzelne Gewitter, lokal mit Sturmböen (Bft 8 bis 9).
Ab der kommenden Nacht deutlich nachlassender Wind. Auch an den Folgetagen
zumindest in Teilen weiter wechselhaft mit einzelnen Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Südostflanke eines umfangreichen
Höhentroges, der weite Teile West- und Nordwesteuropas überdeckt, im Bereich
einer westsüdwestlichen Höhenströmung. Dabei befindet sich ein Höhendrehzentrum
aktuell über der mittleren Nordsee. An dieses Drehzentrum gekoppelt ist im
Bodendruckfeld nahezu achsensenkrecht das Sturmtief MARCO, das den Höhepunkt
seiner Entwicklung bereits überschritten hat und sich aktuell mit einem
Kerndruck knapp unter 988 hPa im Seegebiet westlich von Jütland befindet. Es
wird im Tagesverlauf unter weiterer Abschwächung Richtung Skagerrak ziehen. Mit
Passage des Tiefs verschärft sich der Druckgradient über Deutschland deutlich,
sodass heute mit Ausnahme des äußersten Südostens recht verbreitet Windböen bis
60 km/h (Bft 7) aufkommen, vor allem über dem Nordwesten und Westen sowie in
Teilen der Mitte kommt es auch zu stürmischen Böen bis 70 km/h (Bft 8) aus
Südwest. In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie in Nordfriesland
gibt es Sturmböen Bft 9 (bis 85 km/h), auf exponierten Gipfeln auch schwere
Sturmböen bis 95 km/h (Bft 10), auf dem Brocken orkanartige Böen bis 105 km/h
(Bft 11). Mit Verlagerung des Tiefs wird der Wind am Nachmittag von Westen
wieder nachlassen und sich bis zum Abend sogar abgesehen von den Höhenlagen und
der Nordseeküste weitgehend abgeschwächt haben, sodass keine Warnungen mehr
notwendig sind.
Mit Übergreifen eines ersten Randtroges, der Norddeutschland im Tagesverlauf
ostwärts überquert, haben aktuelle auf den Nordwesten und Westen schauerartige
Regenfälle übergegriffen, die sich im Tagesverlauf weiter ostwärts über den
Norden und Teile der Mitte ausweiten. Dabei liegen die Regenmengen meist unter 5
l/qm in sechs Stunden. Im Vorfeld des Regengebietes kann es insbesondere im
Nordosten und Osten, wo Einstrahlung noch etwas CAPE nahe 200 J/kg generiert,
einzelne Gewitter geben. Diese können von Graupel und kleinkörnigem Hagel
begleitet sein. Hauptaugenmerk liegt aber sicherlich auf den Böen. Bei
Höhenwinden von 30 bis 40 Knoten können die Gewitter von stürmischen Böen Bft 8,
lokal auch von Sturmböen Bft 9 begleitet sein. Das PPW liegt in diesem Bereich
meist unter 15 mm, hinzu kommt eine relativ schnelle Verlagerung der Gewitter,
sodass Starkregen unwahrscheinlich ist. Auch im Nordwesten und Westen, sowie
entlang des Oberrheingrabens nimmt die Labilität am Nachmittag etwas zu, sodass
an der Rückseite des zunehmend in Schauer übergehenden Niederschlagsgebietes
ebenfalls im Nordwesten und Westen einzelne Gewitter entstehen können. In diesem
Bereich sind die Scherungsbedingungen deutlich besser, sodass auch dort
stürmische Böen oder Sturmböen als Begleiterscheinung möglich sind.
Etwas ruhiger gestaltet sich das Wetter im Süden des Landes und in der südlichen
Mitte, wo sich nach Abzug des Randtroges in der Höhe sogar leicht antizyklonale
Strömungsverhältnisse einstellen. Unmittelbar an den Alpen fällt noch etwas
Regen, der in Verbindung mit der über den südlichen Alpenraum verlaufenden
Frontalzone zusammenhängt. Bis zum Abend fallen dort meist 2 bis 10 l/qm.
Nördlich davon zeigt sich etwa in einem Bereich bis zum Main sowie Richtung
Sachsen auch häufiger die Sonne und es bleibt weitgehend trocken.
An der Südflanke des Tiefs hält die Zufuhr kühler Meeresluft weiter an (T 850
hPa zwischen 1 und 4 Grad). Entsprechend ändert sich am Temperaturniveau wenig
bei Höchstwerten zwischen 12 Grad an der Nordsee und bis zu 18 Grad bei längerem
Sonnenschein im Osten und Süden.

In der Nacht zum Pfingstsonntag verbleibt der sich weiter abschwächende MARCO
über dem Skagerrak und von Südfrankreich schiebt sich ein schmaler Hochkeil
Richtung Süddeutschland. Somit lässt die Schauertätigkeit zunächst nach, bevor
von Westen ein weiterer flacher Randtrog von Westen übergreift. Er sorgt
vornehmlich in der Mitte und im Norden für weitere Schauer bzw. für ein
schauerartig verstärktes Regengebiet. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist gering.
Auch an den Alpen halten die Niederschläge am Rande der sich wenig verlagernden
Frontalzone weiter an. Dabei kann es gebietsweise nochmal an die 10 l/qm regnen.
Der Druckgradient fächert weiter auf. An den Küsten, im Norden
Schleswig-Holsteins und in höheren Lagen der Mittelgebirge muss aber noch mit
Böen Bft 7 bis 8 aus Südwest bis West gerechnet werden. Im Hochschwarzwald und
auf dem Brocken treten zudem noch Sturmböen oder schwere Sturmböen auf (Bft 9
bis 10).

Sonntag... verbleiben wir zunächst noch im Einflussbereich des Höhentroges, der
aber im Tagesverlauf allmählich ostwärts Richtung Südschweden und Polen abzieht.
Das Bodentief erreicht am Abend den Oslofjord, wo es sich weiter zögerlich
abschwächt. Entsprechend muss an dessen Südflanke von Nordfriesland bis nach
Rügen zunächst noch mit weiteren Böen Bft 7 bis 8 aus Südwest gerechnet werden,
bevor auch dort am Nachmittag der Wind nachlässt. Auch in den Höhenlagen
schwächt sich der Wind dann weiter ab. In den weiteren Landesteilen nimmt der
Wind zwar auch Tagesgangbedingt etwas zu und eventuell reicht es lokal für eine
Böe Bft 7, eine Warnungsausgabe erfordert dies aber nicht.
Währenddessen vollzieht sich nordwestlich von Irland eine erneute Austrogung.
Auf dessen Vorderseite wölbt sich gestützt durch WLA über Frankreich und der
Nordsee ein flacher Höhenrücken auf, der am Nachmittag auf Deutschland
übergreift. Dies führt auch im Bodenfeld zu einem weiteren Druckanstieg. Dennoch
bleibt die Luftmasse im Bereich des abziehenden Höhentroges insbesondere im
Norden, Osten und Südosten labil geschichtet, sodass sich dort abermals Schauer
und mitunter einzelne kurze Gewitter entwickeln. Lokal auch in Verbindung mit
stürmischen Böen. Richtung Westen und Südwesten stabilisiert hingegen die
Luftmasse. Es bleibt vielerorts trocken und es zeigt sich gebietsweise längere
Zeit die Sonne. Auch an den Alpen kommen die Niederschläge bis zum Nachmittag
zum Erliegen. An den Temperaturen ändert sich im Vergleich zum Vortag wenig.

In der Nacht zum Pfingstmontag erreicht der neuerliche Höhentrog nebst
korrespondierendem Bodentief (NATHAN) die Britischen Inseln, sodass der
vorlaufende Höhenrücken rasch ostwärts abgedrängt wird. Das teilokkludierte
Frontensystem des Tiefs erreicht die Nordsee und Benelux, was bei uns bereits in
der ersten Nachthälfte den Aufzug mehrschichtiger Bewölkung im Westen und Norden
zur Folge hat. Auch erste vereinzelte Regentropfen können schon fallen, der
Hauptniederschlag verbleibt aber noch westlich von uns. In den weiteren
Landesteilen ist es nach Abzug bzw. raschem Zusammenfallen der Schauer vom Tage
bei teils klarem Himmel trocken. Mit Annäherung des Tiefs frischt der Wind im
Westen und Nordwesten wieder etwas auf und dreht auf südliche Richtung.
Warnwürdige Böen sind aber noch nicht zu erwarten. Dort sowie im Osten bleibt es
auch am mildesten bei Tiefstwerten zwischen 11 und 6 Grad. Im Süden kühlt es
dagegen bis auf 2 Grad ab und regional droht nochmals leichter Bodenfrost.

Montag... schwenkt der Höhentrog nur langsam weiter ostwärts und greift erst am
Abend auf die westliche Nordsee über, sodass wir allmählich auf dessen
Vorderseite gelangen. Auch das Bodentief ändert seine Position über
Großbritannien nur wenig und beginnt sich bereits aufzufüllen. Die Okklusion des
Tiefs greift auf die Westhälfte Deutschlands mit meist leichtem Regen über
(meist unter 5 l/qm in 12 Stunden). Mit Übergreifen des Troges auf den
Nordwesten und äußersten Westen nimmt dort die Labilität zu (um 200 J/kg),
sodass am Nachmittag auch einzelne Gewitter entstehen können. Bei einigermaßen
guten Scherungsbedingungen (DLS bis 20 m/s und LLS bis 12 m/s) sind auch
organisierte Strukturen mit einzelnen stürmischen Böen Bft 8 denkbar. Auch
abseits von Gewittern frischt der Wind im Westen und Nordwesten stark böig auf,
in einigen Hochlagen gibt es stürmische Böen aus Süd bis Südwest.
Richtung Osten und Südosten merkt man von alledem noch nichts. Dort scheint
sogar längere Zeit die Sonne. Zudem gelangt dorthin präfrontal ein Schwall
Warmluft (T850 hPa 5 bis 9 Grad), sodass dort die Temperatur auf Werte zwischen
19 und ungewöhnlich warmen 24 Grad ansteigt. Ausgenommen davon bleibt der
Alpenrand, wo durch Reaktivierung der Frontalzone ebenfalls dichtere Bewölkung
und später etwas Regen aufkommt. Entsprechend bleibt es dort wie in den weiteren
Landesteilen kühler bei den gewohnten 12 bis 19 Grad. Dabei sind die niedrigsten
Werte an der Nordsee zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag verlagern sich Höhentrog und Bodentief auf die Nordsee
und auch die Front kommt über Deutschland weiter ostwärts voran, wobei sich die
Niederschläge allmählich abschwächen. Bis zum Morgen haben die frontalen
Niederschläge den Osten überquert. Über dem Südosten hingegen werden die
Niederschläge an der Front durch einen Randtrog verstärkt, sodass es dort noch
länger regnet. An den Alpen können bis 15 l/qm in 12 Stunden fallen. Der
Druckgradient fächert nur wenig auf, sodass im Westen und Nordwesten weiterhin
einzelne Böen Bft 7 aus Südwest auftreten können. Zudem nimmt der Einfluss des
Höhentroges im Westen und Nordwesten weiter zu, sodass dort ausgangs der Nacht
erste Schauer aufkommen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung der kommenden Tage wird von den betrachteten Modellen sehr
ähnlich prognostiziert. Signifikante Unterschiede sind somit nicht vorhanden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger