DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-05-2021 08:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Trog Mitteleuropa (TrM)
Unbeständig mit Schauern und Gewittern, dabei kühl. Zum Freitag etwas wärmer und
windig, dabei wieder stärkere Gewitter möglich.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Am heutigen Mittwoch... liegt Deutschland weiterhin im Bereich eines
Langwellentroges, der sich vom nördlichen Atlantik ausgehend südostwärts über
Mitteleuropa bis zur Ukraine erstreckt, wo noch ein Höhentief zu finden ist. Ein
flacher Rücken zieht auf dem Atlantik in Richtung Britische Inseln, ein weit
nach Norden ausgreifender Rücken mit abgeschlossenem Höhenhoch ist dagegen über
dem nördlichen Ural zu finden. In unserem Bereich ist die Frontalzone dagegen so
weit nach Süden verschoben, dass sich Deutschland gänzlich auf der kalten Seite
befindet. Dies spiegelt sich im Temperaturniveau wider, in 850 hPa erreichen wir
gerade mal 0 bis 2 Grad, in 500 hPa sind es -26 bis -28 Grad, womit auch schon
geklärt wäre, dass die Schichtung einigermaßen labil ist. Kommen wir noch kurz
zur Konstellation beim Bodendruck: Tiefer Luftdruck mit mehreren Tiefkernen
(Tief Lothar und seine Kinder) ist über Osteuropa und Skandinavien zu finden,
dagegen streckt ein Hoch westlich der Iberischen Halbinsel allmählich seine
Fühler (gemeint ist ein Keil) Richtung Süddeutschland aus. Das Resultat sind
meist westliche, teils auch nordwestliche Winde bei uns, meist aber nur mäßiger
Stärke, so dass Windwarnungen erst einmal kein Thema sind.

Zumindest ein bisschen Dynamik gibt es auch auf der kalten Seite der
Frontalzone, in Form eines Kurzwellentroges, der heute in den Westen des Landes
hereinläuft, sich aber allmählich abschwächt und auch nicht allzu viel Hebung
produziert. Nachdem die labile Luftmasse aber konvektive Umlagerungen anstrebt,
reicht dieser Impuls schon, um den heutigen Schwerpunkt der Schaueraktivität zu
definieren. Nicht zu vergessen ist auch der Vorgängerkurzwellentrog, der aktuell
noch über dem Süden und Osten für etwas Schaueraktivität sorgt, die auch heute
noch einmal etwas aufleben kann, bevor dieser Trog nach Osten rauszieht.

Damit sind heute unterm Strich also wieder viele Regionen von konvektiven
Umlagerungen betroffen, ein Minimum lässt sich aber immerhin im Nordosten
Deutschlands ausmachen, wo keine Hebungsimpulse wirksam sind und die Luftmasse
etwas trockener ist. Dort dürfte es weitgehend trocken bleiben und die Sonne
etwas länger scheinen. Auch über den kühlen Meeren ist die konvektive Aktivität
etwas unterdrückt, so dass es auch dort und in den unmittelbar angrenzenden
Küstenstreifen meist trocken bleibt und etwas mehr Sonne zu erwarten ist. In den
übrigen Gebieten muss man mehr oder weniger überall mit Schauern und Gewittern
rechnen, wobei tagesgangsbedingt das CAPE zum Nachmittag regional auf 200 bis
500 J/kg ansteigt. Das reicht bei äußerst schwacher Scherung nur für kurzlebige
Zellen, die meist gelb zu bewarnen sind. Bei etwas stärkeren Entwicklungen sind
vielleicht mal stürmische Böen nicht ganz ausgeschlossen oder kleinkörniger
Hagel. Ein bisschen muss man auf den Starkregen aufpassen. Die ppw's liegen zwar
allgemein nur zwischen 12 und 17 l/qm, allerdings sind die Zuggeschwindigkeiten
mit Größenordnungen um 15 km/h auch nicht sehr hoch, so dass es hier und da
vielleicht doch mal für 15 l/qm in kurzer Zeit reichen könnte, oder dass bei
wiederholtem Durchzug von Schauern mal über 20 l/qm in wenigen Stunden
zusammenkommen. Dafür prädestiniert scheint vor allem der Nordwesten
Deutschlands zu sein, wo sich auch ein leicht konvergentes Bodendruckfeld
ausmachen lässt.

Bei den Höchstwerten ist dann heute auch wieder bei 14 bis 17 Grad Schluss, mehr
ist aus dieser Luftmasse nicht herauszuholen. Richtung östliches Bergland sowie
im Alpenvorland bleibt es sogar noch etwas kühler.

In der Nacht zum Donnerstag wölbt sich der Rücken über dem Atlantik deutlich
auf, dabei verkürzt dieser seine Wellenlänge und erreicht am Morgen
Großbritannien. Diese Entwicklung ist kräftiger Warmluftadvektion auf der
Vorderseite des Sturmtiefs Marco geschuldet, das sich in der Früh schon Irland
nähert. Auf der Vorderseite dieses Rückens soll in der nordwestlichen
Höhenströmung noch einmal ein Kurzwellentrog in den Westen Deutschlands laufen.
Der Tagesgang lässt aber die Schauertätigkeit insgesamt eher sich abschwächen.
Da der Wind noch etwas Richtung Nordwesten dreht, kann es vor allem im Süden zu
leichter Hebung bzw. zu Stau an den Alpen kommen, so dass die Schauer dort noch
am intensivsten sind. Zwischen den Schauern gibt es auch größere
Wolkenauflockerungen, allerdings soll sich in der zweiten Nachthälfte von
Nordwesten her teils auch ziemlich viel Stratus und Stratocumulus ausbilden.
Hier und da kann es in der feuchten Grenzschicht auch wieder Nebel werden,
höhere Mittelgebirgslagen dürften ohnehin morgen wieder vielfach in Wolken sein.
Wo es länger auflockert sinkt die 2-m-Temperatur im Norden und im Bergland auch
mal deutlich unter 5 Grad, so dass es örtlichen Bodenfrost geben kann. Meist
liegen die Tiefstwerte eher bei 8 bis 5 Grad.

Am Donnerstag... gibt es tatsächlich eine Änderung der Wetterlage: Tief Marco
trifft mit 980 hPa in Irland auf Land und auf seiner Vorderseite greift die WLA
auf die Nordsee über. Damit wird unser Trog von Westen her zugeschüttet und zum
Abend erreicht uns die Achse des recht kurzwelligen Rückens. Damit weitet sich
auch das Hoch über Deutschland noch weiter aus, eine eigenständige
Hochdruckzelle etabliert sich über den Alpen. Somit dreht der weiterhin schwache
bis mäßige Wind etwas Richtung Südwest. In allen Höhenniveaus wird es von Westen
her etwas milder, in der Höhe mehr als am Boden, so dass von Westen her die
Labilität abnimmt. Zudem sorgt etwas Absinken im Nordwesten für eine Abtrocknung
der Luftmasse. Damit dürfte am Donnerstag die Nordwesthälfte Deutschlands bei
der Schaueraktivität weitgehend außen vor bleiben. Dort bilden sich noch einige
Quellwolken, bevor zum Abend durch die WLA mehrschichtige Bewölkung aufzieht. Im
Osten und Südosten leben dagegen die Schauer und Gewitter mit dem Tagesgang noch
einmal auf. Die CAPE-Werte bleiben etwas niedriger als am Vortag, allerdings
nimmt die hochreichende Scherung geringfügig zu (auch nur bis etwa 10 m/s), so
dass vielleicht auch mal einzelne längerlebige Multizellen entstehen. An diesen
können dann vielleicht auch mal wieder Ocker-Gewitter auftreten mit
kleinkörnigem Hagel, stürmischen Böen und Starkregen um 15 l/qm in kurzer Zeit.
Ansonsten kann man die meisten Gewitter wohl wieder gelb bewarnen, zumal auch
die Starkregengefahr durch wieder etwas höhere Zuggeschwindigkeiten (über 20
km/h) absinkt.

Insgesamt zeigen sich am Donnerstag wieder einmal mehr Wolken aus Sonne, das
Temperaturniveau dürfte auch in 2 m aufgrund der geringfügig wärmeren Luftmasse
etwas ansteigen, wohl aber meist nur auf Werte etwa 1 Grad über dem Niveau des
Vortages.

In der Nacht zum Freitag kommt Tief Marco, das mit senkrechter Tiefdruckachse
seinen Höhepunkt überschritten hat, in der Irischen See an. Die WLA weitet sich
auf ganz Deutschland aus und unterdrückt auch nach Osten hin die
Schauertätigkeit zunehmend, so dass diese in der Nacht komplett zum Erliegen
kommen dürfte. Der Mai 2021 wäre aber nicht der Mai 2021, wenn es dann trocken
bliebe. Aus der mehrschichtigen Bewölkung, die sich bis zur zweiten Nachthälfte
auf ganz Deutschland ausgebreitet hat, fällt nämlich ab dem Abend im Nordwesten
schon etwas Regen, der sich in der Nacht auf den ganzen Norden ausweitet. Dabei
können sich auch vom Boden abgehobene labile Schichten ausbilden, so dass der
Regen mitunter schauerartig fällt und sogar einzelne Warmlufteinschubgewitter
von ICON simuliert werden. Dies könnte vor allem im Bereich der Okklusion des
Tiefs sein, die in den Frühstunden den Nordwesten erreicht. Vor allem im
gesamten Südwesten bleibt es in der bewölkten Nacht trocken. Das sich nähernde
Tief hat auch für die Druckverteilung Konsequenzen: Über der Nordsee fällt der
Druck, so dass der Wind auffrischt und auf Süd dreht. Vor allem im höheren
Bergland wird es dabei windig, auch an der Nordsee kann es in südexponierten
Lagen einzelne steife Böen geben. Auf dem Brocken muss mit Sturmböen gerechnet
werden. In der einfließenden etwas wärmeren Luft (inklusive Wolken und Wind)
bleibt die Nacht mit Tiefstwerten zwischen 10 und 5 Grad meist etwas milder als
die Vornacht. Eine Ausnahme bildet der Südosten, wo es länger klar sein kann (in
der ersten Nachthälfte) und auch der Wind zunächst schwach bleibt. Dort werden
Tiefstwerte um 3 Grad und zumindest örtlicher Bodenfrost angepeilt.

Am Freitag... verlagert sich Marco langsam über Nordengland hinweg nach Osten.
An seiner Westflanke gelangt wieder kalte Meeresluft weiter nach Süden, so dass
sich westlich unseres Kontinents ein Trog nach Süden ausweitet. Wir gelangen
dabei auf die leicht diffluente Vorderseite dieses Troges. In allen Höhenniveaus
stellt sich eine Südwestströmung ein. Deren Stärke nimmt zwar bodennah tagsüber
nicht mehr zu, allerdings sorgt der Tagesgang mit turbulenter Durchmischung für
eine deutliche Zunahme der Böigkeit. In der Folge sind vom Nordwesten bis in den
Osten und zur Mitte verbreitet steife Böen zu erwarten, im Bergland auch
stürmische Böen. Auf dem Brocken können es schwere Sturmböen werden. Die
okkludierte Front dringt weiter nach Deutschland ein, gelangt aber ins Schleifen
und löst sich zunehmend auf. Sie bringt aber recht feuchte Luft ins Land, zudem
nimmt die Energie der Luftmasse auch durch die Advektion wärmerer Luft von
Südwesten zu. Es sollen sich zwei Zonen mit erhöhtem CAPE-Werten (einige 100
J/kg) herausbilden. Zum einen ganz im Norden, wo eine feuchte Luftmasse unter
etwas kälterer Luft in der Höhe liegt. Dort ist die Scherung vergleichsweise
gering. Zahlreiche Gewitter, die zumindest an der Ocker-Schwelle kratzen (alle
Parameter) sind die Folge. Etwas interessanter ist die CAPE-Zone im Bereich der
südlichen Mitte, dort liegt eine etwas feuchtere Luftmasse mit ppw's bis 20 l/qm
in einem Bereich mit großer hochreichender (0 bis 6 km) Scherung (20 bis 30
m/s). Da es in dieser Region sicherlich auch zur Auslöse reicht, muss mit gut
organisierten Multizellen und auch einzelnen Superzellen gerechnet werden.
Letztere dürften dann auch die Ocker-Kriterien ausreizen, vor allem wegen des
Hagels sind auch unwetterartige Entwicklungen vorstellbar. Der Starkregen könnte
dagegen bei hohen Zuggeschwindigkeiten kurz und kräftig ausfallen. Insgesamt
zeigt sich wieder nur vorübergehend die Sonne, mit allgemein 16 bis 20 Grad wird
es aber nochmal etwas wärmer.

In der Nacht schwenkt ein Kurzwellentrog von Frankreich her Richtung Alpen. Auf
seiner Vorderseite soll sich über dem Süden Deutschlands ein Regengebiet
ausbilden, in welchem in etwa vom Bodensee bis Ostbayern auch mal um 20 l/qm
fallen können, das Überschreiten von Warnschwellen erscheint aber aus aktueller
Sicht nicht wahrscheinlich. Im übrigen Land lässt die Schauertätigkeit in der
Nacht nur langsam nach, auch einzelne Gewitter sind weiterhin im Spiel. Der Wind
dürfte vor allem tagesgangsbedingt etwas nachlassen. Die Tiefstwerte werden
allgemein zwischen 10 und 6 Grad erwartet, im Bergland bis 4 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Lage wird von den vorliegenden Modellen einheitlich simuliert.
Leichte Unsicherheiten bestehen bezüglich der Gewittertätigkeit am Freitag und
auch bezüglich der Niederschlagssummen in der Nacht zum Samstag erscheint noch
etwas Unsicherheit.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann