DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-05-2021 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 16.05.2021 um 10.30 UTC



Nach kurzem Zwischenhocheinfluss am Donnerstag rasch wieder unbeständig und
teils windig. Weiterhin für die Jahreszeit zu kühl.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 23.05.2021


Der Mai bleibt seinem bisherigen Kurs auch in der ab Mittwoch beginnenden
Mittelfrist treu und zeigt der Wonne unverdrossen die "kalte Schulter". Längeres
sonnig-warmes Frühlingswetter scheint er dagegen gar nicht im Programm zu haben,
sodass ein zweiter kalter Monat hintereinander immer wahrscheinlicher wird.

Ausgangslage ist dabei am Mittwoch ein umfangreicher Langwellentrog, der weite
Teile des Nordostatlantiks umfasst und ein Anteil davon über die Nordsee bis
nach Mittel- und Südosteuropa gerichtet ist. Dementsprechend liegt die
Frontalzone südlich von uns und wir befinden uns auf der kalten Seite. Durch die
Zufuhr feucht-kalter Meeresluft liegen die T850 hPa nur bei
unterdurchschnittlichen 0 bis 2 Grad, womit bodennah die 20 Grad kaum erreicht
werden.

Am Donnerstag zieht ein flacher Rücken rasch über uns hinweg, sodass
vorübergehend Zwischenhocheinfluss aufkommt. Dieser wird jedoch schon im
Tagesverlauf wieder untergegraben, da von Westen WLA einsetzt. Sie steht im
Zusammenhang mit einem neuen Tief bei den Britischen Inseln, das in der Höhe mit
einem der vielen Drehzentren des Langwellentrogs verbunden ist. Das der WLA
nachfolgende Frontensystem erreicht in der Nacht zum Freitag Deutschland.

Am Freitag ziehen Höhen- und Bodentief zur Ostsee weiter, wobei der Gradient
über Deutschland zunimmt und ein windiger oder stürmischer Tag ins Haus steht.
Im Süden kommt der Frontenzug des Tiefs ins Schleifen, ganz im Süden kann dann
vorübergehend etwas mildere Luft mit T850 bis 5 oder 6 Grad Fuß fassen.
Ansonsten bringt das Tief einen neuen Schwall frischer Meeresluft mit, sodass
sich bei den Temperaturen wenig ändert.

Samstag und Pfingstsonntag stehen im Zeichen des weiterhin umfangreichen
Langwellentrogs, der weite Teile West-, Mittel- und Nordeuropas überdeckt und
mit kalter Luft flutet sowie die Frontalzone weit im Süden hält. Dass das
Gebilde kaum progressive Verlagerung zeigt, liegt an der starken Blockierung des
Rückens und des Hochs über Russland. In Deutschland sinken die T850 hPa zum Teil
sogar unter 0 Grad.

Auch in der erweiterten Mittelfrist ab Pfingstmontag kommt der Langwellentrog
nicht gegen die Blockierung voran, sodass er in meridionale Richtung nach Süden
ausweichen muss, die Frontalzone südlich von uns hält, eine Zyklogenese über dem
zentralen Mittelmeer hervorruft und das resultierende Tief auf eine Vb-artige
Bahn nach Polen schickt. Hebungsprozesse reichen dann über die Alpen hinweg
zunächst bis in den süddeutschen, anschließend auch in den ostdeutschen Raum.
Nach Nordwesten hingegen könnte sich der Keil eines Azoren-/Biskayahochs
bemerkbar machen, freilich ohne dass sich die Luftmasse von der Temperatur her
nennenswert ändert.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Grundmuster des heutigen 0 UTC-Laufs des EZMW wurde im Vergleich zu den
beiden gestrigen Läufen beibehalten, womit per se erst einmal eine gute
Konsistenz zu verzeichnen ist. Zwei größere Unterschiede fallen dennoch ins
Auge, womit die Konsistenz dann vor allem zum Ende hin doch ziemlich abnimmt. Da
wäre zum einen das Tief, das am Donnerstag und Freitag bei den Britischen Inseln
zu finden ist und gen Osten zieht. Es variiert von Lauf zu Lauf in Stärke und
Position. Vor allem der gestrige 12 UTC-Lauf hatte eine schöne "Schallplatte"
mit einem Kerndruck von unter 978 hPa drin, allerdings mit Zugbahn nördlich von
uns über die Nordsee hinweg. In den beiden anderen Läufen ist der Kerndruck
höher, die Zugbahn jedoch südlicher und über Deutschland hinweg. Mit dem
neuesten Lauf zieht das Tief bei einem minimalen Kerndruck von 994 hPa über
Norddeutschland hinweg. Das würde nicht ganz so stürmisches Wetter zur Folge
haben. Neben dieser Entwicklung fällt zum anderen auch die Entwicklung ab
Sonntag anders aus. Probleme bereitet der Anteil des Langwellentrogs, der nach
Süden amplifiziert. Im neuesten Lauf erreicht er das zentrale Mittelmeer und
induziert dort eine Zyklogenese. In den gestrigen Läufen blieb dieser Anteil
jedoch über Westeuropa mit entsprechenden Tiefdruckgebieten dort statt eines
Hochs über der Biskaya. Auf der Vorderseite der Tiefs würde wärmere Luft nach
Deutschland geführt, was nun durch die neue Konstellation nicht mehr der Fall
ist.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON ist dem EZMW zunächst sehr ähnlich, auch bei der Behandlung des
Donnerstag/Freitag-Tiefs. Die Mittelmeerzyklognese wird statt am Montag aber
schon am Samstag eingeleitet, das Azoren-/Biskaya-Hoch baut sich ebenfalls
früher auf. GFS wiederum zeigt das Donnerstag-Tief noch als "Schallplatte" mit
Kerndruck unter 980 hPA und Zugbahn über die Nordsee hinweg, also ähnlich dem
gestrigen 12 UTC-Lauf des EZMW. Auch in der Folge ähnelt es diesem Lauf mit
einem Tief bei den Britischen Inseln am Sonntag und Montag und der Zufuhr
milderer Luft. GEM räumt den Rücken am Donnerstag mehr Potenzial ein und lässt
ihn länger über Deutschland verweilen, was längeren Zwischenhocheinfluss bringen
würde. Ausläufer des Tiefs würde uns erst Freitagabend erreichen, das Tief
selber bis Sonntag unter Auffüllung langsam in die Nordsee ziehen. Danach deutet
GEM sogar einen ausgeprägten Rücken an, der von Westen her langsam zu uns
hereinschwenken soll. NAVGEM ähnelt dem EZMW, wobei die Zugbahn des
Donnerstag-Tiefs etwas nördlicher verläuft und das Tief sich über der Nordsee
bereits auffüllt. Die anschließende Mittelmeerzyklongenese wird vom Modell nur
angedeutet.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW verlaufen bei T850 hPa für diverse deutscher Städte in
geradlinigen engen Kurven, die sich erst am Freitag ein wenig öffnen. Beim
Geopot 500 hPa sind die Kurven ebenfalls eng gebündelt mit einem
Geopotenzialhoch am Donnerstag und einem anschließenden Absinken auf das
ursprüngliche Niveau. Damit werden flacher Rücken und wiederkehrenden
Trogeinfluss vom Hauptlauf bestätigt. In der erweiterten Mittelfrist zeigen
einige wenige Ausreißer nach oben, dass ein stärkerer Rücken, wie es
beispielsweise das GEM andeutet, im Bereich des Möglichen ist.

CLUSTER:
Zwischen Freitag und Sonntag (t+120 bis 168) gibt es 6 Cluster, die in
unterschiedlichen Konstellationen den Langwellentrog über uns simulieren und
alle das Regime positive NAO aufweisen. Entsprechend entwickelt sich auch das
Tief am Boden unterschiedlich, in keinem der Cluster resultiert aber eine
ausgeprägte Sturmlage für Deutschland.
Von Montag bis Mittwoch übernächster Woche (t+192 bis 240) werden ebenfalls 6
Cluster analysiert (Regime Blockierung wird dominant). Die Cluster sind zum Teil
sehr unterschiedlich in Bezug auf den nach Süden amplifizierenden
Langwellentrog. Eine klare Tendenz gibt es dabei nicht, womit in der erweiterten
Mittelfrist noch vieles möglich erscheint.

FAZIT:
Der Trogeinfluss unter Zufuhr feucht-kühler Meeresluft bis zum Pfingstfest
scheint sicher. Nach kurzem Zwischenhocheinfluss wird das Tief am
Donnerstag/Freitag einigen Wind bringen, eine ausgeprägte Sturmlage ist (bisher)
nicht zu sehen. Nach Pfingsten ist die Reise ungewiss, die Signale sprechen aber
eher nicht für eine durchgreifende Wetteränderung. Die Natur und Landwirte
dürften allerdings erfreut sein, glaubt man der Bauerregel " Ist der Mai kühl
und nass, füllt's dem Bauern Scheun' und Fass".
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
EFI gibt am Freitag und im Südwesten auch am Samstag Signale für
überdurchschnittlich starke Böen. Das EZMW-Ensemble liefert für Freitag
gebietsweise geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen Bft 9 und noch sehr
geringe Wahrscheinlichkeiten für schwere Sturmböen Bft 10. Für Samstag liegen
noch keine Ensemble-Rechnungen vor, die Signale sind jedoch schwächer als am
Freitag.

GEWITTER:
EFI hat zwar keine Wahrscheinlichkeiten für überdurchschnittlich viel CAPE, am
Mittwoch und ab Samstag sind die CAPE-Werte aber dennoch etwas erhöht, was
gebietsweise für Gewitter spricht. Diese können angesichts der jeweils recht
feuchten Luftmasse mit lokalem Starkregen über 15 l/qm, kleinkörnigem Hagel und
am stürmischen Böen, am Samstag auch mit Sturmböen einhergehen.

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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler