DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-05-2021 07:30
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 16.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TrM
Wechselhaft mit Schauern und Gewittern. Nach Norden vornehmlich Starkregen, nach
Süden verstärkt Wind im Vordergrund. Am heutigen Sonntag im Südwesten zum frühen
Abend Potential für Superzellen, Tornados nicht ausgeschlossen. Sonst allgemein
im Süden Wind- und Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... befindet sich nicht nur Deutschland unter dem Einfluss eines
umfangreichen Trogsystems. Sein Zentrum liegt bei den Britischen Inseln und
beeinflusst dabei große Teile von West- und Mitteleuropa. Nun könnte man es sich
leichtmachen und den Tag kurz zusammenfassen mit: Im Tagesverlauf bilden sich
verstärkt Schauer und Gewitter, die örtlich auch kräftiger ausfallen. Klassische
Troglage halt. Tatsächlich lassen sich dann aber doch einige Details
herausarbeiten.

Schaut man sich den Isohypsenverlauf etwas näher an, so lassen sich mehrere
eingelagerte Kurzwellentröge finden. Einer findet sich in den Vormittagsstunden
ausgehend von der Nordsee bis zur Lausitz. Dieser bewegt sich nordostwärts und
erreicht am Nachmittag die Ostsee. Damit in Verbindung steht auch ein Bodentrog,
sodass sich am Boden konvergente Strukturen im Windfeld zeigen. Die Folge ist
eine vermehrte Schauer- und Gewittertätigkeit im Bereich des Troges. Die
Höhenwinde sind nicht sonderlich stark und die resultierende Zuggeschwindigkeit
ist demzufolge auch nicht sehr üppig. Am Nachmittag liegt sie von der
Ostseeküste bis nach Schleswig gerade mal bei 5 bis 10 kn. In diesen Regionen
ist bei ppw-Werten zwischen 17 und 19 mm die Gefahr von Starkregen als
Begleiterscheinung entsprechend erhöht. Vom Wind her dürften Windböen reichen
und Hagel sollte bei CAPE Werten um 300 J/kg, aber kaum Scherung, auch nur
kleinkörnig sein.

Ein zweiter Kurzwellentrog erreicht von Frankreich kommend gerade den Südwesten.
Daran gekoppelt sind auch schon einige Schauer. Bis zum Nachmittag erreicht die
Trogachse dann die mittleren Landesteile. Auch an dieser Linie sind wieder
Schauer gekoppelt, die spätestens in den Mittagsstunden bei vergleichbaren
CAPE-Werten auch gewittrig werden. Die Zuggeschwindigkeiten sind mit 20 kn höher
als im Norden, sodass bei ähnlichen ppw-Werten der Starkregen nicht so sehr im
Vordergrund steht. Mit etwas vorhandener Scherung könnte Hagel etwas häufiger
ein Thema sein, sollte aber in aller Regel auch kleinkörnig bleiben. Bei etwas
besseren Höhenwinden kann man sich neben Windböen auch mal eine einzelne
stürmische Böe vorstellen.

Und damit kommen wir zum dritten und wohl interessantesten Kurzwellentrog, der
von Frankreich kommend erst in den frühen Abendstunden den Südwesten
Deutschlands erreicht. Zum einen kommt es im Vorfeld zu einer gewissen
Feuchteanreicherung, wie man schön den Tendenzfeldern der bodennahen
spezifischen Feuchte entnehmen kann. Zudem erreicht modellkonsistent ein
Windmaximum in mittleren Troposphärenniveaus den Südwesten (850 hPa: 30 kn, 700
hPa: 40 kn). In höheren Troposphärenschichten wird zudem ein linker
Ausgangsbereich vom weiter südlich gelegenen Jet angedeutet. Die resultierende
hochreichende Scherung erreicht Werte um 25 m/s. Folglich sind besser
organisierte Gewitter zu erwarten. Dabei kann dann neben Hagel um 2 cm auch mal
eine Sturmböe auftreten. Gestützt wird das durch die Pseudoreflektivitätsbilder
von ICON-D2, die diskrete Zellen andeuten, die von der Erscheinungsform her
Superzellenstrukur haben. Zudem werden in diesem Bereich erhöhte Werte an
Aufwindhelizität vorhergesagt. Kurzum: Das Potential für einzelne kräftige
Zellen und Superzellen sind zum späten Nachmittag bis in den Abend hinein im
angesprochenen Bereich deutlich erhöht.
Da gleichzeitig auch die bodennahe Scherung ICON-D2 folgend bis auf 15 m/s
steigt, bei gleichzeitig recht niedrigem HKN (um 1000 m) und die Hodographen im
unteren Bereich eine schöne Rechtdrehung zeigen, besteht zudem ein erhöhtes
Potential für Tornados.

Darüber hinaus frischt der Wind im Südwesten auch abseits der konvektiven
Aktivität im Tagesverlauf auf. In freien Lagen in Rheinland-Pfalz und im
Saarland kann es zu Windböen kommen. Auf dem Feldberg im Schwarzwald kann es
Sturmböen geben.

In der Nacht auf Montag beruhigt sich konvektive Aktivität tagesgangbedingt.
Gewitter gibt es dann kaum noch. Schauer sind aber weiterhin möglich, die
vornehmlich an die nordostwärts wandernden Kurzwellentröge gekoppelt sind. Der
Wind lässt abgesehen von höheren Berglagen nach. Gerade im südwestdeutschen
Bergland kann der Wind in der zweiten Nachthälfte wieder Fahrt aufnehmen. Zum
Morgen sind dann auf dem Feldberg im Schwarzwald schere Sturmböen möglich.


Montag... setzt sich die Troglage fort. Der dritte Kurzwellentrog vom Vortag
erreicht bis zum Mittag die Ostsee. Daran ist weiterhin eine verstärkte Schauer-
und später auch Gewitteraktivität gekoppelt. Im weiteren Tagesverlauf erreicht
ein stärker amplifizierter Kurzwellentrog von Westen her Deutschland und kommt
zum Nachmittag bis zur Mitte des Landes voran. Der Isohypsengradient wird durch
die stärkere Amplifizierung vor allem in den nördlichen Landesteilen
auseinandergezogen, sodass die Höhenwinde in der mittleren und unteren
Troposphäre nachlassen. Aber auch weiter nach Süden macht sich dieser Prozess in
einer deutlichen Abnahme der hochreichenden Scherung bemerkbar.

Im Tagesverlauf muss mit dem neuen Trog verstärkt mit Schauern und auch
Gewittern gerechnet werden. Labilität ist soweit ausreichend vorhanden, wie sich
den Prognosesoundings entnehmen lässt. Nach Südosten zeigt ICON eine gewisse
Abnahme der bodennahen spezifischen Feuchte. Dort ist zumindest am Vormittag mit
weniger Schauern und einer nur geringen Wahrscheinlichkeit von Gewittern zu
rechnen. Erst zum späteren Nachmittag und Abend nimmt dann auch dort das
Gewitterpotential wieder zu.
Die Begleiterscheinungen sind im Südwesten und später Süden vor allem Wind- und
stürmische Böen infolge der etwas besseren Höhenwinde, während Starkregen dort
eher eine untergeordnete Rolle spielt. Im Norden spielt der Wind im Allgemeinen
keine Rolle, dort sind die Zuggeschwindigkeiten zwischen 10 und 15 kn nur
moderat, sodass bei ppw-Werten um 18 mm markanter Starkregen im Bereich des
Möglichen liegt. Überall kann es zudem kleinkörnigen Hagel geben.

Der Wind frischt an der Südflanke des von Westen hereinschwenkenden und die
Entwicklung in der Höhe gekoppelten Bodentrogs spürbar auf. So muss auch abseits
der konvektiven Aktivität im Süden und Südwesten ausgreifend bis nach NRW im
Tagesverlauf mit Windböen aus West bis Südwest gerechnet werden. In den
bekannten ungünstigen Lagen sind dann sicherlich auch einzelne stürmische Böen
denkbar. Auf den Berggipfeln gibt es allgemein stürmische Böen und Sturmböen.
Auf den Schwarzwald- und Alpengipfeln auch schwere Sturmböen.

In der Nacht auf Dienstag wandert der Kurzwellentrog in den Nordosten, wo es
weitere Schauer gibt. Die Gewitterfahr nimmt aber deutlich ab. Dahinter schiebt
sich ein kurzwelliger Rücken nach Deutschland. Wetterberuhigung und gebietsweise
größere Auflockerungen sind die Folge. Schon in den Morgenstunden schiebt sich
aber der nächste Kurzwellentrog in den Westen Deutschland, sodass vorderseitig
die Konvektion ausgreifend bis in die mittleren Landesteile wieder zunimmt.

Der Wind lässt in der Nacht allgemein deutlich nach. Im höheren Bergland bleibt
er allerdings lebhaft mit stürmischen Böen auf den Gipfeln. Auf den Schwarzwald-
und Alpengipfeln gibt es weiter Sturmböen und einzelne schwere Sturmböen.

Dienstag... setzt sich das alte Muster fort. Deutschland verbleibt im
Einflussbereich des Troges und der neue Kurzwellentrog schiebt sich von Westen
allmählich ist ostwärts und erreicht in den Abendstunden den Osten des Landes.
Eine rege Schauer- und Gewittertätigkeit ist die Folge. Etwas ausgenommen ist
übereinstimmend zwischen den verschiedenen Modellen der Norden des Landes. Dort
ist ein schwacher Bodenhochkeil wirksam. Die Lapse Rates sind nicht mehr ganz so
steil, die Luftmasse etwas trockener. Alles nur Kleinigkeiten, in der Folge wird
aber kaum bis kein CAPE gerechnet und auch die Bodenwinde sind in diesem Bereich
eher divergent. Weniger Schauer und nur eine geringe Gewittergefahr sind die
Folge.

Am höchsten ist das Gewitterpotential über der nördlichen Mitte von NRW bis nach
Südbrandenburg und Sachsen. Dort zeigen die Bodenwinde, aber auch die Winde in
der mittleren Troposphäre (z.B. 850 hPa) eine konvergente Struktur. Bei
weiterhin nur moderaten Höhenwinden besteht entsprechend Starkregenpotential.
Ansonsten ist bei geringen Scherwerten allenfalls kleinkörniger Hagel möglich
und es kann Windböen geben.

Wind ist auch allgemein im Süden ein Thema. Dort sind häufiger Windböen zu
erwarten, im höheren Bergland stürmische Böen, auf den Bergen Sturmböen, auf den
Alpengipfeln auch schwere Sturmböen.

Im Bergland hält der Wind auch in den Nachtstunden an, während er in tiefen
Lagen wieder nachlässt. Die Schauertätigkeit nimmt tagesgangbeding ab, Gewitter
gibt es kaum noch. Zudem wandert der KW-Trog ostwärts ab und ein flacher
kurzwelliger Rücken schiebt sich von Westen herein und auch am Boden ist im
Süden ein Bodenhochkeil zu erkennen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich auch bzgl. Der verschiedenen Kurzwellentröge im
Kurzfristbereich ziemlich einig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer