DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-05-2021 07:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrW
Troglage mit tagesgangbedingtem Aufflackern der Konvektion und Gewittern
gebietsweise bis in den markanten Bereich. Zudem im Bergland teils stürmisch. Am
Montag von der Mitte bis in den Süden auch außerhalb der Konvektion windig.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Samstag... arbeitet das Wetter weiter daran, dass der "Wonnemonat" Mai seinem
Namen keine Ehre macht und in Sachen sonnig-warmes Frühlingswetter trotz
beachtlichem Vegetationsschub in den vergangenen Tagen weiterhin auf keinen
grünen Zweig kommt. So wird das aktuelle Temperaturdefizit in den kommenden
Tagen kaum abgebaut, was letztlich - vorbehaltlich eines möglichen warmen
Endspurts - zum zweiten zu kalten Monat hintereinander führen könnte. Zuletzt
gab es das übrigens im Februar und März 2018.
Als Ausgangslage für die unbeständigen und für die Jahreszeit zu kühlen Tage der
Kurzfrist fungiert ein Höhentrog, der sich über den Britischen Inseln
positioniert hat und daher als Großwetterlage "Trog Westeuropa (TrW)"
klassifiziert werden kann. Anteile davon reichen bis nach Deutschland, zudem
werden wiederholt kurzwellige Randtröge zu uns gesteuert.
Am Boden spiegelt sich die Situation durch Tief LOTHAR westlich der Britischen
Inseln wider, das Tief befindet sich achsensenkrecht unter einem Drehzentrum in
der Höhe und ist daher in seiner Entwicklungsfähigkeit schon eingeschränkt. Das
okkludierende Frontensystem des Tiefs erreicht, geführt durch einen flachen
Randtrog, in den Vormittagsstunden den Südwesten Deutschlands mit leichten
Regenfällen. Zum Nachmittag hin breiten sich die Niederschläge bis in die Mitte
bis auf eine Linie Rheinland - Nordhessen - Nordbayern aus, wobei sie dann durch
den Tagesgang konvektiver werden und vereinzelt von Blitz und Donner begleitet
sein können. Gegen Gewitter spricht jedoch stärkere Bewölkung, die vielerorts
bereits im Vorfeld des Frontenaufzugs vorhanden ist. Das äußert sich auch in den
Gewitterparametern, die mit Lapse Rates um etwa -0,65 K/100 m, ML-CAPE Werten um
100 J/kg und PPW's von 10 bis 15 mm eher dünn sind. Die Niederschlagsmengen
betragen entsprechend 1 bis 10 l/qm, in kräftigen Schauer etwas mehr.
Starkregensignale bleiben gering. Bei den anderen Wettererscheinungen sind
kleinkörniger Hagel und starke Böen Bft 7 denkbar. Am stärksten sind die Signale
für Gewitter am Nachmittag von der Eifel bis zum Saarland und der Pfalz, wenn
der Randtrog neue Hebungsimpulse (PVA) mitbringt.
Meist trocken bleiben soll es am Nachmittag nach nassem Start in Südostbayern,
zuvor zieht dort am Vormittag ein skaliges Niederschlagsgebiet im Hebungsbereich
des Left-Exit-Region des Trogs durch und dann nach Osten ab.
Im Süden Baden-Württembergs kommt das Frontensystem am Nachmittag ins Schleifen,
sodass dort länger andauernde Niederschläge aufkommen.
Weiter nach Norden und Osten baut sich im Tagesverlauf durch mehr
Sonneneinstrahlung größere Labilität auf. Die Lapse Rates erreichen bis -0,72
K/100 m, ML-CAPE bis zu 550 J/kg und die PPW's bis zu 20 mm. Scherung ist zwar
kaum vorhanden, allerdings zeigt das Bodenwindfeld eine konvergente Struktur,
die noch Reste der gestrigen Konvergenz sind und in den nächsten Analysen
vermutlich wieder gefunden werden kann. Jedenfalls zeigen die Modelle recht
kongruent den Aufbau einer Gewitterlinie, die sich ab dem Mittag knapp nördlich
der Mittelgebirgsschwelle etwa auf einer Linie vom Niederrhein über
Ostwestfalen, dem Harz und bis in den Berliner Raum bildet, um anschließend nach
Norden zu wandern und bis zum Abend die Küstenlinie zu erreichen. Die
Begleitumstände sind lokaler Starkregen zwischen 15 und 25 l/qm, starke Böen Bft
7, vereinzelt auch stürmische Böen Bft 8 und kleinkörniger Hagel. Ganz unmöglich
scheint es nicht zu sein, dass lokal auch die Unwetterschwelle von 25 l/qm Regen
in kurzer Zeit gerissen wird, vor allem, wenn die Konvergenz nach Norden hin
langsamer vorankommt (nördlich von Deutschland bremst Tief KAI). Des Weiteren
lassen niedrige Wolkenbasen (zum Teil bei 600 m) bei fehlender Scherung an der
Konvergenz insbesondere im Nordwesten "Landspouts " (Typ-2-Tornados) möglich
erscheinen.
Zwischen Konvergenz und dem Frontensystem gibt es vorübergehend
kompensatorisches Absinken, sodass dort die Niederschlagsaktivität ein wenig
gehemmt wird.
Vor der Konvergenz ist es ebenfalls meist trocken und die Sonne scheint
zeitweise.
Bleibt noch der Wind zu erwähnen, der vom Gradienten nicht allzu viel erwarten
lässt. So reicht es außerhalb der Konvektion nur in den Bergen für starke bis
stürmische Böen, exponiert auf dem Feldberg im Schwarzwald für Sturmböen Bft 9
aus Südwest. Ansonsten weht der Wind schwach bis mäßig.
Die Tageshöchsttemperaturen liegen zwischen sehr kühlen bzw. kühlen 10 Grad in
der Eifel und bis zu 18 oder 19 Grad bei längerem Sonnenschein im Nordosten.

In der Nacht zum Sonntag verbleiben wir unter dem Einfluss des Trogs, dessen
Drehzentrum Irland erreicht und Tief LOTHAR mitschleppt. Die Okklusion des
Tiefs, das einen Ableger über der Nordsee bildet, zieht im Laufe der Nacht mit
Schauern (Regenmengen meist 1 bis 8 l/qm) bis zur Küste weiter. Die dort abends
noch liegende Konvergenz verabschiedet sich zuvor rasch nach Norden und löst
sich bei fehlendem Tagesgang bald auf.
In der Mitte werden ebenfalls lokal Schauer generiert, die mit kurzwelligen
Randtrögen zustandekommen, nachts aber nur noch selten elektrischer Natur sind.
Die Regenmengen betragen ebenfalls 1 bis 12 l/qm, lokal kann es etwas mehr
geben.
Ganz im Süden ist ein weiteres Niederschlagsgebiet zu finden, dass der
schleifenden Front von LOTHAR bzw. seines Teiltiefs geschuldet ist.
Die 12-stündigen Niederschlagsmengen liegen dort zwischen 10 und 20 l/qm,
Dauerregenschwellen werden wohl nicht erreicht.
Der Wind schwächt sich in der Nacht wieder ein wenig ab, in höheren Lagen sind
aber noch starke bis stürmische Böen dabei.
Zwischen den verschiedenen Niederschlagsschwerpunkten ist es zeitweise trocken
und vereinzelt lockert es auf.
Die Temperaturen sinken auf 10 bis 3 Grad.

Sonntag... kreist der Trog um sich selbst, ohne nennenswerte räumliche
Fortschritte zu machen. Am Boden dominiert weiter der Tiefdruckeinfluss von
LOTHAR und seinem Kompagnon, allerdings findet man keine Fronten mehr bei uns.
Das lässt verbreitet Schauer und Gewitter erwarten, wobei erneut kurzwellige
Anteile des Trogs den notwendigen Input durch PVA liefern.
Hinsichtlich der "Zutaten" für Gewitter sind ML-CAPE Werte bis zu 300 J/kg,
Lapse Rates bis zu -0,72 K/100 m und PPW's von 15 bis 20 mm zu finden. Das
sollte für Gewitter mit lokalem Starkregen über 15 l/qm in kurzer Zeit,
kleinkörnigen Hagel und starken, lokal auch stürmischen Böen Bft 8 gut sein.
Möglicherweise bildet sich auch wieder eine Konvergenzlinie aus, an der etwas
kräftigere Gewitter möglich sind.
In der Mitte und im Süden ist durch etwas Scherung zudem die
Hagelwahrscheinlichkeit leicht höher.
Der Wind füttert sich wie am Samstag vornehmlich aus der Konvektion, womit Böen
meist auf Schauer und Gewitter bezogen bleiben. Im Bergland treten sie aber
weiterhin auf. Dort wehen sie stark bis stürmisch, auf dem Feldberg/Schwarzwald
gibt es Sturmböen. Ansonsten ist der Südwestwind schwach bis mäßig, im Südwesten
teils frisch.
Die Temperaturen steigen erneut nur auf 11 bis 17 Grad.

In der Nacht zum Montag lässt sich keine große Änderung der Wetterlage
konstituieren. Schauer und Gewitter lassen tagesgangbedingt vielfach nach. Vor
allem im Nordosten lockern die Wolken zum Teil auf. Nach Westen und Süden nähert
sich jedoch ein neuer Randtrog, dessen Hebung neue dichte Wolken und
schauerartige Regenfälle aufkommen lässt. Gewitter sind dabei nur selten. Die
Niederschlagsmengen betragen 1 bis 10 l/qm, in Staulagen 10 bis 20 l/qm (keine
Dauerregensignale).
Der Wind schwächt sich wieder etwas ab, im Süden weht er allerdings mäßig und in
Böen frisch. Im Bergland gibt es weiterhin starke bis stürmische Böen und auf
dem Feldberg Sturmböen.
Die Temperaturen gehen auf 10 bis 3 Grad zurück.

Montag... findet eine Transformation der Großwetterlage von TrW zu TrM statt.
Für Deutschland könnte man sagen, dass wir vom Regen in die Traufe kommen, was
die Natur aber natürlich erfreut. Als Mitspieler gesellt sich Tief LOTHAR hinzu,
das die Niederlande erreicht.
Erneut ist also rege Konvektion zu erwarten, Schauer und Gewitter dürften noch
häufiger vorkommen als an den Vortagen. Die Lapse Rates liegen meist bei -0,72
K/100 m, ML-CAPE bei bis zu 300 J/kg, die PPW's außer ganz im Südosten bei 15
bis 20 mm. Das lässt neuerlich markante Gewitter erwarten mit starken bis
stürmischen Böen, lokalem Starkregen und kleinem Hagel. Bei fehlender Scherung
ist jedoch kaum mit größeren organisierten Strukturen zu rechnen.
Nach Süden hin nimmt außerdem mit dem herannahenden LOTHAR der Gradient zu,
sodass es von der Mitte bis in den Süden zu starken bzw. exponiert stürmischen
Böen aus Südwest kommt. Im Bergland sind Sturmböen dabei, auf dem Feldberg auch
schwere Sturmböen.
Die Temperaturen bleiben mit 11 bis 18 Grad gedämpft.

In der Nacht zum Montag lassen die Schauer und Gewitter aufgrund des Tagesgangs
erneut meist nach. Allerdings gibt es wie in der Vornacht in der Mitte und im
Süden zeitweilige Regenfälle, die neuerlich durch eine von Frankreich
heranziehenden Kurzwelle verursacht werden. Die Niederschlagsmengen betragen
zwischen 1 und 10, in Staulagen bis zu 15 l/qm in 12 Stunden. Im Norden lockern
die Wolken dagegen zeitweise auf.
Im Bergland sind weiterhin starke bis stürmische Böen unterwegs, im Bergland
Sturmböen.
Die Tiefstwerte liegen zwischen 9 und 3 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle sind sich bei der Großwetterlage einig. Naturgemäße Unterschiede im
Detail vor allem bei räumlichen Exposition von Schauern und Gewittern lassen
sich nicht vermeiden. Die Konvergenzlinie am heutigen Samstag wird von allen
Modellen ähnlich erfasst, womit die markanten Gewitter im Norden auf einer
soliden Basis fußen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler