DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-05-2021 17:01
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Mai der Wonnemonat für die Pflanzen - regnerisch und wenig Sonne, im Osten
Potential für schwere Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der Ostflanke eines hochreichenden Tiefs bei
Irland in einer kräftigen südwestlichen Grundströmung. Der zum Höhentief bei
Irland gehörende Langwellentrog erstreckt sich dabei über den Ostatlantik und
die Iberische Halbinsel hinweg bis nach Nordwestafrika. Bodennah verläuft
ausgehend vom Tief ein Frontenzug über Dänemark und Westdeutschland hinweg bis
in den westlichen Mittelmeerraum. Die Luftmassengrenze trennt dabei sehr warme
Subtropikluft aus dem Mittelmeerraum von deutlich kühlerer Atlantikluft.
Potentielle Konvektion an der Kaltfront wird jedoch durch das Überlaufen dieser
von KLA gedämpft.

Zudem konnte sich durch das Überströmen der Alpen im Alpenvorland ein Lee-Tief
bilden, an dem sich schließlich eine Konvergenzlinie von Mecklenburg bis in den
Alpenraum zieht. Die trockene Luft sowie die recht hohe Wolkenuntergrenze und
somit hohe Auslösetemperatur lassen aber kaum hochreichende Quellungen zu.
Allenfalls mit Unterstützung der Orographie könnte am Abend von der Donau
nordwärts noch etwas in Sachen Konvektion gehen. Ähnliches gilt auch für das
Erzgebirge, wo ebenfalls die Orographie hilft, um zumindest ein geringes
Gewitterrisiko aufrecht zu halten. Im Nordosten, wo sich ein weiteres Tief
breitmachen soll, könnte durch dynamischen Input vielleicht etwas mehr gehen.
Aber auch dort ist die Luft hochreichend noch sehr trocken, was wohl wenig
Hoffnung lässt. An den Alpen selber zerstört der Föhn alle
Konvektionshoffnungen. Insgesamt kann aber festgehalten werden, dass die
Entwicklungsbedingungen bei einer Auslösung nicht schlecht sind. Bei Cape-Werten
bis 600 j/kg, PPW bis 27 mm und einer mäßigen Scherung in Höhen bis 6 km könnten
starke, vielleicht lokal auch schwere Gewitter mit heftigem Starkregen und Hagel
folgen.

Kompensierendes Absinken zwischen dem Lee-Tief im Süden Deutschlands und dem
tiefen Luftdruck über Nordwesteuropa stützt gleichzeitig ein flaches und
schwaches Hoch über Ostfrankreich und der Oberrheinregion. Nachfolgend kann sich
über Baden-Württemberg teils eine zur Höhe gegenläufige, nördliche bis
nordwestliche Bodenströmung einstellen. Zudem wirkt allmählich auch WLA eines
Tiefs über Südostfrankreich in der deutschen Wetterküche mit. Insgesamt werden
demnach im Umfeld der Front schauerartig verstärkte Regenfälle erwartet, die
sich vom Südwesten bis nach Schleswig-Holstein ausbreiten.

In der Nacht zum Dienstag bleiben die großskaligen Strukturen weitgehend
bestehen. Allenfalls schwenkt der Langwellentrog leicht ostwärts, was ein
weiteres Aufsteilen der Strömung zur Folge hat. Zudem wird mit der Südströmung
ein Kurzwellentrog nordwärts geführt, der vor allem in 850 hPa stark ausgeprägt
ist und über Unterfranken ein Drehzentrum aufweist. Bodennah korreliert dieses
mit einem Tief über Südostbayern. Ausgehend von diesem soll sich eine
Tiefdruckrinne bis in den Ostseeraum erstrecken in die weiter eine harmlose
Konvergenzlinie zu finden ist. Die Luftmassengrenze befindet sich etwa von
Fehmarn bis zum Schwarzwald und wird durch die östliche bodennahe Komponente
quasistationär bis retrograd. Entsprechend können sich die von WLA gestützten
und teils von PVA intensivierte und somit vor allem am Ostrand konvektiv
durchsetzte Aufgleitniederschläge über Niedersachsen, Hamburg und
Schleswig-Holstein austoben und hier oder da auch die Schwellen zum
6-stündigen-Starkregen oder 12-stündigen Dauerregen erreichen. Im Südwesten wird
die Front durch PVA aktiviert, die vertikalen Umlagerungen reichen aber wohl nur
zu schauerartigem Regen und kaum für Gewitter. Interessant bleibt aber auch der
Temperaturgradient in 850 hPa. Während im Westen im Bereich der Atlantikluft die
Werte bei 4 bis 8 Grad liegen, werden im Südosten Bayerns mithilfe des Föhns bis
17 Grad prognostiziert werden.

Dienstag ... schwenkt der Langwellentrog ausgehend vom Höhentief bei Irland mit
seiner Achse weiter ostwärts und stützt bodennah ein Tief über dem Golf von
Genua bzw. Nordwestitalien. Über Deutschland bleiben die Verhältnisse
vergleichbar zum Vortag. Ausgehend vom Lee-Tief über Südostdeutschland erstreckt
sich noch immer eine Tiefdruckrinne nordwärts bis zur Ostsee und enthält auch
weiter eine Konvergenzlinie. An dieser könnte aber etwas mehr Spannung
aufkommen. Bevorzugt im östlichen Mittelgebirgsraum könnte sich vielleicht etwas
feuchte Luft ausbreiten und so die Chancen hochreichender Umlagerungen
verbessern. Orographisch unterstützt zeigen die Modelle vom Thüringer Wald und
Westerzgebirge nordwärts Hinweise für starke, teils schwere Gewitter. Zudem wird
von der deutschen Modellkette auch der Bayerische Wald und die Oberpfalz als
Auslösungsort angeboten. Bei Cape-Werten bis 1500 j/kg, PPW bis 33 mm sowie
mäßiger Scherung könnte bei Auslösung durchaus die "Post abgehen". Dann wären
heftiger Starkregen und größerer Hagel in Reichweite. Der große Gegenspieler ist
und bleibt aber die trockene Luft.

Die Luftmassengrenze konnte sich durch die bodennah östlichen Winde im Norden
und Nordosten des Landes nun wieder westwärts verschieben, sodass diese nun etwa
vom Emsland bis zum Hochrhein verläuft. Im Nordwesten intensiviert dabei WLA die
meist skaligen Niederschläge, während im Südwesten kurzwellige Anteile die
Finger mit im Spiel haben und dem Regen teilweise einen "schaurigen" Charakter
verleihen.

Ab dem Abend bekommt das Lee-Tief samt Tiefdruckzone etwas Schub von dem sich
annähernden Langwellentrog. Dieser soll sich in der Nacht mit seiner Achse von
Cornwall bis nach Mittelitalien ziehen und am Boden mit einer Tiefdruckzone von
Italien bis zum Balkan korrelieren. Die Grundströmung bekommt damit eine
südöstliche Ausrichtung und verlagert das ehemalige Lee-Tief bis an die
Ostseeküste. Einhergehend bekommt die kühlere Atlantikluft auf der Südflanke
Schwung nach Osten voranzukommen. Da die Kaltfront allerdings von KLA überlaufen
wird, wird potentieller Konvektion wieder das Wasser abgegraben. Nachfolgend
werden demnach überwiegend skalige Niederschläge den Süden und den Osten
einnehmen. Allenfalls vom Erzgebirge bis nach Vorpommern kann ein kurzwelliger
Anteil sowie das Tief über der westlichen Ostsee mitwirken und die Konvektion
antreiben. Entsprechend gibt es von den Modellen Hinweise auf starke Gewitter
von Sachsen bis nach Brandenburg. Durch die weiter hohen PPW-Werte steht auch
der Starkregen im Fokus, der lokal auch die Unwetterschwelle von 25 l/qm pro
Stunde erreichen kann.

Mittwoch ... wirbelt das hochreichende Zentraltief unter
Abschwächungserscheinungen weiter über den Britischen Inseln und Irland. Der zum
Tief gehörende Langwellentrog ist ebenfalls noch südostwärts orientiert und
weist über der nördlichen Adria das Drehzentrum auf, welches wiederum die
Tiefdruckzone über der Adria, der Balkanregion sowie dem Bereich Österreich,
Ungarn und Slowakei stützt. Die Luftmassengrenze liegt dabei nun leicht östlich
von Oder und Neiße und verbindet somit die Tiefdruckzone mit einem Tief über
Südschweden. Vor allem PVA sorgt schließlich im Süden sowie dem zentralen und
östlichen Mittelgebirgsraum Deutschlands für Hebung und somit weitere, teils
schauerartig verstärkte Niederschläge. Ein schwacher Rücken, der von Polen über
die Mitte Deutschlands hinweg bis nach Südfrankreich reicht und am Boden mit
einer Hochdruckzone über der Westhälfte des Landes sowie den Benelux-Staaten und
Ostfrankreich in Verbindung steht, dämpft gleichzeitig Hebungsprozesse im Norden
und Westen des Landes.

Doch die Luftmassengrenze mit der wärmeren Luft im Schlepptau gibt sich noch
nicht geschlagen. In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich ein Tief vom
Balkanraum nach Südpolen und schiebt die Luftmassengrenze von Osten her wieder
ins Land. Vorderseitig der Warmfront wird zudem WLA wetterwirksam. Da zudem auch
aus der Höhe infolge von PVA Unterstützung bereitsteht, kommen wohl vom
östlichen Erzgebirge und dem Zittauer Land bis nach Brandenburg vertikale
Umlagerungen in Gang, die schließlich in starke Gewitter münden können. Durch
die hohen PPW-Werte wäre dabei der Starkregen erneut im Fokus. Ansonsten ändert
sich beim Wetter im Land nur wenig. Im Süden und der Mitte regnet es,
angetrieben durch WLA und PVA weiter, wobei in Ostbayern auch größere
Regenmengen zusammenkommen können. Der Nordwesten und Südwesten profitieren
dagegen noch von hohem Luftdruck und Absinken, sodass es dort weitgehend
niederschlagsfrei bleibt.

Donnerstag ... kann sich dann gestützt von dem Trog über Westeuropa, der sich
weit nach Süden und Südosten erstreckt, ein Tiefdrucksumpf von Frankreich bis
nach Osteuropa ausbilden. Dieses Sumpfgebiet soll dann über dem Ärmelkanal,
Norditalien und natürlich über Polen Drehzentren aufweisen, die je nach Lage und
Zusammenspiel Hebung generieren. Für das Wetter in Deutschland bleibt aber
weiter auch die Luftmassengrenze ein Thema, die sogar noch etwas weiter
westwärts vorankommt und etwa von Mecklenburg bis zum Zittauer Land liegt. Eine
potentielle Gewittergefahr besteht dabei auf der Ostseite der Front im warmen
Bereich. Ansonsten kombinieren sich WLA und PVA zu teils länger anhaltenden,
schauerartigem Regen, der nur wenige Regionen des Landes verschont. Bei
Temperaturen in 850 hPa zwischen 1 und 7 Grad ist die Luft auch nur mäßig
temperiert.

Damit bleibt der Mai wohl weiter nur für die Pflanzenwelt ein Wonnemonat.
Grillfans müssen weiter warten und die Erinnerungen an den kurzzeitigen
Maisommer vom gestrigen Sonntag und teils heutigen Montag nutzen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großskaligen Geopotential- und Luftdruckverteilungen
vergleichbar. Allerdings gibt es für solche Wetterlagen die typischen
Unterschiede im Detail. Die genaue Lage und Verlagerung der Luftmassengrenze,
sowie entsprechende Schwerpunkte für vertikale Umlagerungen wird teils
abweichend wiedergegeben. Zudem gibt es auch am morgigen Dienstag sowie auch am
Mittwoch größere Unsicherheiten bei der Gewitterauslösung, die mehr oder weniger
von allen Modellen abgebildet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel