DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-05-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.05.2021 um 10.30 UTC



In der Osthälfte anfangs Dauerregen, am Freitag und am Wochenende weiterhin
unbeständig mit Schauern und einzelnen Gewittern.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 17.05.2021


Am Donnerstag, zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraumes, agieren für das
Wetter in Deutschland zwei Protagonisten: Ein Langwellentrog mit Drehzentrum
über bzw. bei den Britischen Inseln sorgt hierzulande für eine hauptsächlich
südliche Höhenströmung. Dagegen liegt über Südostpolen ein Tief, das am Boden
eine nördliche Strömung hervorruft. Durch diese Gegenstromlage kommt es (wie
schon in den Tagen zuvor) zu anhaltenden Aufgleitniederschlägen in der Osthälfte
Deutschlands. Im Norden kommen diese Niederschläge mit Verlagerung der Warmfront
im Tagesverlauf sogar noch etwas nach Westen voran. Den Westen und Südwesten
erreicht im Tagesverlauf nach Lesart des IFS hingegen ein schwacher
Tiefausläufer. Ob die Labilität dort für einzelne Gewitter ausreicht, bleibt
abzuwarten. Über dem Nordosten bleibt die Zone mit etwas erhöhter Labilität und
Potenzial für einzelne Gewitter wahrscheinlich außen vor.
Dadurch, dass ein Kaltlufttropfen von Belarus in Richtung Gotland zieht, nimmt
die Gegenstromlage zum Tageswechsel ein allmähliches Ende. Die Temperatur im 850
hPa-Niveau liegt meist um 3 °C, im Nordosten auf der "warmen" Seite bei knapp 7
°C.

Am Freitag weitet sich der Trog über Westeuropa weit nach Süden aus. Seine
Trogachse überstreicht das westliche Mittelmeer und erreicht zum Tageswechsel
das Tyrrhenische Meer. In der südwestlichen Höhenströmung laufen zeitweise
kurzwellige Anteile über Deutschland hinweg nach Norden und sorgen - zum Teil
zusammen mit der Rinnenstruktur am Boden - für zeitweilige schauerartige
Niederschläge, mitunter auch für Gewitter. Zwar werden diese meist von der
Kategorie her "gelb" sein, lokal eng begrenzter Starkregen lässt sich aber wegen
der geringen Zuggeschwindigkeit nicht gänzlich ausschließen. Am T850-Niveau
ändert sich wenig, nur dass auch im Südosten etwas mildere Luft einfließt. Zudem
muss man seinen Blick so langsam auf den Atlantik lenken, denn dort nähert sich
an der Westflanke des Troges ein Tief, das flott Kurs auf die Bretagne nimmt.

Am Samstag steht das Wettergeschehen im Vorhersagegebiet voll im Zeichen des
mittlerweile von den Britischen Insel bis zum Balkan weisenden Troges. So stehen
zahlreiche Schauer und - meist "gelbe" - Gewitter in Haus. Während die T850
zwischen 2 und 6 °C liegt, werden in 500 hPa Werte zwischen -26 und -20 °C
erreicht. Das o.e. Tief erreicht morgens die Bretagne, schwächt sich aber in der
Folge ab. Gleichzeitig kommt es über Oberitalien zu einer Zyklogenese, das Tief
"plustert" sich im Tagesverlauf weiter auf und verlagert sich sukzessive
ostwärts. Dadurch stellt sich eine Gegenstromlage ein, die abends und nachts vor
allem über dem Osten zu gebietsweisen Regenfällen führt.

Am Sonntag tropft der Trog zum Balkan ab, das Residuum beeinflusst unser Wetter
vor allem in der Südwesthälfte weiter mit Schauern und Gewittern. Das
angesprochene Tief findet sich mittags über Rumänien. Dabei hält die
Gegenstromlage im Osten und Nordosten (in der Höhe Süd bis Südwest, am Boden
eher nördliche Richtung) an, sodass es dort weiter regnet. Über Frankreich kann
man bereits tagsüber einen Keil eines leicht verschobenen Azorenhochs sehen,
der, gestützt durch einen flachen Rücken, in der Nacht zum Montag von Westen her
vorübergehend für eine Wetterberuhigung sorgt.

Am Montag ziehen die allerletzten Trogreste auch aus dem Nordosten ab.
Gleichzeitig muss man aber schon wieder den Blick nach Westen lenken, wo,
korrespondierend mit dem immer noch existenten Höhentiefdrehzentrum ein
Bodentief über Wales und England hinweg zu den Forties zieht. Sein Frontensystem
erreicht den Westen am Vormittag und sorgt für Regen, der in der Nacht zum
Dienstag auch weite Teile des Ostens erfasst. Während im Warmsektor die T850
auf 4 bis 10 °C ansteigt (im Norden kommt das System okkludiert rein und es
bleibt bei Werten um 3 °C), geht es rückseitig der Kaltfront, an der es auch
schauerartig verstärkt regnen kann, auf Werte um 1 oder 2 °C runter. Zudem nimmt
vor allem in der zweiten Tageshälfte der Gradient zu, sodass vor allem im Westen
mit steifen, teils auch stürmischen Böen gerechnet werden muss.

In der erweiterten Mittelfristgeht es nach Lesart des aktuellen IFS-Laufes
unbeständig weiter, wobei noch etwas kältere Luft (T850 zum Teil unter 0 °C)
herangeführt wird. Dann stünde insbesondere in der Nacht zum Mittwoch noch
einmal Bodenfrost auf dem Tableau. Das ist vor allem erwähnenswert, weil wir uns
dann schon einige Tage nach den Eisheiligen befinden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Im Vergleich mit seinen Vorläufen zeigt der heutige 00-Lauf eigentlich nur für
den Donnerstag eine gute Konsistenz, wobei die Aufgleitniederschläge natürlich
den für die Mittelfrist üblichen Unschärfen unterworfen sind.
Ein Abtropfen des Troges wird nun viel später simuliert, was ein insgesamt
niederschlagsreicheres Wochenende zur Folge hat, da nun nicht mehr nur der
Südosten betroffen ist. Der Kaltluftvorstoß in der erweiterten Mittelfrist
erhärtet sich hingegen zunehmend.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Freitag zeigen IFS, ICON und GFS in großräumigen Skalen kaum Unterschiede.
Zum Wochenende nehmen die Unterschiede zu, jedoch zeigen alle Modelle zyklonale
Strukturen am Boden und in der Höhe. IFS steht zwar mit seiner südlichen
Tiefzugbahn am Samstag allein auf weiter Flur, dafür lässt ICON schon an diesem
Tag ein neues Frontensystem hereinziehen. Diese wird am Sonntag über
Süddeutschland rückläufig. Am Sonntag hat die Trogachse bei ICON Deutschland
schon vollständig überquert, bei IFS liegen wir mitten drunter und bei GFS gibt
es einen breit angelegten Trog über weiten Teilen West- und Mitteleuropas.
Dieser soll am Montag über Mitteleuropa bis nach Oberitalien vorstoßen, während
ICON dann eine relativ glatte Höhenströmung mit einem Wellentief über
Ostfriesland zeigt. Bemerkenswert ist auch, dass GFS bereits am Montag einen
Kaltluftvorstoß zeigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für eine repräsentative Auswahl deutscher Städte zeigt bis
Montag einen stark gebündelten Verlauf der Kurvenschar hinsichtlich der
Temperatur im 850 hPa-Niveau, wobei die Kurven von Haupt- und Kontrolllauf im
Norden eher am oberen Rand, in der Mitte zentral und im Süden tendenziell eher
am unteren Rand der wahrscheinlichsten Lösung verläuft. Viel Unterschied macht
das aber ohnehin nicht. Ab Montag streuen die Kurven dann merklich stärker,
wobei Haupt- und Kontrolllauf mit ihrem weiteren Rückgang fortwährend im Bereich
der wahrscheinlichsten Lösung bleiben. Es gibt aber auch einige Member, die
wärmere Szenarien anbieten.
Beim 500 hPa-Geopotenzial ist die Streuung schon ab dem Wochenende merklich.
Dabei liegen Haupt- und Kontrolllauf durchweg am unteren Ende der
wahrscheinlichsten Lösung. Es bleibt also abzuwarten, ob der Trogeinfluss
tatsächlich so groß sein wird. Allen Kurven der Schar ist jedoch gemein, dass
sie den Wendepunkt in der Nacht zum Samstag sehen.
Niederschlagssignale sind für alle Städte durch die Bank weg zu finden.
Besonders im Norden und Osten übertrifft der Kontrolllauf aber häufig die
Ensemblemember und den deterministischen Lauf.
Beim Clustering gibt es für den Zeitraum von Donnerstag bis Freitag (T+72...96h)
drei Cluster, die mit 27, 13 und elf Membern besetzt sind. Haupt- und
Kontrolllauf lassen sich dem zweiten Cluster zuordnen. Für Mitteleuropa zeigen
sich dabei zunächst kaum prognoserelevante Unterschiede.
Zwar gibt es für den Zeitraum Samstag bis Montag weiterhin nur drei, mit 24, 22
und fünf Membern besetzte Cluster, aber sie haben durchaus unterschiedliche
Szenarien für Mitteleuropa im Programm. Dadurch, dass Haupt- und Kontrolllauf
mit dem ersten Cluster korrespondieren, verwundert es nicht, dass dieser Cluster
genau dieses Szenario zeigt. Im zweiten Cluster tropft der Trog im Laufe des
Samstags über Italien ab. Im dritten Cluster geschieht dieses Abtropfen noch
weiter westlich und südlich. Das hat beim zweiten und dritten Cluster zur Folge,
dass am Montag ein Rücken inkl. eines Bodenkeils unser Wetter bestimmen würde.
Dieses Szenario ist aufgrund der Besetzung ähnlich wahrscheinlich wie die
Variante des ersten Clusters. Es bleibt also spannend...
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Nach Abklingen der Aufgleit-Dauerniederschläge, die zum Teil zu markanten Mengen
führen können, sind flächenhafte signifikante Wetterereignisse vorerst nicht zu
erwarten. Die am Freitag und übers Wochenende auftretenden Gewittern sind meist
"gelber" Natur, können aber wegen der geringen Zuggeschwindigkeit lokal eng
begrenzt hinsichtlich Starkregens auch mal markant bewarnt werden.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMix
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VBZ Offenbach / M.Sc. Met. Stefan Bach