DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

09-05-2021 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 09.05.2021 um 10.30 UTC



Unbeständig und durchschnittlich temperiert. Dabei im Osten anfangs noch
Gewittergefahr, im Südosten gebietsweise Dauerregen möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 16.05.2021


Nach einem frühsommerlichen Intermezzo, das durch schwere Konvektion oder
kräftige Regenfälle schon zu Beginn der kommenden Woche mitunter recht unsanft
beendet werden dürfte, geht es in der Mittelfrist etwas gemächlicher zu. Bei vor
allem "unter der Woche" noch unbeständigem Wetter ist mit keinen größeren
Temperatursprüngen mehr zu rechnen. Das Temperaturniveau pendelt sich irgendwo
nahe der für die Jahreszeit üblichen Werte ein.

Zu Beginn der Mittelfrist am Mittwoch (12.05.) liegt Deutschland weiterhin
vorderseitig eines Troges über Westeuropa mit hochreichendem Drehzentrum bei den
Britischen Inseln, von dem aus sich ein Trog über Frankreich bis zum Alpenraum
erstreckt. Die durch den Trog gestützte Tiefdruckrinne nebst eingelagerter
Konvergenz liegt wahrscheinlich schon knapp östlich der Vorhersagegebietes über
Polen, Tschechien und der Slowakei. Die sich an die Rinne anschmiegende
Kaltfront über der Osthälfte Deutschlands neigt aufgrund der geringen
frontsenkrechten Komponente der südöstlichen Höhenströmung weiter zur
Wellenbildung. Mit Winddrehung auf Nordwest kann aber auch im Osten bereits
etwas kältere Luft eingemischt werden (T850 zwischen 5 und 10 Grad), während
sich ansonsten bereits maritime Subpolarluft durchgesetzt hat (T850 1 bis 4
Grad). Durch die anhaltende Gegenstromsituation bzw. den starken
Anafrontcharakter fallen die skaligen Niederschläge durchweg auf der kalten
Seite längs über der Mitte Deutschlands. Gebietsweise dürfte die Landschaft
nochmal mit 10 bis 20 l/qm bewässert werden. Der Schwerpunkt der Regenfälle mit
erhöhtem Dauerregenpotenzial (30 bis 50 l/qm in 24 Stunden) liegt wahrscheinlich
im Südosten, zum einem bedingt durch aufkommende PVA, zum anderen durch
einsetzende Stauprozesse (insbesondere an den Alpen). Während ganz im Osten im
Tagesverlauf nochmal gewittrige Schauer aufkommen, die lokal Starkregen bringen
(wahrscheinlich aber keine Unwetter mehr), sind in der Westhälfte abseits der
frontalen Geschehnisse nur schwache Schauer im Wechsel mit kurzen sonnigen
Momenten zu erwarten.

Am Donnerstag tropft der Westeuropatrog zur Bretagne ab, der Trogableger
schwenkt über den Alpenraum nach Süddeutschland und Tschechien. Die vom Tief
über Polen ausgehende Rinne kann sich unter der mehr auf östliche Richtungen
drehenden, aber eher schwachen Höhenströmung wieder etwas nach Westen in den
äußersten Nordosten Deutschlands schieben. Allerdings ist die Warmluft von der
Konvektion schon ziemlich aufgezehrt, zudem setzt mit Annäherung eines
Kaltlufttropfens über der mittleren Ostsee leichte Kaltluftadvektion ein. T850
sinkt so sogar auf 4 bis 7 Grad ab. Entsprechend dezent fallen die Schauer und
Gewitter im Osten und Nordosten aus, das ein oder andere Starkregenereignis
kann, nicht zuletzt auch wegen der schwachgradientigen Situation, nicht
ausgeschlossen werden. Der aufweichende Gradient schwächt auch die
Gegenstromlage ab, dennoch bleibt es in einem breiten Streifen vom Südosten über
die Mitte nach Norden regnerisch. Zumindest im Südosten ist durch PVA anfangs
auch noch kräftigerer Regen möglich (Fortsetzung der potenziellen
Dauerregenlage). Ansonsten entwickeln sich in der maritimen Subpolarluft (T850
zwischen 0 und 4 Grad) wieder einzelne, kurze Schauer, im Nordwesten bleibt es
sogar öfter mal trocken.

Am Freitag liegt Deutschland zwischen dem zum Löwengolf ziehenden Cut-Off und
dem Höhentief über der mittleren Ostsee unter einer Potenzialrinne. Da sich das
Tief über Polen dem Höhentief über der Ostsee angliedert steigt der Luftdruck am
Boden zwar an, von Hochdruckeinfluss kann man aber kaum die Rede sein. Denn im
Bereich der alternden, kaum mehr als solche zu bezeichnenden Luftmassengrenze
(T850 zwischen 2 und 6 Grad) regnet es noch etwas (vor allem im Osten und in der
Mitte), abseits davon entstehen wieder einzelne Schauer.

Am Wochenende wird die Vorhersage relativ zügig unsicher. Zumindest nach IFS00Z
zieht das Cut-Off auf recht nördlicher Bahn über das mittlere Italien zur
nördlichen Adria. Deutschland verbleibt unter einer diffusen Trogstruktur,
sodass die Zonalisierung über Westeuropa (noch) nicht greifen kann. IFS00Z
zufolge kämen im Südosten länger anhaltende, ergiebige Aufgleitniederschläge (in
Hochlagen der Alpen Schneefäll) auf. Ansonsten bliebe es leicht wechselhaft,
wenngleich die Schauerneigung im Vergleich zu den Vortagen zurückgehen würde. Am
Rande einer Tiefdruckzone über Skandinavien wäre - man will es gar nicht mehr
hören - der Weg frei für einen Schwall kalter Polarluft (T850 im Westen und
Nordwesten auf 0 bis -4 Grad sinkend), was die zumindest die Bodenfrostgefahr
wieder auf den Plan rufen würde.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag rechnen die jüngsten IFS-Läufe recht kongruent,
wenngleich die Lage der Luftmassengrenze und damit auch die Schwerpunkte der
skaligen wie auch konvektiven Niederschläge mit gewissen, für die Mittelfrist
aber üblichen Unschärfen behaften sind.
Am Wochenende geht der heutige IFS00Z-Lauf einen anderen Weg als seine
Vorgänger. IFS12Z und -00Z von gestern simulierten das Cut-Off-Tief über
Südeuropa deutlich weiter südlich, ohne Einfluss auf Deutschland. Vielmehr
sollte sich hierzulande eine mäßig-warme, unbeständige Westlage einstellen. Die
kräftigen Aufgleitniederschläge im Südosten sind - genauso wie der
Kaltluftvorstoß mit Bodenfrostgefahr - noch mit einem dicken Fragezeichen zu
versehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis Freitag lassen sich zwischen GFS, ICON und IFS nur marginale Unterschiede
ohne nennenswerte Prognoserelevanz ausmachen.
Am Wochenende aber zieht sowohl bei ICON als auch GFS der Cut-Off deutlich
weiter südlich über dem Mittelmeerraum seine Kreise, ohne nennenswerten "Impact"
für Deutschland (ähnlich den gestrigen IFS-Läufen). Nach kurzem und schwachem
(ICON) bzw. etwas stärkerem und längerem Zwischenhocheinfluss (GFS) am
Wochenende, setzen sowohl die "Deutschen" als auch die "Amerikaner" auf
stärkeren und schnelleren Atlantikeinfluss (Westlage).
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-EPS stützt das oben beschriebene Szenario des IFS-Hauptlaufes bis
einschließlich Freitag. Die Rauchfahnen für die 850-hPa-Temperatur und das
500-hPa-Geopotenzial laufen sehr eng gebündelt.
Am Wochenende nimmt der Spread besonders beim Geopotenzial sprunghaft und
deutlich zu. Entgegen des "konservativen" Verlaufes der deterministischen Läufe
mit wenig Potenzialschwankung zeigen einige EPS-Member einen deutlichen
Potenzialanstieg über das Wochenende hinweg, ein paar wenige Member einen
deutlicheren Abstieg.
Bei der 850-Temperatur ist die Streuung nicht ganz so groß, die Mehrheit der
Berechnungen sehen einen recht flachen Verlauf ohne größere Sprünge. Der
Kontrolllauf ist dabei meistens gut eingebettet, der Hauptlauf dagegen läuft vor
allem im Nordwesten und Westen am unteren Ende der Temperaturspanne.
Die deutliche Niederschlagsspitze des Hauptlaufes im Südosten am Samstag und
Sonntag wird nur von sehr wenigen Member gestützt.

Die EPS-Cluster vollziehen zwischen +72 h und +168 h durchweg einen Übergang vom
Blocking-Regime zu "Positive NAO" als Reaktion auf die Zonalisierungstendenzen
über dem Nordatlantik.
Für den Zeitraum +120-168 h werden 2 Cluster angeboten. Sie unterscheiden sich
u. a. im Hinblick auf das angesprochene Cut-Off über dem Mittelmeerraum. Cluster
1 (26/51) favorisiert eine südlichere Zugbahn ohne Einfluss auf Deutschland
(dort zeigt sich eher Potenzialgewinn), Cluster 2 (25/51 + HL und CL) die
nördlichere Variante mit eher zyklonalen Verhältnissen über Deutschland.

FAZIT: Bis Freitag ist die Wetterentwicklung eingetütet: Im Osten/Nordosten bis
Donnerstag noch ein paar markante Gewitter, an der (wellenden) Kaltfront
ordentlich Regen, im Südosten Dauerregen, sonst Schauer und allenfalls
durchschnittlich temperiert).
Danach bleibt abzuwarten, wie sich das Cut-Off-Tief über Südeuropa verhält.
Immerhin die Hälfte der EPS-Member sehen einen gewissen Einfluss zumindest auf
Süd-/Südostdeutschland, wenngleich die damit in Verbindung stehende
Dauerregen-(Unwetter)Lage des IFS-Hauptlaufes eher eine Extremlösung darstellt
und für die Mittelfristvorhersage verworfen wird.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


DAUERREGEN:
Am Mittwoch, eventuell auch bis in den Donnerstag hinein im Südosten
gebietsweise Niederschlagsmengen von 30 bis 50 l/qm in 24 Stunden gering
wahrscheinlich, an den Alpen wahrscheinlich. Dort auch Unwetter (>50 l/qm) nicht
ganz ausgeschlossen.

GEWITTER/STARKREGEN:
Mittwoch und Donnerstag im äußersten Osten und Nordosten einzelne Gewitter mit
Starkregen möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS00Z (bis Freitag), danach IFS-EPS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser