DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-05-2021 17:30
SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag kräftige Erwärmung, nur im äußersten Nordwesten und Westen geringe
Gewittergefahr. In der Nacht zum Montag im Westen erhöhtes Gewitterrisiko, am
Montag im Osten und Südosten noch sehr warm und vor allem dort teils kräftige
Gewitter. Dabei Unwetter nicht ausgeschlossen.
Am Dienstag von der Ostsee bis nach Ostbayern noch recht warm und später
Gewitter, Unwetter möglich. Ansonsten häufig Regen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... Ein kräftiger, von Südeuropa ausgehender Höhenkeil hat mit seiner
Achse den Westen Deutschlands sowie die Nordsee erreicht und schwenkt bis
sonntagfrüh zum östlichen Grenzgebiet. Er wird von kräftiger WLA überzogen,
wobei die Warmfront eines Sturmtiefs westlich von Irland der Verursacher ist. Im
Norden und Nordosten kann es noch etwas regnen. In der Südhälfte zieht die hohe
Bewölkung ostwärts ab und es wird teils klar. Mit Übergreifen der Warmfront
frischt der Wind an der See vorübergehend auf mit steifen, exponiert stürmischen
Böen (vor allem Helgoland, Raum Sylt).

Sonntag ... verlagert sich die Achse des Höhenrückens langsam weiter ins
östliche Mitteleuropa, so dass der Westen Deutschlands in der oberen Troposphäre
schon in eine südsüdwestliche Strömung gerät. Vor allem im Norden Deutschlands
herrscht weiter starke Warmluftadvektion, was vor allem dort weiterhin für
reichlich hohe und mittelhohe Bewölkung sorgt. Zudem gelangt in den Nordwesten
Deutschlands schon recht feuchte Luft in Kombination mit einem recht starken
Temperaturgradienten in mittleren Schichten, was einiges an Labilitätsenergie
bereitstellt. Diese kann vom Boden her kaum ausgelöst werden, dazu ist der
Deckel noch zu stark. Denkbar ist aber, dass von Südwesten Schauer und einzelne
Gewitter, die von der Grenzschicht abgehoben sind, über Nordwestdeutschland
ziehen, was quasi alle Modelle andeuten. Allerdings sollten diese Gewitter trotz
günstiger Scherungsbedingungen nicht allzu stark ausfallen, für Starkregen
ziehen sie zu schnell, für Sturm sind sie zu stark abgekoppelt, allenfalls
kleinkörnigen Hagel sollte man einkalkulieren.
Im übrigen Land gestaltet sich das Wetter in trockener Luft sonnig bis heiter.
Bis zum Nachmittag werden in 850 hPa meist zwischen 12 und 16 Grad erreicht, so
dass die Sonne die Temperatur mühelos auf 24 bis 30 Grad treiben kann, nur ganz
im Norden bleibt es noch kühler. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass vielleicht
am Abend auch im äußersten Westen mal ein Gewitter entstehen kann, reichlich
CAPE ist vorhanden. Die Orographie müsste dann dafür sorgen, dass der Deckel
gesprengt wird.
Da der Druckgradient über Deutschland insgesamt relativ stark bleibt, weht der
Wind allgemein mäßig um Süd, vor allem in Kammlagen sowie allgemein im
westlichen Bergland, aber auch im Harz und im Lausitzer Bergland muss mit
steifen Böen gerechnet werden. An den Alpen kommt langsam Föhn auf.

In der Nacht zum Montag zieht der Rücken weiter nach Osten ab und ganz
Deutschland bleibt in der SSW-Strömung. Das sich langsam abschwächende Tief
bleibt bei Irland liegen, seine Kaltfront schleift knapp westlich von uns. Dabei
stellt sich die Frage, wie stark der Westen und Nordwesten Deutschlands von
Niederschlägen betroffen sein wird. Am ehesten reicht es wohl ganz im Westen und
Nordwesten. Dort wird eine Schliere sehr feuchter Luft (ppws über 30 l/qm)
erwartet, dort gibt es auch in der Nacht noch CAPE und die Auslösung von
Schauern und Gewittern sollte in der Nähe der Kaltfront klappen. Sehr viel
Scherung lässt organisierte Systeme zu (markante Gewitter).
Außerdem simulieren ICON und IFS über dem Westen Deutschlands gebietsweise recht
starken Südwind simulieren mit steifen Böen. Im Bergland sind dort auch
stürmischen Böen, auf dem Brocken Sturmböen möglich. Der oben schon erwähnte
Föhn bringt auf einigen Alpengipfeln erste Sturmböen, vielleicht reicht es auch
in den Föhntälern schon für steife Böen. Ansonsten verläuft die Nacht vom Süden
über die Mitte bis in den Osten Deutschlands ruhig und meist auch noch gering
bewölkt. Während sich dort die Luft allgemein auf 13 bis 7 Grad abkühlt, bleibt
es im Westen und Norden teils noch milder.

Montag ... verbleiben wir zwischen dem Trog westlich und dem Rücken östlich von
uns unter einer südsüdwestlicher Höhenströmung. Das Tief HUBERTUS bleibt bei
Irland liegen. Trotzdem greift die schleifende Kaltfront von Westen her auf
Deutschland über, wobei sich im Vorfeld der Front eine Rinne mit eingelagerter
Konvergenz bildet. Die Kaltfront markiert den Westrand der Rinne, die nur
langsam über die Mitte des Landes in den Osten wandert.

Wettertechnisch könnte es dabei interessant werden, auch wenn die Modelle
weiterhin nur vereinzelt Unwetter bringen. So heizt es im Osten und Südosten vor
der Kaltfront noch mal ordentlich ein auf 25 bis 30°C, während nach Westen hin
durch Advektion kühlerer Atlantikluft (Rückgang T850 bis zum Abend auf bis zu 5
Grad, gleichzeitig in Südbayern +18°C) sowie diabatisch durch postfrontalen
Regen (Anafront) ein deutlicher Temperaturrückgang bevorsteht (nur noch 18 bis
24°C, bei längerem Regen in den westlichen Mittelgebirgen noch kühler). Im
Tagesverlauf setzt im Bereich der Rinne bzw. zwischen Rinne und Kaltfront
hochreichende Konvektion ein, was nach heutigem Stand in den mittleren
Landesteilen und/oder im Südwesten der Fall ist. Die resultierenden Gewitter
können kräftig sein und Unwetter mit Starkregen und Hagel sind möglich. Die
Zutaten für kräftige Gewitter sind mit örtlich 500 bis 1100 J/Kg und mäßiger
Scherung gegeben.

In den Abendstunden breiten sich die Gewitter bis in die östlichen Landesteile
aus, erreichen wahrscheinlich aber noch nicht die Regionen um Oder und Neiße
herum. Auch Südostbayern bleibt vorerst wohl noch verschont, was dem andauernden
Föhn geschuldet ist. Gering ist die Gewitterwahrscheinlichkeit auch im Westen
und Nordwesten, weil es mit der einfließenden Meeresluft zu einer Stabilisierung
kommt.
Der Wind frischt auch außerhalb von Gewittern vor allem im Frontbereich böig auf
und dreht hinter der Rinne von Südost bis Ost auf westliche Richtungen.

In der Nacht zum Dienstag wird die Front durch Druckanstieg über Südskandinavien
mit auf Nordost drehendem Wind im Nordosten Deutschlands wieder rückläufig.
Entsprechend wird weiter der äußerste Osten und Südosten von den Gewittern nicht
erreicht.

Dienstag ... ändert sich nicht besonders viel bei der Wetterlage. Das
hochreichende Tief bei Irland bzw. über der Irischen See bleibt dort liegen und
der Höhenrücken spaltet sich vollständig ab und bildet über Nordosteuropa ein
abgeschlossenes Höhenhoch. Dabei dreht die Strömung in der Höhe auf SSO. Der
Trog des Höhentiefs nähert sich im Tagesverlauf von Frankreich und vorderseitig
verstärkt sich des Leetief über Südostbayern und zieht über Tschechien bis zum
Abend zum östlichen Deutschland. Dabei gleitet von Südosten warme Luft auf die
von Westen und Nordwesten niedertroposphärisch einströmende kühle Luft. So
entsteht ein umfangreiches Regengebiet, das von der westlichen Ostsee und der
Nordsee bis nach Baden-Württemberg und Westbayern reicht. Die Regenmengen liegen
meist zwischen 2 und 10 mm, örtlich bei 10 bis 20 mm. Ganz vereinzelt stehen gut
30 mm in 12 Stunden auf der Karte (ICON-Nest, IFS). Am Ostrand des Regengebietes
fängt es vor allem in der 2. Tageshälfte an zu brodeln. Das Ganze passiert bei
CapeML-Werten zwischen 300 und 700, im Südosten vereinzelt über 1000 J/Kg und
mäßiger Scherung zwischen 0 und 6 km. Dabei bleibt es von Vorpommern bis nach
Ostbayern noch recht warm mit Werten zwischen 22 und 27 Grad. Ansonsten ist es
mit 15 bis 20 Grad deutlich kühler. Bei Dauerregen könnte es in höheren Lagen
auch noch kühler sein.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptischen Basisfelder werden recht ähnlich simuliert. Selbst die Lage des
Tiefs am Dienstag weicht nicht besonders ab. Naturgemäß gibt es aber Differenzen
bei den Regenschwerpunkten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden