DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-05-2021 09:01
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 08.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Rascher Übergang von SWa zu Sz
Schnelle Erwärmung, teilweise windig und steigende Gewittergefahr, wenngleich
noch mit einzelnen Fragezeichen.


Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... wandert ein breiter Höhenrücken unter stetiger Vergrößerung seiner
Amplitude mit seiner Achse von den Britischen Inseln zur Nordsee, so dass das
Geopotential über unserem Land kräftig steigt. Östlich unseres Landes zieht
nämlich ein Langwellentrog rasch nach Osteuropa ab, während sich auf der
Vorderseite eines weiteren Langwellentroges über dem Atlantik ein für die
Jahreszeit beachtliches Tief (Kerndruck heute den ganzen Tag unter 970 hPa)
Europa annähert. Dieses ist letztlich auch mit seiner massiven Warmluftadvektion
für die Verstärkung des Trog-Rücken-Systems verantwortlich und damit auch für
den Geopotenzialgewinn bei uns. Dieser ist mit einer lehrbuchmäßigen Warmfront
verbunden, so dass der zunächst vielerorts klare Himmel sich heute recht rasch
mit hoher Bewölkung überzieht, der dann vor allem im Nordwesten auch recht rasch
mittelhohe Wolken folgen. Am Nachmittag zieht dann im Nordwesten leichter Regen,
Richtung Nordsee auch mäßiger stratiformer Regen auf. Dagegen kann man trotz
viel hohem Gewölk im Süden und Osten die Sonne noch genießen. Die starke WLA
macht sich auch beim Temperaturniveau bemerkbar, so dass nach einem vielerorts
frostigen Morgen die Eisheiligen (heute steht der kalte Friedrich im Kalender,
vielleicht war es aber auch Hoch Utine, die uns den Frost beschert hat) ihre
Taschen packen können und die Temperatur erst mal strahlungsbedingt rasch
ansteigt. Am Nachmittag profitieren wir dann aber auch schon etwas vom
Luftmassenwechsel, so dass heute in vielen Teilen Deutschlands schon 16 bis 20
Grad möglich werden (T850 bei 0 bis 6 Grad), nur im Nordosten, Norden und
Nordwesten (unter den Regenwolken) bleibt es noch etwas kühler. Bleibt noch ein
Blick auf die Bodendruckgebilde: Hoch Utine, dessen Schwerpunkt heute Nacht noch
über Süddeutschland zu analysieren war, verlagert sich rasch zum Balkan und
ermöglicht somit schwachen bis mäßigen Wind um Süd. Dieser frischt im Umfeld der
Warmfront im Nordwesten am Nachmittag etwas stärker auf und dreht auf Südost, so
dass es vor allem auf den Inseln der Nordsee auch einzelne steife Böen geben
kann. Auch im nordwestlichen Bergland weht der Wind mal etwas frischer über die
Kämme.

In der Nacht zum Sonntag zieht die Warmfront über den Norden Deutschlands
hinweg. Leichte, nach Norden zu auch mäßige Regenfälle, erfassen vor allem das
nördliche Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und
ziehen in der Früh zur Ostsee ab. Der Wind frischt im Norden noch etwas auf und
dreht wieder auf Süd, entsprechend exponierte Lagen müssen in der Nacht mit
steifen Böen rechnen, vielleicht werden es in Nordfriesland auch mal stürmische
Böen. Auf dem Brocken dürfte ebenso eine Sturmwarnung nötig werden, dort sind
sogar Sturmböen angedacht. Mit der nach Nordosten abziehenden Warmfront setzt
sich auch die warme Luftmasse weiter durch, so dass trotz teils klaren Himmels,
der zwischen abziehenden mittelhohen Wolken und durchziehenden hohen Wolken in
der Mitte und im Süden hervorlugt, die kommende Nacht deutlich milder verläuft
als die letzte. So werden die Tiefstwerte meist zwischen 8 und 3 Grad erwartet,
im Nordwesten bleibt es sogar noch etwas milder. Nur ganz im Südosten, wo der
Wind noch einmal einschlafen kann (was er sonst nicht tut), kann es noch einmal
kälter werden, so dass in den Tälern der Alpen und des Bayerischen Waldes noch
einmal stellenweise leichter Frost möglich ist.

Sonntag... verlagert sich die Achse unseres Höhenrückens schon langsam weiter
ins östliche Mitteleuropa, so dass der Westen unseres Landes auch in großen
Höhen schon in eine südsüdwestliche Strömung gerät. Vor allem im Norden
Deutschlands ist die Atmosphäre weiterhin von starker Warmluftadvektion geprägt,
was vor allem dort weiterhin für reichlich hohe und mittelhohe Bewölkung sorgt.
Zudem gelangen in den Nordwesten Deutschlands schon recht feuchte Luftmassen in
Kombination mit recht starken Temperaturgradienten in mittleren Schichten, was
einiges an Labilitätsenergie bereitstellt. Diese kann vom Boden her kaum
ausgelöst werden, dazu ist der Deckel noch zu stark, denkbar ist aber, dass von
Südwesten Schauer und einzelne Gewitter, die von der Grenzschicht abgehoben
sind, über den Nordwesten des Landes ziehen. Dies deuten quasi alle Modelle an,
vom Globalmodell bis zum konvektionserlaubenden. Allerdings sollten diese
Gewitter trotz günstiger Scherungsbedingungen nicht allzu stark ausfallen, für
Starkregen ziehen sie zu schnell, für Sturm sind sie zu stark abgekoppelt,
allenfalls kleinkörnigen Hagel sollte man ins Kalkül ziehen. Im übrigen Land
gestaltet sich das Wetter in trockener Luft sonnig bis heiter. Bis zum
Nachmittag werden in 850 hPa meist zwischen 12 und 16 Grad erreicht, so dass die
Sonne die Temperatur mühelos auf 25 bis 30 Grad treiben kann, nur ganz im Norden
bleibt es noch kühler. Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass vielleicht am Abend
auch im äußersten Westen mal ein Gewitter entstehen kann, reichlich CAPE ist
definitiv vorhanden. Dann müsste aber die Orographie in der Lage sein,
ausreichend Hebung zu erzeugen um den starken Deckel zu sprengen, was schwierig
wird. Da der Druckgradient über Deutschland insgesamt relativ stark bleibt, weht
der Wind allgemein mäßig um Süd, vor allem in Kammlagen sowie allgemein im
westlichen Bergland, aber auch im Harz und im Lausitzer Bergland muss mit
steifen Böen gerechnet werden. An den Alpen kommt so langsam Föhn in Gang.

In der Nacht zum Montag zieht der Rücken weiter nach Osten ab und ganz
Deutschland gelangt in eine südliche Höhenströmung. Das sich langsam
abschwächende atlantische Tief liegt bei Irland, seine Kaltfront schleift knapp
westlich unseres Landes. Dabei stellt sich die Frage, wie stark der Westen und
Nordwesten Deutschlands von Niederschlägen betroffen sein wird. Am ehesten
reicht es ganz wohl ganz im Nordwesten, von Ostfriesland über die Deutsche Bucht
bis nach Nordfriesland. Dort wird eine Schliere sehr feuchter Luft (ppws über 30
l/qm) erwartet, dort gibt es auch in der Nacht noch CAPE und die Auslösung von
Schauern und Gewittern sollte in der Nähe der Kaltfront klappen. Sehr viel
Scherung lässt organisierte Systeme zu, die bei allen Parametern "Ocker" werden
können. Ganz im Westen zeigen die Modelle in der zweiten Nachthälfte ebenso
Niederschlagssignale, dort soll aber nur geringes MU-CAPE vorhanden sein. Hier
ist eher vorstellbar, dass Reste französischer Gewittercluster als
schauerartiger Regen nach Deutschland ziehen, aber kaum noch gefährliches Wetter
bringen. Es bleibt aber noch abzuwarten, wie zukünftige Modellläufe die
Schichtung simulieren, sollte etwas mehr Labilitätsenergie zur Verfügung stehen,
wären durchaus stärkere Gewitterentwicklungen möglich. Auch nicht unerwähnt
bleiben soll, dass sowohl ICON als auch IFS über dem Westen Deutschlands
gebietsweise recht starken Südwind simulieren, so dass in den Nachtstunden
zumindest gebietsweise auch mal mit steifen Böen gerechnet werden müsste, im
Bergland dort auch mit stürmischen Böen. Auch auf dem Brocken gibt es weiter
Sturmböen. Der oben schon erwähnte Föhn bringt in der Nacht in exponierten
Berglagen erste Sturmböen, vielleicht reicht es auch in den Föhntälern schon für
steife Böen. Ansonsten verläuft die Nacht vom Süden über die Mitte bis in den
Osten Deutschlands ruhig und meist auch noch gering bewölkt. Während sich dort
die Luft allgemein auf 13 bis 7 Grad abkühlt, bleibt es im Westen und Norden
teils noch milder.

Montag... bleibt uns weiterhin die südliche Höhenströmung erhalten. In dieser
schwenkt ein Kurzwellentrog nordwärts und sorgt in den westlichen Landesteilen
für Hebung. Die Kaltfront zieht am Morgen in den Westen des Landes und kommt in
der südlichen Höhenströmung weiterhin kaum ostwärts voran. Bis zum Abend
erreicht sie wahrscheinlich gerade erst die Mitte. Ihr läuft eine Konvergenz
vor, in die man die Kaltfront sicherlich noch nicht legen kann. Diese bildet
sich ab den Mittagsstunden in der Mitte und soll am Abend den Osten erreichen.
Jetzt stellt sich die Frage: Wie sieht es mit der Gewittertätigkeit am Montag
aus? Im Bereich der Konvergenz herrscht starke Labilität und abgesehen vom
Alpenrand, wo die Luft vom Föhn abgetrocknet ist, ist durchaus auch etwas
Feuchte vorhanden mit ppws teils zwischen 25 und 30 l/qm. Somit kommen durchaus
respektable CAPE-Werte zusammen, allerdings ist der Deckel sehr stark, weil es
in der Grenzschicht an Feuchte fehlt. Damit liegen dann auch die
Wolkenuntergrenzen bei etwa 3000 m. Sollte in dieser Umgebung ein Gewitter
ausgelöst werden, dürfte es nicht allzu lange überleben, aber zumindest
kurzfristig recht kräftig ausfallen. Im Bereich der Front selber gibt es
wesentlich mehr Feuchte und zudem starke Windscherung
(Geschwindigkeitsscherung), allerdings soll den aktuellen Prognosen zu Folge
dort aufgrund der vielen Bewölkung gar nicht mehr so viel Labilität aufgebaut
werden, so dass es keine allzu starken Gewitter gibt, sondern vielleicht eher
schauerartige Regenfälle mit nicht allzu starker Gewittertätigkeit, aber
zumindest Starkregengefahr. Vorstellbar ist aber auch, dass sich irgendwo
zwischen Konvergenz und Front auch eine Zone mit Labilität und Feuchte
ausbildet, in der auch etwas Scherung zur Verfügung steht, so dass sich stärkere
Gewitterzellen (Multizellen) entwickeln, die dann auch erhöhtes
Unwetterpotential haben. Insbesondere im Bereich der Kaltfront wird auch teils
recht kräftiger Wind simuliert, dort kann es zu steifen bis stürmischen Böen
kommen. Der Föhn in den Alpen hält an und dürfte in den Gipfellagen mit
einzelnen orkanartigen Böen aufwarten, in Tälern muss man mit steifen, eventuell
auch stürmischen Böen rechnen. Der Wind in Ostsachsen lässt schon wieder nach.
In der heißen Luftmasse (T850 14 bis 17) scheint (von den oben erwähnten
Unsicherheiten abgesehen) den ganzen Tag die Sonne, so dass die vom MOS
geplanten Höchstwerte vielleicht sogar etwas zu niedrig sind, recht
flächendeckend könnten es durchaus 27 bis 31 Grad werden, örtlich vielleicht
auch 32 Grad. Im Westen, bei viel mehr Bewölkung sind es immerhin noch meist 20
bis 25 Grad, in der Eifel vielleicht noch weniger.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich die Konvergenz im Norden weiter
ostwärts und löst sich dann auf. Die Kaltfront folgt ihr im Norden hinterher und
auf ihrer Rückseite steigt der Druck. Im Süden hängt die Kaltfront zurück, so
dass die Alpen noch vorderseitig in der Südströmung liegen, so dass dort weiter
Föhn herrscht, der sich aber etwas abschwächen dürfte. Aufgrund des Föhntiefs
und des im Norden ansteigenden Drucks, dreht der bodennahe Wind vielfach auf
nördliche Richtungen und schwächt sich ab. Im Bereich der Kaltfront wird es
sicherlich zu Niederschlägen und wahrscheinlich auch zu stärkeren Gewittern
kommen, aufgrund der vielen Unsicherheiten, die schon im Vorfeld auftreten,
lohnt es sich an dieser Stelle noch nicht, näher darauf einzugehen. Im
Nordwesten und Südosten dürfte es trocken bleiben. Auch dort dürften aber Wolken
den Himmel überziehen, so dass die Nacht mit Tiefstwerten grob um 10 Grad mild
bleibt.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle geben die synoptischen Strukturen recht einheitlich
wieder und sind auch bezüglich der Gewitterentwicklung sehr ähnlich aufgestellt.
Trotzdem darf man annehmen, dass ab Sonntagabend noch einige Unsicherheiten im
Spiel sind, wie oben diskutiert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann