DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-05-2021 17:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Schwarzwald und im Allgäu markanter Dauerregen bis Freitagfrüh/-abend. Ab
heute Abend im Süden einzelne Gewitter, dabei Gefahr von Sturmböen oder schweren
Sturmböen. Auch abseits von Gewittern im Süden windig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am Rande eines breiten Höhentroges, der weite
Teile Nordwest- und Nordeuropas überdeckt. Im Bodendruckfeld befindet sich
korrespondierend dazu eine umfangreiche Zone tiefen Luftdrucks, die mehrere
Tiefkerne aufweist, wobei am Abend bzw. in der Nacht der Hauptkern über dem
Nordosten Europas zu finden ist. Rückseitig dieses Tiefs gelangt mit einer
westlichen bis nordwestlichen Strömung sehr kühle Meeresluft in weite Teile
Deutschlands. In dieser Luftmasse haben sich heute tagsüber im Norden und in der
Mitte Schauer und einzelne Gewitter entwickelt. Mit Abzug eines Randtroges kommt
dort die Schauertätigkeit in den nächsten Stunden aber weitgehend zum Erliegen.
Auch der Druckgradient fächert auf, sodass der Wind heute Abend im Norden und
Osten deutlich nachlässt.
Interessant wird vor allem die Wetterentwicklung in Süddeutschland. Ausgehend
von dem Haupttrog schwenkt ein Randtrog im Laufe der Nacht von der südlichen
Nordsee Richtung Dänemark und Nordwestdeutschland. Daran gekoppelt ist im
Bodendruckfeld an der sehr weit südlich verlaufenden Frontalzone ein Randtief,
das sich aktuell noch über dem Nordosten Frankreichs befindet. Es verlagert sich
im Laufe der Nacht über die Mitte Deutschlands ost-/nordostwärts hinweg und
erreicht Freitagfrüh den Südwesten Polens. Die Warmfront hat bereits von
Südwesten auf Deutschland übergegriffen. In Verbindung damit sowie
vorderseitiger kräftiger WLA kommt es im Westen und insbesondere im Süden zu
skaligen und teils schauerartig verstärkten Niederschlägen, die teilweise bis in
den Freitagvormittag, an den Alpen auch bis in den Freitagabend hinein anhalten.
Dabei fallen in den Staulagen des Schwarzwaldes sowie des Oberallgäus zwischen
30 und 50 mm in 24 Stunden. Entsprechende Warnungen sind aktiv. Dabei können
dort auch mal 20 mm allein innerhalb von sechs Stunden fallen. Auch an der
Nordflanke des Tiefs weiten sich die Niederschläge vom Westen über die Mitte
Deutschlands hinweg ostwärts aus. Richtung Norden reicht das Regengebiet etwa
bis zur Norddeutschen Tiefebene. Die Mengen liegen meist zwischen 3 und 10 mm
innerhalb von 12 bis 24 Stunden. Mit Winddrehung auf Nordwest gelangt ein
Schwall noch etwas kälterer Polarluft vor allem in den Norden und in die Mitte
des Landes (T850 hPa morgens im Nordwesten bei minus 5 Grad), so dass in den
Mittelgebirgen oberhalb von 400 bis 600 m teilweise Schnee fällt. Die Mengen
sind aber gering bzw. sollte sich keine nachhaltige Schneedecke ausbilden. Mit
Übergreifen des Troges und der Advektion sehr höhenkalter Luftmassen (minus 35
in 500 hPa morgens über Ostfriesland) nimmt der Regen im Nordwesten ausgangs der
Nacht eher Schauerform an, dabei sind auch erste kurze Gewitter mit Graupel
möglich.
Von Schleswig-Holstein bis nach Nordbrandenburg bleibt es trocken und
aufgelockert bewölkt, dort kann es gebietsweise Bodenfrost geben, in ungünstigen
Lagen eventuell sogar leichten Luftfrost.

Im Warmsektor der Frontalwelle nimmt die potentielle Instabilität der Luftmasse
zu. CAPE liegt meist unter 100 J/kg. Dennoch können bei dem schauerartig
verstärkten Regen etwa vom Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald und südlich
davon auch einzelne Gewitter eingelagert sein. Wahrscheinlicher sind diese mit
Passage der Kaltfront bzw. postfrontal, wie aktuell bereits über Frankreich zu
sehen. Die hochauflösenden Modelle sind bezüglich Gewitter eher zurückhaltend.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Scherung in den genannten Gebieten sehr
markant ausgeprägt ist. Dabei wird insbesondere von Südbaden und dem Schwarzwald
bis zum Bodensee bis zu 20 m/s Low Level Shear und generell 20 bis nahe 40 m/s
Deep Layer Shear simuliert. Somit besteht bei Auftreten von kräftigeren Schauern
oder Gewittern die Gefahr von Sturm- oder sogar schweren Sturmböen (Bft 9 bis
10). Bei einem relativ niedrigen HKN besteht zudem ein gewisses
Tornadopotential.
Auch abseits möglicher Gewitter oder kräftiger Schauer spielt der Wind eine
Rolle. An der Südflanke des Tiefs verschärft sich der Druckgradient, sodass der
Wind entsprechend am Abend bzw. im Laufe der Nacht von West nach Ost über dem
Süden auffrischt. Dabei treten recht verbreitet Windböen Bft 7 auf, im Bergland
sowie in höheren Lagen des Alpenvorlandes gibt es stürmische Böen oder Sturmböen
(Bft 8 bis 9). In exponierten Höhenlagen des Schwarzwaldes und der Alpen treten
schwere Sturmböen (Bft 10) oder sogar Orkanböen (Bft 11 bis 12) aus westlicher
Richtung auf.

Freitag ... schwenkt der Randtrog ostwärts über Deutschland hinweg. Die
Frontalwelle zieht über Polen ostwärts ab. Die Kaltfront, die in der Nacht
bereits auf den Südwesten übergegriffen hat, erreicht in den Vormittagsstunden
die Alpen. Dort gerät sie ins Schleifen. Rückseitig weitet sich von Frankreich
ein Hochkeil bis in den Südwesten und Süden Deutschlands vor. Mit der auf
Nordwest drehenden Strömung hält die Zufuhr kühler Meeresluft an. In 850 hPa
sinkt die Temperatur auf 0 bis minus 4 Grad ab. Unmittelbar an den Alpen
verbleibt diese aber bei Werten leicht über Null Grad. Insofern sollte die
Schneefallgrenze in den sich Richtung Alpen zurückziehenden Niederschlägen nicht
unter 1500 m absinken. Rückseitig der Kaltfront lockert die Bewölkung am
Nachmittag etwa von der Eifel bis zum Bodensee auf und es bleibt weitgehend
trocken.
In den weiteren Landesteilen entwickeln sich im Trogbereich und somit im
Einflussbereich höhenkalter Luft (T 500 bis minus 35 Grad) zahlreiche Regen- und
Graupelschauer. Auch einzelne Gewitter stehen bei CAPE zwischen 50 und 100 J/kg
wieder auf der Tagesordnung. Zudem können in Verbindung mit stärkeren Schauern
Windböen Bft 7 auftreten. Im höheren Bergland fallen die Schauer oft als Schnee,
aufgrund des warmen Bodens sollte sich aber keine Schneedecke ausbilden. Am
Nachmittag lässt dann die Schauertätigkeit mit Abzug des Troges von Westen
allmählich nach.
Mit Abzug des Tiefs und dem Vorstoßen des Hochkeils bleibt der Druckgradient
über dem Süden erhöht und verschärft sich auch über der Mitte und dem Nordwesten
wieder etwas. Somit kommt es im Süden sowie gebietsweise in der Mitte
(vornehmlich von Südhessen bis nach Sachsen-Anhalt und Sachsen) zu Windböen Bft
7 aus Nordwest, im Bergland bleibt es stürmisch (8 bis 9). Auch an der Nordsee
sowie im Norden Schleswig-Holsteins kommen Böen Bft 7 bis 8 aus Nordwest auf.
Am Temperaturniveau ändert sich weiterhin wenig. Bei Höchstwerten zwischen 8 und
14 Grad, mit den höchsten Werten bei Sonne im Südwesten, bleibt es für die
Jahreszeit sehr kühl.

In der Nacht zum Samstag zieht der Trog ostwärts ab und von Westen gelangen wir
allmählich unter einen Höhenrücken. Im Bodendruckfeld etabliert sich ein
abgeschlossenes Hoch über dem Süden Deutschlands, das allmählich ostwärts
wandert. Somit setzt sich die Wetterberuhigung weiter fort, letzte Schauer sind
im Laufe der Nacht nur noch an der Ostsee zu erwarten und auch an den Alpen
lassen die Niederschläge rasch nach. Der Gradient fächert ebenfalls auf, sodass
der Wind insgesamt nachlässt. Einzig an einigen Küstenabschnitten sind noch
einzelne Böen Bft 7 möglich. Die Bewölkung lockert verbreitet auf, teilweise ist
es sogar klar. Somit erwartet uns eine relativ kalte Nacht mit leichtem
Luftfrost vor allem gebietsweise in der Mitte und im Süden. Ausnahme bleiben der
Norden und Nordosten, wo es noch länger bewölkt bleibt und der äußerste Westen,
wo bereits neue hohe und mittelhohe Wolkenfelder aufziehen. Mit Bodenfrost muss
hingegen nahezu überall gerechnet werden.

Samstag ... gelangen wir zunehmend in den Einflussbereich des Höhenrückens, der
sich aufgrund einer Austrogung über dem Ostatlantik noch etwas weiter nach
Norden aufwölben kann. Im Bodendruckfeld dominiert zunächst weiterhin der
Einfluss des mittlerweile über Südosteuropa liegenden Bodenhochs, bevor im
Tagesverlauf im Westen wieder Druckfall einsetzt. Dieser steht im Zusammenhang
mit einem Sturmtief, das sich vom Ostatlantik langsam auf den Weg Richtung
Irland macht. Dessen Warmfront greift am den späten Vormittag von Südwesten auf
Deutschland über und kommt bis zum Abend bis in den Nordwesten des Landes voran.
Kräftige WLA sorgt im Vorfeld für den Aufzug mehrschichtiger Bewölkung, die
nahezu das ganze Land überdeckt. Zudem kommt am Nachmittag im Nordwesten
leichter Regen auf. Sonst bleibt es noch trocken. Im Osten und Süden scheint
auch noch vor dem Bewölkungsaufzug längere Zeit die Sonne. Im Westen und
Nordwesten frischt der auf südliche Richtung drehende Wind etwas auf, für
warnwürdige Böen reicht es aber noch nicht. Mit Übergreifen der Warmfront wird
eine deutlich wärmere Luftmasse herangeführt. In 850 hPa steigt die Temperatur
bis zum Abend auf 0 bis 9 Grad an. Den Nordosten und den äußersten Norden
erreicht die wärmere Luft noch nicht. Entsprechend steigen die Temperaturen
deutlich an und erreichen Höchstwerte zwischen 15 und 20 Grad, mit den höchsten
Werten im südlichen Rheingraben. Im Nordosten und äußersten Norden bleibt es bei
Werten um 13 Grad noch kühler.

In der Nacht zum Sonntag kommt das Sturmtief noch etwas weiter ostwärts voran,
verbleibt aber über dem Seegebiet westlich von Irland. Die Warmfront überquert
nun auch den Norden Deutschlands. Entsprechend verlagern sich auch die leichten
Niederschläge über den Norden und Nordosten hinweg und ziehen allmählich
Richtung Ostsee ab. In den weiteren Landesteilen bleibt es trocken und die
Bewölkung lockert wieder vermehrt auf. Der Druckgradient nimmt noch etwas zu,
Böen der Stärke 7 bis 8 Bft um Süd sollten sich aber auf das höhere Bergland
sowie die Nordfriesischen Inseln beschränken. Die Nacht fällt deutlich milder
aus als die Vornächte bei Tiefstwerten zwischen 11 Grad im Nordwesten und 3 Grad
an den Alpen. Südlich der Donau kann es lokal nochmal leichten Bodenfrost geben.


Sonntag ... wandert der Höhenrücken über Deutschland hinweg ostwärts, sodass wir
allmählich auf die Vorderseite des Höhentroges gelangen. Mit der strammen
südwestlichen Strömung setzt sich die Zufuhr warmer Luft fort. Dabei werden mit
Ausnahme des äußersten Nordens verbreitet sommerliche Höchstwerte erwartet, die
im Südwesten sogar an die 30 Grad herankommen können. Auch im Norden reicht es
aber für ungewohnt warme 18 bis 24 Grad. Der Wind aus Süd bis Südost frischt
noch etwas weiter auf. Im Westen und Nordwesten sind dann Böen Bft 7, im
Bergland stürmische Böen Bft 8 zu erwarten. Mit der Erwärmung nimmt aber
insbesondere im Nordwesten des Landes auch die Labilität zu. CAPE steigt auf
Werte bis 700 J/kg an. Allerdings ist auch CIN noch relativ hoch, sodass noch
unsicher ist, inwieweit sich erste Schauer und Gewitter dort entwickeln. In den
weiteren Landesteilen bleibt es bei viel Sonne trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Für die kommenden Tage sind keine signifikanten Modellunterschiede zu erkennen.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Johanna Anger