DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-05-2021 07:30
SXEU31 DWAV 060800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 06.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM, ab Samstag SWz
Zunächst Troglage; im Schwarzwald vorübergehend Dauerregen, sonst häufig Schauer
und Gewitter, dazu windig mit Sturmböen auf den Bergen, kommende Nacht im
äußersten Süden in Gewitternähe erhöhte Sturmgefahr. Kalt, nachts in ungünstigen
Lagen zumindest Bodenfrost. Samstag mit Warmfrontpassage milder.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland nach wie vor an der Südflanke eines
breit angelegten Höhentrogkomplexes über Nordwest- und Nordeuropa unterhalb
einer kräftigen westlichen Höhenströmung, wobei der die Frontalzone marjierende
Jetstream für diese Jahreszeit sehr weit südlich über Zentralfrankreich und
Süddeutschland hinweg ostwärts verläuft. Ein darin eingebettetes Maximum, ein
Jetstreak, greift dabei ab heute Nachmittag und Abend auf Süddeutschland über.
Daran gekoppelt ist im Bodenfeld eine Frontalwelle, die sich -
entwicklungstechnisch eher ungünstig, da nicht im linken Ausgangsbereich - an
der Südflanke eines sich über Schottland bzw. Nordengland bis zum Abend zur
Nordsee verlagernden Randtroges befindet. Sie erreicht abends den Nordosten
Frankreichs. Vor allem kräftige WLA generiert dabei markante dynamische Hebung,
folglich intensivieren sich die aktuell gebietsweise auftretenden leichten
Regenfälle über Süddeutschland ab den Mittags- und Nachmittagsstunden von Westen
her deutlich und sind auch schauerartig verstärkt. Vor allem in den Staulagen
des Schwarzwaldes fallen bis Freitagvormittag gebietsweise mehr als 30 mm. Im
Warmsektor der Welle, der am späten Nachmittag den Südwesten erreicht, steigt
zudem die potenzielle Instabilität der Luftmasse, so dass auch einzelne Gewitter
möglich sind. Dabei fällt vor allem die markante Scherung ins Auge. Selbst im
Warmsektor werden anfangs in Südbaden noch bis zu 20 m/s Low Level Shear und
generell 30 bis 40 m/s Deep Layer Shear simuliert. Das Hauptaugenmerk sollte
also auf eventuelle Sturmböen gelegt werden, schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen. Die Hodographen der Prognosesoundings sind vor allem in den
Abendstunden recht markant "gekurvt" (womit auch ein gewisses Tornadopotenzial
nicht von der Hand zu weisen ist) und auch die Konvektion erlaubenden Modelle
haben ab dem späten Nachmittag bzw. Abendstunden einzelne Gewitter auf der
Agenda, die von Sturm- bzw. schweren Sturmböen begleitet werden, am ehesten in
Südbaden und im Schwarzwald bis zum Bodensee.
Dazu verschärft sich an der Südflanke der Frontalwelle der Gradient und
entsprechend frischt auch der Wind im Warmsektor auf. Ab den Abendstunden gibt
es im Hochschwarzwald auch abseits der Gewitter stürmische Böen, auf exponierten
Gipfeln Sturmböen, auf dem Feldberg schwere Sturmböen oder gar orkanartige Böen
aus Südwest.
Im übrigen Land gestaltet sich der Tag wettertechnisch etwas ruhiger. Der Norden
und Osten befinden sich anfangs noch im Einflussbereich eines nach Osten
abziehenden flachen Randtroges. Dabei ist die Luftmasse dort noch hochreichend
labil geschichtet mit Temperaturen zwischen -32 und -34 Grad in 500 hPa und -4
Grad in 850 hPa. Von Nordfriesland bis zur vorpommerschen Ostseeküste fällt
anfangs noch im Bereich einer zu einem zur mittleren Ostsee ziehenden Tiefs
gehörenden Okklusion schauerartiger Regen, der im Vormittagsverlauf allmählich
ostwärts abzieht. Ansonsten entwickeln sich vor allem von Niedersachsen bis zur
Lausitz im Tagesverlauf erneut kurze Regen- und Graupelschauer, dabei tritt auch
wieder das ein oder andere Gewitter, begleitet von Böen Bft 7 bis 8, auf. Mit
Abzug des Troges kommt die Schauertätigkeit spätnachmittags und abends aber zum
Erliegen. Der Wind weht an der Südflanke des Bodentiefs vor allem von
Ostfriesland bis nach Nordbrandenburg lebhaft aus West bis Nordwest mit steifen,
an den Küsten sowie im Nordosten anfangs auch noch stürmischen Böen. Auch vom
zentralen Mittelgebirgsraum bis zur Lausitz sowie im Erzgebirgsvorland reicht es
zumindest in freien Lagen für steife Böen. Insgesamt nimmt der Wind aber am
Nachmittag und Abend mit Annäherung der Frontalwelle und Auffächerung des
Gradienten in deren Vorfeld ab.
Im Einflussbereich der maritimen Polarluft bleibt es recht frisch, wobei es in
der Südhälfte meist bedeckt bleibt und sich im Norden und Osten am ehesten mal
die Sonne länger zeigt. Die Höchstwerte liegen meist nur zwischen 8 und 13 Grad.


In der Nacht zum Freitag verlagert sich der zunehmend kurzwellige Randtrog über
der Nordsee nach Dänemark, kann sich besser formieren und reicht morgens mit
seiner Achse über die Deutsche Bucht bis zum Ärmelkanal. Die Höhenströmung dreht
auf dessen Vorderseite auf Westsüdwest und bleibt relativ glatt konturiert, der
Jetstream verläuft weiterhin über Süddeutschland.
Die Frontalwelle zieht rasch über Süddeutschland hinweg ostnordostwärts und
erreicht morgens bereits in etwa das Riesengebirge. An deren Nordflanke weiten
sich die Regenfälle über die Mitte Deutschlands hinweg Richtung Norddeutsche
Tiefebene aus und reichen morgens vom Weser-Ems-Gebiet bis zur Lausitz. Mit
Winddrehung auf Nordwest gelangt ein Schwall noch etwas kälterer Polarluft vor
allem in den Norden und in die Mitte des Landes (T850 hPa morgens im Nordwesten
bei -5 Grad), so dass in den Mittelgebirgen oberhalb von 400 bis 600 m teilweise
Schnee fällt. Vor allem im Harz, aber auch im Sauer- und Siegerland werden
gebietsweise mehr als 5 mm simuliert, so dass in den Kammlagen durchaus einige
Zentimeter Nassschnee zusammenkommen können. Je nach Intensität (in
Niedersachsen werden gebietsweise mehr als 10 mm in 6 Stunden simuliert) können
sich auch in tieferen Lagen ein paar nasse Flocken unter den Regen mischen. Mit
Übergreifen des Troges und der Advektion sehr höhenkalter Luftmassen (-36 in 500
hPa morgens über Ostfriesland) nimmt der Regen im Nordwesten ausgangs der Nacht
eher Schauerform an, dabei sind auch kurze Gewitter mit Graupel möglich.
Von Schleswig-Holstein bis nach Nordbrandenburg bleibt es trocken und
aufgelockert bewölkt, dort kann es gebietsweise Bodenfrost geben, in ungünstigen
Lagen eventuell sogar leichter Luftfrost.
Interessant gestaltet sich der Wetterablauf vor allem aber an der Südflanke der
Frontalwelle, über Süddeutschland. Dort treten schauerartig verstärkte
Regenfälle auf, die vom Schwarzwald bis zum Bayerischen Wald und südlich davon
auch von einzelnen Gewittern begleitet werden können. Nach wie vor bleibt die
Scherung sehr markant, so dass im Falle des Auftretens ein gewisses Potenzial
für Sturm- oder gar schwere Sturmböen besteht. Allerdings haben die Konvektion
erlaubenden Modelle eher eine abnehmende Gewittertendenz im Laufe der Nacht auf
der Agenda, die simulierte Cape (geht von 100 bis 300 J/kg am Abend auf unter
100 J/kg im Laufe der Nacht zurück) spricht auch eher gegen eine erhöhte
Gewitterwahrscheinlichkeit. Kleinräumig kann bei wiederholt auftretender
Schauertätigkeit auch außerhalb des Schwarzwaldes ein Starkregenereignis nicht
ausgeschlossen werden, ansonsten liegen die Mengen aber unterhalb der
Warnschwellen.
Von Warnrelevanz ist dagegen der Wind. Der frischt mit Ostverlagerung der sich
nicht weiter intensivierenden Welle von West nach Ost an deren Südflanke weiter
auf. Vor allem im Alpenvorland gibt es bis in tiefe Lagen recht verbreitet
steife Böen aus Südwest, in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und auf
den Alpengipfeln stürmische Böen und Sturmböen, auf exponierten Gipfeln schwere
Sturmböen oder gar orkanartige Böen.

Freitag... überquert der kurzwellige Randtrog Deutschland im Tagesverlauf
ostsüdostwärts. Dahinter stellt sich eine nordwestliche Höhenströmung ein. Die
korrespondierende Frontalwelle kann sich etwas intensivieren und zieht bis zum
Abend über Süd- und Ostpolen Richtung Weißrussland. Die Kaltfront erreicht dabei
um die Mittagszeit die Alpen und gerät dort ins Schleifen. Postfrontal stößt von
Frankreich her ein Bodenhochkeil nach Südwest- und Süddeutschland vor.
Somit ziehen sich die schauerartigen Regenfälle über Süddeutschland mehr und
mehr zu den Alpen zurück, wo die Schneefallgrenze aber bei Temperaturen um 0
Grad in 850 hPa kaum unter 1500 m sinkt. Dahinter lockern vor allem im Bereich
des Keils im Südwesten sowie zwischen Main und Donau die Wolken rasch auf. Dort
dürften sich auch nur noch einzelne Schauer entwickeln.
Der Rest des Landes gerät aber mit Übergreifen des Troges in den Einflussbereich
höhenkalter Luftmassen, in 500 hPa sinken die Temperaturen erneut auf -30 bis
-35 Grad, in 850 hPa bewegen sie sich bei etwa -2 bis -4 Grad. Die Folge sind
zahlreiche Regen- und Graupelschauer, teilweise bis in tiefe Lagen begleitet von
nassen Flocken. Im höheren Bergland fallen die Schauer häufiger als Schnee, für
eine Schneedecke dürfte es aber nicht reichen.
Dabei wird mit der kräftigen Maisonne - so sie denn zwischen den Schauern mal
rauskommt - auch etwas Cape generiert, so dass kurze Gewitter dabei sein
dürften.
Mit Abzug des Tiefs und Vorstoß des Hochkeils verschärft sich der Gradient vor
allem auch in den mittleren Landesteilen vorübergehend, zusätzlich noch
unterstützt durch den Tagesgang. Die Folge sind in der Mitte und im Süden
verbreitet auftretende steife Böen (Bft 7) aus Nordwest, in freien und höheren
Lagen auch stürmische Böen (Bft 8), in den Gipfellagen Sturmböen (Bft 9). Im
Norden reicht der Gradient dagegen höchstens in Schauernähe für einzelne Böen
Bft 7 bis 8.
An den Höchsttemperaturen ändert sich nur wenig. Mit 8 bis 13 Grad, am Oberrhein
auch bis nahe 15 Grad bleibt es für die Jahreszeit deutlich zu kühl.

In der Nacht zum Samstag zieht der Trog rasch ab ins östliche Mitteleuropa. Dann
gilt es den Blick wieder gen Westen zu richten, wo eine Wetterumstellung in Gang
gesetzt wird. Ein von Nordwesten zum Ostatlantik gerichteter Trogvorstoß hat
dort eine markante Zyklogenese in Gang gesetzt. Das daraus resultierende
Sturmtief befindet sich Samstagfrüh mit einem Kerndruck von unter 970 hPa
westlich von Irland. Vorderseitig kommt kräftige WLA in Gang und stützt einen
breit angelegten Höhenrücken, der sich im Laufe der Nacht über die Britischen
Inseln Richtung Nordsee verlagert. Dieser stützt wiederum ein Bodenhoch über
Frankreich, das sich verstärkt und über den Süden und die Mitte Deutschlands
hinweg allmählich nach Osten verlagert. Somit setzt bereits in den Abendstunden
rasche Wetterberuhigung ein, die Schauer klingen rasch ab und auch an den Alpen
lassen die Niederschläge bald nach. Der Wind schwächt sich ebenfalls bereits im
Laufe der ersten Nachthälfte überall ab und ist auch auf den Bergen nicht mehr
warnrelevant. Verbreitet lockern die Wolken auf, teilweise ist es gering bewölkt
oder klar, ehe mit beginnender WLA im Westen und Südwesten wieder hohe und
mittelhohe Wolkenfelder aufziehen.
Innerhalb der eingeflossenen Polarluft kann die Luftmasse somit deutlich
abkühlen und es gibt - außer im Norden bzw. Nordwesten, wo es noch länger
bewölkt bleibt, sowie ganz im Westen, wo bald neue Wolken aufziehen - verbreitet
Bodenfrost und in ungünstigen Lagen vielerorts auch Nachtfrost.

Samstag... kommt der Langwellentrog über dem Ostatlantik nur langsam nach Osten
voran und weitet sich nach Süden aus. Die Höhenströmung dreht dabei über
Westeuropa auf Südwest, der Höhenrücken kommt bis zum Abend nach Mitteleuropa
voran. Das korrespondierende Sturmtief im Bodenfeld hat den Höhepunkt seiner
Entwicklung überschritten und kommt nur langsam nach Osten voran, es bleibt im
Seegebiet westlich von Irland.
Die Warmfront des Tiefs läuft selbigem weit voraus und greift über Benelux bis
zum Abend auf Westdeutschland über. Kräftige WLA kann markante Hebung
generieren, somit werden die Wolken in weiten Teilen des Landes rasch dichter
und im Westen und Nordwesten setzt im Tagesverlauf leichter Regen ein, der sich
eventuell noch bis in den zentralen Mittelgebirgsraum ausweiten kann. Im Rest
des Landes bleibt es trocken und vor allem im Süden bzw. nach Osten zu scheint
auch länger die Sonne.
Das Bodenhoch wird nach Südosteuropa abgedrängt und mit Annäherung der Front
verschärft sich der Gradient vor allem im Westen und Nordwesten des Landes. Dort
frischt der Wind aus Südost bis Süd auf, angesichts stabiler Schichtung dürfte
es am Nachmittag und Abend wohl lediglich in einigen Leelagen der westlichen
Mittelgebirge sowie über der offenen Nordsee für steife Böen reichen, in den
Gipfellagen einiger Mittelgebirge gibt es stürmische Böen, auf dem Brocken ab
abends Sturmböen.
Mit der Warmfront werden vor allem in den Süden und Südwesten des Landes
niedertroposphärisch bereits deutlich mildere Luftmassen advehiert. In 850 hPa
steigt die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen -1 Grad im Nordosten und
+10 Grad in Südbaden. So richtig kann sich diese Milderung aber auch im
Südwesten noch nicht bodennah durchsetzen. Allerdings steigen die Temperaturen
im Südwesten und Süden bereits auf 16 bis 20 Grad, im Breisgau auch darüber. Im
Norden und Nordosten reicht es dagegen nur für Höchstwerte zwischen 11 und 15
Grad.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der breite Höhenrücken allmählich über
Mitteleuropa hinweg ostwärts. Damit dreht die Höhenströmung auch über dem
Vorhersagegebiet auf Südwest, bleibt aber noch antizyklonal konturiert. Die
Warmfront des in den Frühstunden die Südwestspitze erreichenden, sich aber kaum
auffüllenden Sturmtiefs überquert bis Sonntagfrüh Norddeutschland mit verbreitet
auftretenden, meist aber nur leichten bis mäßigen Regenfällen (1 bis 8 mm,
ICON-EU in Teilen Schleswig-Holsteins aber auch über 10 mm) nordostwärts, die
Kaltfront erreicht dann erst England. Im Warmsektor gelangen in breitem Strome
von Südwesten her Luftmassen subtropischen Ursprungs ins Vorhersagegebiet, die
Temperatur in 850 hPa steigt auf 7 Grad im Nordosten und bis 14 Grad im
Südwesten. Dabei lockern die Wolken von Südwesten her auch in der Mitte und
morgens im Norden allmählich auf.
Der Wind dreht im Warmsektor auf Süd bis Südwest, an der Nordsee gibt es steife,
über der offenen Nordsee vorübergehend stürmische Böen, in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge ebenfalls, auf dem Brocken auch Sturmböen.
Die Nacht fällt in weiten Teilen des Landes deutlich milder aus als die
Vornächte mit Tiefstwerten zwischen 2 Grad im Südosten und 11 Grad im Westen. In
einigen Tälern der ostbayerischen Mittelgebirge und der Alpen kann es Bodenfrost
geben.




Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen, auch ein gewisses Potenzial für Dauerregen im
Schwarzwald haben inzwischen alle Modelle auf der Agenda.
Ein Auge muss man auf eventuelle Gewitter ab den späten Nachmittags- und
Abendstunden im Südwesten haben. Die Konvektion erlaubenden Modelle haben auf
jeden Fall welche im Programm und bei den Scherungswerten sowie recht niedrigem
HKN kann es durchaus auch mal böse Überraschungen geben, bis hin zu einem
kurzlebigen Tornado, am ehesten am Abend in Südbaden, mit abnehmendem Potenzial
im Laufe der Nacht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff