DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-05-2021 16:30
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 05.05.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Windiger bis stürmischer zu Schauern und Gewittern neigender und zu kühler
Wettercharakter mit einem Lichtblick gen Sommer am Wochenende.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... fährt der Frühling weiter auf Sparflamme! Bis zum Wochenende
dominiert weiter windiges bis stürmisches, zu Schauern und Gewittern neigendes
Aprilwetter, was bezüglich der Temperaturen mehr an den März erinnert als an den
Wonnemonat Mai. Aber der Reihe nach.

Derzeit konnte sich von Neufundland bis Nordosteuropa tiefes Geopotential
breitmachen. Für das Wetter in Europa und somit auch Deutschland zeichnet sich
dabei ein Höhentiefkomplex über der Nordsee und Skandinavien verantwortlich, der
über Südschweden ein Drehzentrum aufweist. In die westliche Grundströmung auf
der Südflanke des Höhentiefs war dabei ein Kurzwellentrog eingelagert, der
Deutschland tagsüber ostwärts überquert hat und am Abend mit seiner Achse Polen
und Tschechien erreicht. Bodennah korreliert das Höhentief mit dem Sturmtief
EUGEN etwa an gleicher Stelle, sodass sich dieser weiter langsam auffüllt.
Ausgehend von EUGEN zieht sich zusätzlich ein Frontenzug über Osteuropa hing
südwärts, um schließlich im Alpenraum zu schleifen. Deutschland verbleibt bis
Donnerstagfrüh in einer hochreichenden nordwestlichen bis westlichen Strömung.
Hebungsimpulse werden rückseitig der Trogachse überwiegend noch durch die
Höhenkaltluft und schwach ausgeprägten Kurzwellentrögen erzeugt. In einem
Streifen über die Mitte hinweg kurbeln Temperaturen in 500 hPa zwischen -32 und
-35 Grad im Vergleich zu Werten von -1 bis -4 Grad auf 850 hPa mit nachfolgender
starker Labilisierung vertikale Umlagerungen weiter an. So können sich auch am
Abend über der Mitte und Teilen des Südens auch kurze Gewitter mit stürmischen
Böen oder Sturmböen bilden. Die nächtliche bodennahe Stabilisierung sowie die
fehlende oder eher schwach ausfallende Unterstützung aus der Höhe stützen dann
eine deutlich nachlassende Schaueraktivität, ohne dass diese komplett zum
Erliegen kommt. Höhenkaltluft und eine kleine Kurzwelle lösen von NRW und dem
Emsland bis in die Mitte weitere Schauer aus. Da der Gradient rückseitig der
Trogachse zudem leicht auffächert, lässt der Wind in der Mitte und im Süden
spürbar nach. Allenfalls im Norden und Nordosten des Landes nahe dem Tief und
somit stärkerem Gradient weht er auch über die Nacht hinweg weiter frisch mit
steifen bis stürmischen Böen. Nachlassende Schauertätigkeit,
Wolkenauflockerungen und Windabnahme steigern dann bei einem Temperaturniveau
aus dem März die Frostgefahr. Vor allem im Mittelgebirgsraum gehen die Werte
teilweise unter den Gefrierpunkt zurück, am Boden trifft es sogar etliche
Regionen fernab der Küsten mit Frost bis -3 Grad.
Donnerstag ... können in Deutschland aus Wettersicht drei Schwerpunkt
analysiert werden. Dabei sind die wesentlichen Grundstrukturen nahezu
unverändert. Dem tiefen Geopotential von Neufundland bis Nordosteuropa steht
weiter hohes Geopotential über Südwesteuropa und dem zentralen und östlichen
Mittelmeerraum gegenüber. Doch die Köche in der Wetterküche für Mitteleuropa
klatschen sich langsam ab und wechseln. Der Donnerstag startet über Deutschland
mit einer zonalen westlichen Höhenströmung, die nach Osten zu leicht zyklonal,
nach Westen eher leicht antizyklonal geprägt ist. Am Boden beeinflusst dabei
weiter Tief EUGEN zumindest den Norden und Osten des Landes, während im Westen
vorübergehend schwacher Zwischenhocheinfluss Einzug hält. Von Schleswig-Holstein
bis nach Vorpommern wird der Einfluss von EUGEN von Höhenkaltluft verstärkt,
sodass in den genannten Regionen wiederholt Schauer auftreten können, die teils
erneut auch zu schauerartigem Regen verclustern. Zudem gibt es vom zentralen
Mittelgebirgsraum bis zur Neiße anfangs noch ausreichend Hebungsimpulse, um
Schauer auszulösen. Gewitter sind dabei aber nur noch vereinzelt und somit mit
geringer Wahrscheinlichkeit vertreten. Im weiteren Tagesverlauf kommt dann
jedoch der schon angedeutete neue Koch zum Einsatz. Gestützt von einem weiteren
Kurzwellentrog, der sich am Mittag ausgehend vom Höhentief über der westlichen
Nordsee über England und Westfrankreich südwestwärts erstreckt, kann sich
bodennah ein Randtief prächtig entwickeln und von der Brittanie Richtung
Rhein-Main-Gebiet ziehen, wo es am Abend eintreffen soll. An dem Tief mit dem
Namen GREGOR ist auch ein Frontenzug gebunden. Demnach setzt im Südwesten schon
am Donnerstagvormittag durch WLA auf der Vorderseite der Warmfront Regen ein,
der sich bis zum Abend über die gesamte Südhälfte des Landes ausbreitet. Am
Nachmittag sind dann in Baden-Württemberg schon vor Eintreffen der Kaltfront
einzelne Warmlufteinschubgewitter möglich. Bei starken Höhenwinden, PPW-Werten
von 15 bis 19 mm, ordentlich Scherung sowie Cape-Werten bis 180 J/kg muss
schließlich mit stürmischen Böen oder Sturmböen, Starkregen um 15 l/qm und
Graupel/kleinkörniger Hagel gerechnet werden. Insgesamt soll es von den Vogesen
und dem Schwarzwald ostwärts bis nach Bayern hinein länger und teils kräftig
regnen, sodass vor allem im Südschwarzwald und dem Allgäu auch die
Dauerregenschwelle von 25 l/qm in 12 Stunden bzw. 30 l/qm in 24 Stunden gerissen
werden kann. Durch die Gradientverschärfung auf der Südflanke des Randtiefs
GREGOR sowie raschem Druckanstieg im Nachgang (Druckwelle) frischt der Wind auf
und erreicht in Böen steife bis stürmische Böen, im Bergland und exponierten
Tallagen auch Sturmböen. Abseits des Wettergeschehens im Süden kommt ab dem
Mittag auch der Nordwesten wieder in den Fokus des neuen Wetterkochs. Demnach
sorgt dort der Kurzwellentrog selber mit seiner PVA für vertikale Umlagerungen
und somit Schauern. Vereinzelt sind auch dort kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen. Ansonsten geht es auch im Ostseeumfeld weiter ruppig zu. Der
kräftige Nordwest bis Westwind fegt dort weiter Regenschauer über das Land. Am
ruhigsten und freundlichsten wird es wohl vom nordöstlichen Niedersachsen bis
ins nördliche Brandenburg durch kompensierendem Absinken.
In der Nacht zum Freitag zieht Tief GREGOR nach Polen weiter. Dabei greift schon
am Abend die Kaltfront auf Deutschland über und schleift danach am Alpenrand.
Gleichzeitig nähert sich in der Höhe der Kurzwellentrog an und greift ausgangs
der Nacht auf den Nordwesten und Westen über. Frontogenetische Prozesse gepaart
mit PVA sorgen schließlich für Hebung. In der Mitte und im Süden fallen
entsprechend weitere schauerartige Regenfälle, die nur langsam ostwärts abziehen
und im höheren Bergland durchaus nochmal als Schnee fallen. Im Alpenvorland kann
es im Umfeld der Front auch länger regnen. Im Nordwesten und Norden auf der
Vorderseite des Troges bleibt zudem auch die Schauertätigkeit in der Nacht
erhalten. Auch einzelne Gewitter können dort nicht ausgeschlossen werden.

Freitag ... schwenkt der Kurzwellentrog mit seiner Achse über Deutschland
hinweg nach Polen, sodass sich rückseitig auch in der Höhe, wie zuvor am Boden
auf der Rückseite von Tief GREGOR eine nordwestliche Strömung einstellt.
Gleichzeitig schleift an den Alpen bzw. inneralpin weiter die Kaltfront von
GREGOR. Entsprechend ist auch am Freitag keine große Wetterberuhigung in Sicht.
Während es an den Alpen im Umfeld der Front weiter schauerartig regnet, in
höheren Lagen auch schneit, nimmt von der Küste bis in das Mainumfeld die
Schauer- und Gewitteraktivität wieder Fahrt auf und lässt im Tagesverlauf von
Westen her allmählich nach. Als Begleiterscheinungen der Schauer und Gewitter
steht der Wind wieder im Fokus. Demnach können steife bis stürmische Böen
auftreten, exponiert sowie in Kammlagen der Berge sind auch einzelne Sturmböen
möglich. Zudem ist häufiger auch Graupel mit von der Partie, in Hochlagen ist
weiter auch Schnee ein Thema.
In der Nacht schwenkt der Trog weiter gen Osteuropa und verliert an Einfluss auf
das Wetter in Deutschland. Vielmehr bäumt sich ausgehend von Südwesteuropa ein
Rücken über Westeuropa und Irland nordwärts auf und stützt im Bodenfeld ein Hoch
über Süddeutschland und dem Alpenraum. Somit breitet sich die Wetterberuhigung
von Westen rasch über das gesamte Bundesgebiet aus. Allenfalls an den Alpen, im
östlichen Mittelgebirgsraum sowie im Ostseeumfeld sind noch Reste von Front und
Trog spürbar, indem es dort noch kurze Schauer oder etwas Regen, im Bergland
auch Schnee gibt. Durch den Rücken samt korrelierendem Bodenhoch fächert der
Gradient stark auf, sodass der Wind keine Rolle mehr spielt. Durch das Absinken
bekommen die Wolken zudem immer größere Lücken, sodass die Temperaturen in der
Mitte und im Süden nochmals nahe an bzw. in den Frostbereich purzeln. Bodenfrost
stellt sich nahezu landesweit ein.
Samstag ... steht im Osten und Süden freundliches und trockenes Wetter an. In
der Höhe nähert sich die Achse des Rückens an und liegt am Mittag etwa von
Ostfrankreich über die westliche Nordsee bis nach Schottland. Das korrelierende
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt gleichzeitig auch etwas nach Osten und
liegt mit Zentrum über Ungarn. Vor allem im Süden und Osten reichen die
antizyklonalen Verhältnisse mit entsprechendem Absinken aus, die Sonne länger
scheinen zu lassen. Anders sieht es im Westen und Norden aus. Dort macht sich
schon ein neues hochreichendes Tief über dem Atlantik bemerkbar. Ausgehend von
diesem erstreckt sich etwa zur Mittagszeit eine Warmfront südostwärts bis in den
Westen Deutschlands. WLA und frontogenetische Hebungsprozesse sorgen dort für
aufkommende skalige Niederschläge, die zusammen mit der Front bis Sonntagfrüh
von NRW und dem Emsland bis nach Vorpommern und das nördliche Brandenburg
ausgreifen. Rückseitig dreht die Strömung auf Südwest und zapft wärmere
subtropische Luft an. Während am Freitag die Temperaturen in 850 hPa in
Deutschland noch zwischen 1 und -5 Grad lagen, steigen diese bis in die Nacht
auf Sonntag auf Werte zwischen 6 und 15 Grad an. Aufgrund der wärmeren Luft ist
in der Nacht auf Sonntag auch Frost kein Thema mehr, im Westen unter den Wolken
sind sogar mal zweistellige Tiefstwerte möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großskaligen Strukturen werden von den verschiedenen Modellen vergleichbar
simuliert. Unterschiede gibt es typischerweise im Detail. Sowohl bei den
Schauer- und Gewitterschwerpunkten als auch bei der räumlichen Einordnung der
schleifenden Front an den Alpen gibt es geringe Abweichungen. Einigkeit herrscht
jedoch, dass Tief GREGOR in Südwesten und Süden regional, bevorzugt im Stau die
Stark-/Dauerregenschwelle erreicht. Die Probabilistik liefert sowohl über 6
stunden (ICON-DE) als auch über 12 und 24 Stunden (C-Leps, ICON-EPS) Hinweise
teils bis 100%.
Zudem gibt es auch noch beim Timing sowie der räumlichen Ausprägung der
WLA/Front gebundenen Niederschläge am Samstag Abweichungen zwischen den
Modellen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel