DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-05-2021 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 04.05.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL TrM
Markantes Sturmtief mit Gefahr von schweren Sturmböen über Teilen des Landes. Im
Südwesten im Stau markanter Dauerregen Auch am Mittwoch weiter verbreitet
stürmisch, dazu einzelne Gewitter. Am Donnerstag mit Randtiefentwicklung im
Süden neuerlich auflebender Wind.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... steht der Tag unter dem Einfluss eines Sturmtiefs, das mit seinem
Zentrum im Tagesverlauf langsam über die Nordsee ostwärts zieht und am späteren
Abend Jütland erreicht. Bereits jetzt liegt es nahezu achsensenkrecht unter dem
Höhentief, sodass der Höhepunkt seiner Entwicklung bereits erreicht ist.
Deutschland befindet sich zunächst noch im Bereich kräftiger WLA, in einem
breiten Warmsektor. Die vorlaufende WF wird im weiteren Verlauf an das Tief
angebunden, sodass die Okklusion, die jetzt schon Kaltfroncharakter hat, dann
auch zu einer echten Kaltfront wird.

Diese Kaltfront greift in der ersten Tageshälfte von Nordwesten bis zur Mitte
aus. Während die Front im Theta-Feld etwas verwaschen daher kommt, ist sie gut
im Feuchtefeld (z.B. 700 hPa) zu erkennen. Zudem lässt sie sich mit Hilfe des
Tendenzfeldes der spezifischen Feuchte ausmachen. So geht diese postfrontal
deutlich zurück. Rückseitig nehmen hingegen die Lapse Rates deutlich zu, was mit
einer deutlichen Labilisierung einhergeht.

Während die Niederschläge im Bereich der Front skaligen Charakter haben, gehen
diese rückseitig zunehmend in Schauer über. Beim Blick auf die
Pseudoreflektivitäten lässt sich schön erkennen, wie sich die konvektive
Aktivität von Norden und Westen im Laufe des Nachmittags bis zur Mitte
ausbreitet.
Insgesamt ist die Labilitätsfläche nicht sehr hochreichend (bis etwa 600 hPa),
da postfrontal trockene Luftmassen aus der oberen bis zur mittleren Troposphäre
absinken kann. Einzelne kurze Gewitter sind aber durchaus möglich (-20 Grad als
Obergrenze der CAPE-Fläche).

Das Hauptthema ist heute natürlich der Wind. So breiten sich starke bis
stürmische Böen und einzelne Sturmböen im Laufe des Vormittags auf große Teile
des Landes aus. Davon etwas ausgenommen ist der Südosten von Bayern und die
Region von Ostsachsen bis zum Oderbruch. Dort treten allenfalls Windböen auf.
Ein erstes Windmaximum steht mit der Frontenpassage in Verbindung. Schon in den
Frühstunden sind damit stürmische Böen und einzelne Sturmböen aufgetreten. In
Xanten gab es sogar eine schwere Sturmböe.
Dahinter hat der Wind etwas nachgelassen, legt aber mit in Gang kommen der
Konvektion rasch wieder zu. Um den Schwerpunkt der stärksten Böenaktivität in
den Mittags- und Nachmittagsstunden zu finden, kann man sich die Lapse-Rates vom
Boden bis in mittlere Troposphärenniveaus (z.B. 850 hPa) anschauen. Macht man
dies, so springt eine Region ins Auge, die von NRW und dem südlichen Emsland
nach Südniedersachsen und bis in den Norden von Sachsen-Anhalt reicht. Dabei
sind sich ICON und ECMWF abgesehen von kleinen Unterschieden recht einig.
Dieser Bereich markiert die Region wo das Heruntermischen der Höhenwinde am
wahrscheinlichsten erscheint. Schaut man nun auf eben diese Höhenwinde, so
findet man ein Maximum, das vom nördlichen NRW bis in die Südhälfte von
Niedersachsen reicht und auch den Norden von Sachsen-Anhalt tangiert. Die 850
hPa Winde werden in den hochauflösenden Modellen zwischen 60 und 65 kn
vorhergesagt (z.B. ICON-D2).
Im Überlappungsbereich der beiden Grundzutaten sind ab den Mittagstunden
vermehrt Sturmböen und schwere Sturmböen zu erwarten. Auch wenn es von den
Modellen nicht explizit vorhergesagt wird, sollte auch eine einzelne orkanartige
Böe in Verbindung mit stärkeren Schauern/Gewittern nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Die Lage ist an sich schon gut abgewarnt. Sollten allerdings verstärkt Bft 10
Böen auftreten, dann müsste die Warnung vorübergehend auch nochmal heraufgestuft
werden.

In der Nacht auf Mittwoch kommt das Tief kaum noch ostwärts voran und befindet
sich weiter über Jütland. In den mittleren Landesteilen lässt die
Schaueraktivität nach. Im Norden schiebt hingegen die mit dem Trog in Verbindung
stehende Höhenkaltluft nach, wobei die Temperatur in 500 hPa auf -32 Grad sinkt.
Entsprechend muss im Norden mit weiteren schauerartigen Niederschlägen gerechnet
werden, auch ein einzelnes Gewitter ist möglich.
Später wird von der Höhenkaltluft auch der Westen erreicht, sodass dann auch
dort wieder vermehrt Schauer auftreten.

Der Wind lässt allgemein nach. Im Norden muss aber die ganze Nacht über mit
Windböen und einzelnen stürmischen Böen gerechnet werden. An der Nordsee nimmt
der Wind sogar noch zu. In den Regionen mit auflandigem Westwind muss an der
Nordsee mit schweren Sturmböen, vereinzelt auch orkanartigen Böen gerechnet
werden. Auch im höheren Bergland bleibt es bei Sturmböen.

Vornehmlich in den mittleren Landesteilen kann die Wolkendecke stärker
auflockern, sodass dort die Werte auf 5 bis 0 Grad fallen können, örtlich kann
es dann Bodenfrost geben, wenn der Wind stärker einschläft.

Im Süden regnet es im Bereich der schleifenden Front am Alpenrand anhaltend
weiter. Dabei sind in Staulagen auch größere Niederschlagsmengen möglich. Das
gilt insbesondere für den Weststau des Schwarzwaldes, um 30 l/qm in 12 h fallen
können. Auch im Allgäu gibt es Andeutungen, dass lokal die markante Warnstufe
erreicht wird.


Mittwoch... verbleibt Deutschland unter Trogeinfluss. Das Bodentief quält sich
im Tagesverlauf allmählich von Jütland in Richtung Südschweden. In den breiten
Trog ist ein kurzwelliger Anteil eingelagert, der zum Abend auf Deutschland
übergreift.

Die Haupttrogaktivität findet vor allem über den mittleren Landesteilen statt.
Schaut man weiter nach Norden, so wird dort der Isohypsengradient deutlich
auseinandergezogen. Das hat zur Folge, das zwar noch eine starke
Geschwindigkeitsscherung in der unteren Troposphäre (bis etwa 850 hPa) zu sehen
ist, darüber der Wind dann aber wieder deutlich abnimmt. Die Höhenkaltluft über
der breiten Mitte hat in 500 hPa Werte zwischen -32 und -34 Grad. Im Norden sind
es immerhin noch um -30 Grad. Die Folge ist eine rege Schaueraktivität. Wobei
die Schauer über dem Norden verclustern, was vornehmlich auch an den
nachfolgenden kurzwelligen Anteil liegt.

Die größte Wahrscheinlichkeit für Gewitter gibt es über der breiten Mitte des
Landes, wo der Trog am aktivsten und die Höhenkaltluft am stärksten ist. Die
stärksten 850 hPa Winde findet man hingegen mehr über dem Norden und der
nördlichen Mitte (850 hPa: 40-50 kn), während sie nach Süden deutlich schwächer
sind. Mit den Schauern kommt es wiederholt zu starken bis stürmischen Böen.
Sturmböen sind am wahrscheinlichsten über der nördlichen Mitte, wo beide Anteile
am besten überlappen. Auch eine einzelne schwere Sturmböe lässt sich dann nicht
ausschließen.
Ebenfalls wiederholt Sturmböen, exponiert schwere Sturmböen sind im Küstenumfeld
zu erwarten, letzteres vor allem im Nordfriesischen Bereich bei auflandigem
Wind. Auch im höheren Bergland sind (schwere) Sturmböen natürlich ein Thema.
Die Schneefallgrenze sinkt bis zum Abend auf etwa 1200 m, sodass ab etwa 1500 m
ein wenig Neuschnee möglich ist. Wenn die Grenze sinkt, klingen aber auch die
Niederschläge bereits ab, sodass wohl keine Warnung notwendig ist.

Im Süden ist der Wind deutlich schwächer, dort gibt es noch länger andauernde
Niederschläge, wobei sich der Schwerpunkt allmählich an den Bayerischen
Alpenrand verschiebt. Dort können durchaus nochmal 10 bis 15 l/qm fallen, ehe am
Nachmittag auch die Niederschläge nachlassen. In höheren Lagen der Alpen sind
(schwere) Sturmböen möglich.

In der Nacht auf Donnerstag verbleibt Deutschland im Trogbereich. Zwar lässt
tagesgangbedingt die Schaueraktivität nach, vor allem im Norden, teils aber auch
im Westen, kann es noch weitere schauerartige Niederschläge geben.

Der Wind lässt allgemein nach. Ausgehend von den Nordfriesischen Inseln bis zur
Uckermark bleibt er aber noch sehr lebhaft mit starken Böen im Binnenland und
stürmischen Böen bzw. einzelne Sturmböen an der See.

In der Südwesthälfte ist es nur noch schwachwindig, sodass bei größeren
Auflockerungen die Temperatur weit absinken kann. So sind vor allem im Bergland
vereinzelt leichte Nachtfröste zu erwarten, häufiger gibt es Bodenfrost.



Donnerstag... ist ein Kurzwellentrog in die recht südlich verlaufende
Frontalzone eingelagert, der von Ostfrankreich nach Deutschland schwenkt. An
seiner Vorderseite ist ein Bodentief zu finden, das sich bis zum Abend mit
seinem Zentrum von Frankreich nach Baden-Württemberg schiebt. Damit wird die
Bodenfront wieder aktiviert und als Warmfront etwas nach Norden geschoben. Mit
den damit in Verbindung stehenden Feuchtefeldern und der WLA breiten sich im
Tagesverlauf dichte Wolkenfelder nordostwärts über die mittleren Landesteile
aus. Zum Nachmittag setzt nachfolgend länger anhaltender Regen ein, der zum
Abend die Mitte erreicht.

Recht freundlich wird es noch im Osten, wo die Aufgleitvorgänge erst am
Nachmittag in Gang kommt und man recht weit von der Höhenkaltluft des Troges
entfernt liegt. Dort bleibt es bis zum Abend häufig trocken und die Sonne zeigt
sich häufiger. In Richtung Nordwesten sorgt die Höhenkaltluft für eine labile
Schichtung und entsprechend rege Schauertätigkeit. Auch einzelne Gewitter können
wieder mit dabei sein. Da der Höhenwind deutlich rausgeht, ist aber allenfalls
mal mit einer Windböe zu rechnen.

Nach Nordosten sind in der ersten Nachthälfte nochmal starke, an der See
stürmische Böen zu erwarten, eher auch dort fächert der Gradient weiter auf.

Dem entgegen steht eine Windzunahme in Verbindung mit der sich nähernden
Randtief. So werden zum Abend im Südwesten in 850 hPa wieder Geschwindigkeiten
zwischen 40 und 50 kn gerechnet. Die Schichtung ist allerdings stabil, sodass
die Windzunahme vor allem die Berge betrifft. Im höheren Bergland sind am
Nachmittag stürmische Böen und Sturmböen zu erwarten, auf den Gipfeln auch
schwere Sturmböen (Feldberg).

In der Nacht auf Freitag amplifiziert sich der Kurzwellentrog über Deutschland
und erreicht zum Morgen den Osten des Landes. Das Bodentief zieht vorderseitig
nach Polen ab. Damit verschiebt sich der Schwerpunkt der Niederschläge im Laufe
der Nacht ostwärts, während im Westen und Nordwesten neben einzelnen Schauern
die Wolkendecke vorübergehend stärker auflockern kann. Dort ist dann bei
gleichzeitig nur noch geringen Windgeschwindigkeiten vereinzelt Luft- und
verbreitet leichter Bodenfrost zu erwarten.

An den Alpen regnet es auch in der zweiten Nachthälfte längere Zeit, wobei die
Schneefallgrenze wieder auf etwa 1400 m
sinkt.

Anzusprechen ist noch das Windfeld an der Südflanke des Randtiefs. So muss im
Süden von Baden-Württemberg und Bayern häufiger mit Windböen, vereinzelt auch
stürmischen Böen gerechnet werden. Im Bergland durchweg stürmische Böen und
Sturmböen, auf Berggipfeln auch orkanartige Böen.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle sind sich im kurzfristigen Vorhersagebereich ziemlich einig. Größere
Diskrepanzen lassen sich nicht ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer