DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-04-2021 17:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.04.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunächst keine markanten Entwicklungen, ab Donnerstag am Alpenrand und im
Nordwesten einzelne starke Gewitter gering wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ...
befinden sich weite Teile Kontinentaleuropas unter einem umfangreichen, aus
mehreren Drehzentren bzw. Kurzanteilen bestehenden Trogkomplex, der von der
Barentssee/Nordwestrussland bis hinunter vor die Iberische Halbinsel reicht. In
seinem Westteil hat er über UK inzwischen ein eigenständiges Höhentief in seine
Zirkulation aufgenommen, das für die Entwicklung in Deutschland allmählich
bestimmend wird. Zunächst mal aber wandelt sich das Tief im Tagesverlauf in
einen markanten, zonal exponierten KW-Trog um, der sich am Abend vom Seegebiet
knapp westlich von Irland bis zur Nordsee erstreckt. Diese "Auswuchtung" des
Haupttroges nach Westen sorgt bei uns dafür, dass die insgesamt schwache
Höhenströmung nach und nach zonalisiert.

Die Situation ist dagegen in der unteren Troposphäre anders geartet. Dort sorgt
kontinuierlicher leichter Druckfall, dass die bisher über Deutschland präsente
Brücke (sie verbindet ein Hoch über Island mit hohem Luftdruck im
Schwarzmeerraum) immer weiter abgebaut bzw. nach Nordosten abgeschoben wird.
Zwischen der scheidenden Brücke und einer großräumigen, aus mehreren Teilkernen
bestehenden Tiefdruckzone über weiten Teilen West- und Südwesteuropas hat der
Wind auf östliche Richtungen gedreht. Das ist insofern von Bedeutung, als dass
damit die Zufuhr kontinental-polarer Luftmassen aus nördlichen Breiten
abgeschnitten wird. Stattdessen gelangt allmählich mildere, zunächst aber
weiterhin sehr trockene Luft in den Vorhersageraum. So steigt T850
beispielsweise im Norden und Osten, wo heute früh noch verbreitet -5/-6°C
gemessen werden, bis Datumswechsel auf -4 bis 0°C. Die Taupunkte bleiben
verbreitet im negativen Bereich, die spezifische Grundschichtfeuchte meist unter
4 g/kg und das vertikal integrierte PPW unter 10 mm. Angesichts solcher Eckdaten
wird einem schnell klar, dass der Gegenstrom - so emsig er auch ausfallen mag -
mit dieser Luftmasse nichts anfangen kann, wenn es um nennenswerte Wolkenbildung
und erst recht um Niederschlag geht.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der o.e. KW-Trog langsam Richtung Südengland
und Ärmelkanal. Vorderseitig fällt der Luftdruck über Westfrankreich, wodurch
dort ein eigenständiges flaches Tief entsteht. Auf seiner Nordostflanke ist bei
uns leichte WLA wirksam, was einige, meist hohe Wolkenfelder durchziehen lässt.
Gleichzeitig lässt der östliche Wind zwar nach, schläft aber nicht überall
vollständig ein. Diese Kombination in Verbindung mit der neuen, nicht mehr ganz
so kalten Luftmasse führt dazu, dass zumindest Luftfrost nicht mehr so
verbreitet auftritt wie die Nächte davor. Trotzdem kann es insbesondere in den
Mittelgebirgen sowie gebietsweise im Osten und Nordosten auf etwas unter 0°C
abkühlen und Frost in Bodennähe (lokal bis zu -6/-7°C) steht leider noch mal
verbreitet auf der Karte.

Mittwoch ... verlagert sich der KW-Trog mit weiterhin nur geringer
Geschwindigkeit weiter in Richtung Nordwestfrankreich. Dadurch dreht die
Höhenströmung bei uns etwas zurück auf West-Südwest. Durch die andauernde WLA
steigt das Potenzial etwas an, was sich in einem flachen Rücken dokumentiert.
Dieser wandert tagsüber über den Vorhersageraum hinweg, was einen leicht
antizyklonalen Einschlag zur Folge hat. Da nutzt es nur wenig, dass das
Bodentief über Frankreich mit einem Frontensystem und möglicherweise auch noch
mit einem zweiten Kern ausgestattet wird und sich dabei etwas ost-nordostwärts
bewegt. Für wesentlich mehr als dichtere Bewölkung im Tagesverlauf im Südwesten
wird es kaum reichen. In weiten Landesteilen gestaltet sich der Mittwoch
abermals sonnig oder nur locker bewölkt, vor allem aber trocken.

Immerhin gilt es festzuhalten, dass die Luftmasse ganz allmählich angefeuchtet
wird. Das PPW steigt landesweit auf über 10 mm an und vor allem im Süden ist
zudem ein Anstieg der spezifischen Grundschichtfeuchte auf Werte um 6 g/kg
erkennbar. Da darüber hinaus ausreichend Labilität vorhanden ist, kann es am
Nachmittag und Abend aus den Alpen (Westen eher als Osten) bzw. der Schweiz
heraus sowie über dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb tatsächlich einzelne
Schauer geben. Ob es auch schon für ein Gewitter reicht, ist angesichts des eher
mauen CAPE-Angebots noch unsicher.

Fakt ist auf alle Fälle, dass die Erwärmung weitere Fortschritte macht. Die
0°C-Isotherme in 850 hPa erreicht in den Abendstunden die Nord- und Ostsee,
während südlich der Donau rund 9°C gemessen werden. So wird im Süden und
Südwesten die 20°C-Marke nicht selten erreicht oder sogar knapp überschritten,
aber auch im Norden und Osten wird es - endlich - wärmer mit bis zu 16 oder 17,
lokal sogar bis zu 18°C. Nicht ganz so viel kann man erwarten, je näher man der
Küste kommt, wo vor allem die Nähe zum noch recht frischen Meerwasser höhere
Temperaturen verhindert.

In der Nacht zum Donnerstag gelangen wir zunehmend auf die Vorderseite des o.e.
KW-Troges und auch das Bodentief rückt dichter an den Vorhersageraum heran. Für
Hebung ist also ausreichend gesorgt und auch die zu hebende Luftmasse verfügt
mittlerweile über ausreichen Wasserdampf, so dass von Ostfrankreich und der
Schweiz her schauerartiger Regen übergreifen und sich über die Mitte
ost-nordostwärts ausbreiten kann. Im südwestdeutschen Bergland können immerhin 5
bis 10 l/qm innert 12 h fallen, lokal vielleicht sogar noch ein Tick mehr. In
der zweiten Nachthälfte nehmen Labilität und MU-CAPE im Westen etwas zu, so dass
mit den schauerartigen Verstärkungen auch vereinzelte abgehobene Gewitter nicht
ausgeschlossen sind. Dagegen bleibt es sowohl im Nordosten als auch im Südosten
weitgehend oder sogar gänzlich trocken bis zum Morgen.

Regen ist eine gute Nachricht, positive Nachttemperaturen die andere - Luft- und
Bodenfrost sind vorerst kein Thema mehr.

Donnerstag ... verbringen wir unter einer leicht flatternden südwestlichen
Höhenströmung, wobei sich über Nord- und Nordwestdeutschland sogar ein schwacher
Jetstreak ausmachen lässt. Derweil verlagert sich die zonal exponierte
Bodentiefdruckzone von der Mitte langsam nach Norden, wobei der hochreichende
Hauptkern zunächst noch auf Seiten der Beneluxstaaten verbleibt. Erst in den
Abendstunden könnte ein Grenzübertritt von den Niederlanden erfolgen.

Wichtiger als das ist aber die Tatsache, dass es auch tagsüber zu weiteren
Niederschlägen kommt. Im Norden und in Teilen der Mitte zeichnen dafür die
zonale Konvergenzachse der Bodentiefs sowie eine etwas nördlich davon
positionierte Okklusion verantwortlich (siehe Vorhersagekarte T+60 h). Beide
induzieren schauerartig verstärke Regenfälle, die im Nordwesten, also in der
Peripherie des Hauptdrehzentrums, am stärksten ausfallen (gebietsweise 5 bis 10
l/qm, bei konvektiven Auswüchsen auch etwas mehr). Trotz mangelnder Einstrahlung
sind im Tagesverlauf sogar einzelne Gewitter drin (einige 100 J/kg ML-CAPE), die
bis in die nördliche Mitte ausgreifen können. Aufgrund mäßiger bis guter
Scherungsbedingungen unterhalb des Jetstreaks können die Gewitter durchaus
organisiert sein. Vordergründig stehen aufgrund geringer Zuggeschwindigkeit
Starkregen (PPW etwas über 15 mm) und kleinerer Hagel als begleitende Parameter
auf der Karte.

Im Süden sorgt die zunächst durchschwenkende, später über dem Südosten ins
Schleifen kommende Kaltfront gebietsweise für etwas Regen (wahrscheinlich unter
5 l/qm innert 12 h) und präfrontal einzelne Gewitter, wobei diese (noch) nicht
von allen Modellen angeboten werden. Postfrontal sickert nicht nur etwas kühlere
Luft ein, es zeichnet sich auch ein deutlicher, vom Westen bis in die Mitte
ausgreifender Trockeneinschub ab, der dort für wenig bis keinen Regen,
unterdrückte Konvektion und sonnige Abschnitte sorgt.

Der Wind spielt weiterhin keine prominente Rolle, könnte aber gerade im Westen
auf der Südflanke des Tiefkerns vorübergehend mal etwas stärker aufbrisen. Ob es
allerdings flächig für Böen 7 Bft reicht, ist fraglich. Tatsache ist aber, dass
der Wind im Süden und in der Mitte auf westliche Richtungen dreht.
Die Temperatur erreicht in Ober- und Niederbayern punktuell die 20°C-Marke,
ansonsten stehen 12 bis 18°C auf dem Programm mit den niedrigeren Werten im
Norden (Küste z.T. noch kühler).

In der Nacht zum Freitag bleibt die Bodenkonvergenz über Norddeutschland liegen,
was dort vor allem in der ersten Nachthälfte weitere Regenfälle und einzelne
Gewitter zur Folge hat. Auch in Südostbayern regnet es zunächst noch an der
schleifenden Kaltfront, bevor sich der Niederschlag bis zum Morgen weitgehend in
die Alpen bzw. ins benachbarte Österreich zurückzieht. Im westlichen
Mittelgebirgsraum kann die Lufttemperatur örtlich auf nahe 0°C absinken, Frost
in Bodennähe inklusive. Ansonsten bleibt die Temperatur aber im positiven
Bereich.

Freitag ... befindet sich Norddeutschland anfangs noch im Einflussbereich einer
labil geschichteten und recht feuchten Luftmasse, die mit einem rasch ostwärts
abziehenden Trog dorthin advehiert worden ist. Somit lebt im Tagesverlauf dort
noch einmal die Schauertätigkeit auf, kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Meist
fallen aber nur wenige mm, gebietsweise bleibt es sogar trocken.
Sonst ist es zunächst trocken, lediglich an den Alpen können sich ebenfalls
kurze Schauer entwickeln.
Vorderseitig eines Höhentroges über West- und Südwesteuropa weitet sich
allerdings im Tagesverlauf bzw. in der Nacht zum Samstag von Frankreich her eine
Tiefdruckrinne nach Süddeutschland aus. Mit beginnender, aus Warmluftadvektion
resultierender Hebung setzen nachmittags, (GFS) bzw. abends (IFS, ICON) im
Südwesten leichte Regenfälle ein, die sich bis Samstagfrüh ein wenig
nordostwärts, Richtung Nordbaden/Franken ausweiten. Die Mengen beschränken sich
aber auf wenige mm. Im Norden klingen die Schauer nur zögernd ab, wobei vor
allem im Nordwesten noch gebietsweise einige mm fallen können, im Osten, in der
Mitte und im Südosten bleibt es weitgehend trocken.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die oben beschriebene Entwicklung wird von den gängigen Modellen nahezu gleich
simuliert. Einzig bei den Niederschlags- und den Konvektionsprognosen gibt es im
Detail leichte Abweichungen. Diese sind aber mit keiner Warnrelevanz verbunden,
da die simulierten Regenmengen voraussichtlich keine Warnschwellen überschreiten
dürften und Gewitter im Nowcastingverfahren abgearbeitet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Stefan Külzer