DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-04-2021 08:01
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Anfangs noch HNa (Hoch Nordmeer antizyklonal), danach schwierig.

Allmähliche Umstellung der Wetterlage von antizyklonal auf zyklonal. Zunächst
aber wenig bis kein Regen und vor allem kommende Nacht noch erhebliche
Frostgefahr (Luft und Erdboden).

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... biegt der April 2021 in die Zielgerade ein und es ist inzwischen
unstrittig, dass dieser Übergangsmonat nach 20! Jahren Temperaturüberschuss mal
wieder zu kalt gegenüber dem vieljährigen Mittel 60-91 endet. Dass der April in
der Gesamtfläche zu trocken endet, ist nicht minder wahrscheinlich (auch wenn
der Parameter Niederschlag wie eigentlich immer ein heterogeneres Bild abgibt
als die Temperatur), allerdings haben wir uns daran schon gewöhnt. Immerhin
besteht die reelle Aussicht, dass sich an den letzten Regentagen noch ein
bisschen was tut an der Regenbilanz, weil die Großwetterlage - wenn auch nur in
kleinen Raten - dabei ist, sich umzustellen.

So zeigt ein flüchtiger Morgenblick auf die aktuellen Drucktendenzen landesweit
schwachen Fall, was ein erster zarter Indikator dafür ist, in welche Richtung
wir uns bewegen. Und tatsächlich ist der seit Tagen wetterbestimmende, schier
unantastbar scheinende Hochkeil, der sich ausgehend von einem Hoch über
UK/Irland und dem Europäischen Nordmeer diagonal über Deutschland hinweg bis zum
Balkan erstreckt, dabei zu bröckeln. Gleiches gilt übrigens für Das Ausgangshoch
(SANDRA) selbst auch, das von einem aktuell zwischen Island und Schottland
positionierten Tief (BEAT) unterminiert und dadurch zunehmend abgebaut wird.

Abbau ist auch ein gutes Stichwort, wenn man sich die Potenzialverteilung in der
Höhe anschaut. Dort befindet sich der bisher als substanzieller Gönner von Hoch
SANDRA (nebst ihrer Vorgängerinnen) aufgefallene Höhenrücken über Westeuropa
respektive dem nahen Atlantik ebenfalls auf dem absteigenden Aste. Zwar lässt
sich derzeit noch eine schwache Verbindung zwischen dem Rücken bzw. dem, was
davon noch übrig ist, und einem weiteren Rücken über dem zentralen Mittelmeer
erkennen. Die Tendenz ist aber eindeutig und zwar in Richtung "zyklonal".
Hauptursache dafür ist ein breiter Höhentrog über Nord- und Nordosteuropa,
dessen Expansionsbemühungen in Richtung Westen und Südwesten unverkennbar sind.
Und damit er es nicht so schwer gegen den besagten Rücken hat, bekommt der Trog
Unterstützung von einem derzeit mit seinem Drehzentrum noch knapp westlich
Iberiens liegenden Höhentief sowie einem KW-Trog (dieser korrespondiert mit dem
o.e. Tief) nördlich Schottlands. Kurzum, schon jetzt ist die nordwestliche
Höhenströmung ganz klar zyklonal konturiert, wobei heute sogar noch ein bisher
noch nicht erwähnter KW-Trog durchschwenkt.

Dass der heutige Wochenbeginn trotzdem in weiten Teilen des Landes einmal mehr
sonnig oder nur locker bewölkt abläuft, liegt an der - mit Verlaub -
furztrockenen und vergleichsweise immer noch unterkühlten kontinentalpolaren
Luftmasse (T850 verbreitet unter 0°C, im Nordosten heute Mittag -7°C!, nur im
Süden positiv), die uns beehrt. Taupunkte, die größtenteils weit im Negativen
liegen, dazu PPWs unter 10 mm und eine spezifische Grenzschichtfeuchte von
dürftigen 2 bis 4 g/kg. Was nutzt der beste Motor (zyklonales Strömungssetup),
wenn man am Ende nur Cola light in den Tank gießt. Hinzu kommt auch noch eine
zwischen 800 und 850 hPa positionierte Absinkinversion, die nur langsam abgebaut
wird und ebenfalls als Hemmschuh für zyklonale Aktivität agiert.

So bleiben heute unter dem Strich im Norden und Osten einige
tagesganggetriggerte Quellungen, aus denen zwischen Ostsee und BB sogar ein paar
schlappe Schauer herausgequetscht werden können. Grund dafür ist die höhenkalte
Luft (unter -30°C in 500 hPa) bzw. die daraus resultierende Labilität im inneren
Bereich des KW-Troges. Im äußersten Süden hingegen tauchen einige mehr oder
weniger dichte Wolken des "Iberischen Höhentiefs" und der damit über
Südwesteuropa korrespondierenden Tiefdruckzone am Firmament auf.
Zwar lebt der im Norden aus nördlichen, im Süden mehr aus östlichen Richtungen
(im Südwesten einsetzende Bise) kommende Wind mitunter leicht böig auf, für
Warnungen wird es aber nicht reichen. Während nordöstlich der Elbe gerade mal 7
bis 11°C Tageshöchsttemperatur erreicht werden, sind es im Süden und Südwesten
14 bis 19°C.

In der Nacht zum Dienstag fallen Luftdruck und Potenzial zwar weiter, gleichwohl
bleibt der große Umschwung nach wie vor aus. So gestalten sich die Nachtstunden
vielerorts gering bewölkt oder klar, von etwaigen Niederschlägen ganz zu
schweigen. Im Hochschwarzwald könnte die Bise mit Unterstützung von
Low-Level-Effekten ein paar stürmische Böen aufs Parkett zaubern, was
ehrlicherweise aber auch niemanden aus dem Sattel haut.
Als weit problematischer und mehr als lästig entpuppt sich dagegen der
Dauerbrenner "Frost respektive Frost in Bodennähe". Abgesehen von unmittelbaren
Küstensaum, der kompletten Rheinschiene sowie größeren Ballungsräumen im Süden
und Westen kühlt die Luft in den leichten, im Osten und Nordosten stellenweise
sogar mäßigen Frostbereich ab. In Bodennähe geht es dort sowie in der östlichen
Mitte gar auf -5 bis -10°C runter, was für Landwirte, Erdbeerbauern,
Hobbygärtner usw. überhaupt keine gute Nachricht ist.

Dienstag... ist nicht mehr viel übrig vom o.e. Höhenrücken. Der mächtige
Höhentrog hat sowohl den kleinen Anteil über UK als auch das "Iberienhöhentief"
in sein Zirkulationsmuster integriert, was ihm eine mächtige, von Nordost- bis
nach Südwesteuropa reichende Ausdehnung verleiht. Bei uns resultiert daraus eine
zunehmend westliche Höhenströmung, die aber weiterhin schwach ist und keine
nennenswerten Impulse im Sinne irgendwelcher Hebungsantriebe liefert. Überhaupt
muss man sagen, dass die Höhenströmung europaweit, aber auch auf dem Atlantik
derart flau ist, dass man Schwierigkeiten hat, irgendwo so etwas wie eine
Frontalzone zu finden. Am ehesten gelingt das noch über Russland bzw. in
abgeschwächter Form über dem westlichen Mittelmeer.

Während der Wind in der Mitteltroposphäre also auf West dreht, macht er im
unteren Teil das genaue Gegenteil, was zu einer Gegenstromsituation führt.
Leicht böig auflebender Ostwind ist angesagt, weil der Rest des Bodenhochkeils
nach Nordosten weggedrückt wird und wir auf die Nordflanke der umfangreichen
Tiefdruckzone über Süd- und Südwesteuropa gelangen. Mit dem Ostwind setzt
allmählich niedertroposphärische Erwärmung ein, die in einem Anstieg der
850-hPa-Temperatur mündet. Am Abend stehen in der Südhälfte 0 bis +7°C, in der
Nordhälfte -4 bis 0°C auf der Karte. Entsprechend erwärmt sich die Luft auch in
2 m Höhe auf 10 bis 15 im Norden und Osten (nur Küstenabschnitte mit direkter
Anströmung von der See her bleiben einstellig), während sich im Rest des Landes
wenig gegenüber heute tut.

Wettertechnisch bleibt in der nach wie vor trockenen Luftmasse die Sonne Trumpf,
auch wenn sich gebietsweise Wolken - sei es in Form von lockeren Quellungen, sei
es durch hohes Gewölk - am Himmel zeigen. Nur im äußersten Süden, wo etwas
feuchtere Luft über die Alpen schwappt (Anstieg PPW auf rund 10 mm), können sich
von den Alpen her etwas stärkere Quellungen bis ins südliche Vorland
vorarbeiten. Ob es am Ende gar für einen Schauer reicht, bleibt abzuwarten; ICON
ist eher pessimistisch, die "Externen" vorsichtig optimistisch.

In der Nacht zum Mittwoch passiert so wenig an der Wetterlage, dass man hier
nicht viele Worte verlieren muss. Es soll aber auf keinen Fall die gute
Nachricht verschwiegen werden, dass die Frostgefahr gegenüber den Vornächten
abnimmt bzw. die Flächen mit potenziellem Luftfrost deutlich keiner werden. Vor
allem im zentralen, dem östlichen und dem südöstlichen Mittelgebirgsraum sowie
im Nordosten kann es aber zumindest stellenweise noch auf etwas unter den
Gefrierpunkt abkühlen. In Bodennähe - und das ist die schlechte Nachricht -
sieht das etwas anders aus, hier muss noch mal recht verbreitet mit negativen
Tiefstwerten gerechnet werden.

Mittwoch... beginnt die weiterhin recht schwache Höhenströmung auf West-Südwest
rückzudrehen. Initiator ist der kurzwellige Anteil im Westteil des Haupttroges,
der von England über den Ärmelkanal hinweg nach Nordfrankreich schwenkt.
Vorderseitig ist der Druckfall am stärksten, was über Frankreich ein flaches
Bodentief entstehen lässt (etwas unter 1005 hPa Kerndruck). Auf seiner
Nordostflanke kommt die bodennahe bzw. niedertroposphärische Strömung weiterhin
aus östlichen Richtungen, wodurch nicht nur wärmere, sondern auch feuchtere Luft
advehiert wird. So kommt die 0°C-Isotherme auf 850 hPa bis zum Abend fast bis
zur Nord- und Ostseeküste voran, während südlich der Donau ein Anstieg auf 8
oder 9°C ansteht. Das PPW steigt landesweit auf über 10 mm, im Süden sogar
gebietsweise auf etwas über 15 mm, allerdings bleibt die Grenzschichtfeuchte mit
verbreitet unter 5 g/kg immer noch sehr gering.

Gegenstrom hin, Zyklonalität, mit der niedertroposphärischen Trockenheit ist
sicherlich ein wesentlicher Punkt gefunden, der erklärt, warum auch am Mittwoch
- zumindest tagsüber - niederschlagstechnisch noch wenig bis nichts passiert. Je
nach dem welches Modell man sich anschaut, werden für den Norden, den Osten und
die Mitte örtlich (gebietsweise wäre schon übertrieben) schwache Regensignale
angeboten, die inzwischen aber durchweg unter der 1-l/qm-Schwelle innert 12 h
liegen (in einigen Vorläufen war es noch etwas mehr). Am offensivsten agiert die
Numerik im äußersten Süden und Südwesten, wo die Luft nicht nur am feuchtesten,
sondern auch am labilsten ist und - ganz wichtig - die entsprechende Orografie
vorhanden ist, um mit dieser Luftmasse auch etwas "anzufangen". Denn trotz der
allgemein zu konstatierenden Zyklonalität reichen die synoptisch-skaligen
Impulse nicht aus, zumal in der Höhe stromab vom o.e. KW-Trog ein flacher Rücken
den Vorhersageraum ost-nordostwärts passiert. Kurzum, über dem Schwarzwald, der
Schwäbischen Alb und den Alpen können sich im Tagesverlauf einzelne Schauer
entwickeln, wohingegen Gewitter aufgrund des sehr geringen CAPE-Angebots wenig
wahrscheinlich sind.

So hat auch der Mittwoch trotz der genannten Einschränkungen sowie der Tatsache,
dass durch WLA einige hohe und mittelhohe Wolkenfelder an den Start gehen,
weiterhin ein hohes Quantum an Sonnenschein im Angebot. Dabei steigt die
Temperatur verbreitet auf 15 bis 20°C mit den höchsten Werten im Südwesten, wo
punktuell sogar 21°C möglich sind. Etwas weniger mit 12 bis 15°C stehen in einem
von der Deutschen Bucht bis zum Oderbruch reichenden Korridor auf dem Zettel,
wobei an der See bei auflandigem Wind sogar nur rund 10°C zu erwarten sind.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der KW-Trog über Nordfrankreich ostwärts.
Auf seiner Vorderseite nehmen auch bei uns die Hebungsprozesse zu, was die
Modelle mit einer Ausweitung und Intensivierung der Niederschläge im Westen und
Süden sowie der Mitte würdigen. Wie viel wo genau fällt und ob - wie von ICON
signalisiert - sogar Gewitter dabei sind (Westen), lässt sich heute aufgrund der
gegebenen Modellunschärfen noch nicht final beantworten. Auf alle Fälle ist die
Frostgefahr weitgehend gebannt, auch wenn gerade nach Nordosten hin immer noch
für Werte um den Gefrierpunkt in Erdbodennähe reichen kann.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Umstellung der Großwetterlage ist in allen gängigen Modellen zu finden. Dass
dabei die Niederschlagsprognosen am ehesten leicht unterschiedlich behandelt
werden, ist ein bekanntes Phänomen. Angesichts der vielerorts schon wieder sehr
trockenen Böden wäre es zu wünschen, dass sich die progressivsten Lösungen
durchsetzen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann