DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-04-2021 07:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 20.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu HB

Über der Mitte und dem Süden heute und am Mittwoch einzelne Gewitter, Starkregen
nicht ausgeschlossen. Ab Mittwoch mit der nächsten "antizyklonalen" Kaltfront
ein neuer Schwall polarer Meereskaltluft. Dazu im Norden auffrischender
Nordwestwind mit stürmischen Böen den Küsten.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... sind über Mitteleuropa sowohl am Boden, als auch in der Höhe nur
geringe Druck- bzw. Geopotentialunterschiede vorhanden. Einem Höhenrücken über
dem nahen Nordostatlantik steht dabei ein breiter Langwellentrog über Europa
gegenüber. An seiner Westflanke läuft ein schwacher Keil von Südskandinavien
nach Norddeutschland herein, während sich der Höhenrücken über dem Atlantik
kräftigt und nach Grönland ausweitet.

Über Deutschland ergeben sich zunächst nur wenige Änderungen was die Strömung
angeht, oder die Beschaffenheit der Luftmasse. Insgesamt dreht die schwache
Strömung in der Grundschicht mehr auf nördliche Richtungen, womit die trockene
Luft im Norden noch etwas südwärts vorankommt. Auch im Süden und Südwesten
trocknet die Luftmasse, bedingt durch etwas kräftigeres Absinken, ab.
Dazwischen bleibt ein Bereich zwischen Niederrhein, Ostbayern, Sachsen und
Brandenburg, wo die leicht instabile
Luftmasse erhöhte Grenzschichtfeuchte aufweist, sodass im Tagesverlauf etwas
ML-CAPE aufgebaut wird. Mit Erreichen der Auslösetemperatur von 12-15 Grad muss
ab den Mittagsstunden hier wieder mit Schauern und einzelnen Gewittern gerechnet
werden. Bei PPW's von 15 mm und schwacher Scherung dürfte lokaler Starkregen mit
dabei sein, kleinen Hagel sollte man bei der recht niedrigen Nullgradgrenze
ebenfalls mit ins Kalkül ziehen.

Im Süden und Südwesten bedarf es orographischer Hilfe, sodass die Konvektion in
erster Linie über den Mittelgebirgen auftritt. Im Norden bleibt es trocken und
vor allem Richtung Küste sonnig.
An der Temperatur ändert sich nur wenig (T850 0 bis +3 Grad), da sich aber die
Sonne in der Mitte und im Süden häufiger durchsetzen kann, liegen die
Höchstwerte dort mit 12 bis 18 Grad etwas höher als zuletzt.

In der Nacht zum Mittwoch dringt ein Höhentrog von der Norwegischen See nach
Norwegen vor und beginnt, wahrscheinlich forciert durch Um- und
Überströmungseffekte des Skandinavischen Gebirges, an der Südspitze Norwegens
abzutropfen. Der vorgelagerte Höhenrücken wird abgebaut, südostwärts geführt und
verläuft morgens über Norddeutschland zur Ostsee. Der Höhenrücken westlich der
Britischen Inseln verstärkt sich, wobei sich ein Höhenhoch westlich Irlands
abschnürt.
Im Bodenfeld bildet sich im Lee des Skandinavischen Gebirges eine Tiefdruckzone
mit einer eingelagerten Kaltfront, die die Vordergrenze eines neuen
Kaltluftvorstoßes nach Mittel- und Osteuropa darstellt. Sie erreicht morgens den
Nordteil der Deutschen Bucht. Im Vorfeld bleibt die Druckverteilung
schwachgradientig, erst über der Nordsee verschärft sich der Gradient, so dass
dort der Wind aus Nordwest auffrischt, allerdings ohne Warnrelevanz.

Die Schauer und Gewitter vom Tage fallen rasch in sich zusammen, teils klart es
auf. Gebietsweise bildet sich Nebel. Im Norden verläuft die Nacht zunächst meist
klar, bevor sich die Bewölkung mit Annäherung der Kaltfront von der Nordsee her
verdichtet.
Präfrontal sind über dem Nordwesten einzelne Schauer nicht ganz ausgeschlossen.

Am ehesten in den Tälern der west- und südwestdeutschen Mittelgebirge, aber auch
in der Norddeutschen Tiefebene gibt es örtlich leichten Frost, vielerorts
zumindest aber Bodenfrost.


Mittwoch... tropft der Höhentrog endgültig nach Südschweden ab, der Resttrog
schwenkt ostwärts ins Nordmeer. Das
Höhenhoch nordwestlich von Irland kann sich weiter verstärken, so dass die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet auf Nordwest dreht mit zyklonalem Touch
in der Nähe des neuen Höhentiefs.
Das an das Höhenhoch gekoppelte Pendant im Bodenfeld mit Schwerpunkt knapp
nördlich von Schottland weitet sich in Form eines Keiles zum Abend über die
Nordsee nach Nordwestdeutschland aus.
Die Kaltfront des Bodentiefs über Schweden überquert bis zum Abend die
Norddeutsche Tiefebene, gefolgt von maritimer Polarluft arktischen Ursprungs (-1
bis -5 Grad in 850 hPa). Da frontale Prozesse und die positive
Vorticityadvektion auf der Trogvorderseite durch Kaltluftadvektion weitgehend
kompensiert werden, macht sich die Kaltfront nur durch ein Wolkenband bemerkbar,
aus dem ein paar Spritzer Regen fallen.
Mittags und nachmittags setzt sich postfrontal wieder die Sonne durch. Zwischen
dem vordringenden Hochkeil und dem Tief
verschärft sich der Gradient über dem Norden deutlich und der Wind frischt
besonders an der Nordsee und der westlichen Ostsee sowie im angrenzenden
Binnenland aus West bis Nordwest auf. Dabei gibt es steife, zum Abend hin an der

nordfriesischen Küste stürmische Böen (Bft 7 bis 8).

Fast interessanter wird es abseits der Kaltfront, präfrontal in den mittleren
und südlichen Landesteilen. Dort labilisiert die Luftmasse durch schwache Hebung
sowie leichte Feuchteanreicherung in der Grenzschicht. Mit Einstrahlung wird
wieder etwas ML Cape erzeugt, auch die Auslösetemperatur sollte wieder erreicht
werden. Die Folge sind Schauer und einzelne Gewitter. Bei PPW's um 15 mm und
ohne nennenswerte Scherung kann kleinräumig Starkregen oder Hagel auftreten.
Ganz im Süden ist die stärkste Konvektion wieder mehr an die Orografie
gekoppelt.

Während präfrontal etwas mildere Luft in den Süden Deutschlands gelangen kann
und die Temperaturen mit Sonnenschein vor Einsetzen der Gewitter mit 14 bis 19
Grad gegenüber den Vortagen ansteigen, bleibt es im Norden mit 9 bis 13°C kühler
als zuletzt.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Cut-Off-Tief mitsamt des fast genau
darunter liegenden Bodentiefs zur südlichen Ostsee nahe Gotland. Der vom
Hochdruckgebiet über den Britischen Inseln zur Mitte Deutschlands reichende Keil
verstärkt sich noch etwas, was zu einer weiteren Gradientverschärfung über
Norddeutschland führt. Während sich das im Binnenland nur küstennah (mit
weiteren Böen Bft 7 aus West bis Nordwest) bemerkbar macht, gibt es an den
Küsten von Nord- und Ostsee nun häufiger stürmische Böen (Bft 8) aus West bis
Nordwest, auf dem Brocken kann es Sturmböen (Bft 9) geben.

Die Kaltfront kommt nach Süden voran und erreicht morgens etwa die Donau, läuft
aber in den Hochkeil hinein und erweist sich als wenig wetterwirksam. Präfrontal
fällt teils schauerartiger Regen, anfangs sind einzelne Gewitter dabei.
Postfrontal sinkt die 850 hPa-Temperatur auf -2 bis -7 Grad und die Wolken
lockern stärker auf, bevor mit Übergreifen des Höhentroges die Bewölkung
zunimmt. Vor allem an den Küsten sowie im Bereich der höhenkältesten Luftmasse
im Nordosten (bis -34 Grad in 500 hPa) sind einige Schneeregen- und
Graupelschauer zu erwarten, ansonsten bleibt es meist trocken.
Frost tritt bevorzugt in den westlichen und zentralen Mittelgebirgen
stellenweise auf, im Süden verhindert die Bewölkung, im Norden der Wind eine
stärkere Abkühlung.


Donnerstag... verlagert sich das Cut-Off Tief zum Baltikum. Das Höhenhoch
kräftigt sich noch etwas, der Schwerpunkt liegt über der Irischen See. Hinter
dem nach Polen und Tschechien abziehenden Trog stellt sich über uns eine recht
glatte nordnordwestliche Höhenströmung ein. Zwischen dem mit dem Cut-Off
korrespondierenden Tief über der Ostsee und dem vom
Hoch über den Britischen Inseln ausgehenden, nach Süddeutschland schwenkenden
Keil bleibt im Bodenniveau eine lebhafte nordwestliche Strömung erhalten.
Der Gradient über der Nordosthälfte fächert etwas auf, was aber im Hinblick auf
die Böigkeit des Windes durch die turbulente Durchmischung überkompensiert wird.
Somit sind dort steife, in freien Lagen, bei Schauern und an der See stürmische
Böen (Bft 7-8) zu erwarten, auf dem Brocken einzelne Sturmböen (Bft 9).
Ansonsten bleibt der Wind mäßig bis schwach.
Die Kaltfront zieht rasch über die Alpen ab, allerdings regnet es an den Alpen
staubedingt zeitweise, wenn auch unergiebig. Die Schneefallgrenze sinkt zum
Abend auf rund 1200 m ab.

Über der Nordosthälfte kommt Konvektion in Gang, die aber nicht sonderlich
hochreichend ist. Meist bleibt es bei Regen- und Graupelschauern, in den
nördlichen und östlichen Mittelgebirgen kann in Hochlagen Schnee dabei sein. Für
Gewitter dürfte es eher nicht reichen. Im Tagesverlauf setzt von Westen
Stabilisierung ein und die Schauertätigkeit lässt nach.

Zwischen den staubedingten Niederschlägen an den Alpen und dem Schauerwetter
über der Nordhälfte kristallisiert sich im Süden und Südwesten eine
freundlichere und meist trockene Zone heraus.
In der polaren Luftmasse (T850 meist zwischen +1 und -6 Grad) werden nur noch
Höchstwerte zwischen +8°C im Norden und im östlichen Mittelgebirgsraum und 15°C
am Oberrhein erreicht.

In der Nacht zum Freitag kräftigt sich die Hochdruckzone im Bodendruckfeld noch
etwas. Während es im Süden und Westen sowie ganz im Norden teils aufklart, hält
sich dazwischen teilweise tiefe SC Bewölkung, aus der aber kaum Niederschlag
fällt. Der Wind lässt tagesgangbedingt wieder nach vor allem anfangs sind an den
Küsten noch steife bis stürmische Böen zu erwarten, im Laufe der Nacht
beschränken sich Böen Bft 7 aus Nordwest auf die Nordseeküste. Ein schwacher
Bodentrog führt im Nordosten im Laufe der Nacht wieder zu einem Aufleben des
Windes und vereinzelten Schauern ganz im Nordosten sowie im östlichen
Mittelgebirgsraum, Warnrelevanz hat das aber nicht. Vor allem über der Mitte und
dem Süden gibt es bei Aufklaren leichten Frost, recht häufig muss dagegen mit
Bodenfrost gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird im synoptischen Scale übereinstimmend simuliert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner