DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-04-2021 07:30
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 19.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NEa, zu Wochenmitte Übergang zu NWa
Heute und morgen flache Druck- und Potenzialverteilung mit tagesgangbedingter
Konvektion, dabei Starkregen und kleiner Hagel möglich. Zu Wochenmitte von
Nordwesten Passage einer Kaltfront in antiyyklonalem Umfeld.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... weist die großräumige Potenzialverteilung über weiten Teilen Europas
ein verhältnismäßig schwachgradientiges "High-over-Low"-Muster auf mit einem
umfangreichen Höhenhoch über weiten Teilen Skandinaviens und Nordwestrussland
samt einem von der Biskaya über GB und der Nordsee bis dorthin reichendem
Höhenkeil und zwei Höhentiefs über dem Balkan bzw. über Südwestrussland. Daraus
resultiert über dem Vorhersagegebiet eine schwache östliche Höhenströmung. Darin
eingebettet, hat ein kleinräumiges Höhentief in den Frühstunden den Westen
Deutschlands erreicht und verlagert sich in den kommenden Stunden Richtung
Benelux bzw. Nordfrankreich. Rückseitig weitet sich von Norden her ein flacher
Höhenkeil bis in die mittleren Landesteile aus.
Auch im Bodenfeld bleibt die Druckverteilung an der Südflanke einer
umfangreichen Hochdruckzone, die vom Ural über den Nordwesten Russlands und
Mittelskandinavien bis nach England reicht, schwachgradientig. Mit dem Höhentief
konnten sich dabei feuchtere und allmählich auch etwas mildere Luftmassen bis in
den Westen und Süden des Landes ausweiten. Dabei dominiert mit dem folgenden
flachen Höhenkeil in weiten Teilen des Landes schwaches Absinken. Im Bereich
eines an das Höhentief gekoppelten IPV-Maximums fällt im Westen Deutschlands
vormittags noch schauerartiger Regen, auch im Bereich der vom Höhentief bis nach
Süddeutschland reichenden Potenzialrinne regnet es hier und dort leicht. Diese
Niederschläge haben für eine deutliche Feuchteanreicherung in der Grundschicht
gesorgt und insgesamt bleibt die Luftmasse auch labil geschichtet (-26 bis -28
Grad in 500 hPa, um 0 Grad in 850 hPa), so dass sich im Tagesverlauf mit
zunehmender Einstrahlung hochreichendere Quellwolken entwickeln und es erneut zu
Schauern bzw. eventuell auch kurzen Gewittern kommt. Insgesamt beginnen die
Luftmassen im Bereich des Höhenrückens allerdings etwas abzutrocknen (PPW-Werte
sinken auf um oder knapp 15 mm), so dass die Schauerneigung zum späten
Nachmittag/Abend eher wieder abnimmt. Aufgrund der geringen Zuggeschwindigkeit
und der raschen Verclusterung einzelne Schauer-/Gewitterzellen kann ein
kleinräumiges Starkregenereignis (um 15 mm in kurzer Zeit) nicht ausgeschlossen
werden, erscheint aber aus aktueller Modellsicht ebenso wie kleinkörniger Hagel
eher unwahrscheinlich.
Im Rest des Landes bleibt es zunächst wohl überwiegend trocken, wobei sich
innerhalb der relativ feuchten Grundschicht vor allem nach Süden zu vielerorts
mehr oder weniger dichtere Wolkenfelder halten und es die Sonne schwer hat.
Lediglich im Norden und Nordosten steht, nachdem sich die teils dichten
Nebelfelder in der Norddeutschen Tiefebene aufgelöst haben, ein sonniger Tag ins
Haus, da dorthin von Nordosten her trockenere und auch etwas wärmere (T850 hPa
im Nordosten bis +4 Grad) Festlandsluft advehiert wird. Aber auch in der Mitte
und im Westen/Südwesten bekommt die Wolkendecke nachmittags auch mal größere
Lücken.
Zum späten Nachmittag/Abend hin gilt es dann, den Blick Richtung
deutsch-polnisches Grenzgebiet zu richten. Nach Passage des flachen Höhenkeils
kann dorthin von Osten her wieder etwas feuchtere Luft vordringen, die zudem
noch an einen, hauptsächlich aus WLA resultierenden schwachen Hebungsimpuls
gekoppelt ist. Vor allem vom Berliner Raum südwärts bis nach Ostsachsen und
weiter östlich führt das zu einer Labilisierung der Luftmasse und es können mit
etwas Einstrahlung auch mehrere 100 J/kg Cape generiert werden. Die Folge sind
einzelne Gewitter, die bei wieder auf über 15 mm steigende PPW-Werte und
geringer Zuggeschwindigkeit von Starkregen und kleinkörnigem Hagel begleitet
werden können. Schwache Scherungsbedingungen, die hauptsächlich aus der
Richtungsänderung des Windes in den unteren 2 bis 3 km resultieren, lassen
höchstens kleinräumig organisierte Strukturen zu, so dass der Wind wohl eher
eine untergeordnete Rolle spielt, zumal der Spread innerhalb der Grundschicht
auch eher gering bleibt. Interessanterweise lässt ICON-D2 diese Gewitter erst am
Abend Richtung Lausitz vordringen, während das nach Lesart der übrigen
vorliegenden Konvektion erlaubenden Modelle bereits am (späten) Nachmittag der
Fall ist.
Die Temperatur steigt gegenüber den Vortagen geringfügig an. Allerdings werden
im Südosten des Landes unter den oft dichten Wolken kaum 10 Grad erreicht (im
südlichen Alpenvorland wahrscheinlich eher nicht), während es in der
Norddeutschen Tiefebene bei längerem Sonnenschein mit 16 bis 18 Grad angenehm
mild wird. Kühler bleibt es auch bei auflandigem Nordostwind an der Ostseeküste
und auf den Ostfriesischen Inseln.

In der Nacht zum Dienstag zieht das kleinräumige Höhentief weiter nach
Nordwestfrankreich. Durch eine beginnende Austrogung über Island bzw. dem
Nordmeer wird der westliche Part des Höhenhochs über Nordeuropa etwas nach
Süden, nach Südskandinavien, abgedrängt, während der nördliche Teil des
Höhentiefdipols von Südwestrussland etwas nach Westen, Richtung Weißrussland,
vorankommt. Dadurch dreht die nun etwas antizyklonaler konturierte Höhenströmung
über dem Vorhersagegebiet mehr auf Nordost.
Im Bodenfeld bleibt die Druckverteilung bei leichtem Druckfall von Osten her
schwachgradientig. Dabei kommen die Schauer und Gewitter von der Lausitz her
noch etwas nach Osten voran, klingen aber bereits im Laufe der ersten
Nachthälfte ab. Auch im Südwesten und Süden gibt es dann kaum mehr Schauer,
leicht regnen kann es mit der nordöstlichen Anströmung gegen die Alpen längere
Zeit noch in Südostbayern, wobei aber auch am östlichen Alpenrand kaum mehr als
5 mm zusammenkommen.
Im Norden bleibt der Himmel dagegen gering bewölkt, aber auch in der Mitte, im
Südwesten und im Westen ist es vielerorts aufgelockert. Somit kann sich
innerhalb der feuchten Grundschicht vielerorts dichter Nebel bilden. Bei
längerer Zeit gering bewölktem Himmel gibt es am ehesten in den west- und
südwestdeutschen Mittelgebirgen, vielleicht aber auch in ungünstigen Lagen in
der Norddeutschen Tiefebene gebietsweise leichten Frost, vielerorts aber Frost
in Bodennähe.


Dienstag... kommt der Nordmeertrog Richtung Norwegische See voran, wodurch das
Höhenhoch über Südskandinavien abgebaut und als Höhenrücken nach Südosten
abgedrängt wird. Abends reicht er über Norddeutschland und Südschweden bis zur
mittleren Ostsee. Das kleinräumige Höhentief über Nordwestfrankreich verlagert
sich nach Zentralfrankreich, während sich der Höhentiefdipol über dem Balkan
auffüllt und der nördliche Part über Weißrussland ein wenig nordwärts zieht. Da
sich gleichzeitig ein vom Ostatlantik nordnordwestwärts nach Südgrönland
gerichteter Höhenrücken verstärkt, wird allmählich eine Umstellung der
Wetterlage eingeleitet.
Im Bodenfeld ändert sich an der schwachgradientigen Druckverteilung bei leichtem
Druckfall nur wenig. Insgesamt dreht die Strömung in der Grundschicht mehr auf
nördliche Richtungen. Dabei gelangt in die Nordhälfte und zunehmend auch in die
westlichen Landesteile von der Ostsee und Skandinavien her recht trockene Luft,
so dass dort nach Nebelauflösung vielerorts die Sonne scheint und auch im Westen
sich die Quellwolkenbildung in Grenzen hält. Ansonsten gelangen an der
Westflanke des Höhentiefs über Osteuropa von Osten her immer wieder recht
feuchte Luftmassen in den Osten, Süden und in die Mitte des Landes. Mit der
Einstrahlung kann dabei auch etwas Cape generiert werden (meist etwa 100 bis 300
J/kg, nach Lesart des ICON-D2 kleinräumig auch bis an die 500 J/kg, was aber
übertrieben erscheint und wohl einmal mehr zu markant simulierten
Feuchteflusskonvergenzen geschuldet ist) und somit entwickeln sich vor allem ab
dem Nachmittag erneut Schauer und auch kurze Gewitter. Die PPW-Werte bleiben bei
etwa 15 mm oder knapp darüber, somit ändert sich an den Begleiterscheinungen nur
wenig, vereinzelt kann also Starkregen und/oder kleinkörniger Hagel auftreten.
Schwerpunktsmäßig treten diese Schauer/Gewitter wohl zunächst vom zentralen
Mittelgebirgsraum bis nach Nord- und Ostbayern auf, später dann von Polen her in
Sachsen und Brandenburg, während es im Norden und Nordwesten trocken bleibt und
im Westen/Südwesten wohl lediglich im Bergland für einzelne Schauer reicht, wenn
überhaupt.
An der Luftmasse ändert sich ansonsten nur wenig (T850 hPa meist zwischen 0 und
+3 Grad), insgesamt kann sich die Sonne aber auch im Südosten eventuell etwas
häufiger durchsetzen als heute, so dass es mit Höchstwerten zwischen 12 Grad am
Alpenrand und 18 Grad im Nordwesten insgesamt ein wenig milder wird.

In der Nacht zum Mittwoch dringt der Höhentrog von der Norwegischen See rasch
Richtung Südwestnorwegen vor. Der vorgelagerte Höhenrücken wird weiter abgebaut
und südostwärts abgedrängt, verläuft morgens mit seiner Achse über die Mitte
Deutschlands nach Südostschweden, während sich der umfangreiche Höhenrücken
westnordwestlich der Britischen Inseln weiter verstärkt und sich zu einem
Höhenhoch etablieren kann.
Im Bodenfeld kommt es trogvorderseitig über Südnorwegen und Mittelschweden zu
einer schwachen Zyklogenese, die Kaltfront des Tiefs erreicht morgens bereits
den Nordteil der Deutschen Bucht. Im Vorfeld bleibt die Druckverteilung über dem
Vorhersagegebiet weiterhin schwachgradientig, erst über der Nordsee verschärft
sich der Gradient, so dass dort der Wind aus Nordwest etwas auffrischt,
allerdings ohne Warnrelevanz.
Ansonsten fallen die Schauer im Laufe der ersten Nachthälfte wieder rasch in
sich zusammen. Während es im Norden und Westen zunächst oft gering bewölkt
bleibt - erst ausgangs der Nacht verdichten sich die Wolken mit Annäherung der
Kaltfront im Nordseeumfeld - lockern die Wolken ansonsten nur zögernd auf.
Innerhalb der feuchten Grundschicht kann sich dann erneut vielerorts Nebel
ausbreiten. Ähnlich wie in den Vornächten gibt es am ehesten in den Tälern der
west- und südwestdeutschen Mittelgebirge, aber auch in der Norddeutschen
Tiefebene gebietsweise leichten Frost, vielerorts aber Bodenfrost.

Mittwoch... beginnt der Trog über Südskandinavien bzw. Dänemark abzutropfen. Das
Höhenhoch westnordwestlich von Irland kann sich weiter verstärken, so dass die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet nun endgültig auf Nordwest dreht. Sie
bekommt dabei vorübergehend auch einen zyklonalen "Touch".
Das an das Höhenhoch gekoppelte Pendant im Bodenfeld mit Schwerpunkt knapp
nördlich von Schottland (1025 hPa-Isobare) weitet sich in Form eines Keiles über
Schottland, England und die westliche Nordsee Richtung Benelux und zum Abend hin
auch nach Westdeutschland aus, während sich das Bodentief vom Oslo-Fjord ohne
Intensitätsänderung nach Südschweden verlagert. Dessen Kaltfront überquert bis
zum Abend die Norddeutsche Tiefebene, gefolgt von maritimer Polarluft arktischen
Ursprungs (-2 bis -5 Grad in 850 hPa, nach Lesart des GFS abends im äußersten
Norden sogar bis -7 Grad). Sie erweist sich als wenig wetteraktiv und macht sich
lediglich anhand dichterer Wolkenfelder bemerkbar, die nach Norddeutschland
vordringen, Regen fällt dabei aber kaum und mittags/nachmittags setzt sich
postfrontal auch wieder die Sonne durch, vor allem an der Nordsee. Mit
gleichzeitigem Vordringend es Hochkeils verschärft sich der Gradient allerdings
im Tagesverlauf deutlich und der Wind frischt an den Küsten sowie im
angrenzenden Binnenland aus West bis Nordwest auf. Dabei gibt es steife, zum
Abend hin an der nordfriesischen Küste auch stürmische Böen (Bft 7 bis 8).
"Wetter" spielt sich dagegen hauptsächlich im präfrontalen Bereich in der Mitte
und im Süden ab. Dort kann nun innerhalb der feuchten und nach wie vor labil
geschichteten Luftmasse trogvorderseitig auch etwas dynamische Hebung wirksam
werden. Die PPW-Werte steigen etwas an und mit der Einstrahlung kann ähnliche
Cape wie am Vortag generiert werden, je nach Sonne vielleicht auch etwas mehr.
Die Folge sind häufige Schauer und Gewitter im Tagesverlauf, gebietsweise fällt
auch schauerartiger Regen. Erneut kann kleinräumig Starkregen auftreten. Ob sich
der Schwerpunkt der Konvektion aber nun eher in der (südlichen) Mitte (ICON-EU,
IFS) oder in Süddeutschland (GFS) befindet, muss noch abgewartet werden.
Insgesamt werden aber recht flächendeckend 12-stündige Mengen zwischen 1 und
nahe 10 mm simuliert.
Während präfrontal etwas mildere Luft in den Süden Deutschlands gelangen kann
und die Temperaturen bei etwas häufigerem Sonnenschein mit 14 bis 18 Grad
gegenüber den Vortagen ansteigen, bleibt es im Norden mit 9 bis 13 Grad dagegen
kühler.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Cut-Off-Tief zur südlichen Ostsee. Das
korrespondierende Bodentief erreicht morgens in etwa Ölland. Das Hochdruckgebiet
über den Britischen Inseln kann sich - ebenso wie der über der Mitte
Deutschlands allmählich nach Süden vorankommende Keil - noch etwas verstärken,
was zu einer weiteren Gradientverschärfung über Norddeutschland führt. Während
sich das im Binnenland nur küstennah bemerkbar macht, gibt es an den Küsten von
Nord- und Ostsee dagegen nun häufiger auch stürmische Böen (Bft 8) aus West bis
Nordwest, auf dem Brocken kann es Sturmböen (Bft 9) geben.
Die Kaltfront kommt allmählich nach Süden voran, erreicht morgens in etwa Mosel
und Main, läuft aber in den Hochkeil und erweist sich nach wie vor als kaum
wetterwirksam. Postfrontal sinkt die 850 hPa-Temperatur auf -2 bis -7 Grad, vor
allem an den Küsten sowie im Bereich der höhenkältesten Luftmasse im äußersten
Nordosten (immerhin bis -34 Grad in 500 hPa) entwickeln sich eventuell
vereinzelte Schneeregen- und Graupelschauer, meist bleibt es aber trocken.
Präfrontal fällt weiterhin gebietsweise schauerartiger Regen, wobei anfangs auch
noch Gewitter auftreten können.
Ansonsten lockern die Wolken postfrontal auf, allerdings reicht es innerhalb der
Polarluft wohl lediglich im Westen und in der Mitte gebietsweise für leichten
Frost. Weiter nördlich verhindert der kräftige Wind die Auskühlung, im Süden
eher die dichtere Bewölkung.



Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Die Kaltfront am Mittwoch kommt nach Lesart des
IFS und GFS etwas rascher nach Süden voran als nach ICON-EU, was die
Hauptschauer- und Gewitteraktivität etwas weiter südlich stattfinden lässt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff