DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-04-2021 08:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL NEa

Einzelne Gewitter mit Starkregen. In den Nächten im Süden lokal Luftfrost, sonst
regional in ganz Deutschland Potenzial für leichten Frost in Bodennähe. Zudem
nachts gebietsweise Nebel.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... dauert die östliche Anströmung zwischen einer positiven
Geopotenzialanomalie über Skandinavien und einer negativen Anomalie über Italien
weiter an. Dabei wird am Nordrand des italienischen Höhentroges ein
kleinräumiges, aber recht scharfes Vorticity-Maximum westwärts in den Nordosten
von Deutschland geführt. Bodennah kann man nur bei einer 1:1 hPa Auflösung ein
kleinräumiges Bodentief erkennen, dass abends über dem Osten liegt (allerdings
wird das nur von GFS gestützt, sonst deutet sich in anderen Modellen eher eine
schärfere Bodenkonvergenz an).
Mit diesem Höhentief wird vorübergehend eine etwas feuchtere Luftmasse mit PWATs
von 14 bis 18 mm in den gesamten Norden geführt, wobei diese Werte abends von
Osten wieder abnehmen. Mit der allmählich einsetzenden regionalen Abkühlung in
der Höhe auf 500 hPa Temperaturwerte von -25 bis -30 Grad, kann sich die zweite
Tageshälfte über im Nordosten etwas mehr Labilität aufbauen, wenngleich die
Überlappung der Zutaten abends von Osten wieder nachlässt. Es folgt ein
Überblick der Zutaten.

Dynamik:
Ein bis zur Mittagszeit an das Randtief gekoppelte kräftige PVA Maximum
überquert bis zum Abend Norddeutschland von Ost nach West, schwächt sich jedoch
mit nachlassender Krümmung und Erwärmung unterhalb von 500 hPa etwas ab bzw.
läuft breit, während in 300 hPa ein weiterhin kräftiges IPV Maximum nach
Niedersachsen gelenkt wird. Dies zeigt sich auch in cross sections, die
nachmittags auf der Vorderseite ein hochreichendes Hebungsmaximum und stromauf
ein Aufspreizen der Isentropen zeigen. Es sei noch erwähnt, dass sich auf der
Nordflanke des Höhentiefs ein eher zonal ausgerichtetes Vorticity-Band westwärts
verlagert, sodass hier die Hebung verschmiert/länger andauert, als am Westrand
des IPV Maximums. Im WV-Bild ist das Höhentief aktuell (06 UTC) sehr gut
nördlich von Breslau zu erkennen, wobei das zunehmende Eindrehen (Verwirbeln)
bzw. die recht üppige Abtrocknung im Faltungsbereich der Tropopause auf ein
kräftiges System hindeutet.

Labilität und Windscherung:
Beides fällt mau aus. Mit 200-500 J/kg MLCAPE und lokal 700 J/kg MUCAPE ist
recht bald das Ende der Fahnenstange erreicht und nimmt abends von Osten wieder
rasch ab. Das Maximum wird dabei in Berlin/Brandenburg erwartet, das sich abends
vor allem im MUCAPE-Feld bis ins nördliche Sachsen-Anhalt verlagert.
Während ICON-EU 0-6 km Scherung von 15 m/s nördlich abgesetzt vom CAPE Maximum
zeigt (eher in MV), weitet ICON-D2 diese südwärts aus und sorgt über Brandenburg
wenigstens teilweise für eine Überlappung mit der angesprochenen Labilität. Ein
Blick auf Vorhersage-Hodographen zeigt jedoch, dass die kräftigsten Winde über
5km AGL einsetzen (entsprechend eines kalten Kerns), während sonst der Hodograph
recht einheitlich innerhalb des 10 m/s Kreises verbleibt. Bedeutet, dass nach
ICON-D2 das Abdriften des Niederschlags in der Höhe unterstützt wird, was auch
den etwas aggressiveren Output im Niederschlagsfeld erklären könnte.

Ablauf:
Vormittags überquert im Einklang mit dem IPV-Maximum ein kompaktes und regional
auch kräftiges Niederschlagsgebiet Brandenburg west-südwestwärts, wobei aktuelle
Radarbilder den Modellvorhersagen etwas vorauseilen. Die Stundenraten in diesem
Band liegen örtlich zwischen 2 und 4 l/qm.
Im weiteren Tagesverlauf ist ein Breitlaufen bzw. eine Erweiterung dieses
Niederschlagsbandes nach Norden und Süden zu erwarten, während dieses die
zentralen Mittelgebirge und Niedersachsen erfasst. ICON-D2 zeigt diesen Bereich
überraschend stabil und deutet nur leichten Regen an, während sonst in den
Modellen etwas MUCAPE für eine nachvollziehbare Labilisierung sorgt. Strichweise
fallen dabei 10-15 l/qm bis heute Abend, sonst fallen die Mengen geringer aus.
Zum Abend könnte sich im Umfeld des angesprochenen Vorticity-Bandes über dem
Norden von Sachsen-Anhalt vorübergehend eine zonal ausgerichtete Linie mit
Schauern und einzelnen Gewittern ausbilden, die ebenfalls strichweise höhere
Niederschlagsmengen bringen (10-15 l/qm).
Sollte das von einzelnen Modellen angedeutete kompensatorische Absinken
nachmittags über den zentralen Mittelgebirgen in der Tat so kräftig ausfallen,
dass die Wolkendecke auch zeitweise auflockern kann, dann ist in Franken bzw. im
Umfeld des Thüringer Waldes das eine oder andere kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen. Die entsprechende Auflockerungszone ist aktuell (07 UTC) über
dem Norden der Tschechischen Republik zu erkennen.

Der Gewitterschwerpunkt liegt aber heute in Brandenburg/Berlin und ggf. auch im
Norden von Sachsen-Anhalt und Sachsen. Dort entwickeln sich nachmittags im
Überlappungsbereich der Zutaten zahlreiche kräftige Schauer und Gewitter. Eine
Punktsondierung im Umfeld der Oder zeigt um 15Z 400-500 J/kg MLCAPE, 10-15 m/s
0-6 km Scherung und eine schwach ausprägte Spitze des Windes im 1.5 bis 2 km
Bereich (wichtig bei der Frage des quasi-stationären Anbauens). ICON deutet
zudem normal zur Strömung ausgerichtete Feuchteflusskonvergenzen an, sodass
summa summarum das Potenzial für stehende Zellen aktuell gering erscheint.
Dennoch ist die Verlagerungsgeschwindigkeit mit 20 bis 40 km/h (nach West)
bereits ausreichend gering für punktuell auftretenden Starkregen. ICON-D2 zeigt
dabei lokal gar mehr als 25 l/qm/h an mit entsprechend stochastisch verteilt
lokal erhöhten Wahrscheinlichkeiten im EPS. Allerdings ist im Median kaum
Niederschlag auszumachen, sodass der det. Modelllauf nahe des EPS Maximums zu
liegen scheint und wir daher eher mit dem Gesamtbild anderer Modelle gehen und
strichweise 15 bis 20 l/qm/h an Niederschlag erwarten (markante Gewitter). Bis
zum Abend schwächen sich diese etwas ab.

Ansonsten verläuft der Tag heute im Süden und Westen meist bedeckt mit
vormittags leichten und stratiform, nachmittags zunehmend konvektiv geprägten
Niederschlägen, die jedoch mit nur wenigen Litern auf den Quadratmeter
vernachlässigbar ausfallen. Am Alpenrand und im Hochschwarzwald schneit es
oberhalb von 800 bis 1000 m geringfügig. In Richtung der Deutschen Bucht lockert
die Bewölkung teils länger auf und dort bleibt es meist trocken.

Die Höchstwerte liegen im Nordwesten um 15 Grad, sonst nördlich der zentralen
Mittelgebirge zwischen 10 und 14 Grad und im Süden zwischen 6 und 10 Grad. Im
süddeutschen Bergland verbleiben wir nur knapp über dem Gefrierpunkt. Der Wind
weht schwach bis mäßig aus Nord bis Nordost mit einzelnen Schauerböen (Bft 6-7)
im Nordosten.


In der Nacht zum Montag fallen die Niederschläge vom Tag im Süden rasch in sich
zusammen und konzentrieren sich auf das Umfeld des IPV Maximums, das zunehmend
den Westen und die Mitte mit Niederschlag beglückt. Dabei wird in Niedersachsen,
NRW und Hessen meist 4 bis 8 l/qm Niederschlag in 12 Stunden erwartet,
strichweise können jedoch auch 10 bis 15 l/qm fallen. Wo die Schwerpunkte zu
erwarten sind, kann jedoch aktuell noch nicht näher eingegrenzt werden und hängt
von der Zugbahn des Höhentiefs ab. Aktuell zeichnet sich die Linie Spessart-Harz
an der Südflanke als möglicher Schwerpunkt ab. Im Norden und Osten klingen die
Schauer und Gewitter vom Tag in der ersten Nachthälfte ab und nachfolgend
lockert die dichte Wolkendecke etwas auf, sodass im gesamten Osten vielerorts
mit teils dichtem Nebel zu rechnen ist. Die Tiefstwerte liegen im Süden um 0
Grad und sonst zwischen +7 und +3 Grad. Der Wind weht schwach aus Nordost, im
Süden aus Südwest.



Montag... zieht das mittlerweile vom eigentlichen Höhentiefkomplex über
Südosteuropa abgekoppelte Höhentief zügig über Westdeutschland zum Ärmelkanal,
sodass stromauf über Deutschland (besonders Norddeutschland) vorübergehend
antizyklonaler Einfluss dominieren kann. Der Süden verbleibt hingegen im
Einflussbereich des Höhentiefkomplexes.

Die nächtlichen skaligen Niederschläge ziehen am Vormittag über den Westen aus
Deutschland raus und mit dem Tagesgang können sich nachmittags über dem gesamten
Westen und Süden Schauer entwickeln. Die PWATs sinken vorübergehend auf etwas
unter 15 mm und die Labilität geht u.a. dank des synoptischen Absinkens bzw.
leichter Erwärmung in der mittleren Troposphäre etwas zurück, allerdings
verlagern sich die Schauer meist nur noch mit 10 bis 20 km/h, sodass trotz der
vergleichsweise geringen Intensität lokal Starkregen um 15 l/qm/h nicht
ausgeschlossen werden kann (punktuell unter 10% Wahrscheinlichkeiten im ICON-D2
EPS).
Deutlich stabiler verläuft der Tag im gesamten Norden und auch im Osten bleibt
es bis zum frühen Nachmittag trocken. Dabei lockert die dichte Wolkendecke von
Nordosten deutlich auf.
In den Osten sickert im Tagesverlauf wieder etwas feuchtere Luftmasse mit PWATs
von 14 bis 18 mm ein, allerdings ist noch fraglich, ob es am späten Nachmittag
und Abend in Richtung Erzgebirge im Umfeld der Oder für ein Gewitter reicht.
Wenigstens wird ein schwacher Hebungsimpuls inkl. geringer positiver
Schichtdickenadvektion in Verbindung mit einem IPV streamer angedeutet.
Punktuell auftretender Starkregen wäre natürlich erneut der Fokus. Die
Höchstwerte liegen im Norden zwischen 14 und 18 Grad, im Küstenumfeld mit etwas
unter 10 Grad deutlich darunter. Über der Mitte und im Süden wird es mit 9 bis
14 Grad ebenfalls nicht ganz so mild. Der Nordostwind weht abseits lokaler
Schauerböen weiterhin schwach.

In der Nacht zum Dienstag driften die Schauer und abklingenden Gewitter weiter
nach Westen und schwächen sich über der Mitte allmählich ab. Mit rund 5 l/qm in
12 Stunden fällt im Osten das meiste Nass, während sonst die Mengen
vernachlässigbar bleiben. Lokal muss im Osten mit Nebel gerechnet werden.
Oberhalb von 1000 bis 1200 m fällt inneralpin etwas Schnee. Die Tiefstwerte
liegen im wolkenverhangenen Osten zwischen 7 und 4 Grad und gehen sonst bei
wechselnder Bewölkung auf 3 bis 0 Grad zurück, im süddeutschen Bergland auch
etwas darunter.

Dienstag... kippt die Höhenströmung zwischen einem Keil vor Irland und dem nach
Osteuropa abziehenden Höhentiefkomplex eher auf nördliche Richtung, wobei
eigentlich kaum von einer Strömung mehr gesprochen werden kann. Eine
Punktsondierung aus der Altmark zeigt vom Boden bis in 10 km Höhe durchweg Winde
von unter 10 kn! Besonders im Westen und Süden verbleibt die Luftmasse mit rund
15 mm etwas feuchter, sodass bei 500 hPa Temperaturwerten um -26 Grad Celsius
abgesehen vom Norden zahlreiche Schauer, vielleicht lokal auch ein kurzes
Gewitter erwartet werden. Da die Schauer jedoch mehr oder weniger vor Ort
stehen, muss punktuell erneut mit Starkregen gerechnet werden. Im Norden deutet
sich mit etwas trockenerer Luft ein recht sonniger Tag an. Die Höchstwerte
liegen im Norden und Westen zwischen 14 und 18 Grad, in Bayern etwas darunter
und der Wind kommt weiterhin schwach aus überwiegend nördlicher Richtung.

In der Nacht zum Mittwoch fallen die Schauer rasch in sich zusammen und bei
wechselnder Bewölkung bildet sich gebietsweise dichter Nebel. Die Tiefstwerte
liegen zwischen 7 Grad an der Küste und 4 bis -1 Grad im Binnenland.

Zusatz zum Frost: Neben dem regionalen Luftfrost in Süddeutschland muss die
Nächte über je nach Bewölkungsverteilung immer wieder regional mit leichtem
Frost in Bodennähe gerechnet werden. Das betrifft aus heutiger Sicht in der
Nacht zum Montag besonders den Süden und Osten, in der Nacht zum Dienstag alle
Regionen außer dem Osten und in der Nacht zum Mittwoch ganz Deutschland.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Numerik erfasst die Kurzfrist sehr gut.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy