DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-04-2021 08:01
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 16.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NEa mit Touch NEz (Nordost antizyklonal/zyklonal)

Wenig atmosphärische Bewegung ohne große Warnerregung und auch am Wochenende
noch kein wirklicher Frühlingsdurchbruch. Nur zögerlich milder.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt sich die großräumige Strömungskonstellation weiterhin gestört.
Als Spielverderberin zonaler Interessen gibt sich dabei das Hoch QUEEN, das
Bestandteil einer schier unendlich wirkenden, vom Seegebiet west-südwestlich der
Azoren bis weit nach Sibirien reichenden Hochdruckzone ist. Ihren Schwerpunkt
hat die gute QUEEN inzwischen von UK (klar, da musst sie weg, das gibt´s ja noch
´ne echte Queen) nach Skandinavien verlegt, wo sie heute in der Spitze etwas
über 1035 hPa auf die Waage bringt. Von den Tiefdruckgebieten, die weit
verstreut um die Hochdruckzone ihr Unwesen treiben, gilt es vor allem XANDER zu
nennen, der sich im Bereich Ukraine/Belarus aufhält und keinerlei
ernstzunehmende Ambitionen erkennen lässt, diese Gegend zu verlassen. Tja, und
da auch die QUEEN respektive die gesamte Hochdruckzone wie in Stein gemeißelt
erscheint, kommt unter dem Strich eine sehr statische und undynamische
Wetterlage ohne große Highlights heraus.

Übrigens trifft diese Aussage nicht nur auf die Bodendruckverteilung zu, auch
beim Geopotenzial sind die Verhältnisse extrem konservativ. Während die
Hochdruckzone von einem nicht minder ausladenden Höhenrücken gestützt wird
(erstreckt sich vom mittleren Nordatlantik via UK/Irland und Skandinavien bis
weit nach Russland), schließt sich weiter südlich eine weitgehend zonal
exponierte Potenzialrinne an. In dieser Rinne befinden sich zwei Protagonisten
in Form ausgebildeter Drehzentren: ein östliches knapp nordwestlich des
Schwarzen Meeres, das ganz langsam ostwärts zieht. Und ein westliches, das es -
ebenfalls sehr gemächlich - von der Schweiz nach Südfrankreich zieht. Die
leichte Gegenbewegung führt zu einem "Auseinanderziehen" der Rinne, die dadurch
zunehmend die Form einer Lemniskate ("liegende Acht") annimmt. Deutschland
befindet sich zwischen den Stühlen unter einer schwachen ost-nordöstlichen
Höhenströmung, in der WLA überschaubarer Intensität wirksam ist. Die WLA
zeichnet verantwortlich für die mehrschichtige Bewölkung und die schwachen
Niederschläge, die von Osten her zu uns reingekommen sind, reinkommen und auch
noch reinkommen werden.

So ist der heutige Freitag in weiten Teilen des Landes von mal mehr, mal weniger
dichten Wolken geprägt, aus denen es insbesondere in der Mitte leicht regnet
oder schneit. Dabei wird im Radar vor allem nach Westen hin, aber auch im
Nordosten mehr Niederschlag suggeriert als unten tatsächlich ankommt. Im
Tagesverlauf schwächen sich die Niederschläge bei steigender Schneefallgrenze
(auf etwa 600 bis 800 m, nur ganz oben noch etwas Glätte) und leichter
Südverlagerung mehr und mehr ab. In die Gebiete südlich der Donau kommen Regen
und Schnee aber nicht an, dort scheint zunächst noch die Sonne. Später wird es
dann zwar wolkiger von Norden her, Richtung Alpen bleibt es aber sonnig oder
zumindest heiter.
Sonnenschein gibt es aufgrund der Nähe zur QUEEN auch im Nordwesten der
Republik, vor allem an der Nordsee und deren näherem Umfeld.

Noch zwei, drei Sätze zum Wind und zur Temperatur. Der Wind weht aus nördlichen
Richtungen, kann dabei aufgrund der gradientschwachen Konstellation aber kaum
Impulse setzen - dynamischer Art zumindest. Thermisch entpuppt sich der Nordwind
hingegen als wirksamer Ersticker substanziell frühlingshafter Bemühungen, auch
wenn die Temperatur im Westen und Nordwesten die 10°C-Marke knackt (punktuell
werden 13°C angesteuert). Unmittelbar an der Nordsee bzw. auf den Inseln
allerdings bleibt es bei auflandiger Windkomponente meist einstellig. Das trifft
vielfach auch für den großen Rest des Vorhersageraums zu, wo in der polaren
Luftmasse (T850 um -4°C) gerade mal 4 bis 9°C zu erwarten sind. Nur stellenweise
zeigt das Thermometer in der Spitze rund 10°C.

In der Nacht zum Samstag tut sich herzlich wenig an der geschilderten
Gesamtkonstellation. Am ehesten fällt noch ein neues WLA-Maximum ins Auge, das
von Polen her auf den Nordosten übergreift. Die WLA garantiert nicht nur einen
nahezu lückenlosen Wolkennachschub, sie generiert zudem leichte Niederschläge,
die sich über die östlichen Bundesländer langsam gen Westen vorarbeiten.
Akkumuliert über 12 h kommen dabei maximal 1 bis 2 Liter pro Quadratmeter
zusammen, wenn überhaupt. In den Hochlagen des Erzgebirges kann es geringfügig
schneien (eher Glätte- als Schneefallwarnung, wenn überhaupt), während der Harz
und der Thüringer Wald wahrscheinlich raus sind aus der Verlosung (Niederschlag
kommt zu spät oder sogar überhaupt nicht an). Der Chronistenpflicht halber und
als Hoffnungsschimmer auf wärmere Tage sei erwähnt, dass die 850-hPa-Temperatur
im Nordosten auf sagenumwobene 1 bis 3°C steigt - PLUS wohlbemerkt!

Ansonsten gibt es nur wenig zu berichten. Auflockerungen oder längere Zeit
Klarheit herrscht am ehesten im Westen und Nordwesten sowie im äußersten Süden
(Alpen + Vorland). Vor allem im Süden kühlt es noch mal in den leichten
Frostbereich ab, während die Tiefsttemperatur im Westen und Nordwesten eher
heterogen um den Gefrierpunkt herum zu finden sein wird. In den übrigen Gebieten
dürfte Frost aufgrund der vielen Bewölkung dem höheren und (bedingt) mittleren
Bergland vorbehalten bleiben.

Samstag... bleiben erdrutschartige Veränderungen in der großräumigen Druck- und
Potenzialverteilung erwartungsgemäß aus. Okay, das Bodenhoch verliert
geringfügig an Substanz (wahrscheinlich keine 1035-hPa-Isobare in der
Mittagsanalyse), während sich Tief XANDER im Osten etwas auffüllt. Dadurch
werden die Gegensätze geringer und der Druckgradient bei uns noch etwas
schwächer, so dass es der weiterhin aus nördlichen Richtungen wehende Wind auch
morgen nicht schafft, auf die "Titelseiten" der zahlreichen Wetterberichte zu
kommen.
Auch der ost-nordöstliche Höhenwind macht nach wie vor keine Sprünge. Da das
östliche Höhentief etwas nach Norden schwenkt und das westliche auf See geht
(Löwengolf, westliches Mittelmeer), sich beide Tiefs also um einen gemeinsamen
Schwerpunkt drehen, wird aus der "liegenden" eine "schräge Acht". Mit der Lupe
lässt sich darin ein tertiäres schwaches Drehzentrum über Polen finden.

Wettertechnisch wird weiterhin relativ feuchte und wolkenreiche Luft zu uns
geführt, die im Norden aufgrund der niedertroposphärischen Erwärmung (T850 0 bis
+4°C) bei gleichzeitig konservativen Bedingungen weiter oben etwas labiler wird.
Folgerichtig nehmen dort die schwachen Regenfälle zunehmend Schauercharakter an,
andererseits schwächen sich die Niederschläge auf ihrem Weg nach Westen auch
mehr und mehr ab. Kurzum, im Westen und Nordwesten bleibt es einmal mehr
weitgehend trocken und bevorzugt über und an der Nordsee sowie vom Emsland bis
hoch in den Norden SHs scheint öfters, wenn nicht sogar ganztägig die Sonne. In
der Mitte sowie im Osten und Süden bleibt es überwiegend stark bewölkt
(Auflockerungen am ehesten im äußersten Süden und Südwesten) und es kommt zeit-
und gebietsweise zu schwachen Niederschlägen, die nur in den höchsten Lagen der
Mittelgebirge noch als Schnee fallen. Gleichwohl sollte Glätte tagsüber kein
großes Thema sein.

Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen und genau so mühsam schleppt sich die
Temperatur aus der chronischen Aprilkälte. Immerhin blinkt im Nordwesten am
Nachmittag mal eine 14°C auf, und auch sonst nimmt die Fläche mit zweistelligen
Höchstwerten im Norden und Westen zu (bei auflandigem Wind an der Küste gilt es
allerdings weiterhin Abstriche zu machen). In den übrigen Gebieten lautet die
Spanne nach wie vor 4 bis 10°C.

In der Nacht zum Sonntag mausert sich das o.e. tertiäre Drehzentrum über Polen
zu einem kleinen, aber wohldefinierten Höhentief, das in den Morgenstunden das
Erzgebirge erreicht. Davon ausgehend erstreckt sich ein schwacher Trog in
nordwestliche Richtung, der vor allem in den mittleren Landesteilen die
Schaueraktivität am Köcheln hält, aber auch im Süden etwas Niederschlag zulässt.
Im Zuge weiterer niedertroposphärischer Erwärmung steigt die Schneefallgrenze
bis in die allerhöchsten Lagen der Mittelgebirge oder sogar darüber hinaus, an
den Alpen auf 800 bis 1000 m. Auflockerungen stehen am ehesten im Westen und
Nordwesten auf der Karte, für Frost reicht es aber kaum noch. Lediglich im
höheren Bergland kühlt es zum Teil noch mal unter den Gefrierpunkt ab.


Sonntag... kommt das o.e. Höhentief über der Mitte noch etwas nach Westen voran.
Es sorgt dafür, dass das Strömungssetup in der Höhe leicht zyklonal konturiert
ist, bei allerdings geringen Windgeschwindigkeiten. Oder mit anderen Worten,
nennenswerte synoptisch-skalige Hebungsantriebe, die aus Advektionsprozessen
resultieren, sind nicht zu erwarten. Dafür macht die Labilisierung der sich nur
langsam erwärmenden (T850 am Nachmittag um 0°C, im Norden bis +4°C) polaren
Luftmasse bei gleichzeitiger Anfeuchtung von Osten her weitere Fortschritte.
Schaut man sich die Prognosetemps an, könnte für konvektive Umlagerungen bei 600
hPa Schluss sein, es ist aber auch eine Verlängerung bis ca. 450 hPa denkbar.
Wie auch immer, vornehmlich in der Mitte und im Süden, am Nachmittag in
Verbindung mit einem vor allem in der unteren Troposphäre erkennbaren KW-Trog
dann auch im Osten, kommt es zu schauerartigen Regenfällen. Zwar wird nur wenig
CAPE generiert, trotzdem sind vereinzelte Gewitter nicht kategorisch
ausgeschlossen.

Zwar verlagert das Hoch seinen Schwerpunkt immer weiter nach Nordosten (zur
Mittagszeit etwa über 1035 hPa im Bereich der Halbinsel Kanin respektive des
Mesenbusens), über der Nordsee bleibt aber ein schmaler Keil erhalten, der dem
äußersten Nordwesten rund um die Deutsche Bucht sowie dem Norden SHs weiterhin
Sonnenschein beschert. Im großen Rest des Landes sieht es mit direkter Strahlung
weit schlechter aus, auch wenn zwischen der konvektiv geprägten Bewölkung der
Sonne der eine oder andere Kurzbesuch durchaus gelingen dürfte. Thermisch nähert
man sich zumindest dem vieljährigen Mittelwert für die Höchsttemperatur - wenn
auch nur zögerlich - an. Für weite Teile des Landes bedeutet das Maxima von 10
bis 14°C, im Norden lokal vielleicht sogar 15°C. Weiterhin im einstelligen
Bereich bleiben Teile Süddeutschlands (vor allem südlich der Donau), die
Mittelgebirge sowie Küstenabschnitte und Inseln mit auflandigem Wind (der kommt
schwach aus Nord bis Nordost).

In der Nacht zum Montag zieht der niedertroposphärische KW-Trog mit einem
kleinen mesoskaligen, schauerartig geprägten Regengebiet über die nördliche
Mitte bis nach Westdeutschland. Ansonsten lässt die Schaueraktivität mit
Ausnahme des äußersten Südens und Südostens nach. Insbesondere im Norden klart
es vielerorts auf, für Frost reicht es aber nicht mehr. Auch sonst zeigen sich
immer mal wieder Lücken in der Wolkendecke, was in der feuchten Grundschicht ein
paar Nebelfelder nach sich ziehen kann. Frost tritt nur noch punktuell im
höheren Bergland auf.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung wird auch von den externen Modellen nicht anders
eingeschätzt. Das schließt nicht aus, dass es bei der Positionierung der meist
schwachen Niederschläge Unschärfen zutage treten. Unsicher ist derzeit auch
noch, ob es am Sonntag mal für ein oder zwei Gewitter reicht. Auffallend ist,
dass der im Text angesprochene niedertroposphärische KW-Trog bei IFS und GFS im
Gegensatz zu ICON auch in der mittleren Troposphäre ausgeprägt ist. Inwieweit
das Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann