DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-04-2021 17:01
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 10.04.2021 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts im Norden gebietsweise Schneefall und Glätte, an den Küsten einzelne
stürmische Böen.
Am Sonntag in den Alpen Föhn, im Westen im Bergland Schneefall, vom Südwesten
bis in den Nordosten einzelne Gewitter mit Starkregen und stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir an der Südostflanke eines großen Langwellentroges, der
weite Teile Nord- und Nordwesteuropas überdeckt in einer südwestlichen
Höhenströmung. Dabei gelangt in den Norden auf der Rückseite eines Tiefs über
Nordskandinavien Meereskaltluft polaren Ursprungs, in den Süden strömt dagegen
auf der Vorderseite eines Tiefs über Frankreich subtropische Warmluft ein.
Die Trennlinie wird von einer Tiefdruckrinne mit eingelagerter Luftmassengrenze
markiert, die aktuell diagonal vom Südwesten in den Osten Deutschlands verläuft.

Ein Troganteil über Nordwesteuropa schwenkt nachts über GB nach Südosten und
weitet sich nach Süden aus. Mit der Folge, dass die Strömung etwas weiter nach
Süd rückdreht und darüber hinaus die Bodenrinne mit der eingelagerten
Luftmassengrenze sich mehr meridional orientiert und das Tief von Frankreich
über Benelux ins südliche Niedersachsen zieht.
Insbesondere auf der kalten Seite der Luftmassengrenze, die morgens vom
Niederrhein bis Vorpommern verlaufen soll, zumindest nach Lesart ICON und weiter
mit leichten Unsicherheiten behaftet, regnet es durch Aufgleiten verbreitet.
Verbunden mit dem kleinen Tief ist auch ein Hebungsmaximum, das gebietsweise 10
bis 15 mm in 6h an Niederschlag bringen kann. Meist fällt dabei Regen.
Allerdings strömt unter die aufgleitende milde Luft ganz im Norden
und Nordwesten mit kräftigem Nordostwind kalte Luft ein, sodass (vor
allem wohl vom Emsland bis Ostholstein) bei Temperaturen knapp über 0°C die
Niederschläge in Schnee übergehend dürften. Bei zeitweise kräftigem Schneefall
sind Schneematsch, eventuell auch 1 bis 5 cm nasser Schnee nicht ausgeschlossen

Rückseitig des Wellentiefs kommen im Westen später wieder einzelne Schauer auf.


Außer ganz im Norden und in einigen Alpentälern, wo die 0 Grad fast erreicht
werden, liegen die Minima mehr oder weniger deutlich über dieser Marke.
Der Ost- bis Nordostwind frischt mit Annäherung des Tiefs an den Küsten kräftig
auf, mit einigen 7er, exponiert Bft 8 an der westliche Ostsee
und auflandig an der Nordsee (Ostfriesland). Der Wind lässt dann am
Sonntagvormittag wieder nach.
Auch die Mittelgebirgs- und Alpengipfel (hier beginnend leichter Föhn) sehen
kräftigere Böen, allerdings aus Südwest mit Bft 7 bis 8, Brocken 9 Bft.

Sonntag ... kommt der Höhentrog vor allem in seinem Südteil etwas ostwärts
voran, wobei er sich auch nach Süden ausweitet, was auf ein baldiges Abtropfen
hindeutet. Vorderseitig steilt die Höhenströmung auf und die Föhnsituation in
den Alpen verstärkt sich. Auch die Bodentiefdruckrinne nimmt eine immer
meridionalere Ausrichtung an, wobei sie sich - nebst eingelagerter, leicht
wellender Luftmassengrenze - im Tagesverlauf ostwärts verlagert.

Rückseitig dreht der Wind im Norden und Westen, nachmittags und abends auch über
der Mitte und dem Südwesten auf nördliche Richtungen und frischt etwas auf, mit
einzelnen 7er Böen exponiert und im Bergland sowie an der Nordsee, während er
sonst eher schwach aus SE weht.

Die Temperaturgegensätze verschärfen sich weiter. So stehen in 850 hPa am Abend
im Nordwesten -7°C auf der Karte, während es im Süden und Südosten teils
föhnbedingte 8 bis 11°C sind. In 2 m Höhe, kommen im Nordwesten bei Niederschlag
kaum 5°C zustande, während in der Südosthälfte nicht selten die 20°C-Marke
überschritten wird.
Nicht nur die Temperaturen weisen große Unterschiede auf, auch der
Wetterablauf könnte regional unterschiedlicher fast nicht sein.

Auf der kalten Seite der Luftmassengrenze fällt im Westen und Norden
sowie Teilen der Mitte z.T. länger andauernder Niederschlag. In den
westlichen Mittelgebirgen geht dieser oberhalb 300 bis 500m in Schnee
über. Ob es tagsüber schon weiter runter schneit, ist fraglich.
Abhängig von der Niederschlagsintensität, ist Schnee oder Schneeregen bis ganz
runter aber auch nicht ausgeschlossen und oberhalb von 500 bis 600 kann es auch
etwas nassen Schnee, 1 bis 3 cm oder Schneematsch geben.

Darüber hinaus werden am warmen Rand des Niederschlagsgebietes die
Bedingungen für konvektive Umlagerungen besser. So nimmt nicht nur
die Labilität zu, es wird auch mehr Feuchte akkumuliert (PPW bis 20
mm), so dass einige hundert Joule pro Kilogramm CAPE generiert werden
können. Insbesondere von der Pfalz und vom Schwarzwald bis Sachsen-Anhalt,
eventuell sogar bis nach Brandenburg können sich am Nachmittag und Abend
einzelne Gewitter entwickeln, die von Starkregen und/oder Böen 7-8 Bft begleitet
sein können.

Abseits der möglichen Konvektion präsentiert sich der Sonntag weiter
südöstlich trocken mit viel Sonnenschein, wenn auch einigen hohen und
mittelhohen Wolkenfeldern. In den Alpen bleibt der Föhn am Leben mit
Böen 8-10 Bft auf den Gipfeln.

In der Nacht zum Montag macht die diagonal von Südwest nach Nordost verlaufende
Rinne/Luftmassengrenze Boden nach Osten hin gut. Lediglich der äußersten Osten
(nahe Oder/Neiße) und Südosten (Niederbayern) liegen noch in der milderen
Luftmasse. Auf der kalten Seite kommt es gegenstrombedingt zu
Dauerniederschlägen, die aufgrund permanenter KLA bzw. Verdunstungsabkühlung bis
in tiefe Lagen in Schnee übergehen können. Potential für teilweise kräftige
Schneefälle ist vor allem im Bergland, aber nicht nur dort, vorhanden.
Der nordwestliche Wind auf der Rückseite der Rinne frischt auf und vor allem im
Bergland und an den Küsten sind einzelne 7er Böen mit von der Partie. Dazu
steigt im Westen durch die auflockernde Bewölkung die Wahrscheinlichkeit für
leichten Frost, der ansonsten vor allem im Bergland zu finden sein dürfte.

Montag ... tropft der Trog zu den Westalpen ab. Vorderseitig des neuen
Höhentiefs setzt eine Zyklogenese über dem Ligurischen Meer ein, während der
Resttrog in den Nordwesten vorankommt.
Die Luftmassengrenze und die Bodenrinne verlassen uns nach Osten, und
bis zum Abend hat die kalte Meeresluft polaren Ursprungs (T850: -5 bis -8°C)
ganz Deutschland geflutet, lediglich im äußersten SE liegen anfangs Reste der
milderen Luftmasse.
Mit der Kaltluftadvektion steigt der Druck von Westen her wieder und im
Bodendruckfeld zeichnet sich der Keil eines Hochs westlich der Britischen Inseln
ab. Dass es mit der Wetterbesserung aber so nichts wird, liegt an der
Tiefentwicklung südlich der Alpen, die ein rasches Abklingen der Niederschläge
in der Südosthälfte verhindert und weit auf die kalte Seite der Luftmassengrenze
ausgreifend Aufgleitniederschläge (gebietsweise 10 bis 15 mm/12h) auslöst.
Teilweise kann es anfangs bis in tiefe Lagen schneien. Mit dem Tagesgang und
nachlassenden Intensitäten steigt die Schneefallgrenze vorübergehend bis 600m.
Darüber hinaus verursacht die höhenkalte Luft des Troges im Westen und
Nordwesten Schauer, teils Schneeregen oder Graupel und im höheren Bergland mit
etwas Neuschnee.
Die Maxima liegen fast überall im einstelligen Bereich, im Bergland teilweise
auch unter 5°C, nur ganz im SE sind vielleicht noch einmal um +10°C möglich.
Der nordwestliche Wind kann im Bergland, an den Küsten und etwas ausgreifend ins
Binnenland in Spitzen Bft 7 erreichen.

In der Nacht zum Dienstag verstärkt sich der Hochkeil über den mittleren
Landesteilen. Südöstlich davon gibt es von den östlichen Mittelgebirgen bis nach
Oberschwaben zunächst weitere Niederschläge, meist bis in tiefe Lagen als
Schnee, wobei aber kaum mehr als wenige mm zusammenkommen und es nur für eine
dünne Schneedecke reicht. Später ziehen sie sich in Bereiche südlich der Donau
zurück. An den Alpen und im Alpenvorland sind durch Aufgleiten und Stau
kräftigere Schneefälle möglich.
Je nach Modell fallen dort 1 bis 5 cm, im südlichen Alpenvorland bzw. am
Alpenrand auch 10 bis 15 cm Schnee, in höheren Lagen sind 20 cm nicht
ausgeschlossen.
In der Höhenkaltluft kann es im Nordwesten und Westen einzelne unergiebige
Schnee- und Graupelschauer geben, ansonsten bleibt es meist trocken und die
Wolken lockern auf. Abgesehen von den Küstenregionen bei auflandigem Wind und
Teilen der Lausitz und Südostbayerns gibt es leichten, bei Aufklaren in den
westlichen und zentralen Mittelgebirgen mäßigen Frost.

Dienstag ... liegt Deutschland insgesamt unter einem von Skandinavien bis ins
Mittelmeer reichenden Trog. Aufgrund des blockierenden Höhenhochs über
Nordwestrussland kommt die Achse des Troges in seinem nördlichen und mittleren
Teil kaum ostwärts voran, während er in seinem Südteil zum Balkan schwenkt. Im
Westen wird der Trog von einem Rücken über dem nahen Nordostatlantik flankiert.

Im Bodenniveau liegt Deutschland zwischen einem Tief im Bereich des Bottnischen
Meerbusens und einem Hoch über Frankreich und GB mit Keil nach Mitteleuropa in
einer niedertroposphärisch nordwestlichen Strömung, die vor allem im Norden noch
recht kräftig ist. Im Tagesverlauf lässt der Wind mit Annäherung des Hochs aber
immer mehr nach, sodass die eingeflossene maritime Polarluft (T850 zwischen -5
und -8 °C) zur Ruhe kommt.

Die wellende Kaltfront des Tiefs ist zwar bereits südostwärts abgezogen,
trogvorderseitig sind über dem Südosten Deutschlands noch schwache
Aufgleitprozessen wirksam, die südlich der Donau zu Schneefällen führen.
Insbesondere an den Alpen sind nochmal 5 bis 10, in höheren Staulagen 15cm
Neuschnee möglich.
Ansonsten labilisiert die maritime Polarluft, sodass es zu zahlreichen
Schneeregen- und Graupelschauern, in den Mittelgebirgen zu Schneeschauern kommt.
Die gute Durchmischung sorgt zumindest dafür, dass in den sonnigen Momenten
zwischen den Schauer gebietsweise Maxima um +10 Grad erreicht werden, in
Hochlagen der östlichen Mittelgebirge bleibt es bei Temperaturen um 0 Grad aber
spätwinterlich.

Der Druckgradient ist im Bereich des Hochs recht gering, sodass es zunächst an
den Küsten und in den Alpen zu einzelnen Bft 7, exponiert Bft 8 aus
nordwestlicher Richtung langt, die aber - wie schon erwähnt - immer weniger
werden.

Nachts stellt sich verbreitet leichter bis mäßiger Frost ein.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen wird ähnlich simuliert. Unterschiede im Detail bleiben
aber. So haben die letzten Läufe den Schnee in der kommenden Nacht immer weiter
nach Norden verschoben, sodass wohl lediglich Schleswig-Holstein davon betroffen
ist. Das Tief wird dafür wieder etwas schwächer simuliert, auch ICON D2 sieht
aktuell an den Küsten nur noch 7er bis 8er Böen, im 9z Lauf waren an der Nordsee
noch schwere Sturmböen mit dabei!

Auch für die Folgetage bleiben Unwägbarkeiten im Detail, die - obwohl die
Unterschiede in den Simulationen nicht mal groß sind - die Vorhersagen schwierig
gestalten und vorab kaum geklärt werden können. Das betrifft vor allem Timing
der Abläufe, Intensität und Phase der Niederschläge, die Konvektion am Sonntag
...


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner