DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-04-2021 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 10.04.2021 um 10.30 UTC



Kaltes, aber zumeist niederschlagsarmes Aprilwetter mit verbreiteten
Nachtfrösten. An den Alpen zeitweise Schneefall.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 17.04.2021


Zu Beginn der Mittelfrist am Dienstag (13.04.21) liegt Deutschland unter einem
von Skandinavien bis zum zentralen Mittelmeer reichenden Trog. Aufgrund eines
blockierenden Höhenhochs nahe über Nordwestrussland kommt die Achse des Troges
vor allem in seinem nördlichen und mittleren Teil kaum mehr ostwärts voran,
während er in seinem Südteil zum Balkan schwenkt. Im Westen wird der Trog von
einem Rücken über dem nahen Nordostatlantik flankiert. Im Bodenniveau liegt
Deutschland zwischen einem Tief im Bereich des Bottnischen Meerbusens und einem
Hoch über Frankreich und Benelux in einer nordwestlichen Strömung, die vor allem
im Norden noch recht kräftig ist. Im Tagesverlauf lässt der Wind mit Annäherung
des Hochs aber immer mehr nach, sodass die eingeflossene maritime Polarluft
(T850 zwischen -5 und -8 °C) zur Ruhe kommt. Die wellende Kaltfront des o. e.
Tiefs ist zwar bereits südostwärts abgezogen, trogvorderseitig sind über dem
Südosten Deutschlands aber noch schwache Aufgleitprozessen wirksam
(Gegenstrom!), die zeitweise noch zu Schneefällen führen. Insbesondere an den
Alpen sind nochmal einige Zentimeter Neuschnee möglich. Ansonsten labilisiert
die maritime Polarluft, sodass es zu zahlreichen Schneeregen- und
Graupelschauern, in den Mittelgebirgen zu Schneeschauern kommt. Die gute
Durchmischung sorgt zumindest dafür, dass in den sonnigen Momenten zwischen den
Schauer gebietsweise Maxima um +10 Grad erreicht werden, in Hochlagen der
östlichen Mittelgebirge bleibt es bei Temperaturen um 0 Grad aber
spätwinterlich. Nachts stellt sich verbreitet leichter bis mäßiger Frost ein.

Der Mittwoch bringt wenig Neues: Während der Trog in seinem Südteil nordostwärts
zum Schwarzen Meer schwenkt, bleibt er ansonsten, eingeklemmt zwischen dem
Höhenhoch über Nordwestrussland und dem Rücken vor den Toren Westeuropas, quasi
stationär. Über Skandinavien wird er sogar nochmal regeneriert, während er
Mitteleuropa abtropft. Der Hochschwerpunkt westlich zieht sich zu den Britischen
Inseln zurück, gleichzeitig kommt es über Osteuropa vorderseitig des Troges zu
einer kräftigen Zyklogenese. In der dadurch von Nordwest auf Nord drehenden
Strömung fließt weiterhin labil geschichtete maritime Polarluft ein, in der im
Tagesverlauf erneut Regen-, Schnee- und Graupelschauer entstehen. Am
Temperaturniveau ändert sich nichts, die Nacht wird wieder fast überall frostig.


Am Donnerstag zieht das Cut-Off von Mitteleuropa zur Balkanhalbinsel ab, wobei
sich ein Trog über den Alpenraum bis nach Westeuropa erstreckt. Das Trogresiduum
schwenkt nach Karelien und macht Platz für den Rücken, der mit seiner Achse die
nördliche Nordsee und das mittlere Skandinavien erreicht. Am Rande des mit
Schwerpunkt zur Nordsee wandernden Hochs dreht die Strömung über Deutschland auf
Nordost, sodass zwar weiterhin kalte (T850 zwischen -3 und -6 °C) aber
allmählich trockenere Luft einsickert. Zudem stabilisiert es durch den
allmählichen Geopotenzialanstieg von Norden, sodass sich die
(Schnee-/Schneeregen-)Schauer in den Süden zurückziehen.

Am Freitag und Samstag verstärkt sich der vom Nordatlantik über die Britischen
Inseln und die Nordsee nach Skandinavien reichende Rücken und stützt eine
umfangreiche, zonale Hochdruckzone. Deutschland liegt südlich der Divergenzachse
in einer recht kräftigen Nordostströmung, in der bodennah trockene, kontinentale
Polarluft einfließt (T850 meist um -5 °C). Ganz störungsfrei ist die Lage aber
wahrscheinlich nicht, da der Rücken von tiefem Geopotenzial über weiten Teilen
Kontinentaleuropas flankiert wird, in dem kleinen Höhentief eingebettet sind.
Neben sonnigen Abschnitten besteht so regional eine gewisse Schauerneigung. Das
Temperaturniveau steigt zwar tendenziell geringfügig an, das Erreichen der
15-Grad-Marke wird aber ein schwieriges Unterfangen, das Unterschreiten des
Gefrierpunktes in den Nächten dagegen ein Leichtes.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der IFS-Modellläufe ist schon zu Beginn der Mittelfrist alles
andere als gut und wird im Laufe der Mittelfrist immer schlechter. Am Dienstag
sollte es im Südosten Deutschlands am Rande eines Cut-Offs über Oberitalien noch
zu kräftigen Aufgleitprozessen und Schneefällen kommen. Das Cut-Off findet sich
im neuen Lauf kaum mehr, sodass die Schneefälle deutlich schwächer ausfallen
bzw. rascher abklingen.
In den gestrigen Läufen sollte der Höhentrog am Mittwoch noch ostwärts abwandern
und sich das nachfolgende Hoch mit seinem Schwerpunkt nach Deutschland
verlagern. Im heutigen IFS00Z-Lauf tropft der Trog über Mitteleuropa ab, während
das Hoch über es über West- bzw. Nordwesteuropa bleibt. Anstatt einer
Wetterberuhigung steht kühles, wechselhaftes Schauerwetter (mit Schnee in
höheren Lagen) ins Haus.
Im weiteren Verlauf bis zum Wochenende standen die Zeichen in den gestrigen
Berechnungen zumindest in der Westhälfte noch auf Milderung (WLA vorderseitig
eines westeuropäischen Tiefkomplexes). Im aktuellen IFS-Lauf gelangt Deutschland
am Rande einer Hochs über Nord- und Nordwesteuropa in eine kräftige nordöstliche
Strömung, in der ziemlich kalte, wenngleich eher trockene Kontinentalluft
einfließt.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch die deterministischen Modellberechnungen von GFS und ICON haben etwaige
Avancen in Richtung rascher Wetterberuhigung und (deutlicher) Milderung in der
Mittelfrist verworfen. Alle Modelle haben den Trogeinfluss bzw. Abtropfprozess
über Mitteleuropa zur Wochenmitte im Programm. Als prognoserelevanten
Unterschied könnte man am ehesten noch das in GFS, vor allem aber in ICON etwas
stärker betonte Cut-Off über Oberitalien ansprechen, an dessen Flanke es im
Südosten (besonders an den Alpen) am Dienstag und Mittwoch noch längere Zeit zu
Aufgleitprozessen und Schneefällen kommt (markante Neuschneemengen möglich).
Auch danach simulieren ICON und GFS die groben Strukturen der Großwetterlage
sehr ähnlich. Die Divergenzachse der sich etablierenden Hochdruckzone liegt in
beiden Modellen wie bei IFS nördlich von uns, wenngleich die Ausrichtung und
Position noch leicht variiert. Bei ICON liegt die Achse über der südlichen Nord-
und über der Ostsee, sodass die Ostströmung vor allem über dem Norden nicht ganz
so stark ausgeprägt ist. Bei GFS hat die Achse eher eine
Südwest-Nordost-Orientierung, zudem erreichen Aufgleitprozesse am Rande der
osteuropäischen Tiefs mit Schneefällen den Osten und Südosten Deutschlands.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Der schlechten Konsistenz zum Trotz folgt das IFS-EPS dem "Vorschlag" des
deterministischen Laufes fast uneingeschränkt.
Die Rauchfahnen der 850-hPa-Temperatur verlaufen bis Donnerstag sehr eng
gebündelt und fast gänzlich ohne Ausschläge nach oben und unten auf (sehr)
niedrigem Niveau. Das Geopotenzial weist eine etwas stärkere Streuung auf.
Allerdings ist die Berechnung des deterministischen Laufes gut in die
Memberschar eingebettet, die im Wesentlichen einen leicht sinkenden Verlauf bis
zur Wochenmitte anzeigt, gefolgt von einem leichten Anstieg (abtropfender
Höhentrog über Mitteleuropa, nach Südosten abziehendes Cut-Off).

Ab Freitag streut die 850-hPa-Temperatur etwas stärker, wobei der
deterministische Lauf eher am unteren Ende zu finden ist. Die Mehrheit der
Member bleibt aber unter der 0-Grad-Isotherme - eine durchgreifende, deutliche
Erwärmung ist also erst mal eher unwahrscheinlich. Auffällig ist allerdings,
dass doch recht viele Berechnungen von erhöhter Niederschlagstätigkeit im Osten
und Südosten ausgehen, was das Potenzial für etwaige von Osten aufkommende
Aufgleitprozesse (-> Schneefälle, GFS-Variante!) unterstreicht. Ansonsten sind
die Signale nur sporadisch ausgeprägt (leichte Schauerneigung im Umfeld kleiner
Höhentiefs).

Die IFS-EPS-Cluster vollziehen in der Mittelfrist bis +168 h (Samstag) durchweg
den Übergang zu einem Blocking-Regime (hohes Geopotenzial über Nordwest- und
Nordeuropa). Im Zeitraum +120-168 h zeigen 2 und 3 Clustern (37 Member) die vom
deterministischen Lauf favorisierte kalte Nordostlage. In einem Cluster (nur 14
Member) kippt die Strömung über Deutschland auf Ost bis Südost, sodass sich eine
deutlichere Erwärmung durchsetzen würde.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


SCHNEE:
Die Schneefälle im Süden und Südosten am Dienstag (eventuell auch noch am
Mittwoch) bringen am ehesten an den Alpen markante Neuschneemengen (15-30 cm).
Unsicher ist, inwieweit die östlichen Mittelgebirge (v. a. Erzgebirge,
Bayerwald) noch von den Schneefällen erfasst werden. Neuschneemengen um 10 cm
sind dort aber zumindest am Dienstag nicht ausgeschlossen. In den übrigen
Mittelgebirgen sind die Neuschneemengen gering.

Völlig unklar ist, ob zum Wochenende neue Schneefälle in den Osten und Südosten
ziehen. Wenn ja, dann besteht zumindest in Staulagen der östlichen Mittelgebirge
und an den Alpen erneut Potenzial für markante Neuschneemengen.

FROST:
In den Alpen tritt insbesondere in der zweiten Wochenhälfte bei längerem
Aufklaren über Schnee örtlich strenger Frost auf. Der ansonsten verbreitet
auftretende, leichte bis mäßige Frost ist zwar per Definition kein markantes
Wetterereignis, aber angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit durchaus
erwähnenswert.
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, MOS-MIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. R. K. Adrian Leyser