DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

08-04-2021 07:30
SXEU31 DWAV 080800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 08.04.2021 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Von NWz Übergang zu SW z

An den Küsten in der Nacht zum Freitag stürmische Böen oder Sturmböen, am
Freitag wieder nachlassend. In den Alpen und deren Vorland in der Nacht zum
Freitag örtlich strenger Frost.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... liegen wir unter einer nordwestlichen Höhenströmung, zwischen
einem nach Osten abziehenden Langwellentrog und vor einem flachen Höhenrücken,
welcher über die Nordsee folgt. Die nächste massive Austrogung zeichnet sich vom
Nordmeer ausgehend zu den Britischen Inseln ab.
Die über Deutschland resultierende antizyklonale Höhenströmung hat zum Aufbau
eines Hochdruckgebietes über Frankreich und Süddeutschland geführt, das sich
aber schnell wieder zum Balkan verabschiedet. Das Absinken führt zu einer
weiteren Erwärmung der oberen und mittleren Troposphäre, was die Schichtung
stabilisiert.

Zwischen der abziehenden Hochdruckzone und dem mit dem nächsten Höhentrog
korrespondierenden Tief über der Norwegischen See dreht die Strömung in der
unteren Troposphäre und bodennah auf Westsüdwest zurück. Damit verbunden setzt
auch niedertroposphärisch schwache Warmluftadvektion ein, die aber nicht dazu
führt, dass es die 850 hPa Temperaturen heute über die 0°C schaffen, im Osten
liegen sie noch bei -7°C bis zum Abend, im Süd- und Nordwesten bei ca. -2 bis
-3°C.

Durch die Stabilisierung lässt die Schauerneigung von West nach Ost weiter nach,
ebenso wie die Schneefälle an den Alpen durch das nachrückende Hochdruckgebiet.
Nachmittags bleibt es meist schon trocken. Allerdings sorgen Quellwolken, die
sich in der bis 800 hPa labilen Grenzschicht bilden und dann an der
Absinkinversion breitlaufen, für wolkiges Wetter.
Nur im Südwesten ist das Absinken stark genug, dass die Quellbewölkung
nachmittags verstärkt Auflösungstendenzen zeigt und die Sonne längere Zeit
scheinen kann. Gegen Abend nähert sich die Warmfront des Nordmeertiefs dem
Norden und
Nordwesten sodass dort vermehrt hohe und mittelhohe Wolkenfelder aufziehen mit
ein paar Spritzern Regen über der Nordsee und Richtung Dänemark.

Der Westwind frischt im gesamten Osten nochmal auf mit einzelnen steifen Böen um
50 km/h. Auch an der See sind zunächst einzelne Bft 7 dabei, mit Winddrehung auf
Südwest im Tagesverlauf wird der Wind an der Ostsee eher weniger; dagegen legt
er an der Nordsee und an der westlichen Ostsee wieder zu mit vermehrt steifen,
zum Abend an der Nordsee auch wieder ersten stürmischen Böen.
In Kammlagen der östlichen Mittelgebirge und in den Alpen treten nur anfangs
stürmische Böen 8 Bft auf.

Die leichte Erwärmung und größere Sonnenanteile spiegeln sich in den
Höchsttemperaturen wider, die meist zwischen 6 und 11°C, in den östlichen
Mittelgebirgen zwischen 1 und 5°C liegen.

In der Nacht zum Freitag kommt der Trog über dem Nordmeer südwärts bis nach
Schottland und zur nördlichen Nordsee voran, während er sich gleichzeitig nach
Westen ausweitet. Hinter dem abziehenden Höhenrücken stellt sich bei uns eine
westliche Strömung ein, im Süden leicht antizyklonal, im Norden eher zyklonal
geprägt.

Über dem Süden verläuft die Nacht meist klar, über der Mitte ziehen, ausgelöst
durch Warmluftadvektion, hohe und mittelhohe Wolkenfelder durch.
Der Norden gelangt in den Einflussbereich der Tiefausläufer, des im
Bodendruckfeld nach Schweden ziehenden Sturmtiefs. Aus meist starker Bewölkung
regnet es dort etwas, mehr als 5 mm Richtung dänischer Grenze werden es aber
nicht. Zudem weht der Wind im Küstenumfeld in Böen stark bis stürmisch aus
Südwest, einzelne Sturmböen nicht ausgeschlossen.

In der Mitte und im Süden stellt sich häufig leichter, im Süden mäßiger und über
Schnee in den Alpen örtlich strenger Frost ein. Reifglätte ist nicht ganz
ausgeschlossen, wird aber eher nicht warnrelevant. Unter den Wolken im Norden
bleibt es frostfrei.


Freitag... weitet sich der Langwellentrog über Nord- und Nordwesteuropa mit
hochreichendem Drehzentrum über Nordskandinavien Richtung Irland aus und beginnt
mit einem Höhentief bei den Azoren zu interagieren. Die Höhenströmung dreht über
Westeuropa auf Südwest, bei uns stellt sich eher eine zyklonale westliche
Strömung ein.

Im Bodendruckfeld bildet sich zwischen dem Tief bei den Azoren und dem
nordeuropäischen Tiefkomplex eine Rinne, die sich nachmittags und abends in den
Nordwesten hereinschiebt. Vorderseitig verstärkt sich die Advektion milderer
Luft aus Südwesteuropa in die Südhälfte Deutschlands, während sich im Norden
temperaturtechnisch zunächst wenig tut, eher gehen dort die Werte hinter der
über dem Norden schleifenden Kaltfront wieder etwas zurück. Entsprechend baut
sich ein veritables Süd-Nord-Gefälle der T850er aus (+5°C im Süden, -7°C ganz im
Norden).

An der im Norden schleifenden Kaltfront regnet es zeitweise. Anfangs weht der
Wind dabei vor allem an der See in Böen stark bis stürmisch, im Tagesverlauf
lässt der Wind aber dann deutlich nach.

Ansonsten bleibt es trocken und mit jedem Kilometer nach Süden nehmen die
Sonnenanteile zu. Erst zum Abend greift von Südwesten wieder kompaktere
Bewölkung über, die mit Warmluftadvektion im Vorfeld eines weiteren, sich in der
Tiefdruckrinne ausbildenden Astes der Frontalzone über Westeuropa zusammenhängt.

Die Höchsttemperaturen liegen zwischen 7°C postfrontal der Kaltfront ganz im
Norden und an der See und 18 Grad am Oberrhein!

In der Nacht zum Samstag greift der südliche Ast der Frontalzone in Form der
Warmfront eines Tiefs über der Bretagne von Westen her über. An ihr verstärken
die Temperaturgegensätze, da die sich Zufuhr kalter Luft im Norden verstärkt,
während die Temperaturen im Südwesten noch leicht steigen. Entsprechend der
frontogenetischen Situation verstärken sich die Hebungsvorgänge an der Warmfront
und teils recht kräftige Regenfälle breiten sich von Belgien und
Nordostfrankreich über den Westen und die Mitte nach Osten aus und erreichen zum
Morgen Thüringen und das Harzumfeld. Im Westen sind 6-stündig stellenweise 10
bis 15 mm Regen möglich.
Über dem Norden liegt weiter die schleifende Kaltfront und bringt auch dort
leichten Regen. Im Süden bleibt es bei teils aufgelockerter Bewölkung
gebietsweise trocken.

Frost ist am ehesten im Südosten, wo es teilweise gering bewölkt oder klar
bleibt, zu erwarten. Aber auch im Norden, wo postfrontal wieder größere
Auflockerungen zu finden sein sollten, kann es in der frischen Kaltluft unter
den Gefrierpunkt abkühlen.


Samstag... zieht sich der Trog über Nordwesteuropa eher noch etwas in die Länge,
als dass er Boden nach Südosten gut macht. Er kippt in seinem Westteil nach
Süden, wodurch die Strömung über uns weiter nach Südwest rückdreht. Vorderseitig
liegt die Tiefdruckrinne, welche von der Biskaya über Frankreich in die Mitte
Deutschlands reicht.

Die Kaltfront im Norden und die Warmfront über der Mitte verschmelzen zu einer
markanten Luftmassengrenze, die subtropische Warmluft in der Südosthälfte (T850:
+4 bis +8°C) von maritimer Polarluft im Norden trennt (T850 0 bis -6°C). Die
Luftmassengrenze kommt mit der drehenden Strömung im Tagesverlauf von der Mitte
nordwärts voran.

Frontale Prozesse, Warmluftadvektion, aber auch kurzwellige Troganteile
generieren teils kräftige Hebung. Entsprechend regnet es zunächst in einem
breiten Streifen über der Mitte und dem Norden, nachmittags vor allem über dem
Norden und Nordwesten länger anhaltend und auch recht kräftig, 5 bis 10 mm in 6
Stunden. Da es aber doch eine gewisse Verlagerung des Niederschlags gibt, werden
Warnschwellen nicht erreicht.

Da in der zusehends instabileren Warmluft die Hebungsantriebe weitgehend fehlen,
sind konvektive Umlagerung am warmen Rand des Niederschlags eher
unwahrscheinlich.

Davon abgesetzt bleibt es ganz im Norden trocken, aber kühl mit Aufheiterungen
und Maxima unter 10 Grad. Auch im Süden zeigt sich die Sonne längere Zeit,
verbunden aber mit fast warmen 15 bis 19 Grad. Im Regen werden meist 10 bis 15
Grad erreicht.
Auf der warmen Seite der Luftmassengrenze lebt der Wind in tiefen Lagen aus Süd
bis Südwest auf, ohne warnrelevant zu werden, auf einigen Berggipfeln sind Bft 7
bis 8 möglich, aber auch da drängen sich Warnungen nicht auf. In den Alpen wird
es durch aufsteilende Strömung leicht föhnig mit Sturmböen auf einigen Gipfeln
und eventuell nahe 20 Grad in einigen Föhntälern.

In der Nacht zum Sonntag kommt es insbesondere auf der kalten Seite der
Luftmassengrenze, die in eine Tiefdruckrinne eingebettet ist und laut ICON vom
Niederrhein bis zur Uckermark verlaufen soll, was aber noch unsicher ist, zu
weiteren, länger anhaltenden Niederschlägen, meist als Regen. Allerdings strömt
unter die aufgleitende milde Luft ganz im Norden mit kräftigem Nordostwind kalte
Luft ein, sodass (vor allem wohl in Schleswig-Holstein) bei Temperaturen knapp
über 0°C auch Schneefall nicht ausgeschlossen ist. Ob da was liegen bleibt???

Bedingt durch Wellenbildung an der Front kann später auch im Westen und
Südwesten wieder etwas Regen fallen.

Außer ganz im Norden, wo die 0 Grad fast erreicht werden, liegen die Minima mehr
oder weniger deutlich über dieser Marke.
Der Ost- bis Nordostwind frischt an den Küsten auf, mit einigen 7er Böen an der
westliche Ostsee und auflandig an der Nordsee (Ostfriesland). Auch die
Mittelgebirgsgipfel kriegen ihre kräftigeren Böen, hier allerdings aus Südwest
mit Bft 7 bis 8, Brocken 9. In den Alpen sind durch leichten Föhn auch mal die
Bft 10 nicht ausgeschlossen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung ist in groben Zügen unstrittig. Es setzt Milderung ein,
verbunden mit Wetterberuhigung. Die Luftmassengrenze ab Samstag wirft dann
wieder größere Fragezeichen (die Modellaussagen divergieren wieder mehr) auf,
die zunächst aber auch noch nicht getilgt werden können/müssen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner